VwGH vom 17.06.2009, 2008/17/0243
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der MK in G, vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3- BE-3253001/019-2006, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: SZ), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom an die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten wurde die Verpflichtung zum Anschluss einer näher bezeichneten Liegenschaft an den neu gelegten Schmutzwasserkanal ausgesprochen. Dieser Bescheid erwuchs gegenüber der Beschwerdeführerin in Rechtskraft.
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten für diese Liegenschaft unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 254,32 m2 und eines Einheitssatzes von S 19,80 eine Kanalbenützungsgebühr im Ausmaß von jährlich S 5.036,-
- vor. Auf Grund der Berufung gegen diesen Bescheid erging zunächst eine Berufungsvorentscheidung und nach einem Vorlageantrag der Bescheid des Gemeinderats der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom . Mit diesem Bescheid wies der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 213 NÖ AO 1977 als unbegründet ab und hob den angefochtenen Bescheid über Berufung des Ehegatten der Beschwerdeführerin insoweit auf, als er den Ehegatten der Beschwerdeführerin betraf.
Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die belangte Behörde mit Bescheid vom den bekämpften Berufungsbescheid wegen Unzuständigkeit des Gemeinderats auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde.
Mit Bescheid vom wies sodann der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die Vorstellung als unbegründet abgewiesen wurde.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vor den Gemeindebehörden führte die belangte Behörde aus, dass sie am einen Lokalaugenschein u.a. in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und von Vertretern der mitbeteiligten Stadtgemeinde abgehalten habe. Nach näherer Darstellung der Ergebnisse dieses Lokalaugenscheins hinsichtlich der im gegenständlichen Gebäude vorhandenen Räume führte die belangte Behörde aus, dass die Niederschrift über diesen Lokalaugenschein einschließlich der angefertigten Skizzen den Parteien des Vorstellungsverfahrens mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe sich hiezu nicht geäußert.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im NÖ Kanalgesetz 1977 führte die belangte Behörde aus, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde in seiner Sitzung vom , kundgemacht an der Amtstafel der Stadtgemeinde in der Zeit vom bis , nach den Bestimmungen des NÖ Kanalgesetzes 1977 die Kanalabgabenordnung beschlossen habe. Gemäß § 5 erster Satz dieser Verordnung sei die Kanalbenützungsgebühr nach den Bestimmungen des § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 zu berechnen. Gemäß § 5 Abs. 4 lit. a dieser Verordnung werde zur Berechnung der laufenden Gebühren für die Benützung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalbenützungsgebühr) der Einheitssatz für den Schmutzwasserkanal der Abwasserbeseitigungsanlage Großglobnitz mit S 19,80 festgesetzt. Sohin gründe der bei der Bemessung der Kanalbenützungsgebühr angewendete Einheitssatz in der vorstehend erwähnten Gemeinderatsverordnung. Es treffe auch nicht zu, dass diese Gebühr mit Verfassungswidrigkeit belastet sei, wenn "das Projekt durch die laufenden Gebühren (Einnahmen) nicht zu finanzieren und zu erhalten" sei.
§ 5 NÖ Kanalgesetz 1977 umschreibe den abgabenrechtlichen Tatbestand der Kanalbenützungsgebühr. Maßgeblich sei danach nicht die tatsächliche Benützung der öffentlichen Kanalanlage, sondern die Möglichkeit zu deren Benützung. Die Kanalbenützungsgebühr sei sohin auch dann zu entrichten, wenn eine Benützung faktisch nicht erfolge. Werde trotz bestehender Anschlussverpflichtung der Anschluss nicht hergestellt, erfolge die Berechnung so, als ob die Liegenschaft (Gebäude mit Abwasserentsorgungsstellen) an die öffentliche Kanalanlage angeschlossen worden wäre (Hinweis auf Leiss, NÖ Kanalgesetz 1977, Gemeindeverlag Hans Fellerer).
Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zum Anschluss der Liegenschaft an die öffentliche Kanalanlage bestehe auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides vom , worauf die Berufungsinstanz zu Recht hingewiesen habe.
Daran ändere auch der Umstand nichts, dass auf Grund des genannten Bescheides vom lediglich gegenüber der Beschwerdeführerin die Kanalanschlussverpflichtung ausgesprochen worden sei, denn die vorliegende, nicht sämtliche Miteigentümer erfassende Kanalanschlussverpflichtung bewirke keine Rechtswidrigkeit der der Beschwerdeführerin erteilten Anschlussverpflichtung.
Die Erdgeschoßflächen beider Gebäude seien in dem am ausgefertigten Anmeldebogen samt Skizze der durch Messung erhobenen Naturmaße und dem Erhebungsblatt vom gleichen Tage mit 82,62 m2 und 171,70 m2 belegt. Darin sei auch festgehalten, dass jeweils die Erdgeschoße an die Kanalanlage anzuschließen seien. Inwieweit die Gemeindebehörden anlässlich der Feststellung des Ausmaßes der Geschoßflächen im Wege der Erhebung der Naturmaße mittels Messung Willkür geübt hätten, sei nicht erkennbar. Was das Vorbringen hinsichtlich bestimmter Räume, die nicht zur Ermittlung der Berechnungsfläche hätten herangezogen werden dürfen, anlange, sei auf den von der belangten Behörde vorgenommenen Lokalaugenschein hinzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Mit Beschluss vom , B 1186/08, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im subjektiv-öffentlichen Recht auf Aufhebung der Verpflichtung zur Zahlung der vorgeschriebenen Kanalbenützungsgebühr geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl 8230-6, lautet auszugsweise:
"§ 5
Kanalbenützungsgebühr
(1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.
(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.
(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.
..."
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid zunächst unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften hinsichtlich der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts. Es sei schlichtweg falsch, dass von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin Schmutzwässer in den Kanal eingeleitet würden. Mangels eines Verbindungsstranges zwischen den auf der Liegenschaft errichteten Gebäuden und dem öffentlichen Kanalnetz sei dies faktisch gar nicht möglich.
Hiezu genügt es darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 nicht den tatsächlichen Anschluss der Liegenschaft an das Kanalnetz als Voraussetzung für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr voraussetzt. Hinsichtlich des Bestehens der Anschlussverpflichtung wird in der Beschwerde nichts (mehr) vorgebracht.
Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die der Abgabenbemessung zu Grunde gelegten Quadratmeterangaben wendet, sind die Beschwerdeausführungen nicht geeignet, einen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Es wird nicht näher ausgeführt, inwieweit sich die Verhältnisse nach der im Jahre 1996 vorgenommenen Vermessung geändert haben sollten; hinsichtlich der in den Gebäuden auf der Liegenschaft vorhandenen Räume wird ebenfalls nicht aufgezeigt, inwieweit die Annahmen der belangten Behörde auf Grund des durchgeführten Lokalaugenscheins unzutreffend seien.
Soweit die Beschwerdeführerin neuerlich eine nähere Begründung hinsichtlich der Kundmachung der der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegenden Abgabenverordnung moniert, ist sie darauf hinzuweisen, dass weder die Abgabenbehörden noch die belangte Behörde über die Angabe der angewendeten Rechtsvorschrift hinaus zu einer näheren Begründung betreffend die - im Bescheid der belangten Behörde ohnedies angegebenen - näheren Umstände von deren Erlassung bzw. Kundmachung gehalten sind.
Hinsichtlich des Umstandes, dass sich der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde in seinem Bescheid vom auf den von der Vorstellungsbehörde aufgehobenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde bezogen habe, ist auszuführen, dass die Übernahme derartiger Feststellungen in einem Bescheid einer anderen Behörde für sich noch nicht rechtswidrig ist. Daran ändert auch nichts, dass der Gemeinderat, auf dessen Entscheidung verwiesen wird, als unzuständige Behörde eingeschritten war. Der Umstand, dass eine Tatsache in einem Bescheid einer unzuständigen Behörde festgestellt wird, hindert nicht die Bezugnahme auf diese Tatsache in anderen Bescheiden. Inwieweit die Feststellungen hinsichtlich der maßgeblichen Sachverhaltsgrundlagen unzureichend gewesen sein sollten, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt.
Die vorliegende Beschwerde ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am