VwGH vom 24.09.2015, 2013/07/0091

VwGH vom 24.09.2015, 2013/07/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Brandl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der A GmbH in L, vertreten durch Schwartz Huber-Medek Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW.2.2.1/0038-VI/1/2013-Ki, betreffend Feststellung gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Wien in 1110 Wien, Brehmstraße 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf Spruchpunkt 3.1. des erstinstanzlichen Bescheides (Feststellung der Beitragspflicht für den im Zeitraum bis auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, abgelagerten Kalkabraum sowie Kalkstein gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996) bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen Umfang der Anfechtung (Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides - Zuordnung des im Zeitraum vom bis auf der Deponie U abgelagerten Kalkabraums sowie Kalksteins unter die Abfallkategorie des § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte der Landeshauptmann von Niederösterreich als aufgrund des Devolutionsantrages des Zollamtes Wien vom zuständig gewordene, sachlich in Betracht kommende Oberbehörde

1. über Antrag der beschwerdeführenden Partei vom fest, dass der auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, abgelagerte Kalkabraum sowie Kalkstein Abfälle sind und deren Ablagerung eine beitragspflichtige Tätigkeit darstellt;

2. über Antrag des Zollamtes Wien vom fest, dass der auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, im Zeitraum vom bis abgelagerte Kalkabraum sowie Kalkstein gemäß § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 der Abfallkategorie "übrige Abfälle" unterliegen;

3. über Antrag der beschwerdeführenden Partei vom und des Zollamtes Wien vom fest, dass der auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, abgelagerte Kalkabraum sowie Kalkstein die Beitragspflicht auslösen

3.1. gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 im Zeitraum vom bis ;

3.2. gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 3 ALSAG idF BGBl. I Nr. 142/2000 im Zeitraum vom bis ;

3.3. gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 und Abs. 2 Z 1 iVm § 27 ALSAG idF BGBl. I Nr. 71/2003 im Zeitraum vom bis ;

3.4. gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 lit. a und Abs. 2 Z 1 ALSAG idF BGBl. I Nr. 71/2003 im Zeitraum vom bis ;

3.5. gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 ALSAG idF BGBl. I Nr. 40/2008 im Zeitraum vom bis ;

3.6. gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 ALSAG idF BGBl. I Nr. 111/2010 ab dem .

Dem erstinstanzlichen Bescheid lagen unter anderem die Feststellungen zu Grunde, wonach mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Ablagerungsstätte für - unter anderem - vorsortierten Bauschutt, Kalkabraum und Kalkstein erteilt wurde; das Deponiebasisabdichtungssystem nicht gleichwertig zu den in der Deponieverordnung 1996 aufgestellten Anforderungen ist; im Flächenfilter keine Sickerwasserleitungen verlegt wurden und der Kiesflächenfilter nicht durchgehend eine Stärke von 0,5 m aufweist; die Sohldichtung keine durchgehende Stärke von 0,5 m aufweist und eine vertikale Umschließung nicht vorhanden ist; der auf der Deponie abzulagernde Kalkabraum und Kalkstein die Materialqualität von Bodenaushub aufweist und auf einer Bodenaushubdeponie gelagert werden könnte.

Nach Wiedergabe der für den jeweiligen Zeitraum wesentlichen Rechtslage führte der Landeshauptmann von Niederösterreich in rechtlicher Hinsicht - soweit für das Beschwerdeverfahren wesentlich - aus, dass der Begriff "Baurestmassen" die Entstehung bei einer Bautätigkeit verlange. Betreffend den Zeitraum bis sei § 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 anzuwenden und Kalkabraum bzw. Kalkstein unter die Kategorie "übrige Abfälle" des § 6 Z 3 leg.cit. zu subsumieren. Der Begriff "Baurestmassen" sei erst ab mit der Novelle, BGBl. Nr. 201/1996, in § 2 Abs. 6 leg.cit. erwähnt. Zur Definition dieses Begriffs verweise diese Bestimmung auf Anhang 2 der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996. Obwohl diese damals noch nicht in Kraft gewesen sei, könne sie zur Interpretation herangezogen werden. Da Anlage 2 einen Anfall von Baurestmassen bei Abbruch- oder Sanierungsarbeiten verlange, seien Kalkabraum und Kalkstein, die nicht bei derartigen Arbeiten anfallen, nicht darunter zu subsumieren.

Für den Zeitraum bis bestimme sich die Beitragshöhe nach § 6 Abs. 1 Z 4 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996. Da weder ein Deponieabdichtungssystem, noch eine vertikale Umschließung der als Baurestmassendeponie genehmigten Deponie gegeben seien, seien die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 für diesen Zeitraum anzuwenden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die sich ausschließlich gegen die Spruchpunkte 2. und 3.1. des Bescheids des Landeshauptmanns von Niederösterreich gerichtete Berufung mit ihrem Antrag auf Feststellung, dass der auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, abgelagerte Kalkabraum 1. im Zeitraum vom bis der Kategorie "mineralische Baurestmassen" gemäß § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. 760/1992 unterliege und 2. im Zeitraum vom bis die Beitragspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 ALSAG idF BGBl. 201/1996 auslöse, ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der angefochtene Feststellungsbescheid beziehe sich auf die Einstufung von mineralischen Rückständen aus der Herstellung von Löschkalk (Calziumhydroxid) bei der beschwerdeführenden Partei. Dieser werde in Form einer Lösung/Suspension bei der Gewinnung von Zucker aus Zuckerrüben verwendet. Zur Herstellung von Löschkalk werde Brandkalk mit Wasser umgesetzt. Im Brandkalk enthaltene mineralische Reste (silikatische Gesteine, nicht umgesetzter Kalkstein, etc.) blieben beim Lösen des Calziumhydroxids zurück. Diese Rückstände würden im Feststellungsbescheid als Kalkabraum und Kalkstein bezeichnet.

Betreffend die Zuordnung des auf der Deponie U im Zeitraum bis abgelagerten Kalkabraums bzw. Kalksteins zur Abfallkategorie "alle übrigen Abfälle" gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 führte die belangte Behörde aus, dass Baurestmassen mit Verweis auf Anlage 2 der Deponieverordnung definiert seien. Diese Definition treffe auf Kalkschlamm aus der Zuckerindustrie ebenso wenig zu wie die Definition für Erdaushub in § 2 Abs. 5 Z 2 ALSAG.

Zur Feststellung, dass der im Zeitraum bis abgelagerte Kalkabraum sowie Kalkstein gemäß § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 der Abfallkategorie "übrige Abfälle" unterliege, verwies die belangte Behörde auf die von ihr in diesem Zusammenhang wörtlich wiedergegebene Stellungnahme des Amtssachverständigen vom , aus der sich schlüssig und widerspruchsfrei ergebe, dass der auf der Deponie U abgelagerte Kalkabraum bzw. Kalkstein der Abfallkategorie "übrige Abfälle" gemäß § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 unterliege.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; hilfsweise auf dessen Abänderung dahingehend, dass festgestellt werde, dass der auf der Deponie U, Grundstück Nr. 392, KG U, abgelagerte Kalkstein und Kalkabraum a) im Zeitraum vom bis der Kategorie "mineralische Baurestmassen" gemäß § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 unterliege und b) im Zeitraum vom bis die Beitragspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 auslöse.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Ebenso erstattete die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erkennbar mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Nach § 10 Abs. 1 Z 4 ALSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen, welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 ALSAG vorliegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft bei einer Feststellung nach § 10 ALSAG die Behörde die Obliegenheit, jene Rechtslage anzuwenden, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht worden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/07/0165 mwN).

§ 6 ALSAG in der Fassung BGBl. Nr. 760/1992 lautet auszugsweise:

"§ 6. Der Beitrag beträgt je angefangene Tonne für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
gefährliche Abfälle (§ 2 Abs. 6) ...
2.
mineralische Baurestmassen
ab …………………………………….. 40 S
ab …………………………………….. 50 S
ab …………………………………….. 60 S 3. alle übrigen Abfälle
ab …………………………………….. 60 S
ab …………………………………….. 90 S
ab …………………………………….. 120 S"
§ 6 ALSAG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 lautet auszugsweise:

"§ 6. (1) Der Altlastenbeitrag beträgt für das langfristige Ablagern oder das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes je angefangene Tonne für

1. Baurestmassen

ab …………………………………….. 60 S

ab …………………………………….. 80 S

ab …………………………………….. 100 S 2. Erdaushub ...

3. Abfälle, soweit sie den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, und ein diesbezüglicher Nachweis durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, erbracht sowie eine Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, vorgenommen wird

ab …………………………………….. 120 S

ab …………………………………….. 150 S

ab …………………………………….. 300 S

ab …………………………………….. 600 S 4. alle übrigen Abfälle

ab …………………………………….. 150 S

ab …………………………………….. 200 S

ab …………………………………….. 400 S

ab …………………………………….. 600 S

sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen.

(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 um 30 S,
2.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3 um 200 S,
3.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 4 um 400 S.
...

(4) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem abgeschlossen wurde (Altanlage), beträgt der Altlastenbeitrag je angefangene Tonne für

1. Baurestmassendeponien

ab …………………………………….. 60 S

ab …………………………………….. 80 S

ab …………………………………….. 100 S 2. Reststoffdeponien

ab …………………………………….. 150 S

ab …………………………………….. 200 S 3. Massenabfalldeponien

ab …………………………………….. 200 S

ab …………………………………….. 300 S

Baurestmassen-, Reststoff- oder Massenabfalldeponien im Sinne dieses Bundesgesetzes haben zumindest über ein Deponiebasisdichtungssystem, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a entspricht, oder über eine vertikale Umschließung, welche jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 10 entspricht, zu verfügen.

...

(6) Der Beitragsschuldner hat nachzuweisen, welche Beitragssätze gemäß Abs. 1, 4 und 5 zur Anwendung kommen sowie dass die Zuschläge gemäß Abs. 2 und 3 nicht zur Anwendung kommen.

..."

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Feststellung der Abfallkategorie für den auf der Deponie U abgelagerten Kalkabraum sowie Kalkstein betreffend die Zeiträume bis (Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides) und bis (Spruchpunkt 3.1. des erstinstanzlichen Bescheides).

Betreffend die Feststellung der Abfallkategorie für den Zeitraum bis wendet die beschwerdeführende Partei ein, dass der Begriff "mineralische Baurestmassen" in § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 weder im ALSAG noch in einer anderen Bestimmung einer verwandten Rechtsmaterie definiert worden sei. Dem Begriff müsse daher ein sich aus einer teleologischen Interpretation ergebendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden. Wolle man § 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 keinen dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sachlichkeitsgebot widersprechenden Inhalt unterstellen, müsse der Begriff "mineralische Baurestmassen" generell als nicht gefährliche, mineralische (inerte) Abfälle verstanden werden, weil sonst alle mineralischen Abfälle, die nicht aus Bautätigkeiten stammten, aber geringere Schadstoffgehalte als diese hätten, einer höheren Beitragspflicht unterlegen wären. Andernfalls wäre etwa für Erdaushub mit einem höheren Baurestmassenanteil als 5% ein höherer Beitragssatz und zwar jener nach § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 für "alle übrigen Abfälle" anzuwenden gewesen als für mineralische Baurestmassen selbst. Die Anordnung eines höheren Beitragssatzes für Abfälle mit niedrigeren Schadstoffgehalten wäre sachlich nicht nachvollziehbar und überdies gleichheitswidrig.

Zur Auslegung des in § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 verwendeten Begriffs "mineralische Baurestmassen" ist zunächst festzuhalten, dass Gegenstand der Auslegung grundsätzlich der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes ist, um dessen Verständnis es bei der Auslegung geht. Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen, normativen Sinnes des Gesetzes. Jede Gesetzesauslegung hat (im Sinne des § 6 ABGB) mit der Erforschung des Wortsinnes zu beginnen, wobei zu fragen ist, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder dem des Gesetzgebers und seinem Zusammenhang innerhalb der getroffenen Regelung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2007/09/0159, mwN und , Ro 2014/17/0011).

Die beschwerdeführende Partei weist selbst darauf hin, dass unter "Baurestmassen" im allgemeinen Sprachgebrauch Abfälle aus Bautätigkeiten verstanden werden. Dafür, dass der Gesetzgeber im Zuge der erstmaligen Einführung des Begriffs "mineralische Baurestmassen" mit der Altlastensanierungsgesetz-Novelle 1992, BGBl. Nr. 760/1992, als eine für die Höhe des Altlastenbeitrags maßgebliche Abfallkategorie gemäß § 6 ALSAG demgegenüber von einem anderen Begriffsverständnis ausgegangen ist, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Solche werden auch von der beschwerdeführenden Partei nicht dargelegt. Ebenso wenig ist ein erweitertes Begriffsverständnis dahingehend, dass unter "mineralische Baurestmassen" generell ungefährliche, mineralische Abfälle zu verstehen sind, aus den Materialen abzuleiten. Die Einfügung der mineralischen Baurestmassen als eigene Abfallkategorie in § 6 ALSAG erfolgte im Wege eines Abänderungsantrags zur Regierungsvorlage (534 BlgNR 18. GP) zur Altlastensanierungsgesetz-Novelle 1992. Der Abänderungsantrag zu Art. I Z 10 (§ 6) wurde damit begründet, dass dies zur Rechtssicherheit beitrage, weil die Abgrenzung zwischen beitragspflichtigen und beitragsfreien Baurestmassen sehr schwierig gewesen sei und daher zahlreiche Probleme aufgeworfen habe, dies insbesondere deshalb, weil bei der Abgrenzung der Zweck der Ablagerung zu berücksichtigen gewesen sei. Im Übrigen wird in der Begründung dargelegt, unter welchen Voraussetzungen mineralische Baurestmassen als Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSAG idgF zu qualifizieren seien (Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage, 753 BlgNR 18. GP). Dass für mineralische Baurestmassen eine weitere Beitragskategorie mit geringeren Beiträgen gegenüber den bisherigen beiden Beitragskategorien wegen eines geringeren Schadstoffgehalts oder einer geringeren Gefährlichkeit geschaffen wurde und deshalb diese Kriterien in diesem Zusammenhang wesentlich wären, ist den Materialien nicht zu entnehmen. Vielmehr definiert der Gesetzgeber in der nachfolgenden Novelle des ALSAG, BGBl. Nr. 201/1996, den Begriff "Baurestmassen" im Sinne dieses Bundesgesetzes in § 2 Abs. 6 ALSAG - bereits mit in Kraft getreten - durch Verweis auf die mit in Kraft getretene Deponieverordnung (Anlage 2), BGBl. Nr. 164/1996. Gemäß § 2 Abs. 4 Deponieverordnung sind Baurestmassen ein Gemenge von bei Bau- und Abbrucharbeiten anfallenden Materialien, wie insbesondere Bodenaushub, Betonabbruch, Asphaltaufbruch und mineralischer Bauschutt. In Anlage 2 dieser Verordnung sind diese Materialien konkret aufgezählt. Bei Zuckerproduktion angefallener Kalkabraum bzw. Kalkstein zählt jedenfalls nicht dazu.

Soweit die Beschwerde in verfassungsrechtlicher Sicht gleichheitsrechtliche Bedenken gegen die von der belangten Behörde getroffene Auslegung des Begriffs "mineralische Baurestmassen" in § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 hegt, kann der Verwaltungsgerichtshof diese Bedenken auch nicht dahin teilen, dass eine erweiternde Auslegung dieses Begriffs der gemäß § 6 ALSAG für die Beitragshöhe wesentlichen Abfallkategorie erforderlich wäre, zumal die Einführung einer eigenen Abfallkategorie mit geringeren Beiträgen für nur eine bestimmte Abfallart und nicht für alle Abfälle mit einem bestimmten, annährend gleich hohen Schadstoffgehalt bzw. mit gleichem Gefahrenpotenzial sich noch innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Abgabenrecht bewegt. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits dargelegt hat, ist der in der Beschwerde wiederholte Hinweis, wonach für "Erdaushub mit einem höheren Baurestmassenanteil als 5%" trotz niedrigerem Schadstoffgehalt der höhere Beitragssatz für "alle übrigen Abfälle" anzuwenden sei, insofern unrichtig, als gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 Erdaushub und Abraummaterial, die durch Aushub oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfallen, nicht als Abfall im Sinne des ALSAG gelten, sofern sie nicht mit umweltgefährdenden Stoffen soweit verunreinigt wurden, dass eine besondere Behandlung erforderlich ist. Ein mit mineralischen Baurestmassen vermischter Erdaushub bzw. vermischtes Abraummaterial ist daher nicht unter die Kategorie "übrige Abfälle" des § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 zu subsumieren und nicht mit höheren Beiträgen belastet.

Die von der beschwerdeführenden Partei begehrte Gesetzesauslegung deckt sich somit nicht mit dem Wortsinn des § 6 Z 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992. Der Begriff "mineralische Baurestmassen" umfasst nicht den im Zuge der Zuckergewinnung in Folge eines chemischen Vorgangs entstehenden Kalkabraum bzw. Kalkstein. In Bezug auf die Feststellung gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG, dass der im Zeitraum vom bis auf der Deponie U abgelagerte Kalkabraum sowie Kalkstein der Abfallkategorie "übrige Abfälle" gemäß § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 unterliegt, kommt der Beschwerde somit keine Berechtigung zu.

Betreffend die Zuordnung des im Zeitraum vom bis auf der Deponie U abgelagerten Kalkabraumes sowie Kalksteins unter die Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 moniert die beschwerdeführende Partei zu Recht, dass sowohl der erstinstanzliche Bescheid als auch der angefochtene Bescheid bloß begründen, weshalb diese Abfälle nicht den Abfallkategorien des § 6 Abs. 1 Z 1 und 2 leg.cit. zuzuordnen sind, ohne sich mit der Zuordnung zur Beitragskategorie des § 6 Abs. 1 Z 3 ALSAG auseinanderzusetzen.

Voraussetzung für die Zuordnung zu dieser Beitragskategorie ist, dass die Abfälle den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabelle 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, und ein diesbezüglicher Nachweis durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, erbracht sowie eine Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, vorgenommen wird. Die belangte Behörde geht zwar im angefochtenen Bescheid (Seite 8 letzter Satz des dritten Absatzes) davon aus, dass von der Qualität her Kalkschlamm die Kriterien der Baurestmassendeponie einhält. Sie setzt sich jedoch nicht mit den beiden übrigen Voraussetzungen auseinander und trifft dazu keine Feststellungen. Der angefochtene Bescheid leidet insofern betreffend Spruchpunkt 3.1. des erstinstanzlichen Bescheides an einem wesentlichen Begründungsmangel.

Diesen Begründungsmangel vermag die belangte Behörde nachträglich auch nicht dadurch zu beheben, dass sie erstmals in ihrer Gegenschrift ausführt, dass aus den Unterlagen nicht überprüfbar gewesen sei, ob eine Eingangskontrolle gemäß Deponieverordnung durchgeführt worden sei und ob ein Nachweis der Abfallqualität durch Gesamtbeurteilungen geführt worden sei und daher keine gesicherte Aussage getroffen werden habe können, ob die Abfälle der Kategorie § 6 Abs. 1 Z 3 oder 4 ALSAG idF BGBl. Nr. 210/1996 entsprechen, die beschwerdeführende Partei nun zwar auf eine Gesamtbeurteilung verweise, diese jedoch nicht vorläge und die beschwerdeführende Partei ebenso wenig auf die Frage der Eingangskontrolle eingehe, weshalb es keine Änderung in der Beurteilung gebe. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Gegenschrift kein geeigneter Platz, um im angefochtenen Bescheid Fehlendes nachzuholen (vgl. Erkenntnis des ).

Die beschwerdeführende Partei als Beitragsschuldnerin trifft zwar gemäß § 6 Abs. 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 210/1996 die Nachweispflicht dazu, welche Beitragssätze gemäß Abs. 1, 4 und 5 zur Anwendung kommen sowie dass die Zuschläge gemäß Abs. 2 und 3 nicht zur Anwendung kommen. Sofern die belangte Behörde erst in ihrer Gegenschrift im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof argumentiert, dass der in § 6 Abs. 1 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 210/1996 geforderte Nachweis, dass die Abfälle den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung entsprechen, durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung nicht erbracht sei und auch die Vornahme einer Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung nicht erwiesen sei, hätte sie die beschwerdeführende Partei darauf bereits zuvor aufmerksam machen müssen. Erst wenn die beschwerdeführende Partei über Aufforderung keinen entsprechenden Nachweis erbringt, wäre seitens der belangten Behörde von einem Unterbleiben des Nachweises iSd § 6 Abs. 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 210/1996 auszugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher in Bezug auf die Zuordnung des im Zeitraum bis abgelagerten Kalkabraumes bzw. Kalksteins zur Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 2 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im übrigen Anfechtungsumfang betreffend die Feststellung der Abfallkategorie für den von bis abgelagerten Kalkabraum bzw. Kalkstein gemäß § 6 Z 3 ALSAG idF BGBl. Nr. 760/1992 war die Beschwerde hingegen als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG, insbesondere § 50 VwGG iVm und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am