VwGH vom 23.06.2010, 2006/06/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der Dr. HS in X, vertreten durch Dr. Helga Rettig-Strauss, Rechtsanwältin in 2230 Gänserndorf, Hauptstraße 13, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom , Zl. 415/05, betreffend Befreiung von der Pflichtversicherung der Gruppen-Krankenversicherung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Befreiung von der Pflichtversicherung in der Gruppen-Krankenversicherung abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, ihr sei mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom ab ein Pensionsbezug auf Basis des ASVG zuerkannt worden; dieser Pensionsbezug beinhalte die Krankenversicherung bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Außerdem sei sie seit 1974 bei der G. AG krankenzusatzversichert und überdies bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern kranken- und unfallversichert. Für eine allfällige Befreiung von der Gruppen-Krankenversicherung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich seien die Bestimmungen der Satzungen Teil C, Krankenversicherung, der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich heranzuziehen. § 2 (persönlicher Geltungsbereich) dieser Satzung befreie den selbständigen erwerbstätigen Rechtsanwalt ab dann von der Teilnahme an dieser Gruppen-Krankenversicherung, wenn für ihn eine verpflichtende Selbstversicherung nach § 16 ASVG bestehe. Die von der Beschwerdeführerin genannten Pensionsbezüge nach dem ASVG seien nicht der verpflichtenden Selbstversicherung nach § 16 ASVG der Krankenversicherung gleichzusetzen. Vielmehr sei die Beschwerdeführerin mit ihrer Pension nach dem ASVG gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. a ASVG teilversichert. Diese Teilversicherung sei aber schon begriffsmäßig keine Selbstversicherung, sondern eine Pflichtversicherung, für die der Befreiungstatbestand gemäß § 2 Abs. 1 der Satzungen Teil C nicht zum Tragen kommen könne. Solange die Beschwerdeführerin also den Beruf eines selbständigen erwerbstätigen Rechtsanwaltes ausübe, d.h. solange sie in der Liste eingetragen sei, unterliege sie dem Gruppen-Krankenversicherungsvertrag. Dass die Beschwerdeführerin nach § 14 GSVG eine verpflichtende Selbstversicherung habe, sei von ihr nicht einmal behauptet worden, sodass dieser Tatbestand nicht zu berücksichtigen sei. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass lediglich eine freiwillige Versicherung (Selbstversicherung) in der Krankenversicherung nach § 16 ASVG oder § 14 GSVG ein "Opting-out" ermögliche, nicht aber die Gewährung eines Pensionsbezuges auf Rechtsgrundlage des ASVG, verbunden mit einer Pflicht-Teilversicherung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Teil C Krankenversicherung, maßgeblich (beschlossen in der Vollversammlung vom , kundgemacht im Anwaltsblatt 9/1999, S. 553, genehmigt mit Bescheid des Bundesministers für Justiz am , Zl. 16.202/28- I 6/1999, Ergänzung durch § 5 Abs. 4 laut Beschluss der Vollversammlung vom , kundgemacht im Anwaltsblatt 7/2000, S. 399, genehmigt durch Bescheid des Bundesministers für Justiz, Zl. 16.202/29-I t/2000, vom ).
Die maßgeblichen Bestimmungen lauten (auszugsweise):
"§ 1 Verpflichtende Krankenversicherung"
(1) Durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 (ASRÄG 1997) wurde für selbständig erwerbstätige Rechtsanwälte ab die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG begründet. Gemäß § 5 GSVG kann die Ausnahme von dieser Pflichtversicherung beantragt werden, wenn die Rechtsanwaltskammer eine Krankenversicherung für ihre Mitglieder schafft und aufrecht erhält, welche auch in einer für alle Rechtsanwälte und deren Angehörige verpflichtend abgeschlossenen vertraglichen Versicherung bestehen kann. Voraussetzung dafür ist, dass alle Rechtsanwälte und deren Angehörige Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach dem GSVG gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind.
(2) Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich errichtet eine Einrichtung zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen für den Fall der Krankheit in Form einer vertraglichen Gruppenversicherung. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer ist berechtigt, zu diesem Zweck mit einer Versicherungsgesellschaft einen Gruppen-Krankenversicherungsvertrag abzuschließen, der die gesetzliche Pflichtversicherung ersetzt und die in § 5 GSVG festgelegten Voraussetzungen für die Ausnahme von der Pflichtversicherung erfüllt.
§ 2 Persönlicher Geltungsbereich
(1) Dem Gruppen-Krankenversicherungsvertrag unterliegt ab jeder selbständige erwerbstätige Rechtsanwalt, es sei denn, dass für ihn eine verpflichtende Selbstversicherung nach § 16 ASVG oder § 14 GSVG besteht und dies der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich durch Vorlage einer Bestätigung des zuständigen Krankenversicherungsträger nachgewiesen wird. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, diese Selbstversicherung aufrecht zu erhalten.
..."
Die Beschwerdeführerin wiederholt ihr bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, die ihr zuerkannte Pension auf Rechtsgrundlage des ASVG umfasse auch die Krankenversicherung. Überdies sei sie krankenzusatzversichert und bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zwangskrankenversichert.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:
Im Recht der gesetzlichen Sozialversicherung, insbesondere auch in der Krankenversicherung, gilt das Prinzip der Mehrfachversicherung, wenn jemand mehrere Erwerbstätigkeiten ausübt bzw. ausgeübt hat und dadurch von mehreren Versicherungstatbeständen erfasst wird.
Von diesem Prinzip geht § 5 GSVG bzw. die mit dieser Bestimmung korrespondierende Bestimmung des § 1 der Satzung der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich nicht ab. Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 und 2 GSVG sind u.a. Rechtsanwälte von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG, der sie auf Grund dieser Tätigkeit an sich nach § 2 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. unterliegen würden, ausgenommen, wenn sie Anspruch auf gleichwertige Leistungen der Krankenversicherung gegenüber einer Einrichtung der gesetzlichen beruflichen Vertretung haben, der sie angehören, oder wenn sie Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung haben, die für sie entweder nach § 16 ASVG oder nach § 14 GSVG besteht. Diese Bestimmungen bedeuten, dass eine Rechtsanwältin, wie die Beschwerdeführerin, in dieser Tätigkeit von der Pflichtversicherung nach dem GSVG nur dann ausgenommen ist, wenn sie auf Grund dieser Tätigkeit entweder (auf Grund eines "opting-out" nach § 5 GSVG) "kammerversichert" oder wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung selbstversichert ist. Versicherungsverhältnisse in der Krankenversicherung, die auf Grund anderer Beschäftigungen oder auf Grund von Pensionsbezügen nach anderen Beschäftigungen bestehen, bleiben nach dem Prinzip der Mehrfachversicherung davon unberührt und lassen ihrerseits dieses Prinzip und daher auch die verpflichtende Krankenversicherung der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin unberührt (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 14b GSVG).
Die belangte Behörde hat daher dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausnahme von der kammereigenen Krankenversicherung, der auf das Bestehen einer Krankenversicherung als Pensionsbezieherin nach dem ASVG bzw. das Bestehen einer Krankenversicherung nach dem BSVG gestützt gewesen ist, gestützt auf § 2 der angeführten Satzung zu Recht keine Folge gegeben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Eine Kostenentscheidung entfällt, da die obsiegende belangte Behörde keine Kosten verzeichnet hat.
Wien, am