VwGH 05.07.2007, 2006/06/0101
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauG Stmk 1995 §40 Abs2; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauRallg; VwRallg; |
RS 1 | Ein Gebäude ist im Sinne des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG schon dann errichtet, wenn es nach außen abgeschlossen ist und alle bauplanmäßigen konstruktiven Merkmale verwirklicht wurden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0130). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. der CT und 2. des FT, beide in M, beide vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed u.a., Rechtsanwälte in Graz, A. Kolpinggasse 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-
12.10 M 187 - 06/38, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, das im Norden, Westen und Süden an das Grundstück Nr. 1426/2 grenzt, das im Eigentum des FS steht (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0127; die nunmehrigen Beschwerdeführer sind die damaligen mitbeteiligten Bauwerber).
Über diesen nördlich angrenzenden Teil des Grundstückes Nr. 1426/2 verläuft ein Weg (in den Akten ist an einer Stelle von einem "Feldweg" die Rede), der unbestritten keine öffentliche Verkehrsfläche ist. Zu Gunsten des Grundstückes der Beschwerdeführer besteht eine entsprechende Wegeservitut (der Weg wird im Verfahren auch als "Servitutsweg" bezeichnet).
Den Beschwerdeführern wurde mit dem unangefochten gebliebenen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom die Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf diesem Grundstück erteilt, wobei nach den Einreichplänen ein Abstand von 5,00 m zur nördlichen Grundgrenze vorgesehen war. Tatsächlich wurde das Haus näher zur nördlichen Grundgrenze errichtet, und zwar - wie nun im Zuge des Bauauftragsverfahrens unbestritten festgestellt wurde - in einem Abstand von 2,66 m (nordöstliche Hausecke) bis 2,73 m (nordwestliche Hausecke).
Mit Eingabe vom zeigten die Beschwerdeführer an, das Haus sei teilweise vollendet und ersuchten um die Erteilung einer Teilbenützungsbewilligung. In der Verhandlung am an Ort und Stelle wurde insbesondere festgestellt, das Bauvorhaben sei in Übereinstimmung mit dem Einreichplan mit Keller-, Erd- und Obergeschoß planmäßig ausgeführt worden. Mit Ausnahme von zwei, auf der Giebelseite gelegenen Zimmern sei das Dachgeschoß bislang nicht fertig gestellt worden. Sowohl das Keller- als auch das Erdgeschoß seien fertig gestellt. Der Außenputz sei noch nicht aufgebracht worden (ein Hinweis auf die abweichende Situierung des Hauses ist der Verhandlungsschrift nicht zu entnehmen). Darauf erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom die angestrebte Teilbenützungsbewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen; festzuhalten ist, dass auch der Bescheid keinen Hinweis auf die abweichende Situierung des Hauses enthält.
Am kam es durch die belangte Behörde zu einer aufsichtsbehördlichen Prüfung des Baubestandes auf dem Grundstück der Beschwerdeführer. Hinsichtlich der Frage des Abstandes des Hauses zur nördlichen Grundgrenze wurde vereinbart, eine Feststellung des Grenzverlaufes durchzuführen (um die Frage des Grenzabstandes klären zu können). Das eingeholte Gutachten eines Geometers ergab die zuvor angeführten Grenzabstände (2,66 m bzw. 2,73 m).
In weiterer Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom gemäß § 41 Abs. 3 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG) den Auftrag, das Wohnhaus binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen, was damit begründet wurde, dass es vorschriftswidrig im Sinne der genannten Gesetzesstelle sei, weil es den erforderlichen Grenzabstand nicht einhalte. Dagegen erhobenen die Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sei mit dem Teilbenützungsbewilligungsbescheid vom keine Bewilligung der abweichenden Situierung erfolgt, der Bescheid enthalte vielmehr keinerlei diesbezüglichen Hinweis. Auch der Hinweis auf § 13 Abs. 13 Stmk. BauG (wonach u.a. die Vorschrift über den Grenzabstand nicht für Gebäude gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen gelte) gehe fehl, weil einerseits das Gesetz auf öffentliche Verkehrsflächen abstelle, damit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sehr wohl zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und einem Servitutsweg, der keine öffentliche Verkehrsfläche sei, zu differenzieren sei, und sich im fraglichen Bereich keine öffentliche Verkehrsfläche befinde. Davon abgesehen, würde dies auch nichts daran ändern, dass keine entsprechende baubehördliche Bewilligung für die geänderte Situierung vorliege. Ob nun die damalige Eigentümerin des angrenzenden Grundstückes (Rechtsvorgängerin des nunmehrigen Eigentümers FS) der abweichenden Situierung zugestimmt habe, vermöge die erforderliche Bewilligung nicht zu ersetzen und stehe der Erteilung des bekämpften Beseitigungsauftrages nicht entgegen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.
Gemäß § 41 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Dies ist im Beschwerdefall geschehen.
Richtig ist wohl, dass Benützungsbewilligungsbescheide mitunter auch Elemente einer Baubewilligung enthalten, was aber im Beschwerdefall nicht zutrifft, weil der Bescheid vom , mit dem eine Teilbenützungsbewilligung erteilt wurde, mangels eines entsprechenden Inhaltes nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die abweichende Situierung genehmigt worden wäre, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat.
Der Umstand, dass die damalige Eigentümerin des Nachbargrundstückes möglicherweise die abweichende Situierung genehmigt hat, bewirkt nicht, dass die geänderte Situierung als rechtmäßig zu gelten hätte, weil das Gesetz darauf nicht abstellt.
Auch der Hinweis auf § 13 Abs. 13 Stmk. BauG (wonach u.a. die Vorschriften über die Grenzabstände für Gebäude gegenüber einer öffentlichen Verkehrsfläche nicht gelten) ist verfehlt, weil es nicht darauf ankommt, ob die Abweichung allenfalls jetzt konsensfähig wäre. Zu prüfen ist aber, ob sie als rechtmäßig im Sinne des § 40 leg. cit. zu gelten hat. In den Akten findet sich in einer Eingabe der Beschwerdeführer der Hinweis, das Gebäude sei zwischen 1982 und 1985 errichtet worden. Damals galt die Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (kurz: BO), im hier interessierenden Zeitraum bis Ende 1984 zunächst in der Fassung LGBl. Nr. 55/1977 und dann in der Fassung LGBl. Nr. 9/1983. Wenngleich von den Beschwerdeführern nicht ins Treffen geführt, gibt ihr Vorbringen Anlass zu prüfen, ob allenfalls die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Stmk. BauG vorliegen, wonach solche baulichen Anlagen als rechtmäßig gelten, die zwischen dem und dem errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Ein Gebäude ist im Sinne dieser Bestimmung schon dann errichtet, wenn es nach außen abgeschlossen ist und alle bauplanmäßigen konstruktiven Merkmale verwirklicht wurden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0130).
§ 4 BO normierte die Abstandsbestimmungen; eine dem § 13 Abs. 13 Stmk. BauG ensprechende Bestimmung, wonach u.a. die Vorschriften über die Grenzabstände nicht für Gebäude gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen gelten, enthielt § 4 BO nicht. Vielmehr bestimmte § 4 Abs. 1 BO (ua.), dass eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an der Nachbargrundgrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein müsse, als die Anzahl der Geschoße, vermehrt um zwei, ergebe. Im Beschwerdefall ist die fragliche Nordgrenze eine "Nachbargrundgrenze", der erforderliche Grenzabstand wird nicht eingehalten. Auch die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 BO sind im Beschwerdefall nicht anwendbar, weil dort bei der Möglichkeit, einen geringeren Grenzabstand festzusetzen, auf kleinere, ebenerdige, unbewohnte Bauten von untergeordneter Bedeutung abgestellt wird, was auf das Wohnhaus der Beschwerdeführer nicht zutrifft.
Daraus ergibt sich, dass die abweichende Situierung des Gebäudes in dem gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG relevanten Zeitraum bis Ende 1984 nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Ob sie jetzt genehmigungsfähig wäre, ist, wie gesagt, nicht zu erörtern.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauG Stmk 1995 §40 Abs2; BauG Stmk 1995 §41 Abs3; BauRallg; VwRallg; |
Schlagworte | Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2006060101.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-80943