VwGH vom 05.07.2011, 2010/21/0169
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des M, zuletzt in Vöcklabruck, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler, Rechtsanwalt in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom , Zl. Sich40-27660-2009, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am in das Bundesgebiet ein und beantragte hier die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde erstinstanzlich mit Bescheid vom abgewiesen, wobei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei für zulässig erklärt wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom gemäß § 7 und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 als unbegründet ab.
Am stellte der Beschwerdeführer hierauf einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (die belangte Behörde) diesen Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG,§ 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG und § 11 Abs. 2 Z 2 NAG ab.
Begründend führte sie - auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche zusammengefasst - aus, der (unverheiratete und kinderlose) Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 Z 1 und 2 NAG. Zwischen und habe er sich in der Grundversorgung des Landes Oberösterreich befunden. Vom bis sei eine Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorgelegen. Seit dem sei der Beschwerdeführer "bei der gewerblichen Wirtschaft versichert", er sei Komplementär der A. KG. Für diese habe er (für 2009) einen Gewinn von EUR 3.996,08 nachgewiesen. Dieser sei jedoch mit zwei weiteren Gesellschaftern zu teilen, sodass auf den Beschwerdeführer EUR 1.332,05 entfielen. Soweit er darüber hinaus Privatentnahmen von EUR 8.000,-- ins Treffen führe, seien diese aus dem Jahresgewinn nicht erwirtschaftet worden. Es fehle damit - abgesehen von der Frage einer Besteuerung der Einkünfte - der Nachweis, dass der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig sei.
Die Überprüfung der Wohnung des Beschwerdeführers durch die Stadtpolizei Vöcklabruck habe ergeben, dass diese lediglich aus einem Zimmer ohne Sanitäreinrichtungen bestehe. Toiletten- und Waschanlagen befänden sich am Gang und seien "hygienisch gesehen in einem katastrophalen Zustand". Der Beschwerdeführer sei daher weiters nicht im Besitz einer ortsüblichen Wohnung.
Dazu komme, dass der Beschwerdeführer trotz der langen Aufenthaltszeit keine "Deutschprüfung im Sinne von A 2 der IV" abgelegt habe. Er sei zwar im Jahr 1979 in der Bundesrepublik Deutschland geboren worden, habe diese jedoch im Alter von sieben Jahren verlassen und - beginnend mit dem Volksschulbesuch zwischen 1986 und 1991 - im Heimatstaat seine Schulausbildung absolviert. Es bestehe damit Grund zur Annahme, dass er die deutsche Sprache großteils wieder verlernt habe. Auch habe er nicht nachgewiesen, in Österreich eine weitere berufliche oder schulische Ausbildung absolviert zu haben. Jedenfalls gefährde das Fehlen ausreichender Mittel auch die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinn der eingangs zitierten Bestimmungen.
Der Beschwerdeführer sei sich seit der erstinstanzlichen Entscheidung in seinem Asylverfahren über die Unsicherheit seines Aufenthalts im Bundesgebiet bewusst gewesen. Er habe "entsprechende Bindungen" zu seinen Eltern und Brüdern im Heimatstaat. Auch besonders berücksichtigungswürdige, zugunsten des Beschwerdeführers sprechende Umstände seien nicht zu erkennen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 4 NAG kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und
2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist.
Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache, zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang als Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe ihm (abgesehen von seinen, über entsprechende Aufforderung abgegebenen Stellungnahmen vom 1. und ) ihre Beweisergebnisse nicht vorgehalten und sei daher zur Ansicht gelangt, dass er nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfüge. Darüber hinaus besitze er eine ortsübliche Wohnung und spreche ausgezeichnet deutsch.
Mit diesen Ausführungen lässt der Beschwerdeführer jedoch die festgestellte Höhe des Gewinnes der A. KG und dessen Aufteilung unbeanstandet. Andere Einkünfte hat er im Verwaltungsverfahren nicht konkret ins Treffen geführt. Er ist daher der ihn treffenden Pflicht, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG (in Verbindung mit § 11 Abs. 5 NAG) initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0219, mwN), nicht nachgekommen. Dass die A. KG künftig einen höheren, die behaupteten Privatentnahmen rechtfertigenden Gewinn erzielen werde, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.
Jedenfalls fehlt es dem Beschwerdeführer somit an dem im § 44 Abs. 4 NAG genannten Kriterium der Selbsterhaltungsfähigkeit. Auch zog die belangte Behörde zutreffend in ihre Überlegungen mit ein, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine spezifische schulische oder berufliche Ausbildung genossen hat. Von daher ist es letztlich nicht mehr entscheidend, ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - ausgezeichnete Deutschkenntnisse aufweist sowie über eine ortsüblichem Standard entsprechende Wohnmöglichkeit verfügte.
Insgesamt liegt damit beim Beschwerdeführer, der nach der Aktenlage in Österreich nur verwandtschaftliche Kontakte zu einem 1984 geborenen Bruder sowie zu einem Onkel und einer Tante unterhielt, jedenfalls noch nicht ein solcher Integrationsgrad vor, dass von einem "besonders berücksichtigungswürdigenden Fall" gesprochen werden könnte (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0442, mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-81105