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VwGH 26.09.2013, 2013/07/0077

VwGH 26.09.2013, 2013/07/0077

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §32 Abs2 litf;
RS 1
Die Bestimmung des § 32 Abs 2 lit f WRG 1959 hat den Schutz des Grundwassers vor Stickstoffeintrag vor Augen und legt ab einer bestimmten Mengenschwelle eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht ausdrücklich fest (vgl. E , 2004/07/0153).
Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs2 litf;
RS 2
§ 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 spricht vom "Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung." Zwar weisen versiegelte Freiflächen auch keine Gründeckung auf, sie stellen aber zweifelsfrei keine landwirtschaftlichen Nutzflächen dar, die gedüngt werden. Schon deshalb lässt sich in Bezug auf den Zustand auf einem solchen Grundstück keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht aus § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 ableiten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des T S in H, vertreten durch die Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WA1-W-43109/001-2011, betreffend gewässerpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hält auf seinen Grundstücken Nr. 121

(darauf befindet sich das Haus H Nr. 5 = Haus Nr. 5) und Nr. 132

(darauf befindet sich das Haus H Nr. 3 = Haus Nr. 3), KG H., Geflügel. Bereits im Juni 2005 fand eine Überprüfung der Geflügelzucht durch die Bezirkshauptmannschaft M (im Folgenden: BH) u.a. im Hinblick auf die Verunreinigung des Grundwassers mit Nitrat durch die Ausscheidungen der Tiere statt. Dieser Untersuchung folgten zahlreiche weitere Überprüfungen in den darauffolgenden Jahren, wobei dem Beschwerdeführer wiederholt verschiedene Maßnahmen zur Hintanhaltung der festgestellten Verunreinigung (formlos) aufgetragen wurden, wie die Einstellung der Tierhaltung oder die Beseitigung der Ausscheidungen der Tiere.

Am führte die BH eine örtliche Überprüfung der Grundstücke des Beschwerdeführers in seiner Anwesenheit durch. Dabei erstattete der wasserbautechnische Amtssachverständige folgenden Befund samt Gutachten:

"Im Zuge des Lokalaugenscheines wurden die beiden Standorte in (H.) besichtigt, an welchen (der Beschwerdeführer) seine Tiere hält.

(Der Beschwerdeführer) gibt bekannt, dass er die genaue Zahl seiner gehaltenen Tiere nicht kennt, wobei er jedoch Folgendes abschätzt:

Ca. 100 Gänse, ca. 80-100 Enten, ca. 150 Hühner und ca. 120 Tauben.

Der Standort Haus Nr. 3 ist ein altes nicht mehr bewohntes Bauernhaus.

Der Standort Haus Nr. 5 ist ebenfalls ein Bauerhaus, welches von (dem Beschwerdeführer) ordnungsgemäß bewohnt wird.

Zu Haus Nr. 5:

Bereits beim Eingang in das Wohnhaus wurde erkannt, dass in den ehemaligen Aufenthalträumen Tiere gehalten werden und am Fußboden Futter, geringe Mengen an alter Einstreu sowie tierische Ausscheidungen vorhanden waren. Über den Fußbodenaufbau bzw. deren Dichtheit konnten keine Erkundigungen eingeholt werden, da dieser durchgehend mit Mist abgedeckt war.

Im großen Stall des Wirtschaftstraktes waren Gänse eingesperrt, im Hofbereich befand sich eine Schar Wildenten. Eine Düngerlagerstätte konnte nicht vorgefunden werden, da (der Beschwerdeführer) bekannt gibt, die Einstreu auf seinen vorhandenen Misthaufen im Haus Nr. 3 zu verführen.

Im Hofbereich, welcher zur Gänze unbefestigt ist, befindet sich ein Regenwassereinlaufschacht, welcher jedoch ca. 5 cm über das umgebende Gelände hochgezogen ist, und dadurch fast keine Funktionsfähigkeit bezüglich der Oberflächenentwässerung aufweist.

Anzuführen ist jedoch, dass es dem Stand der Technik entspricht, das den Einlaufschacht umgebende Gelände so zu gestalten, sodass das Oberflächenwasser zum Schacht gelangt. Eine entsprechende Gestaltung der Oberfläche im Sinne des Standes der Technik kann aufgrund der örtlichen Verhältnisse in kürzester Zeit mit wenig Arbeitsaufwand erreicht werden. Bei einer derartigen Umgestaltung gelangt dann stark organisch belastetes Niederschlagswasser im Wege des gemeindeeigenen Regenwasserkanales in einen Vorfluter (S.-Graben).

Am heutigen Tage konnte jedoch keine nachteilige Auswirkung festgestellt werden, da wie oben erwähnt der Einlaufschacht über Gelände lag.

In der ehemaligen Futterkammer befindet sich ein Schachtbrunnen mit einer Entnahmepumpe. In dieser Futterkammer werden ebenfalls Tiere gehalten. Da die Brunnenabdeckung aus einem zweiteiligen Betondeckel besteht, durch welchen zusätzlich Rohrleitungen geführt werden und die Tiere direkt am Brunnendeckel ihre Notdurft verrichten, ist eine Grundwasserbeeinträchtigung gegeben. Der Grundwasserspiegel in diesem Brunnen befindet sich laut Aussage (des Beschwerdeführers) ca. 3-5 unter Gelände.

Generell ist zur vorgefundenen Tierhaltung anzuführen, dass augenscheinlich keine Ausscheidungsprodukte wahrnehmbar waren, da die anstehende Erde stark vernässt ist. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Tiere nicht nur in den Stallungen bzw. in der ehemaligen Wohnung und in der Futterkammer ihre Ausscheidungen vornehmen, sondern dass dies auf der unbefestigten Hoffläche stattfindet. Gemäß dem Aktionsprogramm Nitrat beträgt der jährlich abgegebene Stickstoffanfall pro Gans 0,29 kg, pro Ente 0,29 kg und pro Huhn 0,11 kg - 0,43 kg pro Jahr. Im Wasserrechtsgesetz unter § 32 wird festgehalten, dass eine Stickstoffaufbringung von 175 kg pro Hektar und Jahr auf Flächen ohne Gründeckung aufgebracht werden können.

Aufgrund der nicht eindeutig definierbaren Haltung der Tiere ist es schwer den eindeutigen nachvollziehbaren Nachweis für die tatsächlich aufgebrachte Stickstoffmenge im Außenbereich festzustellen, da die Tiere auch in Stallungen und Wohnungen gehalten werden bzw. gibt (der Beschwerdeführer) an, die Tiere gar nicht einmal ein ganzes Jahr zu besitzen.

Aus wasserbautechnischer Sicht ist aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der 175 kg pro Hektar und Jahr erreicht worden und begründet sich dies auch durch die schlampige und unordentliche Haltung der Tiere.

Hingewiesen wird, dass der Grundwasserspiegel im Bereich der Liegenschaft ca. 3-5 m unter Geländeoberkante liegt und ein Bewuchs auf der Freifläche (außer Obstbäumen) nicht wahrnehmbar war. Aufgrund des nicht vorhandenen Nährstoffentzuges und dem natürlichen Lauf der Dinge entsprechend bewirkt die heute vorgefundene Tierhaltung eine nachteilige Beeinträchtigung der Grundwasserqualität.

Zu Haus Nr. 3:

Im Haus Nr. 3 werden ebenfalls eine nicht genau bekannte Menge an Tieren gehalten. Am heutigen Ortaugenschein befanden sich diese hauptsächlich im Hofbereich (große Teile der Stallungen waren nicht besetzt). Die Hofflächen sind durch Betonformsteine sowie durch eine Betondecke versiegelt und wird das Niederschlagswasser über Kanaleinlaufschächte in den gemeindeigenen Regenwasserkanal eingeleitet. Bei einem Einlaufschacht befanden sich auffällig viele Brotreste, der zweite Einlaufschacht war am heutigen Tag verschlemmt.

Aus wasserbautechnischer Sicht ist zu den vorgefundenen Verhältnissen bei den Regenwasserkanaleinläufen anzuführen, dass aufgrund der heutigen Situation Schadstoffe im Wege des Regenwasserkanales in den Vorfluter gelangen können. Diese Schadstoffe überschreiten das Maß der Geringfügigkeit. Eine Bewilligungsfähigkeit unter Vorschreibung von Auflagen ergibt sich aus technischer Sicht nur dann, wenn die Tierhaltung im Hofbereich eingestellt wird."

In weiterer Folge erklärte der Amtssachverständige näher dargelegte Maßnahmen aus wasserbautechnischer Sicht für erforderlich.

Mit Bescheid vom erteilte die BH dem Beschwerdeführer einen wasserpolizeilichen Auftrag und verpflichtete ihn, bis spätestens folgende (vom Amtssachverständigen vorgeschlagene) Maßnahmen durchzuführen:

"1. Die bestehende Schachtabdeckung vom Brunnen auf dem Grundstück Nr. 121, KG H., Haus Nr. 5, ist

a) mit einem einteilig, dicht abschließenden Deckel zu versehen und ist

b)

der Brunnen zu reinigen und ist

c)

die Tierhaltung in der Futterkammer einzustellen.

2. Auf den Freiflächen der beiden Liegenschaften (…) ist eine Tierhaltung nur in der Form zulässig, sodass eine Stickstoffabgabe der Tiere von maximal 175 kg pro Hektar und Jahr erfolgt.

3. In den Hofflächen der beiden Liegenschaften (…) sind die Regenwasserkanäle so umzubauen, dass bei einer ordnungsgemäßen Tierhaltung im Freien keine Nährstoffe (Futtermittel, Einstreu und Ausscheidungen) in den gemeindeigenen Regenwasserkanal gelangen."

Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom , in welchem der gesamte Bescheid angefochten und die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtssachverständigen umfassend angezweifelt wurden; die Behörde gehe von einem "fiktiven Sachverhalt" aus.

Die belangte Behörde richtete zur Beurteilung der Grundwasserverunreinigung mit Schreiben vom Fragen an ihren wasserbautechnischen Amtssachverständigen, welche dieser mit Stellungnahme vom folgendermaßen beantwortete:

"Zu den einzelnen nachstehenden Fragestellungen der Behörde ergibt sich folgendes:

1) Kann anhand des im Verfahrensakt (…) vorhandenen Sachverhaltes und Befundes des Amtssachverständigen (…) ausgesagt werden, dass eine konkrete Gefahr für das Grundwasser besteht, d. h. nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Verunreinigung dessen zu rechnen ist?

Ja, nach dem natürlichen Lauf der Dinge ist hier schon aufgrund der erhöhten Nitratbelastung von einer Grundwassergefährdung auszugehen. Andere Eintragsstoffe, die sich aufgrund der bakteriologischen Belastung ergeben, sind hier noch gar nicht mitberücksichtigt. Die seitens des Amtssachverständigen in 1. Instanz für die Berechnung der Stickstoffbilanz in Rechnung gestellten Kennwerte bezüglich der Stickstoffausscheidung des Federviehs sind durchaus realistisch angenommen. Unter Berücksichtigung der Anzahl der Tiere ergibt sich sehr wohl bei der abgeschätzten Hoffläche, die sicher weit unter 1 ha liegt, eine Belastung von mehr als 175 kg Reinstickstoff pro Hektar und Jahr. Zudem steht das Grundwasser sehr seicht an, d.h. befindet sich offenbar nur wenige Meter unter dem Gelände. Eine Reduktion der Stickstoffbelastung durch die Boden- und Untergrundpassage ist praktisch vernachlässigbar.

2) Ist die Vorschreibung 1.a) und b) des angefochtenen Bescheides zur Vermeidung einer konkreten Grundwassergefährdung erforderlich?

Ja, auch der Aufsatz eines einteiligen dichten Deckels auf einen Schachtbrunnen ist erforderlich. Ebenso ist aufgrund der aufgetretenen Verunreinigungen die Reinigung des Brunnenschachtes notwendig. Darunter wird dem Stand der Technik entsprechend eine Desinfektion der Innenseite des Schachtes mit Hypochloridlauge verstanden.

Die unter 1a) und 1b) aufgetragenen Maßnahmen entsprechen jedenfalls dem Stand der Technik und verhindern einerseits das Eintreten von Verunreinigungen durch Tierausscheidungen direkt auf die Wasseroberfläche im Brunnen sowie andererseits eine weitere Verkeimung durch Verunreinigungen im Brunnenbauwerk selbst. Das heißt, Abdichtung mit dichtem einteiligen Deckel und Reinigung/Desinfektion eines Brunnens sind wirksame Maßnahmen zur Brunnensanierung.

3) Ist die Vorschreibung 2. für einen Fachmann ausreichend formuliert, sodass er weiß, wie diese Maßnahmen umzusetzen ist? Wenn nein, lässt sich diese präzisieren und wie?

Die Vorschreibung unter Punkt 2 ist absolut eindeutig für einen Fachmann. Aufgrund der zulässigen Stickstoffgabe von max. 175 kg pro ha und Jahr bei Flächen ohne Gründeckung gemäß WRG kann mittels "Schlussrechnung" unter Berücksichtigung der Fläche und des Federviehbestandes einfach rückgerechnet werden, ob dieser Wert eingehalten wird bzw. welche Bewirtschaftung oder Tierhaltung noch mit einem nachhaltigen Grundwasserschutz in Einklang wäre.

4) Zu Vorschreibung 3., wie 2).

Auch hier gilt - wie unter Punkt 2). bereits erwähnt-, dass eine konkrete Grundwassergefährdung zumindest dann anzunehmen ist, wenn die gesetzlich zulässige Stickstoffabgabe überschritten wird. Dies ist hier der Fall!

5) Ist der Befund des ASV in der mV am für eine fachliche Beurteilung hinsichtlich der oder zumindest einiger aufgetragener Maßnahmen ausreichend?

Aus fachlicher Sicht, ist der Befund des ASV 1. Instanz für eine Beurteilung ausreichend. Sämtliche für eine gutächterliche Beurteilung erforderlichen relevanten Angaben (über Anzahl der Tiere, Flächengröße, Beschreibung des Areals, Bodendeckung) sind dort enthalten.

Zusammenfassend ergibt sich daher aus fachlicher Sicht, dass alle aufgetragenen Maßnahmen im gewässerpolizeilichen Auftrag vom nachvollziehbar und für einen nachhaltigen Grundwasserschutz unbedingt erforderlich sind."

Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Spruchpunkt 2 des Bescheides der BH wurde folgendermaßen neu formuliert:

"Auf den Freiflächen der beiden Liegenschaften (…) ist dafür Sorge zu tragen, dass lediglich eine Stickstoffabgabe der Tiere von max. 175 kg pro ha und Jahr erfolgt."

Begründend kam die belangte Behörde zunächst zum Schluss, dass die beiden Amtssachverständigen ihre Schlussfolgerungen aufgrund der örtlichen Wahrnehmungen gezogen hätten; aufgrund ihrer Fachkenntnis sei ihnen eine Einschätzung derartiger Situationen auch möglich. Eine exakte Feststellung der Anzahl der auf dem Areal vorhandenen Tiere sei dazu nicht erforderlich. Ebenso wenig sei es erforderlich, eindeutig die tatsächlich aufgebrachte Stickstoffmenge im Außenbereich zu erheben, wenn der Amtssachverständige aufgrund seiner Fachkunde und Erfahrung eine Situation einschätze.

Zum Haus Nr. 3 erklärte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Ausführungen des erstinstanzlichen Amtssachverständigen, dass aufgrund der fachlichen Ausführungen bei einer derartigen Tierhaltung nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Grundwasserverunreinigung zu rechnen sei.

Das Gutachten des erstinstanzlichen Amtssachverständigen sei nachvollziehbar und hinreichend begründet, wie auch aus der Stellungnahme des zweitinstanzlichen Amtssachverständigen hervorgehe. Zur Entkräftung hätte es eines tauglichen Gegengutachtens bedurft. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung der BH anwesend gewesen sei und das Verhandlungsprotokoll unterfertigt habe. Die Zahl der Tiere sei aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung angenommen worden.

In weiterer Folge berechnete die belangte Behörde die jährliche Nitratbelastung (in kg) entsprechend der Anzahl der Tiere, die der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung vom zu Protokoll gegeben hatte (exklusive Tauben), und kam zu einer Nitratbelastung von 92,7 kg. Laut Verhandlungsprotokoll betrage die Gesamtfläche der beiden Liegenschaften 4.200 m2. Ausgehend von der höchstzulässigen Gesamtbelastung von 175 kg Nitrat sei der Grenzwert für die beiden Grundstücke mit 73,5 kg pro Jahr anzunehmen. Der Grenzwert gemäß § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 werde jedenfalls überschritten (ohne Berücksichtigung der Tauben).

Zu Spruchpunkt 1 a) heißt es weiter, dass auch eine zwischenzeitige Sanierung des Brunnendeckels nicht eine Behebung dieses Spruchpunktes rechtfertige. Spruchpunkt 1 c), mit dem die Einstellung der Tierhaltung in der Futterkammer verfügt worden sei, könne allerdings nicht nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 vorgeschrieben werden. Die Einstellung der Tierhaltung falle in den Anwendungsbereich des Tierschutzgesetzes; dieser Spruchpunkt sei daher aufzuheben und Spruchpunkt 2 sei ebenfalls dementsprechend umzuformulieren.

Zu Spruchpunkt 2 heißt es weiter, dass für die Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrages die Bestimmung des genauen Ausmaßes der Verunreinigung nicht notwendig wäre. Nicht nur die Unterlassung der Setzung von Maßnahmen im Fall einer bereits erfolgten Verunreinigung führe zur Anordnung der Maßnahmen, sondern bereits die Gefahr einer Gewässerverunreinigung. Aus den Gutachten der Amtssachverständigen sei eindeutig zu entnehmen, dass von der Gefahr einer Gewässerverunreinigung auszugehen sei und seien daher die Maßnahmen vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend und wendet sich dabei in erster Linie gegen die in Spruchpunkt 2 getroffene Vorschreibung. Er meint, mit Ausnahme der Meinung des Amtssachverständigen, wonach eine Grundwassergefährdung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" anzunehmen sei, könne nicht angenommen und vor allem nicht überprüft werden, ob und wann der Grenzwert tatsächlich überschritten werde. Die angenommene Überschreitung der Grenzwerte könne nur auf Grundstück Haus Nr. 5 eintreten, weil das Grundstück Haus Nr. 3 keine unbefestigten Flächen aufweise.

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit meint er, eine Überprüfung der Grenzwertüberschreitung sei nicht möglich, "solange nicht angenommen werden könne, wie viel des gehaltenen Geflügels den Kot auf dem unbefestigten Grundstück Haus Nr. 5 ablasse." Die Auflistung der Nitratbelastung durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ginge von der gesamten Geflügelzahl und der Gesamtfläche beider Grundstücke aus und erreiche nur dadurch den kritischen Belastungswert. Sie sei also unrichtig angenommen worden. Die mit Bescheid vom vorgeschriebenen Maßnahmen erwiesen sich daher als ungeeignet, um eine Grundwassergefährdung zu verhindern. Es hätte entweder die Begrünung der Freifläche des Grundstückes Nr. 121 oder dessen Befestigung aufgetragen werden müssen, oder auch eine Beschränkung der Geflügelhaltung nach der Zahl und nicht nach der theoretisch errechenbaren Nitratbelastung für die Gesamtgeflügelanzahl auf beiden Grundstücken, welche ohnehin zum Großteil befestigt seien.

2. Die unter Spruchpunkt 2 ausgesprochene Verpflichtung des Beschwerdeführers stützt sich auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 lit. f leg. cit. Diese Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

a)

c)

Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

d)

...

f)

das Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Stickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Stickstoff je Hektar und Jahr übersteigt. Dabei ist jene Menge an Stickstoff in feldfallender Wirkung anzurechnen, die gemäß einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen § 55p) in zulässiger Weise durch Wirtschaftsdünger ausgebracht wird.

(3) …

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) …"

Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hiebei kann es sich um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom , 97/07/0054, und vom , 98/07/0004).

Die belangte Behörde ging nach dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides von einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht des auf den Grundstücken des Beschwerdeführers vorgefundenen Zustandes nach § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 aus und stützte sich diesbezüglich auf die Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen. Spruchpunkt 2 bezieht sich seinem Wortlaut nach auf die "Freiflächen" der Grundstücke, worunter offenbar deren nicht bebaute Flächen zu verstehen sind, und begrenzt die dortige Tierhaltung mit dem in § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 zitierten Grenzwert.

Diese Bestimmung hat den Schutz des Grundwassers vor Stickstoffeintrag vor Augen und legt ab einer bestimmten Mengenschwelle eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht ausdrücklich fest (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0153).

2.1. In diesem Zusammenhang ist aber der Beschwerdeeinwand von Bedeutung, wonach auf dem Grundstück Haus Nr. 3 gar keine unbefestigten Flächen bestünden. Diese Behauptung deckt sich mit der Feststellung im Gutachten des erstinstanzlichen Sachverständigen, der von der Hoffläche des Grundstückes Haus Nr. 3 als einer Fläche spricht, die durch Betonformsteine sowie eine Betondecke versiegelt ist. Dementsprechend sah er ein Gefährdungspotential der dort vorgefundenen Tierhaltung nicht für das Grundwasser sondern - wegen der festgestellten Verschmutzung des Einlaufschachtes - für den Regenwasserkanal und in weiterer Folge für den Vorfluter.

§ 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 spricht nun vom "Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung." Zwar weisen die versiegelten Freiflächen des Hauses Nr. 3 auch keine Gründeckung auf, sie stellen aber zweifelsfrei keine landwirtschaftlichen Nutzflächen dar, die gedüngt werden. Schon deshalb lässt sich in Bezug auf den Zustand auf diesem Grundstück keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht aus § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 ableiten.

Insoweit sich der in Spruchpunkt 2 ausgesprochene wasserpolizeiliche Auftrag daher auf die Freiflächen der Liegenschaft Haus Nr. 3 bezog, erweist er sich als inhaltlich rechtswidrig.

2.2. Soweit sich der wasserpolizeiliche Auftrag auf Haus Nr. 5 und die dort vorhandenen unversiegelten Freiflächen bezieht, gingen die Sachverständigen tatsächlich von einer dadurch bewirkten Gefährdung des Grundwassers aus.

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass es sich bei diesen Freiflächen um landwirtschaftliche Nutzflächen im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 handelt. Er rügt, dass die tatsächliche Besatzstärke durch die Tiere und damit der tatsächliche Stickstoffeintrag nicht festständen; zudem sei zwar eine Vernässung der Erde festgestellt worden, aber keine Ausscheidungsprodukte der Tiere.

Die beigezogenen Sachverständigen orientierten sich bei ihren Berechnungen zum einen an den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf die Anzahl der insgesamt gehaltenen Tiere, wobei die ca. 120 Tauben nicht miteinberechnet wurden; zum anderen lag ihrer fachlichen Einschätzung die Beurteilung der vom Amtssachverständigen der Erstinstanz vorgefundenen konkreten Situation auf dem Grundstück zu Grunde. So hat der Amtssachverständige der Erstinstanz in Bezug auf die Haltung der Tiere auf unbefestigten Grundflächen allein des Hauses Nr. 5 ausdrücklich eine Beeinträchtigung des Grundwassers aus fachlicher Sicht festgestellt, und zwar vor dem Hintergrund der damals dort vorhandenen Anzahl der Tiere.

§ 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 spricht von der "Ausbringung von Dünger" und statuiert ab der Überschreitung des dort genannten Schwellenwertes eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht.

Dass dieser Tatbestand im Bereich des Hauses Nr. 5 gegeben wäre, ergibt sich aber ebenfalls nicht aus den Feststellungen des Amtssachverständigen. Demnach waren im Hofbereich keine Ausscheidungsprodukte sichtbar, festgestellt wurde lediglich die Vernässung des Bodens. Es wurde keine Düngerstätte vorgefunden, dies wegen der Verführung der Einstreu zum Misthaufen im Haus Nr. 3.

Es kann aber dahinstehen, ob die Vernässung des Bodens (und die dadurch eingetretene Kontamination) überhaupt als Aufbringung bzw. als Ausbringung von Düngemitteln oder als Maßnahme, die zu einer dieser gleichzuhaltenden punktuellen Belastung des Bodens über dem im Gesetz festgelegten Grenzwertes an Reinstickstoff/ha führt (vgl. zu letzterem das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0153), anzusehen ist oder nicht.

Selbst wenn dies so wäre und damit die Genehmigungspflicht nach § 32 Abs. 2 lit. f WRG 1959 vorläge, erwiese sich dieser Teil des Spruchpunktes 2 als rechtswidrig, weil der Berechnung der Überschreitung des Schwellenwerts erkennbar die in beiden Häusern insgesamt gehaltene Tierzahl und die Gesamtfläche beider Grundstücke zu Grunde liegt, sodass eine nachvollziehbare Berechnung der Belastung allein der Freiflächen des Hauses Nr. 5 durch die gehaltenen Tiere fehlt.

Insofern leidet der angefochtene Bescheid jedenfalls an einem Begründungsmangel, weshalb sich auch der auf das Grundstück Haus Nr. 5 bezogene Teil des Spruchpunktes 2 als rechtswidrig erweist.

3.1. Nach § 59 Abs. 2 AVG hat die Behörde dann, wenn die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung zu bestimmen. Im erstinstanzlichen wasserpolizeilichen Auftrag findet sich als Ende der Erfüllungsfrist der . Dieser Zeitpunkt war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides aber bereits verstrichen.

Die belangte Behörde machte durch die Abweisung der Berufung auch diese Erfüllungsfrist zum Gegenstand ihres Bescheides; sie unterließ eine den Vorgaben des § 59 Abs. 2 AVG entsprechend Anpassung der Frist. Diese Versäumnis trifft alle Spruchpunkte.

3.2. Hinzuweisen ist noch darauf, dass sich der angefochtene Bescheid zudem in Bezug auf Spruchpunkt 1 c) als in sich widersprüchlich erweist. Wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch davon gesprochen, dass dieser Spruchpunkt mangels Deckung im WRG 1959 aufzuheben sei, so findet sich ein solcher Ausspruch nicht im Spruch des Bescheides.

4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

5. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Zur Abweisung des Mehrbegehrens ist auf diese Verordnung und die dort geregelten Pauschbeträge zu verweisen, in denen auch die Umsatzsteuer schon enthalten ist.

Wien, am

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VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs2 litf;
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Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2013070077.X00
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Fundstelle(n):
GAAAE-80790