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VwGH vom 22.03.2011, 2008/18/0035

VwGH vom 22.03.2011, 2008/18/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Strassegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des SH, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/466.258/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein auf § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestütztes auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am unrechtmäßig und ohne über "Dokumente" zu verfügen in Österreich eingereist. Sein in weiterer Folge gestellter Asylantrag sei "in zweiter Instanz mit rechtskräftig negativ abgewiesen" worden. Bereits während des Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer am die österreichische Staatsbürgerin P geheiratet. Anhand der Ergebnisse von - nach unter Berufung auf diese Ehe erfolgten Stellen eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels getätigten - Erhebungen sei hervorgekommen, dass es sich bei der Ehe um eine Aufenthaltsehe handle.

Im Weiteren legte die belangte Behörde ihre diesbezüglichen beweiswürdigenden Überlegungen dar. Sie stellte dabei darauf ab, dass die Ehepartner am behaupteten Wohnsitz in Wien 20. nie angetroffen worden seien und eine Befragung der dort tätigen Hausbesorgerin ergeben habe, dass weder der Beschwerdeführer noch dessen Ehefrau dort jemals gesehen worden seien. Demgegenüber habe eine Hauserhebung an einer näher angeführten Adresse in Wien 18. ergeben, dass dort die Ehefrau des Beschwerdeführers mehrfach gesehen worden sei, der Beschwerdeführer hingegen nie. Im Hinblick auf die sonst hervorgekommenen Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sei die dazu von der Ehefrau aufgestellte Behauptung, sie habe dort nur "einen Verwandten bzw. Freund" besucht, als Schutzbehauptung zu werten.

Die belangte Behörde listete in ihrer Beweiswürdigung Widersprüche in den Angaben der Ehepartner auf. Dabei handelt es sich um widersprüchliche Angaben insbesondere zur Lage und Gestaltung der (angeblichen) gemeinsamen Ehewohnung, des Vorhandenseins diverser Schlüssel zu dieser Wohnung, der konkreten ehelichen Lebensgestaltung sowie hinsichtlich des Wissens um konkrete persönliche und familiäre Gegebenheiten des jeweiligen Ehepartners. Des Weiteren führte die belangte Behörde unter ausführlicher Wiedergabe der Aussagen der jeweiligen Ehepartner aus, der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten den Verlauf des vor ihrer Vernehmung gelegenen Tages jeweils unterschiedlich geschildert. Zwar sei die Ehefrau des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde zu einer von ihr einmal im Rahmen ihrer im erstinstanzlichen Verfahren erfolgten Vernehmung getätigten entsprechenden Erwähnung - bemüht gewesen, ihre Unwissenheit in Bezug auf ihren Ehemann durch Hinweis auf vorgebliche psychische Probleme zu erklären. Sie habe aber keineswegs glaubhaft machen können, dass sie tatsächlich psychisch krank und nicht in der Lage gewesen sei, der Vernehmung zu folgen oder "entsprechend zu antworten". Vielmehr seien die Aussagen beider Eheleute von absoluter Unkenntnis der Lebensumstände des behaupteten Ehelebens oder zum jeweiligen Partner geprägt gewesen. Dies stehe auch mit den Ergebnissen der vor Ort geführten Erhebungen, bei denen ein gemeinsamer Wohnsitz nicht habe festgestellt werden können, im Einklang.

Es bestehe sohin kein Zweifel, dass das Vorgehen des Beschwerdeführers darauf ausgerichtet gewesen sei, eine Scheinehe zwecks Erlangung aufenthalts- und beschäftigungsrechtlicher Vorteile einzugehen.

Das vom Beschwerdeführer an den Tag gelegte Verhalten, nämlich das Eingehen der Aufenthaltsehe und die versuchte Täuschung staatlicher Organe über den wahren Ehewillen und der Versuch, dadurch eine Berechtigung (zum Aufenthalt) zu erlangen, stelle eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft (im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG) berühre.

Bei der Interessenabwägung sei der etwas mehr als dreijährige Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie seine beruflichen Bindungen im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Familiäre Bindungen bestünden nicht. Die Ehe habe sich als Scheinehe herausgestellt. Die bisher erlangte Integration des Beschwerdeführers werde aber in ihrer Relevanz insofern gemindert, als sein Aufenthalt vorerst lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag gegründet gewesen sei, er in weiterer Folge eine Scheinehe eingegangen sei, sich dann im Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auf diese Ehe berufen und hinsichtlich der familiären Verhältnisse unrichtige Angaben gemacht habe. Es sei daher die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Die Auswirkung der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiege auch nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Voraussetzungen des - hier infolge § 87 FPG zur Anwendung zu bringenden - § 86 Abs. 1 FPG zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dann gegeben sind, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG - eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und sich trotzdem für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf diese Ehe berufen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0416, mwN).

Der Beschwerdeführer richtet sich nicht gegen die in diesem Sinn vorgenommene rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, sondern gegen die von ihr vorgenommene Beweiswürdigung. In diesem Zusammenhang wirft er der belangten Behörde vor, sie hätte zum tatsächlichen Gesundheitszustand seiner Ehefrau und ihres daraus resultierenden Erinnerungsvermögens ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Damit wird aber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Der Beschwerdeführer legt nämlich in keiner Weise dar, an welcher Krankheit die Ehefrau des Beschwerdeführers leide und weshalb die von ihr eingenommenen Medikamente überhaupt geeignet gewesen wären, ihr Erinnerungsvermögen zu beeinträchtigen. Dass dies so gewesen wäre, lässt sich aber auch aus den Angaben der Ehefrau nicht ohne Weiteres ableiten. Hinsichtlich der konkret von ihr eingenommenen Medikamente befragt, gab sie an, Brustschmerzen zu haben und die Mandeln seien entzündet. Sie müsse wegen der Brustschmerzen Medikamente nehmen. Konkrete Hinweise, dass ihr Erinnerungsvermögen durch die Einnahme von Psychopharmaka eine Beeinträchtigung erlitten hätte, sind ihrer Aussage nicht zu entnehmen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es - falls tatsächlich das Erinnerungsvermögen getrübt gewesen wäre - zu erwarten gewesen wäre, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers sogleich auf eine infolge Medikamenteneinnahme fehlende oder bloß lückenhafte Erinnerung hingewiesen hätte und nicht, wie demgegenüber tatsächlich geschehen, umfangreiche, wenngleich letztlich als unrichtig qualifizierte Angaben zu ihrem - angeblichen - Wissen zum Beschwerdeführer und den - angeblichen - gemeinsamen Lebensumständen gemacht hätte. Die behördliche Beweiswürdigung stellt sich sohin gemessen an der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfbefugnis insoweit nicht als unschlüssig dar.

Wenn der Beschwerdeführer weiter vorbringt, die belangte Behörde habe die beantragten Vernehmungen von Zeugen nicht durchgeführt, ist darauf hinzuweisen, dass die Relevanz dieses allfälligen Verfahrensfehlers für den Ausgang des Verfahrens nicht dargelegt wird. Weder wird in der Beschwerde ausgeführt, was die Zeugen hätten aussagen können und zu welchen Feststellungen die belangte Behörde im Fall deren Vernehmung hätte kommen können, noch, weshalb diese Feststellungen geeignet gewesen wären, zu einem anderen Verfahrensausgang kommen zu können.

Wenn in der Beschwerde letztlich noch gerügt wird, es hätte das Ergebnis der "Hauserhebungen" nicht berücksichtigt werden dürfen, weil es lediglich auf Glück zurückzuführen sei, ob Hausbewohner von anderen Bewohnern des Hauses gesehen würden, ist auszuführen, dass die belangte Behörde die Ergebnisse dieser Erhebungen im Rahmen der Beweiswürdigung als weiteren Umstand zur Stützung ihrer Ansicht, es läge eine Aufenthaltsehe vor, herangezogen hat. Im vorliegenden Fall war dies aber ohnedies nicht als das allein ausschlaggebende Argument anzusehen. Bei ihren Überlegungen durfte die belangte Behörde das Ergebnis dieser Erhebungen allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers als weiteres ihr zur Verfügung stehendes Beweismittel durchaus verwerten. Dass in der unter Einbeziehung aller vorliegenden Beweismittel erfolgten Beweiswürdigung letztlich eine Unschlüssigkeit gelegen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund begegnet letztlich die Auffassung der belangten Behörde, es sei auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse der Schluss gerechtfertigt, es liege eine Aufenthaltsehe vor, keinen Bedenken.

Es ist aber auch die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden. Insoweit wird dem vom Beschwerdeführer auch nichts entgegnet. Im Hinblick darauf, dass die vom Beschwerdeführer erlangte Integration - was die belangte Behörde zu Recht ins Treffen geführt hat - lediglich durch das Eingehen einer Scheinehe erlangt wurde, kann ihr nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, die - auf die bisherige etwa dreijährige Dauer des Aufenthalts und der Berufstätigkeit gegründeten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet könnten im vorliegenden Fall die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen.

Da dem angefochtenen Bescheid sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-80881