VwGH vom 20.03.2012, 2010/21/0189
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. E1/2533/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1976 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun. Er reiste im September 2002 in das Bundesgebiet ein. Hier stellte er einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer am wieder zurück. Er hatte nämlich am eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und im Hinblick darauf einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt, den die Bundesministerin für Inneres allerdings mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom abwies. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner österreichischen Ehefrau und deren Tochter (geboren am ) im gemeinsamen Haushalt. Er ist seit Ende 2005 durchgehend beschäftigt.
Im vorliegenden Fall geht es um die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich, die mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom - in Bestätigung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom - gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) verfügt wurde.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erweist sich schon deshalb als berechtigt, weil die belangte Behörde die gebotene Interessenabwägung nach § 66 FPG (idF vor dem FrÄG 2011) nur unzureichend vorgenommen hat. Insoweit kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe der Erkenntnisse vom , Zl. 2009/21/0031, und Zl. 2007/21/0493, die auch für die hier maßgebliche Rechtslage gelten, verwiesen werden.
Einerseits ging die belangte Behörde nämlich auf Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers (besonderes Naheverhältnis zur Tochter der Ehefrau, Absolvierung von Deutschkursen, Unbescholtenheit, Bestehen eines großen Freundeskreises, mangelnde Bindungen zum Heimatstaat und Fehlen einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin) überhaupt nicht ein. Andererseits beschränkte sie sich bei der Interessenabwägung darauf, dem Beschwerdeführer bloß eine "der Dauer seines Aufenthaltes in Österreich entsprechende Integration zuzugestehen" und dazu anzumerken, insbesondere hätten die Eheschließung und die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers "sicherlich zu einer gewissen Integration im Bundesgebiet" geführt. Daran anschließend enthält der angefochtene Bescheid im Wesentlichen nur noch textbausteinartige Begründungselemente, in denen dem Interesse des Beschwerdeführers (und seiner Angehörigen) an einem Verbleib in Österreich das große öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Verbindung mit dem wiederholten Hinweis, dass die Integration des Beschwerdeführers während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangt worden sei, entgegengehalten wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber in Konstellationen wie der vorliegenden schon wiederholt darauf hingewiesen, dass sich die Fremdenpolizeibehörde nicht mit formelhaften Begründungen begnügen darf, sondern sich mit den konkreten Auswirkungen einer Ausweisung auf die Situation des Fremden und seiner Familienangehörigen näher zu befassen hat (vgl. unter vielen zuletzt das Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0275, mwN; siehe zu einem ähnlichen Begründungsmangel der belangten Behörde auch noch das Erkenntnis vom , Zlen. 2010/21/0404, 0405, mwH ).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-81152