VwGH 20.02.2014, 2013/07/0181
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Es trifft zu, dass der VwGH die gleichzeitige Erteilung einerseits eines Auftrages nach § 138 und andererseits eines solchen nach § 21a WRG 1959 in einem einzigen Bescheid wiederholt als zulässig angesehen hat (vgl. E , 93/07/0063; E , 96/07/0006). Allerdings ist eine solche Vorgangsweise in einem Berufungsverfahren nur dann zulässig, wenn damit nicht die Sache des Verfahrens überschritten wird, wenn also beide Auftragsarten bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides waren. "Sache" des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist nämlich grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde erster Instanz gebildet hat (vgl. E , 2002/03/0203; E , 2010/03/0109). |
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RS 2 | § 21a WRG 1959 ist - im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 - kein Instrument zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, weil Anordnungen nach § 21a WRG 1959 von der Wasserrechtsbehörde nur zu treffen sind, wenn trotz Einhaltung des wasserrechtlichen Konsenses öffentliche Interessen nicht ausreichend geschützt sind, während durch einen Auftrag nach § 138 WRG 1959 vorzugehen ist, wenn der mangelnde Schutz öffentlicher Interessen auf konsenswidriges Verhalten des Bewilligungsinhabers zurückzuführen ist (vgl. E , 92/07/0145; E , 93/07/0063; E , 96/07/0006). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des GP in R, vertreten durch Draxler Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Reichsratsstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WA1-W-42211/001-2005, betreffend wasserpolizeiliche Aufträge, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2006/07/0158, verwiesen.
Aus der dortigen Sachverhaltsdarstellung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der Grundstücke Nr. 62 und Nr. 702, EZ. 524, KG R. ist. Auf dem Grundstück Nr. 62 befindet sich der sogenannte "Obere Schlossteich", der im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft H (BH) unter der Postzahl X/Y eingetragen ist. Auf dem Grundstück Nr. 702 liegt der sogenannte "Untere Schlossteich", der im genannten Wasserbuch zur Postzahl A/B eingetragen ist. Der untere Schlossteich wird vom Überwasser des oberen Schlossteichs gespeist. Die Ableitung des Überwassers erfolgt durch Rohrleitungen in den R-Bach.
Mit Bescheid vom verpflichtete die BH den Beschwerdeführer gemäß § 21a WRG 1959 zur Durchführung folgender zusätzlicher Anpassungsmaßnahmen:
"I. Teil (Hochwassersicherheit):
Die BH schreibt Ihnen gemäß § 21a in Verbindung mit §§ 105 und 98 Abs. 1 WRG 1959 in der geltenden Fassung folgende zusätzliche Anpassungsmaßnahmen vor: Von einem Fachkundigen erstellte Projektsunterlagen in Form eines Nachweises über die ausreichende Retentionswirkung der bestehenden Teichanlagen auf den Grundstücken Nr. 62 und 702 bei einem HQ 100 bzw. HQ 5000 sind der BH bis spätestens vorzulegen.
II. Teil (Vernässungen im Bereich des luftseitigen Dammfußes des unteren Schlossteiches):
Die BH trägt Ihnen gemäß § 21a in Verbindung mit §§ 105 und 98 Abs. 1 WRG 1959 in der geltenden Fassung auf, bei der unteren Teichanlage (Grundstück Nr. 702, KG R.) Erkundungsmaßnahmen durchzuführen, um die Ursachen der luftseitigen Vernässungen feststellen und darauf aufbauend entsprechende Sanierungsmaßnahmen setzen zu können. Ein entsprechendes Sanierungskonzept ist bis spätestens der BH vorzulegen.
III. Teil (Betriebsvorschrift):
Die BH trägt Ihnen gemäß § 21a in Verbindung mit §§ 105 und 98 Abs. 1 WRG 1959 in der geltenden Fassung auf, für die Teichanlage auf den Grundstücken Nr. 62 und 702, KG R., eine Betriebsvorschrift unter Zugrundelegung folgender Vorgaben auszuarbeiten:
1. ..."
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde in Spruchpunkt 1 die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und legte in Spruchpunkt 3 die Frist zur Durchführung der Maßnahmen gemäß § 21a WRG 1959 bis neu fest.
Dieser Bescheid wurde mit dem obgenannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/07/0158, in den Spruchpunkten 1 und 3 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof begründete dies damit, dass bei den mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Spruchpunkten I und II des Erstbescheides von der Behörde nicht festgestellt worden sei, ob öffentliche Interessen hinreichend geschützt seien oder nicht. Dies habe die Behörde von Amts wegen festzustellen, diese Verpflichtung dürfe nicht auf den Konsensinhaber überwälzt werden. Genau das sei aber im vorliegenden Fall geschehen, diente doch die dem Beschwerdeführer aufgetragene Beibringung von Unterlagen über die Retentionswirkung der Teichanlagen (Spruchpunkt I des Erstbescheides) der Ermittlung, ob öffentliche Interessen durch eine allfällig unzureichende Retention von Hochwässern gefährdet seien. Dies gelte auch für die gegenüber dem Beschwerdeführer ergangene Vorschreibung von Erkundungsmaßnahmen zur Feststellung der Ursachen der luftseitigen Vernässungen am Dammfuß bei der unteren Teichanlage und der Erstellung eines darauf aufbauenden Sanierungskonzepts (Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheids).
Hinsichtlich der mit Spruchpunkt III des Erstbescheides vorgenommenen (und mit dem damals angefochtenen Bescheid bestätigten) Vorschreibung der Vorlage eines Betriebskonzeptes hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass auch im Zusammenhang damit keine ausreichenden Feststellungen zur Frage des hinreichenden Schutzes öffentlicher Interessen getroffen worden seien.
Abschließend heißt es im zitierten Erkenntnis vom :
"Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, dass Feststellungen über den Inhalt des Konsenses beider unstrittig rechtskräftig bewilligter Teichanlagen fehlen, weshalb die Annahme der belangten Behörde über den konsensgemäßen Bestand und Betrieb der Schlossteichanlage nicht nachvollzogen werden kann. So erscheint insbesondere nicht geklärt, ob die Vernässungen im Bereich des luftseitigen Dammfußes des unteren Schlossteiches die Folgen eines konsenswidrigen Zustandes darstellen oder nicht. Vor diesem Hintergrund sei darauf verwiesen, dass § 21a WRG 1959 kein Instrument zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes darstellt. Allerdings hindert der Umstand, dass auch eine Konsenswidrigkeit vorliegt, die Anwendung des § 21a WRG nicht. In einem solchen Fall wäre zunächst durch einen auf § 138 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrag der konsensgemäße Zustand herzustellen; wenn danach das öffentliche Interesse trotzdem nicht hinreichend geschützt sein sollte, könnte zusätzlich nach § 21a WRG vorgegangen werden, wobei auch beide Aufträge bei Vorliegen der Voraussetzungen gleichzeitig erteilt werden könnten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 96/07/0006, und vom , 93/07/0063)."
In weiterer Folge ergänzte die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren.
Der Beschwerdeführer übermittelte der belangten Behörde eine Stellungnahme vom an die Straßenmeisterei R, in welcher auf eine Verhandlungsschrift vom verwiesen wurde; dieser Verhandlungsschrift zufolge obliege es dem Bezirksstraßenausschuss R bzw. dessen Rechtsnachfolger (Straßenmeisterei), die talseitige Trockenmauer im Damm und den gewölbten Durchlass beim Überlauf vom Schloss- in den Dorfteich zu erhalten.
Die belangte Behörde ließ hydraulische und geotechnische Untersuchungen durchführen, deren Ergebnis ihr mit Schreiben vom vorgelegt wurde.
Am fand eine mündliche Verhandlung mit Lokalaugenschein statt, in deren Rahmen der wasserbautechnische Amtssachverständige - aufbauend auf diese Untersuchungsergebnisse -
Befund und Gutachten erstattete. Er führte aus, dass bei den gegenständlichen Teichanlagen der Schutz der öffentlichen Interessen derzeit nicht in ausreichendem Maße gegeben sei. Dies deshalb, weil durch das Fehlen einer ausreichend dimensionierten Hochwasserentlastung ein unkontrolliertes Überströmen des Dammes mit Erosionserscheinungen möglich sei und daher die Aufrechterhaltung der Standsicherheit des Dammes nicht mehr gewährleistet wäre. Die unterhalb des Dammes befindliche Verrohrung des Abflussgrabens auf einer Länge von ca. 200 m weise ebenfalls keine ausreichende Abfuhrkapazität auf. Weiters sei festgestellt worden, dass im Bereich des unteren Dammes auch andere, nicht dem Konsensinhaber zuordenbare Einbauten (Regenwasserkanäle, Wasserleitung, Stromleitung) vorhanden seien. Wegen der nicht ausreichend gegebenen Standsicherheit seien auch Instandhaltungsmaßnahmen zur Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustands erforderlich. Ursache dafür seien im Wesentlichen vorhandene Vernässungen, die wiederum auf unzureichende Materialeigenschaften des Dammes selbst und auch auf Schäden bei der Ablaufleitung und beim Überlauf zurückzuführen seien. Es sei daher die Ursache der Vernässungen zu beseitigen (folgt eine Liste von Maßnahmen). Darüber hinaus sei eine entsprechende Betriebsvorschrift zu erstellen, wobei insbesondere auf erforderliche Maßnahmen bei Hochwasser und im Katastrophenfall einzugehen sei. Erforderliche Vorarbeiten oder Detailplanungen seien bis , die Baumaßnahmen selbst bis umzusetzen.
In einer Niederschrift vom wurden die Ergebnisse einer ergänzenden Befragung des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik festgehalten. Aus dieser Niederschrift ergibt sich eine nähere Darstellung der Abweichungen vom durch die Verhandlungsschrift vom dokumentierten Konsens und eine Befassung mit der Frage, ob mit deren Beseitigung ein Zustand erreicht würde, der dem heutigen Stand der Technik entspreche. In Bezug auf den oberen Teich, den Ablaufkanal und den Überlauf des unteren Teiches gelangte der Amtssachverständige mit detaillierter Begründung zur Ansicht, dass ein konsensloser Zustand vorliege, dass aber auch bei Einhaltung des Konsenses öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt würden.
Nach einer weiteren Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach Vorlage von Unterlagen durch die BH in Bezug auf die Vorgänge im Jahr 1912 und einer Nachschau im Grundbuch sowie Übermittlung eines Übereinkommens zwischen dem Beschwerdeführer und dem Land Niederösterreich vom über den Umbau des Durchlasses unter der L und die Erhaltungspflicht betreffend den Durchlass unter der B wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt und er um Nachschau hinsichtlich weiterer Unterlagen betreffend Instandhaltung oder eingeräumte Servituten in Bezug auf die Schlossteiche ersucht.
Der Beschwerdeführer teilte am mit, dass die Unterlagen in der Zeit der USIA-Verwaltung verschwunden seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom entschied die belangte Behörde neuerlich über die Berufung und formulierte den Spruch des Bescheides der BH vom neu, sodass dieser folgendermaßen lautet:
"Herr Beschwerdeführer wird als Wasserberechtigter der Schlossteiche auf den Grundstücken Nr. 62 (oberer Schlossteich, Wasserbuchpostzahl X/Y) und Nr. 702 (unterer Schlossteich, Wasserbuchpostzahl A/B), beide in der KG R, Bezirk H, zur Durchführung folgender Maßnahmen verpflichtet:
I. Oberer Teich, (X/Y)
1. Der Überlauf dieses Teiches ist im Sinne der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft O vom - welche einen wesentlichen Spruchbestandteil dieses Berufungsbescheides bildet und mit der Bezugsklausel auf diesen Bescheid versehen ist - als Gewölbedurchlass unter der Straße B 30 mit dem ursprünglichen Abflussquerschnitt gemäß § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 instand zu setzen.
2. Weiters ist gemäß § 21a WRG 1959 dieser Durchlass so herzustellen, dass ein 5000-jährliches Abflussereignis gesichert abgeführt werden kann. (Anmerkung: Sollte sich durch Berechnungen der Nachweis erbringen lassen, dass durch eine Steuerung des Teichwasserspiegels ein ausreichendes Retentionsvolumen auch schon früher vorhanden ist, sind sämtliche Anforderungen für diese Steuerung (z.B. vorzeitige Wasserspiegelabsenkung im Niederschlagsfall) in die Betriebsvorschrift aufzunehmen.)
II. Unterer Teich (A/B)
1. Der Ablaufkanal ist gemäß § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 durch eine bauliche Instandsetzung des Rohres auf der gesamten Länge derart zu sanieren, dass einerseits die Standsicherheit gewährleistet ist und andererseits es zu keiner wesentlichen Einengung des Abflussquerschnittes kommt. Eine solche Sanierung könnte z.B. in Form eines 'Inliners' erfolgen oder es könnte das Rohr durch ein neues Kanalrohr oder gleichwertige Maßnahmen ersetzt werden.
2. Der Überlauf ist entsprechend der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft O vom - welche einen wesentlichen Spruchbestandteil dieses Berufungsbescheides bildet und mit der Bezugsklausel auf diesen Bescheid versehen ist - gemäß § 50 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in Stand zu setzen.
3. Weiters ist der Überlauf gemäß § 21a WRG 1959 so herzustellen, dass ein 5000-jährliches Abflussereignis gesichert abgeführt werden kann. Dies kann entweder durch eine Vergrößerung des bestehenden Abflussquerschnittes oder durch Herstellung einer befestigten Ablaufrinne erfolgen, wobei die 'Ausleitung' einer solchen Hochwasserentlastung bis unterhalb des nach Herstellung der Auflastschüttung (Punkt 4, unten) entstandenen Dammfußes zu führen ist.
4. Weiters ist zur Anpassung an den Stand der Technik und zum Schutz öffentlicher Interessen gemäß § 21a WRG 1959 an der luftseitigen Böschung des unteren Dammes auf der gesamten Breite eine Auflastschüttung möglichst auf Grundstück Nr. 700/3 KG R mit grob körnigem Material mit Drainagewirkung mit einer Neigung von 1:3 nach vorheriger Entfernung des Oberbodens herzustellen.
III. Betriebsvorschrift
Zum hinreichenden Schutz öffentlicher Interessen ist gemäß § 21a WRG 1959 eine Betriebsvorschrift zu erstellen, in welcher Wartungs- und Überprüfungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Standsicherheit des Dammes sowie Kontrollmaßnahmen bei Hochwasserereignissen zu regeln sind - gilt für beide Schlossteiche. Diese Maßnahmen können je nach vorhandenem Wasserstand unterschiedlich sein.
Diese Maßnahmen I. bis III. sind bis spätestens umzusetzen."
Die belangte Behörde befasste sich in der Begründung des Bescheides nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 21a WRG und § 50 Abs. 1 leg. cit. mit der Frage, ob dem Wasserberechtigten sämtliche Erhaltungsarbeiten aufzutragen seien, und bejahte dies mit näherer Begründung.
Die Überläufe beider Teiche seien in der Verhandlungsschrift vom umschrieben, diese Umschreibung stelle mangels Vorliegens von Bewilligungsbescheiden den der Bewilligung entsprechenden Zustand im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959 dar, weshalb sie zum wesentlichen Spruchbestandteil erklärt worden sei. Die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 aufgetragen werde, führe aber zu keinem dem heutigen Stand der Technik entsprechenden Zustand und gefährde öffentliche Interessen (wird unter Bezugnahme auf die eingeholten Gutachten jeweils näher ausgeführt). Die genannten öffentlichen Interessen seien ihrerseits als höherwertiger anzusehen als das Interesse an der Aufrechterhaltung der Teichanlage in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand. Aus diesem Grund sei daher zum hinreichenden Schutz öffentlicher Interessen weiters nach § 21a WRG 1959 vorzugehen gewesen. Die Maßnahmen stellten auch den geringsten Eingriff in das Wasserbenutzungsrecht dar.
Abschließend hielt die belangte Behörde noch allgemein fest, dass der erforderliche Nachweis für ein 5000-jährliches Ereignis durch einen Fachkundigen leicht erbracht werden könne. Zu den aufgetragenen Maßnahmen einerseits nach § 138 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 50 WRG 1959 und andererseits nach § 21a leg. cit. werde festgehalten, dass auch beide Aufträge bei Vorliegen der Voraussetzungen gleichzeitig erteilt werden könnten. Die Erfüllungsfrist für die aufgetragenen Maßnahmen sei vom Sachverständigen festgelegt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Die einschlägigen Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
"§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
(2) ...
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
b) ..."
Im vorliegenden Fall schrieb die BH im Erstbescheid dem Beschwerdeführer die Anpassung an den Stand der Technik auf der Rechtsgrundlage des § 21a WRG 1959 vor. Ein Auftrag auf Grundlage dieser Bestimmung, der nur dann in Frage kommt, wenn trotz Einhaltung der in einem Bewilligungsbescheid enthaltenen Auflagen und Vorschriften öffentliche Interessen nicht ausreichend geschützt sind, war daher alleiniger Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid ersetzte die belangte Behörde als Berufungsbehörde den Spruch des Erstbescheides durch eine Kombination von Aufträgen nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zum einen (vgl. Spruchpunkt I 1, Spruchpunkt II 1 und II 2) und Aufträgen nach § 21a WRG 1959 zum anderen (vgl. Spruchpunkt I 2, Spruchpunkt II 3 und II 4). In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte sie in diesem Zusammenhang dar, dass - worauf der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis vom , 2006/07/0158, hingewiesen habe - die Vorschreibung von Maßnahmen einerseits nach § 138 in Verbindung mit § 50 WRG 1959 und andererseits nach § 21a WRG 1959 gleichzeitig möglich seien.
Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof die gleichzeitige Erteilung einerseits eines Auftrages nach § 138 und andererseits eines solchen nach § 21a WRG 1959 in einem einzigen Bescheid wiederholt als zulässig angesehen hat (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom , 93/07/0063, und vom , 96/07/0006).
Allerdings ist eine solche Vorgangsweise in einem Berufungsverfahren nur dann zulässig, wenn damit nicht die Sache des Verfahrens überschritten wird, wenn also beide Auftragsarten bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides waren. "Sache" des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist nämlich grundsätzlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde erster Instanz gebildet hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2002/03/0203, und vom , 2010/03/0109).
Der Bescheid der BH stützte sich - wie dargestellt - allein auf § 21a WRG 1959, also auf die Anpassung eines einer rechtskräftigen Bewilligung entsprechenden Zustandes an den Stand der Technik zur Wahrung öffentlicher Interessen.
§ 21a WRG 1959 ist - im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 - aber kein Instrument zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, weil Anordnungen nach § 21a WRG 1959 von der Wasserrechtsbehörde nur zu treffen sind, wenn trotz Einhaltung des wasserrechtlichen Konsenses öffentliche Interessen nicht ausreichend geschützt sind, während durch einen Auftrag nach § 138 WRG 1959 vorzugehen ist, wenn der mangelnde Schutz öffentlicher Interessen auf konsenswidriges Verhalten des Bewilligungsinhabers zurückzuführen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , 92/07/0145, vom , 93/07/0063, und vom , 96/07/0006).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid, mit dem sie den Erstbescheid neu strukturierte, den Aufträgen nach § 21a WRG 1959 in einem ersten Schritt Aufträge nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 vorgeschaltet. Sie hat zur Prüfung des Vorliegens der Sachverhaltsvoraussetzungen des § 138 Abs. 1 WRG 1959 ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und insoweit auch die Sachverhaltsgrundlage im Vergleich zum erstbehördlichen Verfahren inhaltlich erweitert. Durch die darauf gestützte erstmalige Erteilung eines Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 hat sie aber die "Sache des Berufungsverfahrens" überschritten.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.
Strittig könnte im vorliegenden Fall sein, ob es sich bei den Spruchteilen des angefochtenen Bescheides, die ihrerseits auf § 21a WRG 1959 gründen und sich daher im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrensgegenstandes bewegen, um von den übrigen Spruchteilen trennbare Spruchbestandteile handelt, die bestehen bleiben können. Gegen dieses Verständnis spricht der Aufbau der einzelnen Spruchpunkte. So wurde in einem ersten Schritt die Wiederherstellung des Konsenses aufgetragen (§ 138 WRG 1959) und darauf aufbauend in einem zweiten Schritt die Anpassung des Konsenses an den Stand der Technik (§ 21a WRG 1959). Ein Bestehenbleiben allein der nachgeschalteten Aufträge kommt daher wegen des untrennbaren Zusammenhanges dieser Spruchpunkte nicht in Frage.
Diese Überlegungen gelten auch für die Spruchpunkte II 4 und III. Spruchpunkt II 4 umschreibt zwar eine Einzelmaßnahme, steht aber mit der Umsetzung der anderen Aufträge (betreffend den unteren Teich) ebenfalls in einem engen technischen Zusammenhang, sodass fallbezogen eine Trennbarkeit nicht anzunehmen ist. Spruchpunkt III (Betriebsvorschriften) bezieht sich schließlich u. a. auf Wartungs- und Überprüfungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der - erst zu schaffenden - Standsicherheit des Dammes und stellt daher ebenfalls keinen trennbaren Spruchbestandteil dar.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsgebiete Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:2013070181.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAE-81054