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VwGH vom 25.02.2016, 2013/07/0059

VwGH vom 25.02.2016, 2013/07/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der R Ö (Ö) in P, vertreten durch die Österreichische Bundesforste AG, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA10A-LAS16A5/2011-5, betreffend Einforstungsrechte (mitbeteiligte Parteien: 1. O M, 2. J M, beide in B A, und 3. R A in P), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit deren Antrag auf Ablösung von Einforstungsrechten wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit am bei der Agrarbezirksbehörde für Steiermark, Dienststelle S (im Folgenden: ABB) eingelangter Eingabe beantragte die drittmitbeteiligte Partei die Übertragung des mit der im Eigentum der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien stehenden Liegenschaft EZ 161 (richtig wohl: EZ 169) GB B A verbundenen Holzbezugsrechtes auf ihre Liegenschaft EZ 250 GB P. Die Beschwerdeführerin ist hinsichtlich dieses Holzbezugsrechtes verpflichtete Partei.

2 Ein mit der Angelegenheit befasster agrartechnischer Amtssachverständiger hielt in seinem Gutachten vom zunächst fest, dass laut dem Regulierungsvergleich Nr. 190 vom 26. April 1872 mit der genannten Liegenschaft EZ 169 Brenn-, Bau-, Zaun- und Zeugholzbezugsrechte verbunden seien, wobei im Jahr 1958 Gewerbeholz in einem näher genannten Umfang abgelöst worden sei. Als Kaufpreis für die nun begehrte Übertragung des bestehenden Holzbezugsrechtes auf die Liegenschaft EZ 250 der drittmitbeteiligten Partei sei der Betrag von EUR 55.000,-- bekanntgegeben worden. Das mit der Verkaufsliegenschaft ebenso verbundene Elementarholzbezugsrecht werde gesondert behandelt.

3 Der landwirtschaftliche Erwerbsbetrieb der drittmitbeteiligten Partei weise ein Ausmaß von rund 30,87 ha auf und werde bei einem Viehstand von rund 70 Stück ausgerichtet auf Mutterkuhhaltung bewirtschaftet. Mit dieser Liegenschaft sei bereits ein Holz- und Streubezugsrecht gemäß dem Regulierungsvergleich Nr. 269 vom 30. Mai 1873 verbunden, das Brennholz, Brennholz hart, Zeugholz und Streu beinhalte.

4 Für die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien hätten die in Rede stehenden Holzbezugsrechte keine große Bedeutung mehr, weil ihr Haus seit vielen Jahren mit Öl beheizt werde. Es seien keine Maschinen und Geräte zur Erzeugung des Brenn- und Nutzholzes vorhanden und der Erstmitbeteiligte sei auch nicht in der Lage, das Holz selbst zu werben. Für den bäuerlichen Betrieb der drittmitbeteiligten Partei stelle diese Aufstockung der Holzbezugsrechte eine wertvolle Bereicherung dar. Der große Holzbedarf, im Speziellen der Brennholzbedarf der Liegenschaft, werde dadurch besser gedeckt, zumal das Wohnhaus ausschließlich mit Holz beheizt werde. Aus agrartechnischer Sicht bestünden gegen die Übertragung der Holzbezugsrechte keine Bedenken.

5 Am schlossen die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien sowie die drittmitbeteiligte Partei vor der ABB ein Übereinkommen über die Übertragung der Einforstungsrechte von der Liegenschaft EZ 169 auf die Liegenschaft EZ 250 zu einem Preis von EUR 40.000,--. Darüber hinaus "beantragte" die drittmitbeteiligte Partei die Ablösung der Elementarholzrechte in Geld "von Amts wegen".

6 In einer ebenfalls am von der ABB aufgenommenen Niederschrift sprach sich die Beschwerdeführerin gegen die beantragte Einforstungsrechtsübertragung aus. Die Übertragung von einem gewerbeholzbezugsberechtigten Bürgerhaus auf eine landwirtschaftliche Liegenschaft werde grundsätzlich abgelehnt und widerspreche den landeskulturellen Interessen. Durch die Übertragung würde das gegenständliche Holzbezugsrecht von der Einforstungsgruppe B A auf die Einforstungsgruppe B M übergehen, was zu einer Erschwernis in der Wirtschaftsführung durch die Beschwerdeführerin als verpflichtete Partei führe. Auf Grund der Eigenwaldausstattung der Liegenschaft der drittmitbeteiligten Partei und der bereits bestehenden Holzeinforstung widerspreche die beantragte Übertragung den wirtschaftlichen Bedürfnissen des verpflichteten Gutes. Ergänzend werde festgestellt, dass von der Familie der drittmitbeteiligten Partei die Verpflichtungen einer berechtigten Partei durch den Erwerb eines zusätzlichen Holzbezugsrechtes nicht wahrgenommen werden könnten (z.B. fristgemäße Aufarbeitung und Werbung der Jahresgebühr). Die Beschwerdeführerin beantragte in dieser Niederschrift die Ablösung des Holzbezugsrechtes der Liegenschaft EZ 169 in Geld.

7 Mit Bescheid vom leitete die ABB hinsichtlich der mit der Liegenschaft EZ 169 verbundenen Einforstungsrechte (jedoch nur hinsichtlich der Elementarholzbezugsberechtigung) das Einforstungsverfahren ein.

8 Mit Bescheid vom genehmigte die ABB gemäß § 5 Abs. 1, 2 und 3 und § 48 Abs. 2 Steiermärkisches Einforstungs-Landesgesetz 1983 (StELG 1983) das von der drittmitbeteiligten Partei und den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien abgeschlossene Übereinkommen betreffend die Übertragung des urkundlichen Holzbezugsrechtes (mit Ausnahme des Elementarholzbezugsrechtes). Ferner wurde gemäß §§ 13, 34 und 35 StELG 1983 die Ablöse des mit der Liegenschaft EZ 169 verbundenen Elementarholzbezugsrechtes in Geld verfügt.

9 In ihrer rechtlichen Begründung hielt die ABB fest, es seien im Ermittlungsverfahren keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass die Übertragung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt worden sei. Auch eine Rechtszersplitterung und eine damit verbundene Erschwernis in der Wirtschaftsführung der Beschwerdeführerin als verpflichtete Partei seien nicht gegeben, weil von Amts wegen verfügt worden sei, dass das nicht mitzuübertragende Elementarholzbezugsrecht der Liegenschaft EZ 196 durch die Beschwerdeführerin wegen dauernder Entbehrlichkeit in Geld abzulösen sei. Die gegenständliche Holzbezugsrechtsübertragung entspreche zweifellos den Bedürfnissen des bisher berechtigten Gutes. Darüber hinaus stelle für den bäuerlichen Betrieb der Übertragungswerberin (der drittmitbeteiligten Partei) die gegenständliche Aufstockung der Holzbezugsrechte eine wertvolle Bereicherung dar. Der große Holzbedarf, insbesondere der Brennholzbedarf der Liegenschaft werde dadurch besser gedeckt, zumal das Wohnhaus ausschließlich mit Holz beheizt werde. Nicht nachvollziehbar sei der unbegründete Einwand der Beschwerdeführerin, dass die gegenständliche Übertragung den landeskulturellen Interessen wiederspräche.

10 Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen.

11 In ihren Erwägungen führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung sei die Übertragung von Einforstungsrechten ohne Zustimmung der Verpflichteten gemäß § 5 Abs. 3 StELG 1983. Das Berufungsrecht fließe unmittelbar aus der Parteistellung. Es sei daher zu klären, ob der Verpflichteten in einem Verfahren gemäß § 5 Abs. 3 StELG 1983, in dem sie nach dem Wortlaut der Bestimmung bloß anzuhören sei, Parteistellung zukomme und demnach ihre Berufung zulässig sei.

12 Aus diesem Anhörungsrecht allein könne nicht geschlossen werden, dass der Verpflichteten auch ein Recht, Berufung zu erheben, zukomme.

13 Die Behörde habe zu prüfen, ob die in § 5 Abs. 2 StELG 1983 angeführten Versagungsgründe vorliegen. Diese Versagungsgründe dienten dem Schutz des öffentlichen Interesses an einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft. Der gesetzlich verankerte Schutz öffentlicher Interessen räume aber niemandem ein subjektives Recht auf dessen Durchsetzung ein; die Wahrung dieser Interessen sei vielmehr ausschließlich den damit befassten Behörden überantwortet.

14 Soweit sich die Berufung gegen die Übertragung von Einforstungsrechten von einem sogenannten Markthaus auf eine landwirtschaftliche Liegenschaft richte, weil dem Vorschriften des Gesetzes entgegenstünden oder die Erwerberin gar keinen wirtschaftlichen Bedarf an Einforstungsrechten habe, sei sie unzulässig. Daran ändere auch § 50 StELG 1983 nichts, wonach im Einforstungsverfahren auch die Eigentümer der verpflichteten Liegenschaften Parteistellung haben. Sofern diese Bestimmung überhaupt Parteistellung der Verpflichteten für den hier maßgeblichen Fall begründe, hebe die Einräumung bloß eines Anhörungsrechtes als speziellere Regel § 50 StELG 1983 insoweit auf.

15 In einem ähnlich gelagerten Verfahren betreffend die Absonderung von Holzbezugsrechten von einer Markthausliegenschaft habe die belangte Behörde der verpflichteten Beschwerdeführerin Parteistellung und damit das Berufungsrecht aus dem Grunde zuerkannt, weil dort auch Elementarholzbezugsrechte mitübertragen hätten werden sollen. Durch die dann fehlende Bestimmungsmöglichkeit des Höchstausmaßes der Elementarholzgebühr hätte die Beschwerdeführerin in ihren subjektiv-öffentlichen Interessen beeinträchtigt sein können, dass eine Schmälerung oder Erweiterung der urkundlich festgelegten Rechte nicht eintreten dürfe.

16 Die belangte Behörde gehe davon aus, "dass, indem die Übertragung verfügt wurde, mit dem (erstinstanzlichen) Bescheid auch der im laufenden Verfahren gestellte Antrag der (Beschwerdeführerin) auf Ablösung der Holzbezugsrechte in Geld als miterledigt anzusehen ist".

17 Als Antragstellerin komme der Beschwerdeführerin hinsichtlich der begehrten Ablöse in Geld jedenfalls gemäß § 8 AVG iVm § 1 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG 1950) Parteistellung und damit das Berufungsrecht zu. Die Berufungsvorbringen, dass die ABB ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, weil sie den Übertragungsantrag vor dem Ablöseantrag der Beschwerdeführerin behandelt habe, seien jedoch unbegründet. Aus der Niederschrift gehe nämlich hervor, dass die Beschwerdeführerin erst die Zustimmung zur Übertragung verweigert und dann "unter einem" die Ablösung des Holzbezugsrechtes in Geld beantragt habe. In dieser Lage sei es der ABB aber verwehrt, Ermessen zu üben, weil die ABB als Bodenreformbehörde bereits initiativ geworden sei, indem sie die Parteienvereinbarung aufgenommen habe. Diese Initiative habe sie durch eine Entscheidung gemäß § 5 Abs. 1 StELG 1983 auch abzuschließen, um den Zweck der Bodenreformgesetzgebung der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft im öffentlichen Interesse zu erreichen. Die ABB sei also bei diesem Verfahrensstand verpflichtet gewesen, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Übertragung des Nutzungsrechtes auf Grund des Antrages des Berechtigten zu verfügen, wie er Punkt 6. des Übereinkommens zu entnehmen sei. Die zurückweisende Miterledigung des Antrages auf Ablöse in Geld ergebe sich daher aus dem Wegfall des Vertragsgegenstandes bei der berechtigten Liegenschaft der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien. Die Berufung sei daher als unbegründet abzuweisen.

18 Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 167/12-6, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

19 In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

20 Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

21 Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

23 In der Beschwerde wird vorgebracht, die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin komme im agrarbehördlichen Verfahren betreffend die Übertragung von Einforstungsrechten keine Parteistellung, sondern lediglich ein Anhörungsrecht zu, sei verfehlt und stehe auch nicht im Einklang mit dem Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (im Folgenden: WWSGG 1951). Auch unter Heranziehung der entsprechenden, in der Beschwerde näher dargestellten Regelungen des Oberösterreichischen Einforstungsrechtegesetzes 2007 und der diesbezüglichen Erläuterungen ergebe sich, dass die Eigentümer der belasteten Liegenschaft zwingend in einem Verfahren nach § 5 Abs. 3 StELG 1983 Parteistellung hätten. Diese Parteistellung ergebe sich im vorliegenden Fall ausdrücklich aus § 8 AVG iVm § 50 StELG 1983. Der Eigentümerin der verpflichteten Liegenschaft komme nicht nur dann ein Berufungsrecht zu, wenn es um die Übertragung von Elementarholzbezugsrechten gehe, sondern sie habe Parteistellung in allen Verfahren nach dem StELG 1983.

24 Die belangte Behörde habe sich im Spruch ihres Bescheides überdies im Ausdruck vergriffen, weil sie die Berufung als unbegründet abgewiesen, jedoch über die Berufung gar nicht meritorisch entschieden habe.

25 Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin gestellten Ablösungsantrages der Nutzungsrechte in Geld habe die belangte Behörde eine Sachentscheidung verweigert. Keinesfalls könne in jeder Übertragung von Holzbezugsrechten an sich bereits ein "wirtschaftlicher Grund" (im Sinn des § 5 Abs. 2 StELG 1983) erblickt werden. Die erst- und zweitinstanzlichen Behörden hätten es gänzlich unterlassen, die dauernde Entbehrlichkeit der Holzbezugsrechte zu prüfen und über den Ablösungsantrag zu entscheiden. Da die drittmitbeteiligte Partei die Übertragung der Holznutzungsrechte offensichtlich aus einem anderen als einen wirtschaftlichen Grund anstrebe, wären die agrarbehördliche Bewilligung der Übertragung zu versagen und die Einforstungsrechte auf Grund der dauernden Entbehrlichkeit in Geld abzulösen gewesen. Der gegenständliche Sachverhalt lasse den Schluss zu, dass die Einforstungsrechte von den mitbeteiligten Parteien als Handelsware betrachtet würden, zumal die derzeit berechtigte Liegenschaft der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die Einforstungsrechte gar nicht mehr bzw. nicht in diesem Ausmaß benötige, die Liegenschaft der drittmitbeteiligten Partei ebenfalls keine zusätzlichen Einforstungsrechte brauche, jedoch ein Kaufpreis von EUR 55.000,-- bzw. EUR 40.000,-- vereinbart worden sei.

26 Entgegen der von der belangten Behörde vorgenommenen Prioritätenreihung und den diesbezüglichen begründenden Ausführungen wäre die belangte Behörde sehr wohl verpflichtet gewesen, sich mit den Argumenten der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen und über den Ablösungsantrag zu entscheiden. Folgte man der belangten Behörde, müsste die Beschwerdeführerin, um überhaupt noch die Möglichkeit einer Ablösung von Nutzungsrechten zu erhalten und um allfälligen Übertragungen von Holzbezugsrechten zuvorzukommen, hinsichtlich sämtlicher Holznutzungsrechte im Land Steiermark zur Sicherheit einen Ablösungsantrag stellen.

27 Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses lasse erkennen, dass sich die zurückweisende Miterledigung des Antrages auf Ablöse in Geld aus dem Wegfall des Vertragsgegenstandes bei der berechtigten Liegenschaft der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien ergebe. Von einer Miterledigung des Antrages auf Ablöse in Geld durch die belangte Behörde könne jedoch keine Rede sein.

28 Das StELG 1983, LGBl. Nr. 1/1983 idF LGBl. Nr. 84/2008, lautet auszugsweise:

" Veränderung von Nutzungsrechten

§ 5

(1) Vereinbarungen über rechtliche Veränderungen an den Nutzungsrechten, insbesondere über die gänzliche oder teilweise Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere oder von der verpflichteten Liegenschaft auf eine andere, sowie über die Löschung bücherlich eingetragener Nutzungsrechte bedürfen der Bewilligung der Agrarbehörde.

(2) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn der beabsichtigten Änderung Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen, insbesondere wenn mit Grund angenommen werden kann, dass die Änderung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt wird. Die teilweise Übertragung eines Nutzungsrechtes von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere darf weiters nicht bewilligt werden, wenn die Übertragung zu einer unwirtschaftlichen Rechtszersplitterung führt oder eine unverhältnismäßige Erschwernis in der Wirtschaftsführung des Verpflichteten nach sich zieht. Die Übertragung des Nutzungsrechtes von einer verpflichteten Liegenschaft auf eine andere ist nicht zuzulassen, wenn diese eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechtes als die bisher verpflichtete Liegenschaft bietet oder die Nutzung dadurch wesentlich erschwert würde.

(3) Stimmt der Verpflichtete einer gänzlichen oder teilweisen Übertragung eines Nutzungsrechtes von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere nicht zu, so kann die Agrarbehörde auf Antrag des Berechtigten nach Anhörung des Verpflichteten derartige Veränderungen durch Bescheid verfügen, wenn die im Abs. 2 angeführten Versagungsgründe nicht vorliegen.

Voraussetzungen und Formen der Ablösung § 26

(1) Die Ablösung kann durch Abtretung von Grund oder von Anteilsrechten des Verpflichteten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder durch Zahlung eines Ablösungskapitals erfolgen. Die Ablösung ist unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet werden oder wenn sie übereinstimmend vom Berechtigten und Verpflichteten abgelehnt wird.

(...)

Ablösung in Geld; Zulässigkeit

§ 34

Die Ablösung der Nutzungsrechte in Geld ist nur dann

zulässig, wenn und insoweit

(...)

2. die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind;

(...)

Zuständigkeit der Agrarbehörden

§ 48

(...)

(2) Die Agrarbehörden entscheiden auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluss des Rechtsweges über die Frage des Bestandes und Umfanges von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind.

(...)

§ 49

(1) Die Einleitung und der Abschluss des Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung sind durch Bescheid auszusprechen; der Eintritt der Rechtskraft dieser Bescheide ist kundzumachen. Die Einleitung und der Abschluss des Verfahrens sind jedenfalls den zuständigen Grundbuchsgerichten und den Bezirksverwaltungsbehörden mitzuteilen. Diese Einleitung erfolgt allgemein als Einforstungsverfahren. Ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, wird von der Agrarbehörde auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen bestimmt.

(...)

Parteien und Beteiligte

§ 50

(1) Die Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften sind Parteien.

(...)"

29 Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom lagen der ABB einerseits der Antrag der drittmitbeteiligten Partei auf Übertragung des mit der Liegenschaft EZ 169 verbundenen Holzbezugsrechtes auf die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft EZ 250 und ein diesbezüglich zwischen den mitbeteiligten Parteien am abgeschlossenes Übereinkommen, andererseits ein Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Ablösung des in Rede stehenden Holzbezugsrechtes in Geld vor.

30 Das StELG 1983 enthält keine ausdrückliche Bestimmung, der zufolge die Agrarbehörde in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bei ihr zwei miteinander im Widerstreit stehende Anträge gestellt worden sind, gehalten wäre, vorerst über den Ablösungsantrag oder über beide Anträge in einem einheitlichen Verfahren gemeinsam zu entscheiden. Vielmehr eröffnet das StELG 1983 der Behörde die Möglichkeit, die Reihenfolge, in der sie die beiden Anträge zu entscheiden beabsichtigt, selbst zu bestimmen. Ebenso bleibt es ihr überlassen, ob sie ihre Entscheidung über die beiden widerstreitenden Anträge in einem einzuleitenden, einheitlichen, das betreffende Nutzungsrecht (neu) regulierenden oder dessen Ablösung dienenden Servitutenverfahren trifft, mag diese Variante gegebenenfalls auch dem Sinn des Gesetzes am ehesten entsprechen (vgl. dazu die zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 87/07/0072, und vom , 96/07/0215).

31 Nicht zu folgen ist jedoch der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht, der ABB sei es im vorliegenden Verfahren verwehrt gewesen, Ermessen zu üben, weil sie als Bodenreformbehörde bereits initiativ geworden sei, indem sie die Parteienvereinbarung der mitbeteiligten Parteien aufgenommen habe, und sie diese Initiative auch abzuschließen habe, um den Zweck der Bodenreformgesetzgebung zu erreichen. Vielmehr handelt es sich bei der Gebrauchnahme bzw. Nichtgebrauchnahme von den bezeichneten Möglichkeiten (der Reihenfolge über die Entscheidung über die vorliegenden Anträge) um die Ausübung von Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG. Wenn das Gesetz der Behörde freies Ermessen einräumt, darf sie vom Ermessen nur im Sinne des Gesetzes Gebrauch machen, wobei dem Verwaltungsgerichtshof bei Ermessensbescheiden die Prüfung obliegt, ob der Behörde Ermessensfehler unterlaufen sind, aber auch, ob die Behörde die gesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften eingehalten hat, insbesondere ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist (vgl. dazu erneut die beiden zitierten Erkenntnisse vom , 87/07/0072, und vom , 96/07/0215).

32 Der aus dem StELG 1983 hervorgehende, für Änderungen von Nutzungsrechten maßgebliche Sinn des Gesetzes kann dahingehend zusammengefasst werden, dass jede Rechtsänderung die bestmögliche, Interessen der Landeskultur und der Volkswirtschaft berücksichtigende Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Bedürfnisse der jeweils berechtigten und verpflichteten Liegenschaft zum Ziel hat (vgl. etwa § 5 Abs. 2 und 3, § 14 Abs. 2, § 26 Abs. 1 und § 51 Abs. 2 StELG 1983; vgl. ferner nochmals das zum Tiroler WWSG ergangene Erkenntnis 87/07/0072).

33 Dass im erstinstanzlichen oder im angefochtenen Bescheid eine am dargelegten Sinn des Gesetzes orientierte Ermessensausübung erfolgt wäre, ist nicht zu erkennen. Die belangte Behörde geht - wie dargelegt - von vornherein von der unrichtigen Rechtsansicht aus, dass es der ABB sogar verwehrt gewesen sei, Ermessen zu üben. Ihre begründenden Ausführungen, die ABB habe zunächst die "Initiative" im Zusammenhang mit der von ihr aufgenommenen Parteienvereinbarung abzuschließen gehabt, um den Zweck der Bodenreformgesetzgebung der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft im öffentlichen Interesse zu erreichen, ist ohne nähere Erläuterungen nicht nachvollziehbar und wäre - selbst bei Annahme einer erfolgten Ermessensausübung - nicht ausreichend, um dem Verwaltungsgerichtshof die bei Ermessensbescheiden obliegende Prüfung zu ermöglichen.

34 Das Erfordernis einer Begründungspflicht im Rahmen der im Sinn des Gesetzes zu erfolgenden Ermessensausübung war trotz des Umstandes gegeben, dass im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ein Servitutenverfahren hinsichtlich des Antrages der Beschwerdeführerin betreffend die Ablösung der Holzbezugsrechte noch gar nicht eingeleitet war, zumal der diesbezügliche, noch am Tag des von den mitbeteiligten Parteien geschlossenen Übereinkommens gestellte Antrag unbestritten bei der Behörde bereits anhängig war.

35 Die ABB hätte daher - was die belangte Behörde verkannt hat - entweder begründend darzulegen gehabt, weshalb ihrer Ansicht nach zunächst die alleinige Behandlung des Antrages auf Übertragung des Holzbezugsrechtes dem Sinn des Gesetzes entspricht, oder über beide bei ihr anhängigen Anträge in einem einheitlichen, einzuleitenden Servitutenverfahren entscheiden müssen.

36 Als unzutreffend erweist sich auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Berufung der Beschwerdeführerin sei unzulässig gewesen, soweit sie sich gegen die Übertragung von Einforstungsrechten gerichtet habe und § 50 StELG 1983 ändere daran nichts, weil die Einräumung bloß eines Anhörungsrechtes in § 5 Abs. 3 StELG 1983 als speziellere Regel § 50 StELG 1983 insoweit aufhebe.

37 Unzweifelhaft wird die Rechtssphäre des Eigentümers der mit Holzbezugsrechten belasteten Liegenschaft durch die Übertragung dieser Rechte von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere berechtigte Liegenschaft berührt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , 95/07/0125, dargelegt, dass dem Verpflichteten aus dem Einforstungsrecht in der Frage der agrarbehördlichen Genehmigung einer gänzlichen oder teilweisen Übertragung des Nutzungsrechtes von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere Liegenschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 StELG 1983 nach § 5 Abs. 3 leg. cit. Parteistellung zukommt. § 5 Abs. 2 und 3 hat zwar mit der Novelle LGBl. Nr. 20/2007 die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Fassung erhalten. Dass der Gesetzgeber mit dieser Novellierung eine Änderung im Zusammenhang mit der Frage der Parteistellung der verpflichteten Partei in einem Verfahren wie dem vorliegenden herbeiführen wollte, ist jedoch weder der Bestimmung selbst noch den diesbezüglichen Erläuterungen (XV. GPStLT RV EZ 1046/1) zu entnehmen (vgl. zur Parteistellung der Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften nach dem insoweit vergleichbaren Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz etwa auch das hg. Erkenntnis vom , 86/07/0081).

38 Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin auch auf die grundsatzgesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 1 WWSGG 1951, wonach die Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften Parteien sind, und des § 5 Abs. 2 WWSGG 1951, in dem im Fall einer Nichtzustimmung des Verpflichteten zu einer gänzlichen oder teilweisen Übertragung eines Nutzungsrechtes ausdrücklich von der "Anhörung der Gegen partei " die Rede ist. Es ist nicht zu erkennen, dass der Ausführungsgesetzgeber des StELG 1983 eine von der grundsatzgesetzlichen Rechtslage abweichende Regelung dahingehend treffen wollte, dass das in § 5 Abs. 3 StELG 1983 verankerte Anhörungsrecht die Parteistellung des Eigentümers der verpflichteten Liegenschaft im vorliegenden Verfahren aufhebe.

39 Da die belangte Behörde - ausgehend von ihren unzutreffenden Rechtsansichten - weder die Ausübung von Ermessen und eine diesbezügliche Begründung noch eine Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin für erforderlich erachtet hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

40 Im Übrigen stehen die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin und die dargelegte, eine Parteistellung und die Berufungslegitimation der Beschwerdeführerin in Abrede stellende Begründung des angefochtenen Bescheides zueinander im Widerspruch. Weder dem Spruch noch der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die ABB die von der Beschwerdeführerin gegen die Übertragung der Holzbezugsrechte erhobenen Einwendungen - gegebenenfalls im Sinne des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG - zurückgewiesen hätte. Vielmehr hat die ABB in der Begründung ihres Bescheides u.a. festgehalten, es gebe keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Übertragung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt werde, eine Rechtszersplitterung und eine damit verbundene Erschwernis in der Wirtschaftsführung der verpflichteten Partei sei nicht gegeben und es sei der unbegründete Einwand der Beschwerdeführerin, dass die gegenständliche Übertragung den landeskulturellen Interessen widerspräche, nicht nachvollziehbar. Angesichts dieser inhaltlichen Behandlung der Einwände der Beschwerdeführerin durch die ABB war es - unter der (unzutreffenden) Annahme, es komme der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zu - insoweit inkonsequent, deren Berufung abzuweisen.

41 Darüber hinaus findet sich für die von der belangten Behörde angenommene "zurückweisende Miterledigung" des Antrages der Beschwerdeführerin auf Ablösung der Holzbezugsrechte in Geld, die sich "aus dem Wegfall des Vertragsgegenstandes" bei der berechtigten Liegenschaft der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien ergebe, durch die ABB weder eine gesetzliche Grundlage noch ein Hinweis im Spruch oder in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Die ABB hatte kein Servitutenverfahren eingeleitet, in dem sowohl der Antrag auf Übertragung des (in Rede stehenden) Holzbezugsrechtes als auch der Antrag auf Ablösung dieser Rechte gemeinsam behandelt worden wären. Die Einleitung des Einforstungsverfahrens mit dem Bescheid vom bezog sich ausschließlich auf die Elementarholzbezugsberechtigung. Bei dem Ablösungsantrag der Beschwerdeführerin handelt es sich auch nicht um eine (bloße) "Einwendung" gegen den verfahrenseinleitenden Antrag der drittmitbeteiligten Parte auf Übertragung des Holzbezugsrechtes, der im Sinn des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG als miterledigt zu qualifizieren wäre, sondern um einen selbständigen Antrag, über den die ABB noch nicht entschieden hat.

42 Soweit die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin auch im Zusammenhang mit dem von dieser gestellten Ablösungsantrag abwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit.

43 Da es auf Grund der bereits dargestellten Erwägungen rechtswidrig war, ohne nähere Begründung die mit dem Bescheid der ABB erfolgte Genehmigung des zwischen der mitbeteiligten Parteien geschlossenen Übereinkommens betreffend die Übertragung des urkundlichen Holzbezugsrechtes zu bestätigen, war es überdies ebenso unzutreffend, hinsichtlich des Antrages der Beschwerdeführerin auf Ablösung des Holzbezugsrechtes in Geld von einem "Wegfall des Vertragsgegenstandes" bei der berechtigten Liegenschaft auszugehen.

44 Der angefochtene Bescheid war aus den genannten Erwägungen im dargestellten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

45 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am