VwGH vom 21.07.2011, 2008/18/0387
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des ES in W, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Mekis, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/76.148/2008, betreffend Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe erstmals am einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht. Auf Grund dessen, dass der Vater des Beschwerdeführers österreichischer Staatsbürger sei, habe der Beschwerdeführer zunächst eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung erhalten. Anschließend sei ihm vom Landeshauptmann von Wien eine (zuletzt) bis gültige "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" erteilt worden.
Mit Antrag vom habe der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner Niederlassungsbewilligung begehrt. Er sei unbeschränkt haftender Gesellschaft der E S KEG. Seit verfüge er über eine Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe in der Betriebsart einer Imbissstube". Zwar habe der Beschwerdeführer vorgebracht, von den monatlichen Privateinnahmen im Ausmaß von EUR 1.000,-- zu leben, jedoch weise der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 "einen Minussaldo in der Höhe von 2.604,15 aus". Dazu habe der Beschwerdeführer vorgebracht, die Einstellung eines Mitarbeiters hätte hohe Kosten verursacht, der Mitarbeiter sei aber mittlerweile wieder entlassen worden. Der Beschwerdeführer habe zum Nachweis seiner Unterhaltsmittel in seiner Berufung auch auf ein Sparbuch verwiesen. Dieses sei aber nicht vorgelegt worden. Der Berufung sei lediglich die Kopie eines eine Immobilie betreffenden Kaufvertrages beigeschlossen gewesen.
Sohin - so die belangte Behörde in ihren Schlussfolgerungen - habe der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise belegen können, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge, weshalb die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 Z 2 FPG vorlägen.
Des Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb der Erlassung der gegenständlichen Ausweisung auch § 66 FPG nicht entgegenstehe.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde richtet sich (u.a.) gegen die Beurteilung der belangten Behörde, es lägen keine ausreichenden Unterhaltsmittel vor. Sie ist berechtigt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Verlängerungsverfahren vorgebracht hat, im Rahmen seiner selbständigen Erwerbstätigkeit für ihn insofern ausreichende Unterhaltsmittel zu erwirtschaften, als ihm aus dieser Erwerbstätigkeit EUR 1.000,- monatlich zur Verfügung stünden. Warum der Beschwerdeführer mittels seiner Erwerbstätigkeit hinkünftig Unterhaltsmittel nicht mehr in diesem Ausmaß erwirtschaften könnte, legt die belangte Behörde nicht nachvollziehbar dar. Das bloße Abstellen auf den vorgelegten Einkommensteuerbescheid, wonach sich steuerrechtlich im Jahr 2006 ein Verlust ergeben habe, greift zu kurz. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgebracht hat, künftig würden jene Verbindlichkeiten, die im Jahr 2006 zum Jahresverlust geführt hätten (nämlich die Beschäftigung eines Mitarbeiters), nicht mehr existieren (weil der Mitarbeiter nicht mehr im Unternehmen beschäftigt sei).
Zutreffend verweist der Beschwerdeführer aber auch darauf, dass ihm im Berufungsverfahren kein Parteiengehör eingeräumt worden sei, obwohl die Behörde von einem anderen Sachverhalt ausgegangen sei als jenem, den er selbst vorgebracht habe. Er habe in der Berufung auf ihm in Form eines Sparguthabens zur Verfügung stehende Unterhaltsmittel hingewiesen. Dabei sei er davon ausgegangen, dass die in der Berufung erwähnte Sparbuchkopie der Behörde vorgelegen sei. Dass dies nicht so wäre, habe er erst durch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid (gemeint: wonach die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Existenz des Sparguthabens absprach) erfahren. Wäre ihm Parteiengehör eingeräumt worden, hätte er nochmals einen Nachweis dafür vorlegen können, dass das Sparbuch ausreichende Unterhaltsmittel, nämlich (damals) einen Einlagestand von EUR 50.000,-- aufgewiesen habe.
Diesem - vom Beschwerdeführer geltend gemachten und anhand der Aktenlage bestätigten - Verfahrensfehler der belangten Behörde kann die Relevanz für den Verfahrensausgang nicht abgesprochen werden, zumal der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht kommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/18/0027, und vom , Zl. 2008/22/0508, jeweils mwN). Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer bereits bei früheren Antragstellungen darauf hingewiesen hat, dass er über ein Sparguthaben verfügt und sich diesbezüglich auch Kopien des Sparbuches im Verwaltungsakt finden, wäre die belangte Behörde aber auch schon deshalb verpflichtet gewesen, näher auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Sparguthaben einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das sonstige Beschwerdevorbringen hätte eingegangen werden müssen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-81203