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VwGH vom 14.04.2011, 2010/21/0018

VwGH vom 14.04.2011, 2010/21/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des G, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Claudiaplatz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2009/31/3214-1, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der aus Marokko, Palästina oder Israel stammende Beschwerdeführer, dessen Staatsangehörigkeit bislang nicht geklärt werden konnte, reiste am illegal nach Österreich ein und beantragte zweimal erfolglos die Gewährung von Asyl. Am wurde über ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt.

Mit - am selben Tag in Vollzug gesetztem - Bescheid vom ordnete die Bundespolizeidirektion Innsbruck gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG und § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung an. Auf Grund dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer bis (zum Eintritt seiner Haftunfähigkeit am) in Schubhaft angehalten.

Am brachte er eine Schubhaftbeschwerde ein, in der er den Antrag stellte, ihn unverzüglich zu enthaften. Dies begründete er im Wesentlichen damit, dass - wie die Bezirkshauptmannschaft Schärding in einem Schreiben vom bereits festgestellt habe - ein Heimreisezertifikat für ihn nicht erlangt werden könne. Daran habe sich nichts geändert. Er sei staatenlos, "weshalb weder Ausreise noch Abschiebung möglich" seien. Somit erweise sich auch die Schubhaft als unzulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde gemäß § 67a und § 67c AVG iVm §§ 76, 81, 82 und 83 FPG als unzulässig zurück.

Begründend führte sie - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage - dazu aus, § 82 Abs. 1 FPG normiere, dass dem Fremden das Recht zustehe, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder Anhaltung anzurufen. Jede inhaltliche Prüfung basiere somit stets auf einem Feststellungsbegehren, "wonach entweder die (bescheidmäßige) Verhängung der Schubhaft und/oder deren Aufrechterhaltung nicht in rechtskonformer Weise erfolgte". Ein derartiger Beschwerdeantrag sei jedoch nicht gestellt worden. Vielmehr werde lediglich beantragt, die Partei in Stattgebung der Beschwerde unverzüglich zu enthaften. Ein solcher Antrag unterliege nicht "dem Prüfungsmaßstab der erkennenden Behörde", die lediglich Mutmaßungen dahin gehend anstellen könnte, welche konkreten Feststellungen bezweckt würden. Die Beschwerde sei daher aus formalen Gründen zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat, wie auch die belangte Behörde einräumt, ausdrücklich eine Schubhaftbeschwerde (iSd § 82 Abs. 1 Z. 3 FPG) erhoben. Diese wurde - gemäß § 82 Abs. 2 zweiter Satz FPG zulässig - bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck, welche den (die Schubhaft anordnenden) Bescheid erlassen hatte, eingebracht. Das auf eine Enthaftung abzielende Begehren war aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit seiner Begründung ausreichend klar auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung gerichtet. Selbst bei Bestehen von Zweifeln zum Inhalt des Begehrens wäre die belangte Behörde im Übrigen gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht zur sofortigen Zurückweisung berechtigt gewesen, sondern hätte einen Verbesserungsauftrag zu erteilen gehabt (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13 Rz 28 mwN).

Die dennoch erfolgte zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde erweist sich demnach als verfehlt. Vielmehr wäre die Schubhaftbeschwerde, allenfalls nach Klärung des Anfechtungsumfanges, einer meritorischen Erledigung zuzuführen gewesen.

Da dies unterblieben ist (die diesbezüglichen "nur der Vollständigkeit halber" angestellten behördlichen Erwägungen ändern nichts an der bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am