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VwGH vom 20.03.2009, 2008/17/0212

VwGH vom 20.03.2009, 2008/17/0212

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/17/0217 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des K L in S, vertreten durch Zauner & Mühlböck, Rechtsanwälte KG in 4010 Linz, Graben 21, gegen die Bundesministerin für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Antragspunkte 1 bis 5 zurückgewiesen;

2. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zu Recht erkannt:

Im Übrigen (sohin im Umfang des Antragspunktes 6) wird der Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

3. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Antrag vom an die belangte Behörde begehrt, diese möge

1. eine Volksabstimmung über den Abschluss des "EU-Reformvertrages" anordnen;

2. feststellen, dass für die Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" ("Vertrag von Lissabon") die Abhaltung einer Volksabstimmung gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG rechtlich geboten sei;

3. feststellen, dass der Antragsteller (Beschwerdeführer) ein Recht darauf habe, an der gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG obligatorisch abzuhaltenden Volksabstimmung über die Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" teilzunehmen und sein Stimmrecht dabei frei auszuüben;

4. feststellen, dass bei Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" ohne Abhaltung einer Volksabstimmung der Antragsteller (Beschwerdeführer)


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a)
keiner weiteren Wehrpflicht unterliege, in eventu
b)
im Falle einer Einberufung zu Einsätzen des österreichischen Bundesheeres, zu denen Österreich auf Grund des "EU-Reformvertrages" verpflichtet ist, nicht verpflichtet sei, dieser Folge zu leisten;
5. feststellen, dass bei Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" ohne Abhaltung einer Volksabstimmung
a) die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen
aa)
in Österreich, in eventu
bb)
in der Gemeinde des Antragstellers
unzulässig sei; sowie
b) das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln mit der Kennzeichnung "gentechnikfrei" nur zulässig sei, wenn diese Lebensmittel zur Gänze (und nicht nur zu 99,1 %) gentechnikfrei sind;
6. feststellen, dass bei Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" ohne Abhaltung einer Volksabstimmung
a) die Kriterien für Beschlüsse, durch die der Antragsteller (Beschwerdeführer) restriktiven Maßnahmen unterworfen wird, gemäß der dem Vertrag angeschlossenen 13. Erklärung
aa)
auf die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten sowie
bb)
nicht auf die restriktiven Maßnahmen zugeschnitten sein müssen; sowie
b) der tödliche Schusswaffengebrauch gegenüber dem Antragsteller (auch) bei dessen Teilnahme an Versammlungen unerlaubt sei.
Mit seiner am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde begehrt der Beschwerdeführer, der Verwaltungsgerichtshof möge in Stattgebung der Beschwerde in der Sache selbst erkennen und die eingangs angeführten Anordnungen bzw. Feststellungen treffen.
Damit gleicht aber der vorliegende Beschwerdefall hinsichtlich der Punkte 1 bis 5 sowohl im maßgebenden Sachverhalt wie auch in der Rechtslage demjenigen, über den der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. 2008/17/0211, entschieden hat. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher auch im hier zu entscheidenden Beschwerdefall zur Ansicht, dass eine Säumnis der belangten Behörde nicht vorlag, weshalb die Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung insoweit mit Beschluss zurückzuweisen war.
Hinsichtlich des Antragspunktes 6 ergibt sich aus der diesbezüglichen Begründung des Beschwerdeführers, dass er hier insgesamt von einer Einschränkung seines demokratischen Grundrechts auf Versammlungsfreiheit ausgeht.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde verweist der Antrag - zutreffend - auf den engsten sachlichen Zusammenhang mit dem (jeweiligen) Wirkungsbereich und darauf, dass die belangte Behörde auch die sicherheitsrechtlichen Belange wahrzunehmen habe. Von daher richtete sich der Antrag in diesem Punkt an die zuständige Behörde. Als Antrag auf Feststellung einer (wenn auch erst nach Inkrafttreten eines Staatsvertrages entstehenden) Rechtslage war der Antrag im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch geeignet, eine Entscheidungspflicht auszulösen, zumal im Falle der Unzulässigkeit der Feststellung mit Zurückweisung vorzugehen gewesen wäre, mit welcher die belangte Behörde säumig war:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0011) sind nicht nur die Verwaltungsbehörden von Amts wegen berechtigt, außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes bestimmen; auch der Partei des Verwaltungsverfahrens kommt unter der zuletzt genannten Voraussetzung die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse setzt voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen.
Die Parteien haben somit - auch ohne eine dem § 228 ZPO vergleichbare allgemeine Regelung im Verwaltungsverfahrensrecht - die Berechtigung, eine bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall ein notwendiges Mittel ihrer Rechtsverteidigung ist.
Als unzulässig hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN) es daher insbesondere angesehen, Vorfragen, die in einem anderen Verfahren zu lösen wäre, zum Gegenstand einer selbständigen Feststellungsentscheidung zu machen. Unzulässig sind insbesondere auch abstrakt gehaltene zukunftsgerichtete Feststellungsanträge, die einem Rechtsgutachten nahe kommen. Gerade um ein derartiges Begehren handelt es sich jedoch bei den vorliegenden Feststellungsanträgen (Punkt 6 des Antrages vom ). Dies folgt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schon daraus, dass die (behaupteten) Einschränkungen der Versammlungsfreiheit als Folge des "EU-Reformvertrages" einen konkreten Bezug zu einer möglichen aktuellen Verletzung des Beschwerdeführers in subjektivöffentlichen Rechten vermissen lassen und darüber hinaus eine Vorfrage (nämlich die Notwendigkeit der Abhaltung einer Volksabstimmung) in den Gegenstand der Feststellung miteinbezogen wird, die als solche nicht von der belangten Behörde zu lösen wäre.
Aus diesen Erwägungen war daher der vorliegende Antrag im spruchgemäßen Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am