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VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0146

VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-03/F/55/9402/2008-7, betreffend Bestrafung wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Angola, zur Last gelegt, er habe sich als pass- und sichtvermerkspflichtiger Fremder von bis an einer näher genannten Anschrift nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, weil er weder über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel noch über eine sonstige - näher umschriebene - Aufenthaltsberechtigung verfügt habe. Er habe dadurch § 31 Abs. 1 Z 1 bis 4 iVm § 120 Abs. 1 Z 2 FPG verletzt und werde deshalb gemäß § 120 Abs. 1 Z 2 FPG zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verurteilt.

Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) mit Bescheid vom insoweit Folge, als der Beginn des Tatzeitraums mit angesetzt wurde; außerdem sprach die belangte Behörde aus, dass das FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 157/2005 zur Anwendung komme. Schließlich reduzierte sie die verhängte Strafe auf EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und zwölf Stunden).

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Mai 1999 in Österreich. Am heiratete er eine österreichische Staatsbürgerin, mit der er mittlerweile zwei Kinder hat (geboren am und am ). Auch diese Kinder sind - kraft Abstammung - österreichische Staatsbürger.

Ein Asylantrag des Beschwerdeführers war vom Bundesasylamt mit Bescheid vom abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer - erkennbar im Hinblick auf das mittlerweile anhängige Niederlassungsverfahren - im April 2005 zurück.

Angesichts der privaten und familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu Österreich stellte die Bundespolizeidirektion Wien das gegen den Beschwerdeführer geführte Ausweisungsverfahren mit Aktenvermerk vom ein.

Demgegenüber gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass - bezogen auf den hier zu beurteilenden Tatzeitraum - eine Ausweisung des Beschwerdeführers auch unter Bedachtnahme auf § 66 FPG zulässig wäre. Diese Auffassung wird der konkreten Situation des Beschwerdeführers nicht gerecht, weshalb der bekämpfte Bescheid schon deshalb keinen Bestand haben kann (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 97/21/0085 und 98/21/0065, VwSlg. 15.002 A/1998, dessen Ausführungen auch für die geltende Rechtslage zutreffen). Im Detail muss darauf aber schon aus folgendem Grund nicht eingegangen werden:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u.a. (Z 2) die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Ein Strafbescheid ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, wenn im Spruch ein Sachverhalt einem Straftatbestand unterstellt wird, der durch die Tat nicht verwirklicht wurde.

Im vorliegenden Fall legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last, dass er sich zwischen dem und dem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Als maßgebliche Verwaltungsvorschrift im Sinn des § 44a Z 2 VStG wurde (insbesondere) § 120 Abs. 1 Z 2 FPG herangezogen. Diese Vorschrift ist freilich erst am in Kraft getreten, weshalb sich eine Bezugnahme darauf auch für einen im Jahr 2005 liegenden Tatzeitraum von vornherein als verfehlt erweist. Insoweit wäre vielmehr § 107 Abs. 1 Z 4 Fremdengesetz 1997 als verletzte Verwaltungsvorschrift in Betracht gekommen. Indem sich die belangte Behörde demgegenüber - durch die insoweit erfolgte Bestätigung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses -

auf die Nennung von Bestimmungen des FPG (insbesondere des § 120 Abs. 1 Z 2 FPG) beschränkte, hat sie dem Beschwerdeführer die Verletzung von Rechtsvorschriften angelastet, die nicht bezüglich des gesamten inkriminierten Tatzeitraumes in Kraft gestanden sind. Schon das belastet den angefochtenen Bescheid nach dem Vorgesagten mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er - ohne dass es auf weitere Gesichtspunkte oder auf die Ausführungen in der erhobenen Beschwerde noch ankäme - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war (vgl. zum Ganzen, einen ähnlich gelagerten Fall betreffend (der dort angenommene Tatzeitraum begann im Geltungsbereich des Fremdengesetzes aus 1992 und reichte in den Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997) das Erkenntnis vom , Zl. 2000/21/0195).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-81070