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VwGH vom 15.04.2010, 2006/06/0203

VwGH vom 15.04.2010, 2006/06/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dipl. Ing. MK in G, vertreten durch Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom , Zl. BMWA-91.514/0376- I/3/2006, betreffend Verleihung einer Ziviltechnikerbefugnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsangehöriger, einen Antrag auf Verleihung der Ziviltechniker-Befugnis gemäß § 4 EWR-Architektenverordnung. Dem Antrag angeschlossen war u.a. ein Diplomprüfungszeugnis der Technischen Universität Wien über die 2. Diplomprüfung der Studienrichtung Architektur vom mit der Gesamtnote "Bestanden". Weiters legte der Beschwerdeführer eine Bescheinigung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen vom vor, wonach er auf Grund der Entscheidung des Eintragungsausschusses seit dem Mitglied dieser Architektenkammer sei. Er sei berechtigt, die Berufsbezeichnung "Architekt" zu führen. Der Eintragungsausschuss bescheinige gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der EG-Richtlinie 85/384/EWG vom nach vorheriger Prüfung, dass der Beschwerdeführer eine mindestens vierjährige Berufspraxis erworben habe und die von ihm auf dem Gebiet der Architektur ausgeführten Arbeiten eine überzeugende Anwendung der in Art. 3 der Architektenrichtlinie genannten Kenntnisse darstellten. Weiters brachte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten vom bei, wonach er der im Art. 26 der "Architekturrichtlinie" normierten Informationspflicht über die in Österreich geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften und über das Berufs- und Standesrecht für Architekten gemäß § 4 Z. 2 EWR-Architektenverordnung, BGBl. Nr. 694/1995, nachgekommen sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 12 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz 1993 (ZTG) iVm den §§ 3 und 4 der EWR-Architektenverordnung, BGBl. Nr. 694/1995, abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen dargelegt, der Beschwerdeführer habe ein Zeugnis über die Absolvierung der Ziviltechnikerprüfung (§ 9 ZTG) weder vorgelegt noch "geltend gemacht". Eine Anwendung der "Architekturrichtlinie" sowie der EWR-Architektenverordnung komme nur dann in Frage, wenn es sich bei dem zum Nachweis der vorgeschriebenen Studien vorgelegten Diplom um ein solches handle, das in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich erworben worden sei. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer aber nicht das Diplom eines anderen Mitgliedstaates, sondern ein solches der Technischen Universität Wien vorgelegt. In diesem Fall sei die EWR-Architektenverordnung nicht anwendbar. Da die "Architekturrichtlinie" nicht zur Anwendung gelange und auch kein Nachweis über die Absolvierung der Ziviltechnikerprüfung erbracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe lediglich die Voraussetzungen des § 4 Z. 1 der EWR-Architektenverordnung geprüft. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen deshalb nicht erfülle, weil er sein Diplom nicht in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich erworben habe, sei unzutreffend. Im Übrigen erfülle der Beschwerdeführer auch sämtliche Voraussetzungen des § 4 Z. 2 der EWR-Architektenverordnung. Mit seinem österreichischen Diplom habe der Beschwerdeführer zweifellos ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 der Architekturrichtlinie vorgelegt. Weiters habe der Beschwerdeführer in Nordrhein-Westfalen die Berufsberechtigung erworben und diese nachgewiesen, ebenso habe er nachgewiesen, den Beruf eines Architekten zumindest über die geforderte Zeit rechtmäßig ausgeübt zu haben, und letztlich habe der Beschwerdeführer den Nachweis über die Informationspflicht über die in Österreich geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften und über das Berufs- und Standesrecht für Architekten vorgelegt. Der Nachweis der praktischen Betätigung werde jedenfalls durch die vorgelegten Unterlagen, insbesondere durch die Bescheinigung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, erbracht. Die Rechtsansicht der belangten Behörde widerspreche auch primärem Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Richtlinie vom , 85/384/EWG.

§ 5 Abs. 1 ZTG idF BGBl. I Nr. 137/2005 lautet:

"§ 5. (1) Die Befugnis eines Ziviltechnikers ist österreichischen Staatsbürgern oder Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder Staatsangehörigen der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder den durch sonstige zwischenstaatliche Vereinbarungen den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellten Personen zu verleihen, wenn die für die Ausübung erforderliche fachliche Befähigung (§ 6) nachgewiesen wurde und kein Ausschließungsgrund vorliegt."

§ 6 ZTG idF BGBl. I Nr. 137/2005 hat folgenden Wortlaut:

"Fachliche Befähigung

§ 6. (1) Die fachliche Befähigung (§ 5 Abs. 1) ist nachzuweisen durch:

1. die Absolvierung des der angestrebten Befugnis entsprechenden Studiums,


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2.
die praktische Betätigung
3.
und die erfolgreiche Ablegung der Ziviltechnikerprüfung.

(2) Studienabschlüsse an ausländischen Universitäten bedürfen der Nostrifizierung gemäß § 90 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, in der jeweils geltenden Fassung, und Studienabschlüsse an ausländischen Fachhochschulen bedürfen der Nostrifizierung gemäß § 5 Abs. 4 und 5 Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993, in der jeweils geltenden Fassung, sofern es sich nicht um Studienabschlüsse an einer Universität oder Fachhochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt.

(3) Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise im Bereich der Richtlinie 85/384/EWG, die außerhalb der Europäischen Union erworben wurden und bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union anerkannt worden sind, sowie die dazu in einem Mitgliedstaat absolvierten Ausbildungsgänge und/oder die dort erworbene Berufserfahrung sind im Rahmen eines Antrages auf Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung oder Verleihung der Befugnis innerhalb einer Frist von drei Monaten zu prüfen."

§ 7 ZTG idF BGBl. I Nr. 137/2005 lautet:

"§ 7. Die Voraussetzung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 ist erfüllt, wenn das Fachgebiet, für das eine Befugnis angestrebt wird, dem absolvierten Universitätsstudium oder Fachhochschul-Studiengang entspricht."

§ 8 ZTG idF BGBl. I Nr. 137/2005 lautet:

"Praktische Betätigung

§ 8. (1) Die Praxis muss mindestens drei Jahre umfassen, nach Abschluss des Studiums zurückgelegt werden und geeignet sein, die für die Ausübung der Befugnis erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln. Sie muss hauptberuflich


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1.
in einem Dienstverhältnis oder
2.
als persönlich ausübender Gewerbetreibender eines reglementierten Gewerbes oder
3.
im öffentlichen Dienst
absolviert worden sein. Sie ist durch glaubwürdige Zeugnisse und eine eingehende Darstellung der Art und Dauer nachzuweisen.

(2) Von der praktischen Betätigung muss mindestens ein Jahr entfallen:

1. bei Absolventen des Studiums der Architektur und bei Absolventen eines auf einem bautechnischen Fachgebiet gelegenen Studiums/Fachhochschul-Studienganges auf eine praktische Betätigung auf Baustellen und

2. bei Absolventen des Studiums/Fachhochschul-Studienganges des Vermessungswesens auf eine praktische Betätigung auf dem Gebiet der Grenzvermessung für alle Zwecke der grundbücherlichen Teilungen sowie Ab- und Zuschreibungen gemäß dem Liegenschaftsteilungsgesetz, BGBl. Nr. 3/1930, in der jeweils geltenden Fassung."

§ 32 Abs. 7 ZTG idF BGBl. I Nr. 137/2005 hat folgenden Wortlaut:

"(7) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichende Regelungen, sofern dies zur Erfüllung zwischenstaatlicher Vereinbarungen erforderlich ist, nach Maßgabe dieser Vereinbarungen durch Verordnung zu treffen. Solche Verordnungen können bereits vor In-Kraft-Treten der zwischenstaatlichen Vereinbarung erlassen werden, treten jedoch erst mit dieser in Kraft. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat insbesondere unter Berücksichtigung der Richtlinien des Rates vom , 85/384/EWG, und vom , 89/48/EWG, durch Verordnung zu bestimmen, welche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft erworben wurden, die Voraussetzung der Fachstudien, im Sinne des § 7 zu erfüllen geeignet sind, welche Berufsbezeichnungen

Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder

Staatsangehörige eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft führen dürfen, ferner, dass Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Erbringen von Dienstleistungen vorher bei den gleichfalls zu bestimmenden Stellen anzuzeigen haben und den Disziplinarvorschriften in gleicher Weise wie Inländer unterliegen. Die Verordnung hat weiters zu regeln, ob und welche zusätzlichen Voraussetzungen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft für die Verleihung einer Befugnis nach diesem Bundesgesetz zu erfüllen haben."

Die §§ 3 bis 5 der EWR-Architektenverordnung, BGBl. Nr. 694/1995, die auf Grund des § 32 Abs. 7 ZTG erlassen worden ist, haben folgenden Wortlaut:

"Niederlassung

§ 3. Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) dürfen sich auf dem Gebiet der Republik Österreich zur Ausübung des Berufes eines selbständigen Architekten niederlassen, wenn ihnen die entsprechende Befugnis nach dem Ziviltechnikergesetz 1993 verliehen wurde. Dem Antrag um Verleihung der Befugnis sind jedenfalls folgende Dokumente anzuschließen:

1. Eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass der Antragsteller ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der 'Architekturrichtlinie' besitzt;

2. eine von der zuständigen Stelle des Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaates ausgestellte Bescheinigung über den Erwerb praktischer Erfahrungen in der Mindestdauer von drei Jahren entsprechend dem Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 85/384/EWG;

3. eine Bescheinigung über die Konkursfreiheit innerhalb der letzten fünf Jahre und eine Strafregisterbescheinigung, die nicht älter als drei Monate sein dürfen;

4. ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit.

Fachliche Befähigung

§ 4. Für die im § 6 ZTG normierten Nachweise gilt folgendes:

1. Die Voraussetzung des Studiums (§ 6 Abs. 1 Z 1 ZTG) erfüllt ein Antragsteller, wenn er nachweist, dass er in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 der 'Architekturrichtlinie', erworben hat.

2. Die Voraussetzung des Studiums und der Ziviltechnikerprüfung (§ 6 Abs. 1 Z 1 und 3 ZTG) erfüllt ein Antragsteller, wenn er nachweist, dass er ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 der 'Architekturrichtlinie' besitzt und entweder eine Berufsberechtigung erworben hat oder den Beruf eines Architekten rechtmäßig ausübt. In diesem Fall hat der Antragsteller einen von der zuständigen Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer ausgestellten Nachweis über die Erfüllung der im Art. 26 der 'Architekturrichtlinie' normierten Informationspflicht über die in Österreich geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften und über das Berufs- und Standesrecht für Architekten zu erbringen.

§ 5. Weist ein Antragsteller nach, dass er in einem EWR-Mitgliedstaat den Beruf eines selbständigen Architekten bereits drei Jahre lang ausgeübt oder hauptberuflich eine dreijährige praktische Berufserfahrung auf dem Gebiet der Architektur im Rahmen eines Dienstverhältnisses erworben hat, so ist § 8 Abs. 1 sowie Abs. 2 ZTG nicht anzuwenden."

Art. 7 der Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr lautet:

"Artikel 7

(1) Jeder Mitgliedstaat teilt den anderen Mitgliedstaaten und gleichzeitig der Kommission so bald wie möglich das Verzeichnis der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise mit, die in seinem Hoheitsgebiet ausgestellt werden und die den in den Artikeln 3 und 4 genannten Kriterien genügen, sowie die Anstalten oder zuständigen Stellen, die sie ausstellen. Die erste Mitteilung erfolgt binnen zwölf Monaten nach Bekanntgabe dieser Richtlinie. Jeder Mitgliedstaat teilt in der gleichen Weise die eingetretenen Änderungen in bezug auf Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise mit, die in seinem Hoheitsgebiet ausgestellt werden, insbesondere dann, wenn sie nicht mehr den Anforderungen der Artikel 3 und 4 genügen.

(2) Die Verzeichnisse und ihre neuesten Fassungen werden von der Kommission nach Ablauf von drei Monaten nach ihrer Mitteilung zur Unterrichtung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Die Veröffentlichung eines Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises wird jedoch in den in Artikel 8 vorgesehenen Fällen aufgeschoben. Die Kommission veröffentlicht in regelmäßigen Abständen konsolidierte Verzeichnisse."

Die Auflistung der gegenseitig anzuerkennenden Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise findet sich im Art. 11 der genannten Richtlinie. Entsprechend der Mitteilung 2001/C 333/02 ist für Österreich unter anderem das Diplom des Diplom-Ingenieurs der Technischen Universität Wien dementsprechend genannt.

Die belangte Behörde hat sich im vorliegenden Fall darauf gestützt, dass sowohl die Architekturrichtlinie als auch die EWR-Architektenverordnung nur dann zur Anwendung kommen können, wenn das entsprechende Diplom aus einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich stammt, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Da weiters kein Nachweis über die Absolvierung der Ziviltechnikerprüfung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 ZTG erbracht worden sei, sei der Antrag abzuweisen gewesen. Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0173, zur Untermauerung dafür herangezogen, dass die "Architekturrichtlinie" nur für die Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen anwendbar sei, die andere Mitgliedstaaten (als die Republik Österreich) ausstellten.

Es trifft zwar zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom dargelegt hat, dass die Architekturrichtlinie 85/384/EWG nur für die Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen, welche die anderen Mitgliedstaaten ausgestellt hätten bzw. die außerhalb der Europäischen Union erworben und bereits in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt worden seien, anwendbar sei. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst ausdrücklich ausgesprochen, dass die Anwendbarkeit dieser Richtlinie einen grenzüberschreitenden Bezug voraussetze, der in dem Sachverhalt, welcher dem Erkenntnis vom zugrunde gelegen ist, in keinem Punkt gegeben gewesen ist.

Eine Ziviltechnikerbefugnis hat hingegen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0173, zum Gegenstand gehabt. In dem dort behandelten Fall jedoch hat der Beschwerdeführer gar keinen Nachweis über die Absolvierung eines Studiums der Studienrichtung Architektur an einer Universität oder Fachhochschule vorlegen bzw. geltend machen können. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass sich aus Art. 11 der Architekturrichtlinie für Österreich keine Verpflichtung ergebe, die österreichische Baumeisterkonzession im Sinne dieser Bestimmung (also als für die Ziviltechnikerbefugnis notwendigen Nachweis der Absolvierung eines Studiums) anzuerkennen. Eine vom Fürstentum Liechtenstein erteilte Berufsberechtigung sei jedenfalls kein Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstiger Befähigungsnachweis im Sinne der Architekturrichtlinie.

Zum Unterschied von den genannten Fällen handelt es sich im vorliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer die von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ausgestellte Bescheinigung vom vorgelegt hat, nach der er Mitglied dieser Architektenkammer sei, die Berufsbezeichnung "Architekt" führen dürfe und eine mindestens 4-jährige Berufspraxis erworben habe, um einen solchen mit europarechtlichem Bezug. Hinsichtlich des Diploms von der Technischen Universität Wien spielt allerdings die Architekturrichtlinie in Bezug auf die Bedeutung dieses Diploms für die Berechtigung als Ziviltechniker keine Rolle (und liegt insoweit kein "europarechtlicher Bezug" mehr vor), als der Beschwerdeführer damit bereits einen Studiennachweis erbracht hat, mit dem er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z. 1 ZTG erfüllt hat. Es bedarf daher hinsichtlich der Voraussetzung eines Studiums im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 1 ZTG auch keiner Heranziehung der EWR-Architektenverordnung. Im Übrigen jedoch, das heißt, soweit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 ZTG nicht erfüllt werden (nämlich jene der Z. 2 und 3), kommen im vorliegenden Fall im Hinblick auf deren europarechtlichen Bezug § 4 Z. 2 und § 5 EWR-Architektenverordnung zum Tragen. Mit anderen Worten wird entgegen der Auffassung der belangten Behörde die Anwendbarkeit der EWR-Architektenverordnung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Z. 1 ZTG bereits ohne Heranziehung dieser Verordnung erfüllt ist.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich die belangte Behörde damit auseinanderzusetzen hat, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z. 2 und 3 ZTG unter Anwendung der EWR-Architektenverordnung (nämlich § 4 Z. 2 und § 5) vorliegen. Zwar ist nach dem oben genannten hg. Erkenntnis vom davon auszugehen, dass auch § 4 Z 2 EWR-Architektenverordnung auf Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise anderer EWR-Mitgliedstaaten abstellt. Im hier vorliegenden Fall stützt auch dies allerdings nicht die Rechtsmeinung der belangten Behörde, da es der Heranziehung des § 4 Z 2 EWR-Architektenverordnung nur insoweit bedarf, als es um die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Z 3 ZTG geht. Bemerkt wird an dieser Stelle, dass es zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung führen würde, wenn durch die unmittelbare Erfüllung einer der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 ZTG die Möglichkeit ausgeschlossen würde, die EWR-Architektenverordnung (bei Fällen mit Europarechtsbezug) zur Supplierung der anderen Voraussetzungen heranzuziehen. Darüber hinaus zeigt auch der Wortlaut der Verordnungsermächtigung in § 32 Abs. 7 ZTG, dass diese Verordnung (nur) dann und insoweit zu greifen hat, wenn dies zur Erfüllung zwischenstaatlicher Vereinbarungen erforderlich ist (arg.: "sofern").

Da die belangte Behörde verkannte, dass die EWR-Architektenverordnung gegebenenfalls (nur) insoweit anzuwenden ist, als die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 ZTG nicht vorliegen und diesbezüglich ein Europarechtsbezug gegeben ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-81055