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VwGH vom 15.04.2010, 2006/06/0107

VwGH vom 15.04.2010, 2006/06/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Gemeinde V, vertreten durch Mag. Michael Rettenwander, Rechtsanwalt in 5760 Saalfelden, Mittergasse 9, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/02- 39.626/8-2006, betreffend ein Verfahren gemäß § 40 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (mitbeteiligte Partei:

Dipl. Ing. RC in O, vertreten durch Dr. Rüdiger Hanifle, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Schillerstraße 22), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von 610,60 Euro und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Widmung des S.-Weges für den öffentlichen Verkehr nicht stattgegeben.

Mit (undatiertem) Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde, beschlossen am , wurde der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten "stattgegeben". Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom sei dahingehend mangelhaft, dass er nur kurz auf "kein dringendes Verkehrsbedürfnis" hingewiesen habe. In dieser Angelegenheit sei aber zu prüfen, ob der Antragsteller gemäß § 40 Abs. 2 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 überhaupt legitimiert sei, einen Antrag auf Widmung für den öffentlichen Verkehr zu stellen. Der Antrag des Mitbeteiligten sei bereits auf Grund mangelnder Antragsberechtigung "zurückzuweisen".

Der zuletzt genannte Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom aufgehoben, und die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde zurückverwiesen. In der Bescheidbegründung wurde zunähst der Antrag des Mitbeteiligten vom wiedergegeben. Demnach habe der Mitbeteiligte ausgeführt, der S.-Weg sei von seinem Rechtsvorgänger und von ihm seit mehr als 20 Jahren unbehindert befahren worden, weise keine Abschrankung auf und es existiere auch kein ausdrückliches Benützungsverbot wie beispielsweise durch eine Fahrverbotstafel. Nicht nur er, sondern auch andere, wie beispielsweise Gastronomiebetriebe, Holzbringungsunternehmen, Zimmereibetriebe etc. hätten ein dringendes Verkehrsbedürfnis an diesem Weg, da sie sonst in ihrer gewerblichen Tätigkeit erheblich eingeschränkt wären. Dies sei auch amtsbekannt. Nach dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0009, dürften Bringungswege nur rein land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen. Diese Einschränkung sei jedoch durch die seit Jahren von allen Wegbenützern praktizierte Nutzung des S.-Weges zu keiner Zeit erfüllt gewesen, sodass seinem Antrag, den S.-Weg dem öffentlichen Verkehr zu widmen, Berechtigung zukomme. Dieses Vorbringen habe der Mitbeteiligte nach der Begründung des Bescheides vom auch in seiner Berufung und in seiner Vorstellung wiederholt. Begründend wurde des weiteren ausgeführt, im Spruch des Bescheides der Gemeindevertretung werde der Berufung des Mitbeteiligten ausdrücklich stattgegeben, in der Begründung hingegen werde auf die fehlende Antragslegitimation des Mitbeteiligten verwiesen. Spruch und Begründung stünden somit im Widerspruch, weshalb der Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei. Die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde werde daher in einem neu durchzuführenden Berufungsverfahren festzustellen haben, ob auf Grund des Antrages des Mitbeteiligten vom eine öffentliche Widmung für den S.-Weg auszusprechen sei. Bezüglich der Antragslegitimation werde in diesem Zusammenhang auf § 40 Abs. 2 Z. 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 verwiesen, wonach von jeder die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses benutzenden Person ein entsprechender Antrag bei der Straßenrechtsbehörde gestellt werden könne. Derzeit stelle der S.-Weg eine Bringungsanlage im Sinne des § 3 Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 dar, deren Benützung auf den Anliegerverkehr beschränkt bleibe. Inwiefern öffentliche Interessen an der Widmung im Sinne einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Privatstraße vorlägen, bleibe Aufgabe der Straßenrechtsbehörde, in einem entsprechenden Ermittlungsverfahren festzustellen.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde die Berufung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Mitbeteiligte benutze den S.-Weg nicht auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses, sondern als Mitglied der Bringungsgemeinschaft S. Eine Benutzung zu anderen als zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken sei auf Grund des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2001/07/0009, nicht gestattet. Die Mitgliedschaft bei der Bringungsgemeinschaft mache den Mitbeteiligten nicht zu einer antragsberechtigten Person gemäß § 40 Abs. 2 Z. 1 bis 4 Salzburger Landesstraßengesetz 1972. Eine weitergehende Nutzung durch den Mitbeteiligten als zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken erfolge derzeit nicht. Zu einer weitergehenden Nutzung sei er auch gemäß dem zitierten hg. Erkenntnis vom nicht berechtigt.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung legte der Mitbeteiligte im Wesentlichen dar, wie im Verfahren bereits mehrfach ausgeführt, werde der S.-Weg, welcher derzeit ein Bringungsweg sei, seit vielen Jahren auch für gastronomische Betriebe, Holzbringungsunternehmen, Zimmereien sowie auch von privaten Personen benützt. Da nach dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0009, Bringungswege grundsätzlich nur rein land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen sollten, erfolge somit die Nutzung des S.-Weges durch die vorerwähnten Personengruppen rechtswidrig. Dieser Sachverhalt sei dem Bürgermeister und der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde und auch dem Obmann der Bringungsgemeinschaft hinlänglich bekannt. Der Antrag des Mitbeteiligten vom habe somit einerseits der Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustandes und andererseits der Befriedigung seines dringenden Verkehrsbedürfnisses gedient, da die bisher im Rahmen des Bringungsgemeinschaftsrechtes mögliche Nutzung des Weges für ihn eine außerordentliche wirtschaftliche Einschränkung und Beeinträchtigung darstelle. Das bisher von der Behörde durchgeführte Verfahren sei offenbar von Anfang an darauf ausgerichtet gewesen, Entscheidungen über den Antrag des Mitbeteiligten solange wie möglich durch eine schleppende Verfahrensabwicklung und rechtswidrige Bescheide zu verzögern. Bereits in der Vorstellung vom sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Mitbeteiligte Mitglied der Weggenossenschaft S.-Weg und damit Miteigentümer einer Privatstraße und somit auch Straßenerhalter sei.

Auf Grund der Vorstellung des Mitbeteiligten wurde der Bescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid aufgehoben, und die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde habe bei der Verneinung der Parteistellung des Mitbeteiligten auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0009, verwiesen. Mit diesem sei im Wesentlichen festgestellt worden, dass land- und forstwirtschaftliche Bringungsrechte im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 und 2 Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 nicht den seinerzeit beantragten Transport einer Kernbohrmaschine für die Durchführung einer Probebohrung auf forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Grundstücken umfassten. Das genannte Erkenntnis setze sich aber nicht mit den einschlägigen Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 bezüglich der Öffentlicherklärung von Privatstraßen auseinander. Wie bereits in der Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom eindeutig zum Ausdruck gekommen sei, sei es Sache der Berufungsbehörde, in einem den Kriterien des § 40 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 entsprechenden Ermittlungsverfahren (Ausschreibung einer mündlichen Verhandlung) eine inhaltliche Prüfung des Ansuchens vom vorzunehmen und einen begründeten Bescheid hierüber zu erlassen. Die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde sei irrtümlicherweise vom Fehlen einer formellen Prozessvoraussetzung ausgegangen, anstatt eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag des Mitbeteiligten zu fällen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf gesetzmäßige Ausübung der Gemeindeaufsicht durch die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde verletzt. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde übersehe, dass der Mitbeteiligte Mitglied der Bringungsgemeinschaft S. sei. Als solches sei er berechtigt, den vorhandenen Weg zur land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung seiner Grundstücke zu benutzen. Eine darüber hinausgehende Benutzung sei rechtlich gesehen nicht möglich. Ein dringendes Verkehrsbedürfnis, das die mitbeteiligte Partei behaupte, könne folglich nicht existieren. Es liege daher keine Antragslegitimation im Sinne des § 40 Abs. 2 Z. 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 vor. Eine inhaltliche Prüfung und eine Sachentscheidung der Gemeindebehörden über den Antrag vom sei daher nicht möglich.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie der Mitbeteiligte, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 40 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119/1972 idF Nr. 92/2001, lautet:

"Von den dem öffentlichen Verkehr dienenden Privatstraßen

§ 40

(1) Eine Privatstraße dient dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nicht durch äußere Kennzeichen (Abschrankungen, ausdrückliches Benützungsverbot usw.) diesen Verkehr ausschließt. Eine solche Ausschließung darf soweit nicht erfolgen, als

a) die Privatstraße durch den Grundeigentümer für den allgemeinen Verkehr dauernd gewidmet wurde,

b) die Privatstraße in zumindest zwanzigjähriger Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und ungehindert benutzt wurde.

(2) Über die Zulässigkeit und den Umfang der Ausschließung des öffentlichen Verkehrs entscheidet auf Antrag oder von Amts wegen die Straßenrechtsbehörde nach einer mündlichen Verhandlung, die durch zweiwöchigen Anschlag an der Amtstafel bekannt zu machen ist. Ein solcher Antrag kann gestellt werden:


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1.
vom Eigentümer der Privatstraße;
2.
vom Straßenerhalter, wenn dieser nicht der Eigentümer der Straße ist;
3.
von jeder die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses benutzenden Person und
4.
von der Agrarbehörde, wenn es sich bei der Straße um eine Bringungsanlage nach § 3 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 handelt.
Partei im Verfahren ist außer dem Antragsteller der Eigentümer der Privatstraße und der Straßenerhalter sowie die Agrarbehörde, wenn es sich bei der Straße um eine Bringungsanlage nach § 3 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 handelt.

(3) Handelt es sich um Vorhaben, die wichtigen allgemeinen Verkehrsinteressen oder ebensolchen überörtlichen Interessen des Fremdenverkehrs dienen, hat die Widmung gemäß Abs. 1 lit. a das Grundeigentum nicht zur Voraussetzung. Die Wirkung der für fremdes Grundeigentum ausgesprochenen Widmung beschränkt sich auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des dritten Abschnittes."

Vorweg ist festzuhalten, dass tragender Aufhebungsgrund des Vorstellungsbescheides vom war, dass Spruch und Begründung des damals angefochtenen Berufungsbescheides der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde in einem Widerspruch stünden. Bezüglich der Antragslegitimation hat die Vorstellungsbehörde lediglich auf die Bestimmung des § 40 Abs. 2 Z. 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 "verwiesen". Darüber liegt somit keine bindende Rechtsmeinung der belangten Behörde vor.

Eine Antragslegitimation des Mitbeteiligten setzt gemäß § 40 Abs. 2 Z. 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 voraus, dass er die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses benutzt. Dies hat der Mitbeteiligte im Verwaltungsverfahren wiederholt dargelegt. Im Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde aber "nach dem nunmehr durchgeführten Ermittlungsverfahren" ausdrücklich festgestellt, dass der Mitbeteiligte den S.-Weg nicht auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses, sondern bloß als Mitglied der Bringungsgemeinschaft S. benutze. Im Akt finden sich allerdings keine Unterlagen über ein entsprechendes Ermittlungsverfahren. Auch in der Begründung des Berufungsbescheides wird nicht näher dargelegt, auf Grund welcher konkreten Ermittlungsergebnisse die Gemeindevertretung insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen des Mitbeteiligten zur mangelnden Antragslegitimation des Mitbeteiligten gelangt ist.

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass dem Umstand, dass eine Benützung der Straße auf Grund besonderer Rechtstitel (hier: eines Bringungsrechtes) des Privatrechtes oder des öffentlichen Rechtes erfolgt, für die maßgebende Frage, ob ein dringendes Verkehrsbedürfnis vorliegt, keine Bedeutung hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/06/0238, vom , Zl. 98/06/0039, und vom , Zl. 99/06/0165), und im vorliegenden Fall wurde im Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom auch ausgeführt, dass eine Benutzung zu anderen als zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken auf Grund des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2001/07/0009, nicht gestattet sei. Die Gemeindevertretung hat es aber unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht ungeachtet dessen eine solche weitergehende Benützung faktisch erfolgt. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie, da eine solche tatsächliche Benützung im Hinblick auf die Kriterien des § 40 Abs. 2 Z 3 Salzburger Landesstraßengesetz 1972 von Bedeutung ist, davon ausgegangen ist, dass die Gemeindevertretung zu Unrecht unter Hinweis lediglich auf das zitierte hg. Erkenntnis vom und die übrige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen ist, dass keine Antragslegitimation des Mitbeteiligten vorliegt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am