VwGH vom 05.07.2007, 2006/06/0094
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Dr. H K, 2. der I H, beide in V, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 073419/2004-18, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: M GesmbH in A, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 je zur Hälfte jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) ist Eigentümerin einer Liegenschaft in Graz, auf welcher sich ein Gebäude befindet. Mit dem am bei der Baubehörde eingebrachten Gesuch vom kam die Bauwerberin um die Bewilligung von Um- und Zubauten beim bestehenden Büro- und Geschäftshaus zu 18 Wohneinheiten sowie um eine teilweise Verwendungszwecksänderung zu Abstellflächen für 19 Pkw-Stellplätzen ein. Der Bauplatz ist im 3.0 Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Graz vom Jahr 2002 als "Kern, Büro- und Geschäftsgebiet, ausgenommen Einkaufszentren" gewidmet.
Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer einer im Westen angrenzenden Liegenschaft, die Zweitbeschwerdeführerin Miteigentümerin einer im Norden angrenzenden Liegenschaft.
Die Baubehörde beraumte für den eine Bauverhandlung an, zu der unter anderem die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG) geladen wurden. In einem rechtzeitig eingebrachten Schriftsatz vom erhob der Beschwerdevertreter insbesondere für den Erstbeschwerdeführer verschiedene Einwendungen, wobei aber im Schriftsatz auch die Verletzung von Interessen der Zweitbeschwerdeführerin geltend gemacht werden (die sich gegen die Situierung der Baumassen aussprach). Der Erstbeschwerdeführer sprach sich gegen das Vorhaben vor allem unter dem Gesichtspunkt aus, dass sich durch die vorgesehene Wohnverbauung Beeinträchtigungen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf seiner angrenzenden Liegenschaft ergeben könnten (Hinweis auf die Immissionen, die von seinem Betrieb ausgingen, und auf die zu erwartenden Beschwerden der Bewohner der geplanten Wohnungen). In der Bauverhandlung ergänzte der für beide Beschwerdeführer einschreitende Beschwerdevertreter sein Vorbringen auch dahin, dass im Falle einer gekuppelten Verbauung jede Möglichkeit einer Feuerwehrzufahrt auch über fremden Grund unterbunden werde. Es bestehe daher für die Nachbarliegenschaft eine nicht angemessen abwendbare Brandgefährdung insbesondere bei gekuppelter Verbauung.
Die Bauwerberin bezog Stellung gegen das Vorbringen der Beschwerdeführer und bestritt insbesondere, dass sich auf der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 26 Abs. 4 Stmk. BauG befinde; die Viehhaltung sei nämlich schon vor Jahren aufgegeben worden. Die Beschwerdeführer erstatteten in einem Schriftsatz vom ein ergänzendes Vorbringen.
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte mit Bescheid vom die angestrebte Bewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer (und anderer Nachbarn) wurden teils als unbegründet abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren zur Frage der von der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers ausgehenden Immissionen. In einer gutachterlichen Stellungnahme vom führte die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Graz und Umgebung (zusammengefasst) aus, auf der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers befänden sich nebst seinem Wohnhaus auch landwirtschaftliche Objekte, nämlich mehrere Wirtschaftsgebäude und auch ein Stallgebäude. Es handle sich um eine landwirtschaftliche Hofstelle. Bei der Besichtigung seien auf der Liegenschaft außer einigen Hühnern keine Tiere vorhanden gewesen. Der Erstbeschwerdeführer habe angegeben, dass er zwei Haflingerfohlen und sieben Lämmer besitze, die aber derzeit auf anderen Betrieben untergebracht seien. Das Stallgebäude biete Platz für acht Rinder und es seien weiters eine Kälberbox und drei Schweinebuchten vorhanden. Es sei keine Entmistungsanlage eingebaut. Neben dem Stall befinde sich ein nicht überdachter Mistplatz. Die Liegenschaft des Beschwerdeführers weise ein Ausmaß von 2,5568 ha auf. Diese Fläche werde großteils landwirtschaftlich genutzt. Es seien auf den Flächen viele Obstbäume vorhanden. Die Erträge aus der Landwirtschaft resultierten hauptsächlich aus den Obstbäumen, aus dem Anbau von Gemüse und aus der Nutzung der Wiesenflächen (Siloballen bzw. Heu). Insgesamt bewirtschafte der Erstbeschwerdeführer nach seinen Aussagen ca. 3 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Es seien auch verschiedenste landwirtschaftliche Maschinen und Geräte vorhanden. Die landwirtschaftliche Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers sei grundsätzlich auf das Erzielen von Einnahmen ausgerichtet, wobei derzeit nach seinen Aussagen kein großer Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb vorhanden sei. Festzuhalten sei, dass es sich "bei der Liegenschaft" des Erstbeschwerdeführers "auf Grund der erhobenen Tatsachen" um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle. Weiters sei die Bauabteilung der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft ersucht worden, die Geruchszahl und den Schutzabstand für den Betrieb des Beschwerdeführers unter der Annahme zu ermitteln, dass der Stall voll belegt sei. Nach der "vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" (diese "vorläufige" Richtlinie habe derzeit Gültigkeit, weil es keine "endgültige" gebe (im Original jeweils unter Anführungszeichen)) betrage der Schutzabstand gemessen vom Stallobjekt zum reinen Wohngebiet 37,33 m und zum Geschäfts- und Kerngebiet 18,67 m.
In dieser beiliegenden gutachterlichen Stellungnahme ebenfalls vom wird eine "Geruchszahl" (G) von 2,23 zu Grunde gelegt. Der Schutzabstand sei gemäß der genannten Richtlinie mit der Formel S = 25 x fm x fr x Wurzel aus G zu berechnen (Anmerkung: fm ist der meteorologische Faktor, fr der Raumordnungsfaktor, abhängig von der Flächenwidmung). Unter Annahme der ungünstigsten meteorologischen und raumordnungsrechtlichen Faktoren (fm und fr jeweils 1) würde der Schutzabstand zum allgemeinen und reinen Wohngebiet 37,33 m betragen. Für die "Widmungskategorie 3 Geschäfts- und Kerngebiete, gemischte Baugebiete, Betriebsbaugebiete" könne man gemäß der Richtlinie für den Raumordnungsfaktor den Wert 0,5 einsetzen, woraus sich ein Schutzabstand von 18,67 m ergebe.
Weitere Erhebungen der belangten Behörde ergaben, dass der Abstand vom Baugrundstück bis zum Gebäude des Erstbeschwerdeführers, wo sich auch der Stall befinde, 31,70 m betrage (wobei zum Zeitpunkt der Erhebung keine Tiere im Stall oder am Grundstück vorgefunden worden seien).
In weiterer Folge legte die Bauwerberin der belangten Behörde ein Immissionsgutachten des Sachverständigen H. vom vor. Dieser Sachverständige führte aus, nach den von ihm eingeholten Informationen könne man von einer gemischten Nutzung des bestehenden Stallgebäudes mit Rindern, Schweinen und Hühnern ausgehen. Wenn auch zur Zeit kein nennenswerter Tierbestand vorhanden gewesen sei, so sei die Haltung des in diesem Stallgebäude rechtmäßig möglichen Bestandes der Immissionsbeurteilung zu unterstellen. Bei den bestehenden Stallflächen und bei Annahme der laut Tierschutzgesetz maximal möglichen Belegdichte, ergebe sich eine bestimmte rechtmäßige maximale Tieranzahl, die der Geruchszahlberechnung zu Grunde zu legen sei. Dabei seien jeweils die Nutzungsrichtungen für die einzelnen Tierarten herangezogen worden, welche die maximalen Emissionen verursachten. Damit werde die schlechtestmögliche Imissionssituation für die Nachbarn dargestellt. Dazu müsse festgehalten werden, dass es sich dabei um einen theoretischen Höchstwert der Bestandszahlen handle, welche in der Praxis in der Regel nicht erreicht werde: 8 Stück Großrinder - Mast, 2 Kälber, 6 Mastschweine, 196 Legehennen. Die Haltung von Schafen oder Pferden an Stelle von Rindern würde die Emissionswerte nicht erhöhen. Die Hofstelle des Erstbeschwerdeführers liege gemäß dem Flächenwidmungsplan teils im Freiland (Stallgebäude) und teils im reinen Wohngebiet (Wohn- und Wirtschaftsgebäude).
Auf Grundlage der Richtlinie ergebe sich bei der Annahme des Maximalbelages eine Geruchszahl von G = 3,82. Gemäß der Richtlinie sei der Raumordnungsfaktor von 0,5 für Geschäfts- und Kerngebiet maßgeblich. Bei einer geländeklimatologischen Beurteilung des Standortes als ebene Lage mit der infolge von Bewuchs und Bebauung in unmittelbarer Nähe herabgesetzten Durchlüftung und der "Windrose der ZAMAG" für Graz ergebe sich ein Schutzabstand in Richtung Norden und Nordwesten von 19,2 m und in alle anderen Richtungen von 16,8 m. Gehe man davon aus, dass die Daten für die Windrichtungsverteilung der ZAMAG Messstation nicht ausreichend repräsentativ für den Standort seien und vernachlässige man die genaue geländeklimatologische Beurteilung und setze dafür den meteorologischen Faktor aus Sicherheitsgründen mit eins an, so ergebe sich ein Schutzabstand in alle Richtungen von 24,4 m. Diese Entfernungen seien von den Luftaustrittsöffnungen bzw. dem Schwerpunkt derselben auszumessen. Dieser Emissionsschwerpunkt liege demnach in Stallmitte. Daraus ergebe sich, dass die Entfernung des Stallgebäudes zur Grundgrenze des Baugrundstückes auch unter schlechtesten Bedingungen größer sei als der errechnete Schutzabstand.
Die Beschwerdeführer äußerten sich ablehnend.
Bei einer durch die belangte Behörde veranlassten Erhebung am ergab sich unter anderem, dass weder in den Gebäuden noch auf den Grundstücken Tiere zu sehen gewesen seien; laut Aussage des Erstbeschwerdeführers seien zur Zeit auch keine auf der Liegenschaft.
Über Auftrag der belangten Behörde erstattete der Sachverständige H. ein ergänzendes Gutachten vom und berücksichtigte darin ein Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass sich auf einer Liegenschaft ein bislang nicht aktenkundiges "Stallobjekt für Hühner" befinde. Der Sachverständige führte dazu (nach Beschreibung des Objektes) aus, es wäre darin die Haltung von maximal 106 Legehennen zulässig. Für diesen Stall ergebe sich eine Geruchszahl von 0,88. Auf Grund dieses geringen Emissionswertes sei in der Realität mit keiner Überlagerung der Gerüche mit denen "des bereits beurteilten Stallgebäudes" zu rechnen, weil diese insbesondere bei der gegebenen Entfernung von ca. 20 m zum bestehenden Stallobjekt nicht zu Stande komme. Bei Emissionen dieser Größenordnungen sei auf diese Entfernung die Verdünnung so weit fortgeschritten, dass eine merkbare Summation nicht stattfinde (wurde näher ausgeführt). Aber selbst wenn man von einer Kumulation ausgehe, würde die Geruchszahl auf 4,7 ansteigen. Daraus ergebe sich bei einem meteorologischen Faktor von eins und einem Raumordnungsfaktor von 0,5 ein Schutzabstand in alle Richtungen von 27 m (und der sei geringer als die Entfernung zum Baugrundstück). Im Hinblick auf die ablehnende Stellungnahme der Beschwerdeführer sei festzuhalten, dass der Raumordnungsfaktor nach dem Grad der Schutzwürdigkeit der gegebenen Widmung zu wählen sei. Da das Baugrundstück im Kerngebiet liege, sei der diesbezügliche Raumordnungsfaktor mit 0,5 anzusetzen. Dass sich bei einer Widmung mit höchster Schutzwürdigkeit ein größerer Schutzabstand ergebe, sei im Beschwerdefall mangels diesbezüglicher Widmung (des Baugrundstückes) nicht relevant.
Die Beschwerdeführer äußerten sich abermals ablehnend.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid um zwei Vorschreibungen dahin ergänzt, dass im Erdgeschoss an der Ostseite des Gebäudes in einem näher bezeichneten Bereich eine Brandwand herzustellen und die in der an der nördlichen Grundgrenze im Erdgeschoss befindlichen Mauer vorhandenen Öffnungen zu schließen und diese Mauer somit auch in diesem Bereich als Brandwand auszuführen sei. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die belangte Behörde (zusammengefasst) aus, die gutachterlichen Ausführungen der Brandsachverständigen seien zur Gänze als Auflagen in den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid eingearbeitet worden. Gemäß dem Projekt werde die im Erdgeschoß befindliche Außenwand weder an der nördlichen Seite (zum Grundstück der Zweitbeschwerdeführerin) noch an der westlichen Seite (zum Grundstück des Erstbeschwerdeführers) verändert; lediglich die nördliche Außenwand werde an der Innenseite zum Teil abgetragen bzw. es werde die Wandstärke verringert. Richtig sei allerdings, wie auch von den Beschwerdeführern vorgebracht, dass die im Erdgeschoß des gegenständlichen Gebäudes befindliche nördliche Außenwand im westlichen Bereich gemäß dem Grundriss zwei Öffnungen aufweise (in den Ansichten befänden sich diese Öffnungen nicht). In teilweiser Stattgebung der Berufung habe die belangte Behörde als ergänzende Auflage vorgeschrieben, diese Öffnungen zu schließen und somit diese Mauer auch in diesem Bereich als Brandwand auszuführen. Gleiches gelte im Übrigen für die sich im Erdgeschoß befindlichen Bereiche Lagerraum, Heizraum und Gang.
Was die von den Beschwerdeführern erwähnten Feuerstellen auf den Nachbarliegenschaften anlange, sei festzuhalten, dass das Stmk. BauG dem Nachbarn hinsichtlich allfälliger Emissionen einschließlich Funkenflug, die von Rauchfängen ausgingen, die sich auf ihren Liegenschaften befänden, kein Nachbarrecht einräume. Gleiches gelte auch für das Vorbringen bezüglich allfälliger Feuerwehrzufahrten zu den Nachbarliegenschaften. Dem Nachbarn komme auch kein Rechtsanspruch auf die Erstellung eines Bebauungsplanes zu.
Die Beschwerdeführer rügten des weiteren, dass die planliche Darstellung nicht den in der Natur vorhandenen Gegebenheiten entspreche, weil das Bauwerk unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehe und nicht entsprechend der planlichen Darstellung von dieser einen Abstand von wenigstens 60 cm aufweise. Selbst wenn man dieses Vorbringen der Beschwerdeführer im Sinne der Geltendmachung einer Abstandsverletzung deuten würde, was aber nicht behauptet worden sei, vermöge dies ihnen nicht zum Vorteil gereichen. Beim Vorhaben ändere sich nämlich an den Außenwänden im Erdgeschoß nichts, die auf dieses Erdgeschoß erfolgenden Zubauten würden abgetreppt ausgeführt, sodass der erforderliche Grenzabstand von den geplanten Obergeschossen jedenfalls eingehalten werde, unabhängig davon, ob nun der Bestand im Erdgeschoß unmittelbar an der Grundgrenze stehe, wie behauptet, oder aber, wie planlich dargestellt, dieser Bestand im Erdgeschoß von der westlichen Grundgrenze einen Abstand von mehr als 60 cm einhalte.
Zum Einwand des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der "heranrückenden Wohnbebauung" sei zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur, die sich allerdings auf Einwände beziehe, welche benachbarte gewerbliche Betriebsanlageninhaber erhoben hätten, ausgeführt habe, dass bei der Beurteilung der vom Grundstück des Betriebsinhabers ausgehenden Immissionen nicht das mit dem Betrieb verbundene höchstmögliche Immissionspotenzial zu Grunde zu legen sei, sondern ausschließlich auf die tatsächlichen Immissionen abzustellen sei, auch wenn diese mit dem betrieblich möglichen Immissionspotenzial im Widerspruch stünden (Anmerkung: konkrete Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes werden nicht genannt). Der Sachverständige H habe ohnedies die maximal mögliche Tierhaltung seinen Berechnungen zu Grunde gelegt und nicht den tatsächlichen Bestand (folge man dem Akteninhalt, seien lediglich einige Hühner vorhanden gewesen). Auf Grund der für die belangte Behörde schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen dieses Sachverständigen, denen der Erstbeschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei, ergebe sich für die belangte Behörde, dass auf Grund des bestehenden Abstandes des künftigen Wohngebäudes zum Stall, der an der geringsten Stelle 31,70 m betrage, und des Schutzabstandes von 24,4 m bzw. (wenn man die Immissionen der beiden Stallgebäude kumuliert betrachtet) 27,0 m eine Beeinträchtigung der auf dem Bauplatz künftig wohnenden Personen auszuschließen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführer haben repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung seit der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
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2. | die Abstände (§ 13); | |||||||||
3. | den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5); | |||||||||
4. | die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1); | |||||||||
5. | die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1); | |||||||||
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)." | ||||||||||
§ 26 Abs. 4 Stmk. BauG lautet: |
"(4) Bei Neu- oder Zubauten, die dem Wohnen dienen, sind auch Einwendungen im Sinne § 26 Abs. 1 Z. 1 zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer genehmigten benachbarten gewerblichen oder landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken (heranrückende Wohnbebauung). Dies gilt jedoch nur in Bezug auf rechtmäßige Emissionen, deren Zulässigkeit vom Nachbarn zu belegen ist."
§ 61 Abs. 1 Stmk. BauG lautet:
"(1) Die Verbrennungsgase der Feuerstätten sind durch Rauchfänge (Abgasfänge) über Dach abzuleiten. Rauchfänge (Abgasfänge) sind aus nicht brennbaren, gegenüber der Einwirkung der Wärme und der chemischen Beschaffenheit der Verbrennungsgase ausreichend widerstandsfähigen Baustoffen herzustellen. Sie müssen dauernd betriebsdicht sein und sind so anzulegen, daß eine wirksame Ableitung der Verbrennungsgase gewährleistet ist und dabei keine Brandgefahr oder sonstige Gefährdung und keine unzumutbare Belästigung eintritt."
Die zu bebauende Liegenschaft ist gemäß dem 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz (beschlossen im Jahr 2002, in Kraft getreten am ) als "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet, ausgenommen Einkaufszentren" gewidmet. Der Inhalt dieser Widmung ergibt sich aus § 23 Abs. 5 lit. c des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 (ROG), in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 20/2003. Danach sind Kern- , Büro- und Geschäftsgebiete Flächen, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten u. dgl. bestimmt sind, wobei auch die erforderlichen Wohngebäude und Garagen in entsprechender Verkehrslage sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Büro- und Geschäftsgebietes entsprechend einordnen lassen und keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen, errichtet werden können.
Dem Nachbarn kommt nach dem Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG hinsichtlich des Brandschutzes kein generelles, sondern nur ein eingeschränktes Mitspracherecht zu, nämlich gemäß § 26 Abs. 1 Z 4 (betreffend die Brandwände an der Grundgrenze) und Z 5 iVm § 61 Abs. 1 leg. cit., also hinsichtlich Rauch- und Abgasfängen, und zwar solche auf der zu bebauenden Liegenschaft. Dagegen führen die Beschwerdeführer nichts ins Treffen. Ein Mitspracherecht dahin, dass die von der Waschküche auf der Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin ausgehenden Rauchgase die künftigen Bewohner auf dem Baugrundstück beeinträchtigen könnten, kommt den Beschwerdeführern in diesem Bauverfahren nicht zu.
§ 26 Stmk. BauG räumt den Beschwerdeführern auch keinen Anspruch darauf ein, dass für den Bauplatzbereich ein Bebauungsplan erstellt oder Bebauungsrichtlinien erlassen würden. Auch nicht, dass (ganz allgemein) von den Vorstellungen der "Stadtplanungen" über Baumassenverteilungen im fraglichen Gebiet ausgegangen werde. Der Erstbeschwerdeführer spricht in diesem Zusammenhang, wie schon im Berufungsverfahren, den Umstand an, dass die Pläne an einer bestimmten Stelle einen Abstand von 60 cm zur Grundgrenze darstellten, obwohl in der Natur kein solcher Abstand gegeben sei. Darauf ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid näher eingegangen. Dass diese Ausführungen unrichtig wären, sagt der Erstbeschwerdeführer nicht, und er zeigt auch nicht auf, welche Relevanz dieser behaupteten Unstimmigkeit in Bezug auf ein rechtzeitig geltend gemachtes Nachbarrecht im Sinne des § 26 Stmk. BauG zukommen sollte.
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin erweist sich somit als unberechtigt.
Der Erstbeschwerdeführer wendet sich aber weiterhin auch gegen die "heranrückende Bebauung".
Die Berücksichtigung einer auf § 26 Abs. 4 Stmk. BauG gestützten Einwendung setzt zunächst voraus, dass Neu- oder Zubauten errichtet werden sollen, die dem Wohnen dienen (das ist hier der Fall), weiters aber auch, dass die Widmung des Baugrundstückes einen Immissionsschutz gewährt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0013). Die Flächenwidmung "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c ROG gewährt einen Immissionsschutz. Der Erstbeschwerdeführer ist daher als Nachbar gemäß § 26 Abs. 4 iVm Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG zum Einwand berechtigt, er führe auf dem benachbarten Grundstück einen landwirtschaftlichen Betrieb, von dem auf das Baugrundstück derartige Geruchsimmissionen einwirken, dass das Bauvorhaben mit der Flächenwidmung des Baugrundstückes nicht vereinbar ist.
Dass die im Berufungsverfahren eingeschrittenen Gutachter in ihren Beurteilungen die "vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen", herausgegeben vom Bundesministerium für Umwelt (Dezember 1995), angewendet haben, begegnet keinen Bedenken, weil sie als dem derzeitigen Wissensstand entsprechend angesehen werden kann. Warum sie untauglich sein sollte, eine Beurteilung der Geruchsimmissionen zu ermöglichen, zeigt der Erstbeschwerdeführer jedenfalls nicht auf.
In der Richtlinie wird auf die jeweils festgelegte Flächenwidmung aus dem Gesichtspunkt Bedacht genommen, dass damit Gebiete nach ihrem unterschiedlichen Schutzanspruch für Immissionen unterschieden werden (vgl. den Punkt 3.2 der Richtlinie). Diesem durch die Flächenwidmung abgestuften Schutz vor Emissionen wird durch unterschiedliche Raumordnungsfaktoren Rechnung getragen. Die Tabelle 7 zu dieser Richtlinie listet "Gebiete bzw. Widmungskategorien" auf, für die ein solcher Raumordnungsfaktor festgelegt ist (die Tabelle 8 nennt "Gebiete bzw. Widmungskategorien", für die ein solcher Faktor nicht festgelegt ist, nämlich - herausgegriffen - Dorfgebiete, Agrargebiete, land- und forstwirtschaftliche Mischgebiete, Industriegebiete, Sondergebiete und Sondernutzungen im Grünland, wie auch Grünland).
Diese Tabelle 7 nennt vier solcher Gebiete (im Bauland), mit Hinweisen auf die Nutzungsstruktur und speziellen Hinweisen im Hinblick auf die Geruchsemission, dann widmungsspezifische Auswirkungen (inhaltliche Wiedergabe der Tabelle):
1. Kur- und Fremdenverkehrsgebiete, Wohngebiete, reine Wohngebiete: im Allgemeinen keine Geruchs-, Lärm- und/oder Staubbelastung zulässig, allerdings kein Anspruch auf absolute Immissionsfreiheit - Gebiete mit hohem Schutzanspruch. Hinreichend großer Abstand zum Schutz vor Geruchs-, Lärm- und/oder Staubimmissionen (Raumordnungsfaktor 1,0).
2. Wohngebiet, allgemeine, erweiterte Wohngebiete:
umwelthygienisch ähnliche Situation wie bei Bauland Kategorie 1, gegenüber mäßiger Intensität und Häufigkeit sowie zeitlich begrenzten Immissionen de facto weniger sensibel - mäßige Immissionen tolerierbar. Abstand zum Schutz vor Immissionen niedriger als bei Kategorie 1 (Faktor 0,7).
3. Geschäfts- und Kerngebiete, gemischte Baugebiete, Betriebsbaugebiete: gewerbliche Nutzung gleichrangig neben Wohnnutzung, auch Standort für land- und forstwirtschaftliche Betriebe - folglich höherer Störpegel (Intensität, Dauer und Häufigkeit) zulässig und zumutbar. Abstand zum Schutz vor Immissionen deutlich niedriger als bei Kategorie 1 bzw. 2 (Faktor 0,5 (Anmerkung: diese Kategorie wurde dem Gutachten zu Grunde gelegt)).
4. Sondergebiete bzw. Sondernutzungen wie beispielsweise Zweitwohngebiete: entsprechend den Sonderwidmungen. Schutzabstände gemäß den spezifischen Widmungsfestlegungen und Objekten und den jeweils vorgesehenen Immissionsschutz in Analogie zur Baulandnutzung der Kategorien 1 bis 3 (Faktor 0,5 bis 1,0).
Die Auffassung des Erstbeschwerdeführers, die Sachverständigen hätten ihren Beurteilungen den in der Richtlinie bei reinen Wohngebieten maßgeblichen Raumordnungsfaktor zugrunde legen müssen, weil Wohnungen projektiert seien, ist unrichtig. Er verkennt dabei, dass ihm § 26 Abs. 4 Stmk. BauG nicht etwa einen Schutz vor einer "heranrückenden Wohnbebauung" schlechthin einräumt, sondern nur den Schutz, der sich in Verbindung mit Abs. 1 Z. 1 dieses Paragraphen ergibt, und (daher), wie eingangs gesagt, der für die Flächenwidmung (des Baugrundstückes) maßgeblich ist. Es begegnet daher im Beschwerdefall keinen Bedenken, dass die Sachverständigen ihrer Beurteilung den sich für die Kategorie 3 der Tabelle 7 der Richtlinie (Kerngebiete ua.) ergebenden Raumordnungsfaktor von 0,5 und nicht jenen von 1,0 für reine Wohngebiete zugrunde gelegt haben. Daraus ergab sich in der gutachterlichen Stellungnahme vom ein Schutzabstand von 18,67 m und im letzten Gutachten des Sachverständigen H. ein solcher von 27 m. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Stellungnahme vom für den Standpunkt des Erstbeschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis als das letzte Gutachten des Sachverständigen H; daraus, dass in der Stellungnahme vom auch ausgeführt wurde, der Schutzabstand zum reinen Wohngebiet betrage 37,33 m, ist für den Erstbeschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil dieser nicht maßgeblich ist. Soweit in der Beschwerde gerügt wird, es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der vorherrschende Wind die Geruchsemissionen zum Baugrundstück treibe, ist dem zu entgegnen, dass in den Gutachten ohnedies von den ungünstigsten meteorologischen Faktoren ausgegangen wurde.
Der Erstbeschwerdeführer rügt weiters (zusammengefasst), dass der Sachverständige H. bei der Befundaufnahme auf seiner Liegenschaft zu Unrecht den Eindruck erweckt habe, im Auftrag der Behörde tätig zu sein (Anm.: der Sachverständige bestreitet das); einem privaten Sachverständigen hätte er den Zutritt verwehrt. Dem ist zu erwidern, dass der Erstbeschwerdeführer nicht aufzeigt, welche Relevanz diesem behaupteten Verfahrensmangel zukommen soll, wozu noch kommt, dass dieser Sachverständige sein erstes Gutachten über Auftrag der belangten Behörde ergänzt hat, daher bei der Gutachtensergänzung (ohnedies) für die belangte Behörde tätig wurde. In diesem Zusammenhang ist der Erstbeschwerdeführer auch darauf hinzuweisen, dass es ihm gemäß § 26 Abs. 4 Stmk. BauG oblag, die Zulässigkeit der von ihm behaupteten Emissionen zu belegen, womit er notwendigerweise auch die sachverhaltsmäßigen Grundlagen für die Beurteilung dieser Emissionen offen zu legen hatte, ihn somit jedenfalls eine entsprechende Mitwirkungspflicht traf. Eine Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ginge zu seinen Lasten.
Es trifft auch die Auffassung der belangten Behörde zu, dass der Erstbeschwerdeführer dem von ihr dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten (für ihn günstigsten) Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am