VwGH 30.06.2016, 2013/07/0234
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | 12010P/TXT Grundrechte Charta; EURallg; WRG 1959 §38 Abs1; WRG 1959 §41 Abs1; |
RS 1 | Die Grundrechte der GRC sind im Verhältnis zu einer nationalen Regelung insbesondere dann unanwendbar, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen (vgl. B , Ra 2015/07/0146). Dies ist im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 38 Abs. 1 und § 41 Abs. 1 WRG 1959 der Fall. |
Normen | 12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2; 12010P/TXT Grundrechte Charta Art47; MRK Art6 Abs1; |
RS 2 | Der VwGH erfüllt bei Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse zur Sachverhaltskontrolle die Anforderungen an ein Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen iSd Art. 6 Abs. 1 MRK und des Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. E ; E KI-5/11 ua und KI-2/12; E , 2013/07/0088), sodass dem Art. 47 GRC insoweit entsprochen ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Brandl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des R P in K, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , Zl. WA1-W-43160/001-2012, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: C GmbH in K, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 10), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2012/07/0208, verwiesen.
2 Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Herstellung einer ca. 7 m langen Überfahrt über den Werksbach auf Grst. Nr. 87, KG S, mittels einer Verrohrung. Zweck des Vorhabens ist die Herstellung einer Zufahrt vom Grst. Nr. 59/1 über das Grst. Nr. 87, beide KG S, zum Grst. Nr. 94/1, KG D.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des dem Werksbach benachbarten Grst. Nr. 89/3, KG S, samt darauf befindlichem Wohngebäude.
3 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) vom wurde der mitbeteiligten Partei nach Beiziehung eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen die beantragte wasserrechtliche Bewilligung für die Herstellung einer ca. 7 m langen Überfahrt über den Werksbach auf Grst. Nr. 87, KG S, mittels einer Verrohrung DN 1300 mit 2,5 % Gefälle unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Damit werde eine Zufahrt vom Grst. Nr. 59/1, KG S, über das Grst. Nr. 87, KG S, zum Grst. Nr. 94/1, KG D, hergestellt. Nach Darstellung des Verfahrensverlaufes begründete die BH ihre Entscheidung mit dem Hinweis, das Verfahren habe ergeben, dass das Vorhaben weder öffentliche Interessen beeinträchtige noch bestehende Rechte verletze.
4 In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen, als "Einspruch" titulierten, Berufung brachte der Beschwerdeführer - neben weiteren Ausführungen - unter anderem vor, es sei bisher nicht berücksichtigt worden, dass bereits ein geringfügiger Rückstau bei nur teilweiser Verklausung eine wesentliche Verschlechterung des jetzigen Zustandes für sein Grundstück darstelle. Daher sei zu bezweifeln, dass in der dritten Projektergänzung vom eine Spiegelberechnung durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer bemängelte in diesem Zusammenhang auch, dass ihm diese dritte Projektergänzung nicht zur Einsichtnahme übermittelt worden sei.
5 Mit Erledigung vom übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in Nachholung des Parteiengehörs eine Kopie der dritten Projektergänzung vom .
6 In einer ergänzenden Eingabe vom behauptete der Beschwerdeführer unter anderem die Unrichtigkeit der Ausführungen des Projektanten vom , wonach dessen Berechnungen zufolge Hochwässer bis HQ100 speziell bei einer möglichen Verklausung des geplanten Rohres keine nachteiligen Auswirkungen für die Liegenschaft des Beschwerdeführers zeigten. Jede Art von Rückstau im Bereich seiner Liegenschaft - so der Beschwerdeführer - stelle eine Verschlechterung der Situation dar. Weiters habe der Projektant nur das potentiell oberflächlich rückgestaute Wasser berücksichtigt. De facto steige bei einer Verklausung aber auch der Grundwasserspiegel, der sich sehr negativ auf seinen Keller, in den das Wasser gedrückt werde, auswirke. Vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen sei nur allgemein festgestellt worden, dass keine negativen Auswirkungen zu erwarten seien. Auch von diesem seien höherwertige Hochwässer als HQ100 und geringfügige Rückstauungen außer Acht gelassen und keine Spiegellagenberechnung durchgeführt worden.
7 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurück. Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2012/07/0208, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
8 Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Begründung zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer auf Grund des bereits in erster Instanz erstatteten Vorbringens, es werde durch eine Verklausung des neuen Rohrdurchlasses zu negativen Auswirkungen auf sein Grundstück kommen, Parteistellung im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zukommt. Ob die behauptete Beeinträchtigung des geltend gemachten Rechtes tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens, an dem der Beschwerdeführer als Partei mit den entsprechenden Parteirechten teilnehmen kann.
9 Ohne weiteres Ermittlungsverfahren wies die belangte Behörde mit Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides vom die Berufung des Beschwerdeführers ab. Unter Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wurde der erstinstanzliche Bescheid hinsichtlich der Projektbeschreibung und der Darstellung, welche Projektunterlagen einen wesentlichen Spruchbestandteil bildeten, richtig gestellt.
10 Soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Bedeutung führte die belangte Behörde aus, dass der Zweck maßgeblich sei, ob eine Anlage - wie in gegenständlicher Angelegenheit unstrittig - unter den Tatbestand des § 38 WRG 1959 falle oder als Schutz- und Regulierungswasserbau unter § 41 WRG 1959 zu subsumieren sei. Hier sei § 38 WRG 1959 einschlägig. § 38 WRG 1959 finde mit dem dreißigjährlichen Hochwasser als Prüfungsmaßstab für die Tauglichkeit eines wasserrechtlichen Projektes das Auslangen. Aus fachlichen Erwägungen werde jedoch das hundertjährliche Hochwasserereignis als Maßstab herangezogen. Darüber hinaus seien Ereignisse nicht zu berücksichtigen. In den Stellungnahmen vom und habe der wasserbautechnische Amtssachverständige ausführlich dargelegt, dass keine Veränderungen der Abflussverhältnisse bei Hochwässern zu erwarten seien. Weiters habe der Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom festgehalten, dass der Rohrdurchmesser von DN 1300 für eine Hochwasserabfuhr bei einem HQ100-Ereignis ausreichend sei.
In der dritten Projektergänzung seien zusätzliche Höhenpunkte auf diversen Grundstücken aufgenommen und ein Höhenschichtenplan erstellt worden, der in den Lageplan des Projektes integriert worden sei. Dabei seien der Bereich der geplanten Überfahrt und auch das Grundstück des Beschwerdeführers sowie die Straße erfasst worden. Die dritte Projektergänzung sei vom Amtssachverständigen als ausreichend beurteilt worden. Der Nachweis, dass es auch bei Verklausung des neuen Rohrdurchlasses zu keinen negativen Auswirkungen auf das Grst. Nr. 89/3, KG D, des Beschwerdeführers komme, werde als fachlich nachgewiesen erachtet. Gemäß den Ausführungen des Amtssachverständigen gehe aus den Höhenschichtlinien hervor, dass austretendes Wasser bei Verklausung über den Zufahrtsweg auf das niedriger liegende Grst. Nr. 59/5, KG S, abfließen werde. Die neu zu errichtende Überfahrt sei laut Plan vom mit einem tieferen Oberflächenniveau geplant als die bestehende Zufahrt. Die vom Beschwerdeführer geforderte Spiegelberechnung erweise sich als entbehrlich.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend Verwirbelungen, die aufgrund der neuen Situation neu zu bewerten seien, habe der wasserbautechnische Amtssachverständige Stellung genommen und ausgeführt, dass der Abflussquerschnitt im Wesentlichen gleich bleibe und im Rohrquerschnitt noch eine Reserve beim HQ100-Abfluss (12 %) vorhanden sei.
Betreffend die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom verwies die belangte Behörde darauf, dass die dritte Projektergänzung als Nachweis für das Fehlen von Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers im Verklausungsfall erstellt und vom Amtssachverständigen fachlich positiv beurteilt worden sei, sodass keine negativen Auswirkungen auf dieses Grundstück gegeben seien. Die bestehende flache Verrohrung sei nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Thematik des linken Zubringers und des Knicks im Werksbach sei in der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom eingehend erörtert worden und der darin geforderte Nachweis, dass es bei Verklausungen zu keinen negativen Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers komme, mit der dritten Projektergänzung erbracht worden.
11 Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Hilfsweise beantragte der Beschwerdeführer, in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid vom Folge gegeben und das Ansuchen der mitbeteiligten Partei auf wasserrechtliche Bewilligung abgewiesen werde.
12 Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als verspätet zurückzuweisen hilfsweise abzuweisen. Ebenso beantragte die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig zu bestätigen.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
15 Zum Einwand der belangten Behörde, die vorliegende Beschwerde sei verspätet, wird ausgeführt:
Der angefochtene Berufungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am persönlich zugestellt. Aufgrund des innerhalb offener Beschwerdefrist am zur Post gegebenen Antrags gewährte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom , VH 2013/07/0012, Verfahrenshilfe unter anderem zur Beigebung eines Rechtsanwaltes. Dieser Beschluss wurde dem Verfahrenshelfer samt Bescheid der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich über die Bestellung des Rechtsanwalts am zugestellt. Gemäß § 26 Abs. 3 VwGG beginnt für eine Partei, die innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61), die Beschwerdefrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen zu laufen. Die am zur Post gegebene Beschwerde ist somit rechtzeitig.
16 Der Beschwerdeführer macht zunächst die Verletzung des gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) unionsrechtlich gewährleisteten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unabhängiges Gericht geltend. Das Wasserrechtsgesetz (WRG) 1959 setze zahlreiche Richtlinien der Europäischen Union, etwa die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik sowie die Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken um, weshalb in Ansehung von Wasserrechtsverfahren die EU-Grundrechtscharta einzuhalten sei. Bei Vollziehung des WRG 1959 müsse gegen behördliche Entscheidungen ein Rechtsbehelf an ein unabhängiges, durch Gesetz eingerichtetes Gericht gewährleistet sein. Dies sei konkret nicht möglich gewesen, weil zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers der Landeshauptmann von Niederösterreich - somit kein unabhängiges Gericht - zuständig gewesen sei. Gegen dessen Bescheid seien nur die außerordentlichen Rechtsbehelfe der Beschwerde an den Verwaltungsbzw. Verfassungsgerichtshof möglich. Diese seien zwar unabhängige Gerichte. Ihnen kämen jedoch nicht die vollen Rechte einer Tatsacheninstanz zu. Durch die Anrufung des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes als außerordentliche Rechtsmittelgerichte werde nicht dem unionsrechtlichen Grundrecht des Art. 47 GRC entsprochen. Die belangte Behörde sei daher unzuständig gewesen und der angefochtene Bescheid infolge dessen rechtwidrig.
17 Dem ist entgegen zu halten, dass die Grundrechte der GRC im Verhältnis zu einer nationalen Regelung insbesondere dann unanwendbar sind, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/07/0146, mwN). Dies ist vorliegend im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt und der in Frage kommenden Bestimmungen des § 38 Abs. 1 und § 41 Abs. 1 WRG 1959 der Fall.
18 Im Übrigen erfüllt der Verwaltungsgerichtshof sehr wohl bei Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse zur Sachverhaltskontrolle die Anforderungen an ein Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen im Sinn der Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , B254/11, und vom , KI-5/11 u.a. und KI-2/12, sowie das hg. Erkenntnis vom , 2013/07/0088), sodass dem Art. 47 GRC insoweit entsprochen ist.
19 Zur Erfüllung des Gebots wirksamen Rechtsschutzes ist im vorliegenden Zusammenhang deshalb keine Vorschrift des Unionsrechts unmittelbar anzuwenden, welche die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Niederösterreich zur Entscheidung über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren beseitigen würde.
20 Des Weiteren vermeint der Beschwerdeführer es fehle sowohl im erstinstanzlichen Bescheid als auch im angefochtenen Bescheid an ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen, um beurteilen zu können, ob das Vorhaben der mitbeteiligten Partei nach § 38 WRG 1959 oder nach § 41 WRG 1959 zu bewilligen sei. Die belangte Behörde habe jedenfalls nur ein Verfahren im Zusammenhang mit § 38 WRG 1959 geführt. Zur Abgrenzung von Vorhaben im Sinne des § 38 WRG 1959 bzw. § 41 WRG 1959 wäre es notwendig gewesen, dass die belangte Behörde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchführe und Sachverhaltsfeststellungen treffe, um die entsprechenden Rückschlüsse treffen zu können. Gehe man davon aus, dass die beantragte Anlage einer Bewilligungspflicht nach § 38 WRG 1959 unterliege und der Beschwerdeführer in seinem Grundeigentum nachteilig beeinträchtigt werde, sei das Ansuchen um Bewilligung abzuweisen, weil Zwangsrechte im Bereich von Bewilligungen nach § 38 WRG 1959 nicht möglich seien. Lediglich dann, wenn man eine Bewilligungspflicht nach § 41 WRG 1959 annehme, sei es möglich, durch Anträge auf Einräumung von Zwangsrechten bei Zahlung von angemessenen Entschädigungen eine Beeinträchtigung im Grundeigentum auszugleichen. Solche Anträge seien bislang nicht gestellt worden.
21 Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 WRG 1959 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1 WRG 1959) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 WRG 1959 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 WRG 1959 erforderlich ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 WRG 1959 muss zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.
22 Der Beschwerdeführer wendet gegen das eingereichte Projekt der mitbeteiligten Partei die Beeinträchtigung seines Grundeigentums aufgrund negativer Auswirkungen auf sein Grundstück unter anderem infolge einer Verklausung des neuen Rohrdurchlasses ein. Inwiefern er in seinen Rechten verletzt ist, weil die angefochtene wasserrechtliche Bewilligung nicht auf § 41 WRG 1959 sondern auf § 38 WRG 1959 gestützt wurde, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dem Einwand, fehlender Feststellungen zur Frage, ob die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nach § 41 WRG 1959 oder § 38 WRG 1959 geprüft werden hätte müssen, mangelt es somit bereits an der notwendigen rechtlichen Relevanz.
23 Ebenso sei nach Ansicht des Beschwerdeführers aus dem angefochtenen Bescheid in Verbindung mit dem erstbehördlichen Bescheid nicht klar, von welchem festgestellten Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen sei. Die amtswegige Ergänzung des Spruchs des erstbehördlichen Bewilligungsbescheides und die Zitierung der Projektergänzungen seien nicht ausreichend. Es sei nicht klar gestellt worden, in welchem Umfang welche Projektergänzungen tatsächlich bewilligt worden seien und inwieweit das tatsächlich bewilligte Projekt sich auf den Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer auswirke.
24 Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde den erstbehördlichen Bewilligungsbescheid unter anderem dahin richtig, dass letzterer um den Hinweis, dass näher beschriebene Projektunterlagen einen wesentlichen Spruchbestandteil bilden und mit der Bezugsklausel auf den Berufungsbescheid versehen sind, während andere näher beschriebene Unterlagen nicht mehr Projektbestandteile sind. Damit ist der Inhalt und Umfang der wasserrechtlichen Bewilligung hinreichend dargestellt.
25 Im Übrigen moniert der Beschwerdeführer die unterlassene Beiziehung eines Amtssachverständigen für Wasserbau bzw. Hydrogeologie seitens der belangten Behörde im Berufungsverfahren zwecks gutachterlicher Beurteilung seiner Ausführungen in der Berufung bzw. der Stellungnahme vom zu den Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen im erstbehördlichen Bewilligungsverfahren betreffend der dritten Projektergänzung, die dem Beschwerdeführer erst im Berufungsverfahren zur Kenntnis gebracht worden seien.
26 Soweit der Beschwerdeführer sowohl in der Berufung als auch in seiner Stellungnahme vom auf die Möglichkeit eines Rückstaus aufgrund von Verwirbelungen insbesondere im Hinblick auf die vor der geplanten Überfahrt bereits vorhandene Verrohrung sowie aufgrund einer Verklausung verweist und meint, dass es bereits bei einem geringfügigen Rückstau zu einer wesentlichen Verschlechterung des jetzigen Zustands seines Grundstücks käme, hat er dieses Vorbringen bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstattet und ist der wasserbautechnische Amtssachverständige in seinen Stellungnahmen vom und darauf eingegangen. In der Stellungnahme vom führte der Amtssachverständige dazu aus, dass Verwirbelungen bereits jetzt vorhanden seien und sich der Abflussquerschnitt im Bereich der geplanten Überfahrt gegenüber dem Bestand nicht mehr als geringfügig ändere. Verklausungen seien möglich bzw. könnten nicht vollkommen verhindert werden. Um einen sicheren Hochwasserabfluss im Falle einer Verklausung herzustellen, sei die Überflutungsmöglichkeit der neuen Überfahrt zu gewährleisten. Die neue Überfahrt sei so herzustellen, dass bei einer Verstopfung des Rohres die HQ100 Hochwassermenge im Bereich der Überfahrt und der Zufahrtsstraße abfließen könne. Zu diesem Nachweis legte die mitbeteiligte Partei die dritte Projektergänzung vor. Diese beurteilte der Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom dahin, dass die zu errichtende Überfahrt laut Plan vom mit dem Oberflächenniveau tiefer geplant sei als die bestehende Zufahrt. Damit sei nachgewiesen, dass es auch bei Verklausung des neuen Rohrdurchmessers zu keiner negativen Auswirkung auf das Grundstück des Beschwerdeführers komme. Aus den Höhenschichtlinien des Planes gehe hervor, dass bei einer Verklausung eventuell austretendes Wasser über den niedriger gelegenen Zufahrtsweg Grst. Nr. 59/5, KG S, abfließen werde. Aus fachlicher Sicht sei daher weder eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen noch Rechte Dritter zu erwarten. Eine Verschlechterung für das Grundstück des Beschwerdeführers sei nicht zu erwarten.
27 Das Abfließen eventuell austretenden Wassers über den niedriger gelegenen Zufahrtsweg Grst. Nr. 59/5, KG S, wird vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt. Insofern ist im Falle der Verklausung nicht von einem großflächigen Rückstau auszugehen. Der bloße Hinweis in der Berufung des Beschwerdeführers, dass bereits ein geringfügiger Rückstau eine wesentliche Verschlechterung des Zustands seines Grundstücks darstelle, vermag eine Ergänzungsbedürftigkeit der gutachterlichen Ausführungen des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen nicht aufzuzeigen. Dies gilt gleichfalls für das erstmals in der Stellungnahme vom aufgezeigte, auf die örtlichen Verhältnisse nicht näher bezugnehmende Argument, dass jede Art von Rückstau zum Anstieg des Grundwasserspiegels und der Gefahr des Eintritts von Grundwasser in den Keller seines Hauses führe sowie das erstmals in der Beschwerde erstattete, ebenfalls nicht näher präzisierte Vorbringen zu einer möglichen Verschlechterung des Grundwassers. Letzteres Vorbringen stellt überdies eine Neuerung dar, die bereits deshalb außer Betracht zu bleiben hat (§ 41 Abs. 1 VwGG).
28 Ebenso hat sich der wasserbautechnische Amtssachverständige im erstbehördlichen Verfahren bei Beurteilung der dritten Projektergänzung bereits mit den örtlichen Gegebenheiten unmittelbar vor der geplanten Verrohrung in seinen Stellungnahmen vom sowie eingehend auseinandergesetzt. Der Hinweis des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom auf den linken Zubringer und den Knick im Werksbach unmittelbar vor der geplanten Verrohrung vermag daher gleichfalls eine Ergänzungsbedürftigkeit der gutachterlichen Ausführungen nicht zu begründen.
29 Ebenso wenig ist die Relevanz der Ausführungen des Beschwerdeführers zur behaupteten Unrichtigkeit der Angaben des Projektanten, wonach beim Hochwasserereignis 1997 Gewässer über die Grst. Nr. 57/2, 57/3 und 56/4, jeweils KG S, abgeführt worden seien und sein Wohnobjekt keinen Schaden genommen habe, in Bezug auf die Beurteilung der Auswirkungen des eingereichten und ergänzten Projekts auf das Grundstück des Beschwerdeführers ersichtlich.
30 Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag Umsatzsteuer mitenthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/07/0177).
Wien, am
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Normen | 12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2; 12010P/TXT Grundrechte Charta Art47; 12010P/TXT Grundrechte Charta; EURallg; MRK Art6 Abs1; WRG 1959 §38 Abs1; WRG 1959 §41 Abs1; |
Schlagworte | Gemeinschaftsrecht kein innerstaatlicher Anwendungsbereich EURallg7 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:2013070234.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAE-81113