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VwGH vom 28.05.2014, 2013/07/0272

VwGH vom 28.05.2014, 2013/07/0272

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des F L in P, vertreten durch Mag. Stefan Blümke, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Am Winterhafen 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. UR-2013-240986/4-Hr/Fb, betreffend einen abfallrechtlichen Behandlungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit rechtskräftigem abfallrechtlichen Behandlungsauftrag der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (BH) vom (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom ) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 AWG 2002 aufgetragen, näher beschriebene, in seinem Eigentum stehende Abfälle unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen nach Zustellung des Bescheides nachweislich einer nach dem Stand der Technik und der jeweiligen Abfallart entsprechenden ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Behörde unaufgefordert einwandfreie Entsorgungsnachweise vorzulegen.

Dieser Entsorgungsauftrag vom hatte - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:

"Es wird Ihnen aufgetragen, nachfolgende in ihrem Eigentum

stehende Abfälle,

FAHRZEUGE:

Grundstück 1 , KG A:

1. Sattelanhänger Fabrikat Schwarzmüller, 2 Achsen, blau, FG-Nr. 52718, Bj. 1986, insgesamt sehr starke Rostschäden, Holzboden der Ladefläche völlig morsch, mehrfach stark durchgebrochen, mit defektem Ladekran auf Ladefläche, Betriebsmittel (Hydrauliköl) enthalten.


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2.
...
4.
Sattelanhänger mit 1 Achse, Aufschrift 'P3' am Rahmen rechts vorne und eingeschlagene Nummer 443, insgesamt starke Rostschäden, Holzplateau völlig morsch und mehrfach durchgebrochen
5.
...
6.
Wechselaufbau mit Planengestell und Plane und völlig beschädigter Plane, Fabrikat Kromag, Nr. S 12, Bj. 1985, blau, insgesamt starke Rostschäden
7.
Sattelanhänger, 2 Achsen, Fabrikat Schwarzmüller, braun, FG-Nr. 25608/1976, insgesamt starke Rostschäden, Abstützwinde starker Ölverlust, Abstützfüße stark ölverschmiert
Grundstück
2 KG A:
8.
Anhänger, 2 Achsen, braun, FG-Nr. 4602, mit abgelaufener Begutachtungsplakette Nr. Ro-59 LW, 1/00, insgesamt sehr starke Rostschäden unverzüglich, jedoch spätestens 4 Wochen nach Zustellung dieses Bescheides nachweislich einer nach dem Stand der Technik und der jeweiligen Abfallart entsprechenden ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen."
Aus einer Anzeige vom ergibt sich als Ergebnis einer Erhebung auf dem Grundstück Nr. 3 KG K, dass (unter anderen) die obgenannten fünf Fahrzeuge und Anhänger, die bereits vom rechtskräftigen Auftrag der BH vom erfasst waren, nun auf diesem Grundstück gelagert wurden.
Nach Durchführung eines Lokalaugenscheins am wurden Gutachten des abfalltechnischen, der naturschutzfachlichen und des bautechnischen Amtssachverständigen eingeholt. Die Sachverständigen gelangten zur Ansicht, es lägen Abfälle, teilweise gefährliche Abfälle, vor. Der Ablagerungsort sei öffentlich zugänglich, ein Gerinne sei in unmittelbarer Nähe, sodass auch eine Gefahrensituation für Personen und die Umwelt gegeben sei. Die naturschutzfachliche Amtssachverständige stellte weiters eine prägende negative Veränderung des Landschaftsbildes durch die Lagerung der Fahrzeuge fest.
Diese Gutachten wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen der Wahrung von Parteiengehör zur Kenntnis gebracht.
Mit Bescheid der BH vom wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, insgesamt 9 näher bezeichnete, in seinem Eigentum stehende Abfälle auf dem Grundstück 3 KG K unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides nachweislich einer nach dem Stand der Technik und der jeweiligen Abfallart entsprechenden ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Behörde unaufgefordert einwandfreie Entsorgungsnachweise vorzulegen. Eine Verbringung zurück an den Standort in Arnreit (siehe den abfallrechtlichen Behandlungsauftrag der BH vom ) sei unzulässig. Unzulässig sei auch jede andere Art der Verbringung als die zur unverzüglichen ordnungsgemäßen Entsorgung durch ein befugtes Unternehmen.
Von diesem Auftrag waren insgesamt neun Fahrzeuge umfasst, wobei die Fahrzeuge Nr. 1 bis Nr. 5 diejenigen darstellen, die bereits vom Auftrag der BH vom umfasst waren (siehe die Fahrzeuge Nr. 1., 2., 6., 7. und 8. in der obigen Darstellung). Unter Nr. 6 der auf Grundstück Nr. 3 KG K aufgefundenen Abfälle wird ein "Omnibus Kässbohrer/Setra, S 215 H, Farbe beige/braun, FG. Nr. 101790767, Begutachtungsplakette 05/2007 abgelaufen, ehemaliges Kennzeichen UU-49 DD, Aufbau-Bodenplatte mit Rahmenträgern mehrfach durchgerostet, Betriebsmittel (Motoröl, Getriebeöl) enthalten", genannt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er neben verfahrensrechtlichen Rügen auch vorbrachte, in Bezug auf die Positionen 1 bis 5 liege res iudicata vor, in Bezug auf die Positionen 6 bis 9 fehle es ihm an der Eigenschaft als Verpflichteten, zumal die Fahrzeuge allesamt aus dem Vermögen der ehemaligen F.L. Transport Gesellschaft m.b.H. stammten. Er sei weder Geschäftsführer noch Gesellschafter dieser Gesellschaft noch Eigentümer der Liegenschaft, auf welcher die Gegenstände gefunden worden seien.
Die belangte Behörde bzw. die BH ergänzten das Ermittlungsverfahren; sie gelangten zum Ergebnis, dass die Fahrzeuge Nr. 7 und 8 nicht dem Beschwerdeführer gehörten und auch für das Fahrzeug Nr. 9 kein entsprechender Eigentümernachweis habe eruiert werden können. Das Fahrzeug Nr. 6 sei jedoch auf den Beschwerdeführer unverändert zugelassen.
Nachdem dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom eine Frist von sechs Wochen dafür eingeräumt worden war, um ein Privatgutachten in Bezug auf das Fahrzeug Nr. 6 vorzulegen, teilte dieser mit Schreiben vom mit, dass die Begutachtung des Privatsachverständigen ergeben habe, dass das gegenständliche Fahrzeug mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht mehr wieder instand gesetzt werden könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Erstbescheid vom in teilweiser Stattgebung der Berufung dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, die in seinem Eigentum stehenden Fahrzeuge Nr. 1 bis Nr. 5 und den Omnibus Kässbohrer/Setra, S 215 H, Farbe beige/braun, FG. Nr. 101790767, Begutachtungsplakette 05/2007 abgelaufen, ehemaliges Kennzeichen UU-49 DD (Nr. 6), vom Grundstück 3 KG K unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides nachweislich einer nach dem Stand der Technik und der jeweiligen Abfallart entsprechenden ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Erstinstanz unaufgefordert einwandfreie Entsorgungsnachweise binnen sechs Wochen nach Zustellung dieses Bescheides vorzulegen. Eine Verbringung an andere Standorte sei unzulässig.
In Bezug auf die in der Berufung aufgeworfene Frage der res iudicata vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dass sich der Bescheid der BH vom auf die Lagerung der Abfälle auf den Grundstücken 1 und 2 KG A bezogen habe. Die Berufung richte sich jedoch gegen den Behandlungsauftrag der BH vom betreffend die auf dem Grundstück 3 KG K gelagerten Fahrzeuge. Die Rechtskraft eines Bescheides erfasse nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert habe. Eine Identität des Sachverhaltes liege nicht vor, da die Fahrzeuge, wenn sie auch mit den Fahrzeugen des Bescheides der BH vom ident seien, im Hinblick auf den geänderten Standort zu beurteilen seien. Der Standort sei ein wesentlicher Teil des Sachverhaltes (so z.B. auch im Anlagenverfahren), da je nach Standort unterschiedliche öffentliche Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 berührt sein könnten. Dies bestätige sich im gegenständlichen Fall durch das Gutachten des Naturschutzbeauftragten der BH. Der Einwand der entschiedenen Sache sei somit nicht zutreffend.
Anzumerken sei, dass bei den Fahrzeugen Nr. 1 bis Nr. 5 die Abfalleigenschaft und die Entsorgungsnotwendigkeit nicht in Frage gestellt und kein Gutachten beantragt worden sei.
Nach Hinweis darauf, dass der fahrzeugtechnische Amtssachverständige nachvollziehbar dargestellt habe, dass die im Spruch des Bescheides angeführten Kraftfahrzeuge auf Grund der starken Beschädigungen und Rostschäden nur mehr mit einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand verkehrstauglich gemacht werden könnten, führte die belangte Behörde aus, dass die Zuordnung der Fahrzeug- und Motorenteile zur Schlüsselnummer 35303 unter diesen Aspekten zutreffend sei. Mangels Vorliegens eines Gegengutachtens sei dieser Aspekt auch hinsichtlich des Fahrzeuges Nr. 6 bestätigt worden. Dieses Fahrzeug sei nach der Beurteilung des Amtssachverständigen für Chemie und Luftreinhaltung gefährlicher Abfall, da ein denkmöglicher Betriebsmittelaustritt, der eine Umweltgefährdung nach sich ziehen könnte, nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei daher nachvollziehbar dargestellt worden, dass eine ordnungsgemäße Behandlung im Sinne der abfallrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle des Landeshauptmannes von Oberösterreich getretene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von einer inhaltlichen Ausführung zum Beschwerdevorbringen wurde Abstand genommen.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Unstrittig handelt es sich bei den vom abfallrechtlichen Behandlungsauftrag umfassten Gegenständen um Abfall bzw. um gefährlichen Abfall, auch die Entsorgungsnotwendigkeit dieser Abfälle wird in der Beschwerde nicht in Frage gestellt.
Strittig ist hingegen, ob der rechtskräftige Entsorgungsauftrag vom , der sich ebenfalls auf die Fahrzeuge Nr. 1 bis Nr. 5 bezog, der Erlassung des hier verfahrensgegenständlichen Auftrages (in Bezug auf diese Fahrzeuge) wegen des Gebotes des "ne bis in idem" entgegen steht.
Der Beschwerdeführer vertritt dazu die Auffassung, entgegen der Ansicht der belangten Behörde liege res iudicata vor. Die Frage, wo sich ein Fahrnis im konkreten Moment befinde, habe keinen Einfluss darauf, ob die Rechtskraft eines abfallrechtlichen Behandlungsauftrages durchbrochen worden sei. Eine Analogie zum Anlagenverfahren sei nicht angebracht, weil diese beiden Rechtsgebiete in solcher Art und Weise nicht vergleichbar seien. Auch unter teleologischen Erwägungen gelange man zum Ergebnis, dass die konkrete Situierung von Fahrzeugen keinen Einfluss auf ihre Abfalleigenschaft haben könne, sonst wäre einem "Katz-und-Maus-Spiel" im Abfallrecht Tür und Tor geöffnet. Eine Lageveränderung des betroffenen Objektes reiche sonst aus, um die Rechtskraft des Bescheides zu durchbrechen. Ein solches Verständnis könne nicht im Sinne des Gesetzes sein.
Der Behandlungsauftrag der BH vom führt im Spruch ausdrücklich die Grundstücke an, auf denen die als Abfall eingestuften Gegenstände lagerten und von denen sie zu entfernen waren. Die angeführten Grundstücke sind wesentlicher Bestandteil dieses Bescheides; sie determinieren den Behandlungsauftrag. Die Bezeichnung der Grundstücke ist auch deswegen von Bedeutung, weil die Beurteilung der gelagerten Gegenstände als Abfälle im Hinblick auf § 1 Abs. 3 AWG 2002 vor dem Hintergrund ihrer Lagerung auf diesen Grundstücken erfolgte.
Die genannten Fahrzeuge wurden - in einer über eine bloß geringfügige Verschiebung innerhalb des ersten Lagerplatzes hinausgehenden Weise - auf ein anderes Grundstück in einer anderen Gemeinde verbracht, was eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes darstellt. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht steht der Erlassung des (dem angefochtenen Bescheid des LH zugrunde liegenden) Bescheides der BH vom in Bezug auf die Fahrzeuge Nr. 1 bis Nr. 5 daher nicht entschiedene Sache entgegen.
Der Beschwerdeführer rügt in Bezug auf alle Fahrzeuge das Verbot der Verbringung an einen anderen Standort mit der Begründung, das Gesetz biete hiefür keine Handhabe. § 73 Abs. 1 AWG 2002 trägt der Behörde auf, dem Verpflichteten die "erforderlichen" Maßnahmen aufzutragen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellt § 73 Abs. 1 AWG 2002 daher auch eine Grundlage für eine Vorschreibung der erwähnten Art dar, wenn sie erforderlich ist. Dass die Vorschreibung nicht erforderlich sei, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Angesichts seines Verhaltens (keine ordnungsgemäße Entsorgung, sondern bloße Verbringung vom ursprünglichen für die Lagerung der Abfälle ungeeigneten Ort zu einem anderen ungeeigneten Ort) bestehen keine Zweifel an der Erforderlichkeit der Vorschreibung.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der EGMR hat anerkannt (Urteil vom , 56422/09, Schädler-Eberle v. Liechtenstein), dass eine Verhandlung nicht geboten ist, wenn etwa keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann. Ein solcher Fall liegt hier vor (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom , 2013/03/0004, und vom , 2012/04/0086).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-81187