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VwGH vom 22.08.2012, 2008/17/0245

VwGH vom 22.08.2012, 2008/17/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Mag. Franz Poganitsch, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Am Weiher 11/3/4, gegen den Bescheid des Finanzamts für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (nunmehr: Finanzamts für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel) vom , Zl. GIS 0386/08, betreffend Rundfunkgebühren und damit verbundene Entgelte und Abgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Gebühren Infoservice GmbH (im Folgenden: GIS) vom wurden dem Beschwerdeführer, beginnend mit , Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radio und damit verbundene Entgelte und Abgaben vorgeschrieben.

Der "Bescheid" der GIS enthielt dabei folgenden Spruch: "Da Sie am Standort ... Rundfunkempfangseinrichtungen (Fernsehen und Radio) betreiben bzw. zum Betrieb bereithalten, werden Ihnen als Rundfunkteilnehmer daher ab Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radio und damit verbundene Entgelte und Abgaben unter der oben angegebenen Teilnehmernummer vorgeschrieben."

Begründend führte die GIS aus, dass der Beschwerdeführer an einem näher genannten Standort Rundfunkempfangseinrichtungen (Fernsehen und Radio) betreibe bzw. zum Betrieb bereithalte. Er sei dort am von einem Außendienstorgan der GIS besucht worden, das "zweifelsfrei feststellen" habe können, dass Rundfunkempfangseinrichtungen betriebsbereit errichtet gewesen seien.

1.2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Berufung und rügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Unzuständigkeit der Behörde, unrichtige Tatsachenfeststellung sowie das Nichtvorliegen eines Bescheides.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Begründend hielt sie fest, sie habe das Erhebungsorgan der GIS zu einer detaillierten Stellungnahme aufgefordert. Aus dieser habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer am von dem Erhebungsorgan der GIS nachmittags aufgesucht worden sei, wobei zunächst eine Frau die Tür geöffnet habe. Das Erhebungsorgan der GIS sei zwar nicht in die Wohnung eingelassen worden, habe aber von der Türschwelle aus auf Grund der vernommenen Geräusche auf den Betrieb eines TV-Geräts geschlossen und die Frau damit konfrontiert. Diese habe dies zunächst bejaht, sodann aber gleich gemeint, es handle sich um ein Radio. Im Übrigen sei dies nicht ihre Wohnung. Der Beschwerdeführer sei schließlich, in Boxershorts aus dem Bad kommend, dazu gestoßen und ob der unerwarteten Störung sehr ungehalten gewesen. Er habe dem Erhebungsorgan jeden Zutritt zur Wohnung verweigert und sei zu keiner Anmeldung oder Datenbekanntgabe bereit gewesen. Von außen habe das Erhebungsorgan jedoch eine Satellitenanlage auf dem Balkon der Wohnung des Beschwerdeführers deutlich sichtbar wahrgenommen.

Auf Aufforderung der belangten Behörde seien sodann am Bilder vom Balkon des Beschwerdeführers erstellt worden, aus denen - in Übereinstimmung mit den Aussagen des Erhebungsorgans der GIS - die Montage einer Satellitenanlage ersichtlich sei.

Ein Organ der zuständigen Bezirkshauptmannschaft, die von der belangten Behörde mit der Durchführung weiterer Ermittlungen beauftragt worden sei, habe den Beschwerdeführer am in seiner Wohnung angetroffen und zum Sachverhalt befragt. Dabei habe der Beschwerdeführer den erhebenden Polizeibeamten nicht in die Wohnung eingelassen und sei - im Rahmen der Befragung im Stiegenhaus - zu keinen näheren Angaben bereit gewesen. Festgestellt habe jedoch werden können, dass zu der von außen sichtbaren Satellitenanlage ein Kabel führe.

In einer nachfolgenden schriftlichen Stellungnahme vom habe der Beschwerdeführer zu seiner Verweigerung der Beantwortung von Fragen erklärt, dass er vom ermittelnden Polizeibeamten darüber informiert worden sei, dass es sich um Erhebungen in einer Verwaltungsstrafsache handle, und er daher Angaben zur Sache erst nach Akteneinsicht machen werde. Da er großen Wert auf seine Privatsphäre lege, lasse er ausnahmslos keine fremden Personen in seine Wohnung. Dies stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und bedürfe unter Hinweis auf seine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte keiner weiteren Rechtfertigung.

Die belangte Behörde habe die Ermittlungsergebnisse nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu würdigen. Dieser bedeute, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig seien, wobei von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen sei, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich habe und alle anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen lasse.

Obwohl der Beschwerdeführer in seiner Berufung eine Feststellung seiner Gebührenpflicht durch die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 6 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) urgiert habe, habe er auch diese von der belangten Behörde eigens veranlasste Überprüfung durch Verweigerung des Zutritts zur Wohnung verhindert.

Davor habe er bereits dem Erhebungsorgan der GIS den Zutritt verweigert und damit keine Überprüfung des Sachverhalts ermöglicht, obwohl der montierte Satellitenspiegel auf den Empfang von Satellitenprogrammen und sohin den Betrieb einer betriebsbereiten Fernsehempfangsanlage habe schließen lassen.

Die Angabe des Beschwerdeführers gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde, dass diese Anlage 1992 oder 1993 von seiner Mutter errichtet worden sei, lasse ebenfalls darauf schließen, dass seit dieser Zeit Fernsehprogramme konsumiert worden seien, weil der Satellitenspiegel nicht entfernt worden sei und es sich um den einzigen vorhandenen Spiegel an diesem Wohnblock handle.

Der Beschwerdeführer sei schließlich auch mehrmals durch hinterlassene Meldungen zur Abgabe einer Mitteilung gemäß § 2 Abs. 5 RGG aufgefordert worden und habe auch diese Möglichkeit zur Stellungnahme unterlassen.

Auf Grund der vorhandenen Indizien, nämlich des vorhandenen Satellitenspiegels, der mehrmaligen Zutrittsverweigerungen sowie der Aussagen des Beschwerdeführers bezüglich der Verweigerung der Beantwortung von Fragen, sei die belangte Behörde angesichts der Erfahrungen des täglichen Lebens und des aggressiven Verhaltens des Beschwerdeführers bei ihrer Entscheidungsfindung vom Vorliegen einer betriebsbereiten Fernsehempfangsanlage ausgegangen.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheids sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Dabei rügt die Beschwerde zum Einen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil in der besagten Wohnung eine Fernsehempfangsanlage nicht existiert habe und nicht existiere. Zum Anderen rügt sie eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Sachverhalt unzureichend festgestellt und die Unmittelbarkeit des Verfahrens seitens der Behörde nicht gewahrt worden sei.

1.5. Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 2 Abs. 1 RGG idF BGBl. I Nr. 71/2003 hat derjenige, der eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), Rundfunkgebühren zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten. Gemäß § 6 Abs. 1 letzter Satz RGG ist auf das Verfahren das AVG anzuwenden.

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0163, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, muss ein Leistungsbescheid auch ein zahlenmäßig konkretisiertes Leistungsgebot enthalten und ist neben einem möglichen Leistungsbescheid für einen Feststellungsbescheid kein Raum.

Dadurch, dass die belangte Behörde dies nicht wahrgenommen hat und die Berufung abgewiesen hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, und erweist sich die Beschwerde aufgrund eines zwar nicht ausdrücklich geltend gemachten, jedoch im Rahmen des Beschwerdepunkts aufzugreifenden Grundes als berechtigt.

2.3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Ein Ersatz für Eingabengebühren war nicht zuzusprechen, weil dem Beschwerdeführer Verfahrenshilfe gewährt worden ist.

Wien, am