VwGH 20.03.2014, 2013/07/0140
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; WRG 1959 §99 Abs1 litf idF 1999/I/155; |
RS 1 | Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der WRG 1959-Novelle BGBl. I Nr. 155/1999 (1199 der Beilagen XX. GP) zu § 99 Abs 1 lit f WRG 1959 ist eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes dann gegeben, wenn die Nassbaggerung in der Absicht auf Materialgewinnung (und -verwertung) erfolgt, und nicht etwa schon dann, wenn - aus welchen Gründen immer - Bodenmaterial entfernt wird (etwa im Zuge einer Bauführung). Eine "Gewinnung" bzw. "Verwertung" des Aushubmaterials kann nicht nur im Fall des Verkaufes dieses Materials vorliegen, sondern etwa auch dann, wenn der Konsenswerber das Material für eigene Zwecke (nämlich zur Anschüttung im Teich zur Herstellung eines Geländestreifens) verwendet bzw. verwertet. |
Normen | |
RS 2 | Die wasserrechtliche Bewilligung eines Projektes steht mit den für seine Ausführung vorgeschriebenen Auflagen in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang (vgl. E , 2010/07/0022). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Beschwerde des LB in W, vertreten durch Dr. Corvin Hummer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WA1-W-42511/001-2007, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: S GmbH in W, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft B (im Folgenden: BH) vom ersuchte die A.V.gmbh & Co B. KG um wasserrechtliche Bewilligung "zur Rekultivierung und Folgenutzung Sportfischteich und Naturbaden" hinsichtlich eines Grundwasserteiches auf den Grst. Nrn. 990 und 1004/2 KG G. In der Folge ist in dieses Verfahren anstelle der vorgenannten Antragstellerin die mitbeteiligte Partei eingetreten. Das vorgelegte Projekt wurde später abgeändert. Unter anderem zog die mitbeteiligte Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom "unter Hinweis auf die eingeschränkte Bademöglichkeit (Eigengebrauch) im Rahmen der extensiven Sportfischerei" den Konsenspunkt "Naturbaden für 5 - 8 Personen" zurück.
Mit Bescheid vom erteilte die BH der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 10, 32, 38 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) die wasserrechtliche Bewilligung für die Folgenutzung des bestehenden Grundwasserteiches auf den Grst. Nrn. 990 und 1004/2 als extensiv genutzter Sportfischteich mit zugehörigen Einrichtungen (Bootsanlegesteg und drei Schwimmplattformen) und zur Rekultivierung in Form der baulichen Zusammenlegung des kleinen Teiches mit dem großen Teich sowie zur Herstellung eines 5 m breiten Schutzstreifens beim kleinen Teich gemäß näher genannten Projektunterlagen und der Verhandlungsschrift vom .
Der Projektbeschreibung im erstinstanzlichen Bescheid ist u. a. zu entnehmen, dass sich auf den Grst. Nrn. 990 und 1004/2 ein Grundwasserteich mit einer Größe von ca. 4,2 ha befinde, der ursprünglich als Nassbaggerung mit Bescheid vom bewilligt worden sei. Im Jahr 1971 sei eine Kollaudierung, jedoch ohne Festlegung von Rekultivierungsmaßnahmen und ohne Festlegung einer Folgenutzung, erfolgt. Verblieben seien der große Teich mit ca. 4,2 ha und, unmittelbar beim Zufahrtsweg, ein kleinerer Teich mit ca. 1.000 m2. Dieser sei durch einen überstauten Damm mit dem großen Teich verbunden.
Der Teich - so die BH weiter - liege am Rand des Grundwasserschongebietes "M Senke", und zwar am grundwasserstromabwärtigen Ende. Unmittelbar nordwestlich befinde sich der sogenannte "F-Teich" (Anmerkung: des Beschwerdeführers) auf den Grst. Nrn. 985 und 986. Nordwestlich der Anlage betreibe die E.W.GmbH eine Brunnenanlage mit einem derzeitigen Entnahmekonsens von 60 l/s; beantragt seien 400 l/s.
Im Rahmen der Auflistung der Maßnahmen, die mit dem bewilligten Projekt durchgeführt werden sollen, wurde u.a. angeführt:
"Vereinigung des kleinen Teiches mit dem Hauptgewässer mit einer Teichsohle bei der Vereinigung auf einer Tiefe von 164,7 bis 164,9 m ü.A. mit flacher Gestaltung der Uferböschungen. Das Material soll an den nordwestlichen Rand verlagert werden, wodurch ein ca. 5,0 m breiter Schutzstreifen zum Zufahrtsweg geschaffen werden soll."
Nach Darlegung der Stellungnahmen der beigezogenen Amtssachverständigen (ASV) wurde der mitbeteiligten Partei die Einhaltung mehrere Auflagen vorgeschrieben, u.a. der folgenden Auflage 3.:
"3. Gegenüber dem Feldweg Grdst. Nr. 988 (...) ist ein Mindestschutzstreifen von 5 m zu schaffen und zu erhalten."
Die vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwendungen wurden teilweise abgewiesen, teilweise zurückgewiesen.
Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid der BH u.a. dahingehend abgeändert, dass in der Projektbeschreibung des Spruchteiles I der Absatz "Der Teich soll auch als Naturbadeteich für ca. 5 - 8 Personen genutzt werden. Laut heutiger Verhandlung wird in diesem Umfang eine private Badenutzung für Verwandte und Bekannte erlaubt. Ein Badebetrieb ist nicht vorgesehen." entfällt. Ferner wurde eine ergänzende Auflage hinsichtlich der Errichtung einer näher genannten Grundwassersonde vorgeschrieben. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner privatrechtlichen Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen und angeordnet, dass bei den im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Rechtsgrundlagen § 38 WRG 1959 entfalle.
Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In ihren Erwägungen führte die belangte Behörde zunächst aus, der Beschwerdeführer habe im Zuge des Berufungsverfahrens, insbesondere während der mündlichen Verhandlungen die Möglichkeit der Akteneinsicht gehabt, sodass der von ihm geltend gemachte Mangel einer unvollständigen Bescheidzustellung jedenfalls als geheilt anzusehen sei.
Ferner habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass laut Projektbeschreibung eine Vereinigung von zwei Grundwasserteichen vorgesehen sei, es sich daher um eine Nassbaggerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 handle und die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gegeben sei. Dazu führte die belangte Behörde aus, aus § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 und § 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft betreffend die Erlassung einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung zum Schutze des Grundwasservorkommens für Zwecke der Trinkwasserversorgung im T-Feld, BGBl. II Nr. 265/2001, gehe hervor, dass die Zuständigkeit des Landeshauptmannes nur dann gegeben sei, wenn neben den Arbeiten im Grundwasser- bzw. im Grundwasserschwankungsbereich auch eine Gewinnerzielungsabsicht, nämlich die Absicht zur kommerziellen Gewinnung von Sand und Kies vorliege. Im gegenständlichen Fall diene die "Nassbaggerung" jedoch lediglich der Zusammenlegung der beiden Teiche und werde das ausgehobene Material im gleichen Teich wieder angeschüttet, sodass von einer Gewinnerzielungsabsicht keine Rede sein könne. Ferner verwies die belangte Behörde auf die Regierungsvorlage zur Wasserrechtsgesetznovelle 1998. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes (der belangten Behörde) liege daher nicht vor.
Zu den weiteren Berufungspunkten führte die belangte Behörde aus, sofern eine Verletzung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegen sei, sei sie jedenfalls im Berufungsverfahren saniert worden. Soweit Begründungsmängel geltend gemacht worden seien, sei eine Berufung gegen die Bescheidbegründung nicht zielführend und auch unzulässig.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Beeinträchtigung (Verschmutzung) seines Grundwasserteiches auf "Grst. Nr. 699/2 und 699/5" hielt die belangte Behörde zunächst fest, es handle sich dabei um einen nicht bewilligten Grundwasserteich. Der Beschwerdeführer habe sohin kein bestehendes Wasserbenutzungsrecht inne, könne jedoch Einwendungen auf Grund seiner Rechtsstellung als Eigentümer "der Grst. Nr. 699/2 und 699/5" geltend machen.
Die BH sei von den bestehenden geohydrologischen Verhältnissen bei Einhaltung der wasserrechtlichen Konsense jener Wasserrechte, deren Ausübung einen Einfluss auf die Grundwasserverhältnisse der verfahrensgegenständlichen Grundstücke haben könnte, ausgegangen. Dies betreffe insbesondere das Wasserrecht der E.W.GmbH, Wasserversorgungsanlage (WVA) "nördliches W-Feld". Im Jahr 2002 habe die E.W.GmbH um wasserrechtliche Bewilligung zur Erhöhung des 1967 bewilligten Entnahmekonsenses aus den beiden Wasserspendern der WVA "nördliches W-Feld" von max. 60 l/s auf max. 400 l/s angesucht. Dieses Verfahren sei bisher nicht abgeschlossen. Somit sei derzeit eine Entnahmemenge von 60 l/s bewilligt. Der Beschwerdeführer mache geltend, dass aus dieser WVA tatsächlich weit mehr als die bewilligten 60 l/s entnommen würden. Die Behörde habe jedoch davon auszugehen, dass die bestehenden generellen Normen sowie die individuellen Rechtsakte (Bescheide) eingehalten würden.
Nach Wiedergabe der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahmen des ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz, des ASV für Gewässerbiologie und des ASV für Hydrologie hielt die belangte Behörde weiter fest, aus diesen Stellungnahmen gehe hervor, dass eine Beeinträchtigung des Teiches des Beschwerdeführers überhaupt nur während der Bauarbeiten zur Zusammenlegung der beiden verfahrensgegenständlichen Teiche denkbar sei. Der ASV für Hydrologie habe in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass bei unbeeinflussten Grundwasserströmungsverhältnissen bzw. bei einer Entnahmemenge von 60 l/s aus der WVA "nördliches W-Feld" aus fachlicher Sicht eine Beeinträchtigung der Teichanlage des Beschwerdeführers auszuschließen sei. Selbst bei einer Entnahmemenge von 200 l/s sei nur mit einer geringfügigen Richtungsänderung des Grundwasserstromes in Richtung der Teichanlage des Beschwerdeführers zu rechnen und eine Beeinträchtigung dieses Teiches nicht zu erwarten. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe klar dargelegt, dass auf Grund der bestehenden hydrogeologischen Situation und bei Einhaltung des Konsenses bei der WVA "nördliches W-Feld" eine Verletzung bestehender Rechte des Beschwerdeführers auszuschließen sei. Sollte dem Beschwerdeführer auf Grund einer konsenslos erhöhten Wasserentnahme ein Schaden entstehen, so sei dies nicht im wasserrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen, sondern es wäre gegen den Schädiger zivilrechtlich vorzugehen. Das Grundwasser des Beschwerdeführers sei Bestandteil des Grundstückes und daher im Rahmen des Eigentumsrechtes zu schützen. Im gegenständlichen Fall seien negative Auswirkungen bei Einhaltung des (derzeitigen) Konsenses der WVA "nördliches W-Feld" überhaupt nicht zu erwarten und bei (zukünftiger) Überschreitung dieses Konsenses ausschließlich mit geringfügigen Trübungen des Grundwassers des Beschwerdeführers während der Bauarbeiten zur Vereinigung der beiden verfahrensgegenständlichen Teiche für die Dauer von maximal sieben Tage zu rechnen. Eine solche qualitative und zeitlich eingeschränkte geringfügige Beeinträchtigung, die zudem keinerlei Schaden verursache, sei durchaus zumutbar. Dieser Berufungsgrund ginge selbst bei Zugrundelegung eines Entnahmekonsenses der E.W.GmbH von 400 l/s daher auch schon mangels ausreichender Beschwer ins Leere.
Soweit der Beschwerdeführer geltend gemacht habe, dass er selbst hinsichtlich seines Teiches um wasserrechtliche Bewilligung als extensiver Sportfischteich angesucht habe, sei festzuhalten, dass dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und daher noch nicht feststehe, ob das Ansuchen bewilligt werde oder nicht.
Schließlich erläuterte die belangte Behörde die von ihr spruchgemäß vorgenommene Änderung betreffend die Badeteichnutzung.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 197/2013-6, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei beantragten in ihren Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Der Beschwerdeführer behauptet die Unzuständigkeit der BH und die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gemäß § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides. Mit dem vorliegenden Projekt solle die zwischen den beiden Teichen der mitbeteiligten Partei bestehende Landbrücke abgetragen werden. Das dabei gewonnene Schottermaterial (Sand und Kies) solle in weiterer Folge dazu verwendet werden, den kleinen Teich "zuzuschütten" und damit Uferland zu gewinnen, das von der Grundstücksgrenze ausreichend entfernt sei. Über diesen so bezeichneten "Schutzstreifen" solle in weiterer Folge ein Zufahrtsweg zum Teich geschaffen werden. Die von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Bezeichnung dieser Maßnahme als lediglich "Umlagerung" von Material werde dem tatsächlichen Vorgang nicht gerecht.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Das vorliegende Projekt der mitbeteiligten Partei sieht die Vereinigung eines kleinen Teiches mit dem Hauptteich vor, wobei das Aushubmaterial bis auf eine Tiefe von 164,7 bis 164,9 m ü.A. abgetragen und an den nordwestlichen Rand des kleinen Teiches verlagert werden soll, wodurch zwischen dem Weggrundstück Nr. 988 und dem verbleibenden Gewässerteil ein Geländestreifen von näher genannter Größe entstehen (bzw. der Abstand des kleinen Teiches zum Zufahrtsweg vergrößert werden) soll.
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 idF BGBl. I Nr. 155/1999 ist der Landeshauptmann, sofern nicht § 100 Anwendung findet, in erster Instanz zuständig für Materialgewinnungen im Grundwasserbereich (Nassbaggerungen).
In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der WRG-Novelle BGBl. I Nr. 155/1999 (1199 der Beilagen XX. GP) wurde dazu ausgeführt:
"Durch die Umformulierung der lit. f wird klargestellt, dass eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes dann gegeben ist, wenn die Nassbaggerung in der Absicht auf Materialgewinnung (und - verwertung) erfolgt, und nicht etwa schon dann, wenn - aus welchen Gründen immer - Bodenmaterial entfernt wird (etwa im Zuge einer Bauführung)."
Die belangte Behörde leitet aus § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 ab, dass die Zuständigkeit des Landeshauptmannes nur dann gegeben sei, wenn neben den Arbeiten im Grundwasser- bzw. im Grundwasserschwankungsbereich auch eine Gewinnerzielungsabsicht, nämlich die Absicht zur kommerziellen Gewinnung von Sand und Kies, vorliege.
Diese Ansicht kann sich jedoch weder auf den Wortlaut der genannten Bestimmung stützen, noch ist sie zwingend aus den zitierten Erläuternden Bemerkungen, die von einer Absicht auf Materialgewinnung (und -verwertung) sprechen, abzuleiten. Eine "Gewinnung" bzw. "Verwertung" des Aushubmaterials kann nicht nur im Fall des Verkaufes dieses Materials vorliegen, sondern etwa - wie im vorliegenden Fall - auch dann, wenn der Konsenswerber das Material für eigene Zwecke, nämlich zur Anschüttung im Teich zur Herstellung eines Geländestreifens verwendet bzw. verwertet. Das gegenständliche Projekt beinhaltet mehr als die - nach den Erläuternden Bemerkungen nicht als Nassbaggerung zu qualifizierende - ausschließliche, ohne Absicht auf Materialgewinnung bzw. -verwertung erfolgende Entfernung von Bodenmaterial. Auch aus § 2 Z 1 der von der belangten Behörde zitierten Verordnung BGBl. II Nr. 265/2001, der Nassbaggerungen (Grundwasserfreilegungen) als "Materialentnahmen zur Sand- und Kiesgewinnung, deren Abbausohle unterhalb der Kote HHGW plus 2,0 Meter liegt", definiert, ist nichts Gegenteiliges abzuleiten.
Aber selbst unter Zugrundelegung der Rechtsansicht, eine Nassbaggerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 liege nur im Falle eines wirtschaftlichen Vorteiles vor, kommt man zu keinem anderen Ergebnis. Bereits in der mündlichen Verhandlung vom hatte der ASV für Wasserbautechnik und Gewässerschutz die Entfernung des "Dammes" als grundsätzlich positiv beurteilt und dargelegt, dass (wie bereits im Projekt vorgesehen) das Material für die Herstellung des Schutzstreifens gegenüber dem Feldweg verwendet werden könne, "wodurch den allgemeinen Anforderungen einer Mindestbreite des Schutzstreifens von 5 m entsprochen wird". Dem entsprechend hatte der ASV im Falle der Bewilligung des vorliegenden Projektes als Auflage u.a. auch gefordert, dass gegenüber dem Feldweggrundstück Nr. 988 ein Mindestschutzstreifen von 5 m zu schaffen und zu erhalten sei. Diese Forderung wurde als Auflage 3 in den erstinstanzlichen Bescheid der BH vom aufgenommen und mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom bestätigt.
Die wasserrechtliche Bewilligung eines Projektes steht mit den für seine Ausführung vorgeschriebenen Auflagen in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0022, mwN).
Daraus folgt, dass das vorliegende Projekt der mitbeteiligten Partei nur unter Einhaltung der genannten Auflage 3 bewilligungsfähig ist. Würde nun das in Rede stehende Aushubmaterial nicht zur Schaffung des im Gutachten des ASV für Wasserbautechnik und Gewässerschutz geforderten Mindestschutzstreifens verwendet, müsste - worauf der Beschwerdeführer zutreffend verweist - die mitbeteiligte Partei das dafür geeignete Material von dritter Seite beschaffen bzw. zukaufen. Insofern ist entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht davon auszugehen, dass das im Zuge des Abbaus des Dammes gewonnene Material - projektgemäß - auch wirtschaftlich nutzbringend verwertet wird.
Die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene Ansicht, dass bei der in der Beschwerde dargelegten Auslegung bereits jede Errichtung eines Brunnens in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes fallen würde, trifft nicht zu. So soll, wie bereits ausgeführt, nach den zitierten Erläuternden Bemerkungen zur Novelle BGBl. I Nr. 155/1999 die bloße Entfernung von Bodenmaterial (etwa im Zuge einer Bauführung) ohne Absicht auf "Gewinnung" bzw. "Verwertung" dieses Materials nicht in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes fallen. Das gegenständliche Vorhaben der mitbeteiligten Partei geht jedoch - wie dargestellt - über eine bloße Entfernung von Bodenmaterial hinaus. Dies wird auch durch die Ausführungen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei nochmals bestätigt, wonach durch die Verlagerung des Materials ein ca. 5,0 m breiter Schutzstreifen zum Zufahrtsweg geschaffen werden solle. Dass dadurch nach den Ausführungen der mitbeteiligten Partei die Flächenausmaße (wohl gemeint: der Teiche bzw. des dann zusammengeführten Teiches) erhalten bleiben, ist ohne Belang.
Nach dem Vorgesagten ist das Vorhaben der mitbeteiligten Partei als Nassbaggerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 zu qualifizieren, für deren wasserrechtliche Bewilligung in erster Instanz nicht die BH, sondern die belangte Behörde sachlich zuständig gewesen wäre. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber in der Zwischenzeit, nämlich mit BGBl. I Nr. 98/2013 (in Kraft getreten am ) die erstinstanzliche Zuständigkeit hinsichtlich Nassbaggerungen zur Bezirksverwaltungsbehörde verlagert hat.
War die Unterbehörde aber unzuständig, so ist die Berufungsbehörde allein dafür zuständig, die sachliche Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aufzugreifen, den bekämpften Bescheid zu beheben und das Ansuchen an die zuständige Behörde weiterzuleiten bzw. im vorliegenden Fall über das Ansuchen in erster Instanz selbst zu entscheiden. Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine erste Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die zweite Instanz, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hatte, stellt eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Berufungsbescheides dar (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2003/07/0171, 2004/07/0001, mwN).
Da der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.
Ergänzend wird angemerkt, dass sich nach der im erstinstanzlichen Bescheid erfolgten Projektbeschreibung der sogenannte "F-Tteich" auf den Grst. Nrn. 985 und 986 KG G befinde. Dem gegenüber führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der Grst. Nrn. 699/2 und 699/5 KG G sei, auf denen sich ein nicht bewilligter Grundwasserteich befinde, und - an anderer Stelle des Bescheides - dass er eine Beeinträchtigung seines Grundwasserteiches auf Grst. Nrn. 699/2 und 699/5 befürchte. Gleichzeitig stützte sich die belangte Behörde in ihren Erwägungen aber u.a. auf die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Ausführungen des ASV für Hydrologie, nach denen das (zum geplanten Projekt) nächstgelegene Wasserrecht die Teichanlage "F-Wasser" des Beschwerdeführers auf den Grst. Nrn. 985 und 986 sei. Der Beschwerdeführer wiederum nannte in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (allein) das in seinem Eigentum stehende Grst. Nr. 986, auf dem sich drei Grundwasserteiche, u.a. der Hauptteich ("F-Wasser"), befänden.
Im fortgesetzten Verfahren wird daher auf eine Vereinheitlichung bzw. Richtigstellung der Angaben über die örtliche Lage der Teiche bzw. des Teiches des Beschwerdeführers und - gegebenenfalls - auf eine dadurch hervorgerufene geänderte fachliche bzw. rechtliche Beurteilung zu achten sein.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwErsV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
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Schlagworte | Trennbarkeit gesonderter Abspruch Besondere Rechtsgebiete Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:2013070140.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAE-80945