VwGH vom 30.06.2016, 2013/07/0042

VwGH vom 30.06.2016, 2013/07/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Gebrüder Haider Söhne Hoch- und Tiefbau GmbH in Nassereith, vertreten durch die Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom , Zl. US 7A/2012/9-22, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien:

1. Gemeinde Kappl in 6555 Kappl Nr. 112, 2. Gemeinde See in 6553 See, Au 220; weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Beschwerdeführerin plant an der Trisanna in den beiden mitbeteiligten Gemeinden die Errichtung und den Betrieb eines Ausleitungskraftwerkes mit einer Engpassleistung von 4,95 MW bestehend aus Wasserfassung, Triebwasserweg, Krafthaus und Unterwasserkanal (Kraftwerk Gfäll).

2 Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Feststellung nach § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), ob für das Vorhaben Kraftwerk Gfäll eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

3 In seiner Stellungnahme vom führte der

wasserbautechnische Amtssachverständige dazu aus:

" 1. Anlagenbeschreibung

Die (Beschwerdeführerin) beabsichtigt mit dem gegenständlichen Projekt die Errichtung einer Wasserkraftanlage an der Trisanna zwischen den (beiden mitbeteiligten) Gemeinden. Bei der projektierten Anlage handelt es sich um ein Ausleitungskraftwerk mit einem Ausbaudurchfluss von 12,5 m3/s. Die geplante Wasserkraftanlage besteht aus den Anlagenteilen Wasserfassung, Triebwasserweg, Krafthaus und Unterwasserkanal.

Die Wasserfassung soll an der B 188 Silvretta Bundesstraße ca. 3,75 km vor der Mündung der Trisanna im Bereich der bestehenden Pegelmessstelle errichtet werden. Die Ausleitung des Triebwassers erfolgt auf der orographisch linken Seite der Trisanna über eine Seitenentnahme mit anschließendem 2-straßigem Entsander. Das Wehrbauwerk besteht aus einer 0,4 m hohen Schwelle mit Oberkante auf 1017,40 m.ü.A. und einer 2,75 m breiten Dotiersektion auf der orographisch rechten Seite. Auf der orographisch linken Seite ist eine sich zur Schwelle verjüngende Spülrinne mit 2,0 - 5,0 m Breite für grobes Geschiebe angeordnet, dessen Sohle zur Schwelle hin von 1015,0 m.ü.A. auf 1014,0 m.ü.A. abfällt.

Der Triebwasserweg besteht ausschließlich aus einer Druckrohrleitung. Die Druckrohrleitung hat eine Länge von rund 1526 m und wird erdverlegt eingebaut. (...)

Das projektierte Krafthaus befindet sich am Zufahrtsweg zum bestehenden Kraftwerk Wiesberg der (D.) AG. Es sind zwei Maschinensätze mit einer Ausbauleistung von insgesamt 4,95 MW vorgesehen, wobei der Turbinentyp in den Projektsunterlagen noch nicht angegeben wurde. Das Regelarbeitsvermögen soll 17,9 GWh pro Jahr betragen.

Das abgearbeitete Triebwasser wird über einen 17,25 m breiten Unterwasserkanal rund 50 m oberhalb des bestehenden Kraftwerks Wiesberg in die Trisanna rückgeleitet.

2. Stauhaltung beim Kraftwerk Gfäll

Durch die 40 cm hohe Schwelle des Entnahmebauwerks der projektierten Wasserkraftanlage wird vor allem in den Monaten mit geringen Abflüssen der Wasserspiegel künstlich angehoben. Weiters kommt es durch das Absenken der Sohle im Bereich der Spülrinne zu Wassertiefen von über 3 m, was zu einer künstlichen Erhöhung der Wassertiefe im Vergleich zu freiem Durchfluss führt. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass die in den Unterlagen angegebene Wasserspiegellage 1017,3 m.ü.M bei Ausbaudurchfluss QT nicht realistisch ist, da der gemäß dem Restwasservorschlag abzugebende Abfluss nicht mehr ausschließlich über die Dotiersektion abgegeben werden kann. Das Dotierwasser muss somit über die Wehrschwelle strömen, weshalb der Wasserspiegel höher als die Schwellenoberkante mit Kote 1017,4 m.ü.M liegen muss. Zusätzlich werden im Nahbereich der Fassung die Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitlichen Wassereinzug verändert.

Da es bei geringen Abflüssen über die gesamte Gewässerbreite zu einer künstlichen Erhöhung des Wasserspiegels sowie im Bereich der Spülrinne außer bei Spülungen zu einer künstlichen Erhöhung der Wassertiefe kommt und die Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitlichen Wassereinzug verändert werden, liegt bei der projektierten Fassung des Kraftwerks Gfäll aus wasserbautechnischer Sicht eine Stauhaltung vor .

Es wird weiters darauf hingewiesen, dass die vorliegende Konzeption der Wasserfassung hinsichtlich eines geregelten Wassereinzuges und eines funktionierenden Feststoffmanagements in einem allfällig folgenden Bewilligungsverfahren als äußert kritisch gesehen wird.

3. freie Fließstrecke

(...) Somit beträgt die Länge der freien Fließstrecke oberhalb der projektierten Wehranlage über 2 km.

Unterhalb der projektierten Fassung liegt in ca. 1,7 km Entfernung die Fassung des Kraftwerks Wiesberg der (D.) AG, Werk

(L.):

(...): Wasserkraftanlage Wiesberg

(D.) AG, Werk (L.) (Berechtigter)

Höchstentnahmemenge = 9500 l/s (Entnahme Trisanna)

Engpassleistung = 16,8 MW

Bewilligung befristet bis .

Diese Fassung ist ebenfalls als Stauwehr mit Seitenentnahme ausgeführt. Aufgrund dieser weiteren Stauhaltung ergibt sich zwischen der geplanten Fassung des KW Gfäll und der bestehenden Fassung des Kraftwerks Wiesberg keine freie Fließstrecke von mehr als 2 km .

Da sowohl die projektiere Wasserkraftanlage Gfäll als auch das bestehende Kraftwerk Wiesberg Stauhaltungen aufweisen und die freie Fließstrecke zwischen den beiden Anlagen kürzer ist als 2 km handelt es sich gemäß Anhang I Z 20 UVP-G 2000 um eine Kraftwerkskette .

(...)"

4 In ihrer Stellungnahme vom verwies die erstmitbeteiligte Gemeinde auf die zitierte wasserbautechnische Stellungnahme. Aus ihrer Sicht wären die Wehranlage und die Wasserfassung neu zu planen und neu zur wasserrechtlichen Genehmigung einzureichen, weil sie offenbar nicht genehmigungsfähig sei. Erst dann könne man beurteilen, ob es zu einer Stauhaltung komme oder nicht.

5 Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Äußerung vom aus, sie teile die fachlichen Ausführungen des ASV, dass aus wasserbautechnischer Sicht eine Stauhaltung vorliege, in keiner Weise. Vielmehr habe sie ihr Projekt bewusst so verbessert, dass gerade keine Stauhaltung vorliege.

6 Sie legte dazu eine Stellungnahme der ZT-Fritsch GmbH (Projektant) vom (im Folgenden auch: Privat-SV) vor, in der u.a. Folgendes dargelegt wurde:

"(...)

3. Gutachten im engeren Sinn

3.1. Stauhaltung beim ‚Kraftwerk Gfäll':

Folgende Daten sind aus der Bestandsbeschreibung (...) bei der bestehenden Wehranlage (Pegelmessstelle) vorhanden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Wehrkrone (Schwellenhöhe):
ca. 1.017,0 müA.
Wehrbreite:
ca. 18,20 m
Gegenschwelle (Tosbeckenschwelle), Höhe:
ca. 1,015,0 müA.

Der Abstand der Gegenschwelle vom Wehrbauwerk beträgt ca. 15,0 m.

Die seitlichen Uferbereiche sind über Längen von 50-80 m mit Steinwänden hart verbaut.

Um die Höhe der projektierten Wehrschwelle festzulegen wurden hydraulische Berechnungen für den Bereich beginnend ab Wehrschwelle Bestand in Richtung Oberstrom durchgeführt.

Durch die feste Wehranlage und die daraus resultierenden veränderlichen Oberwasserverhältnisse, welche sich an der Schlüsselkurve des bestehenden Wehres orientieren, sind die Wasserspiegelhöhen im Ausbauzustand ident. Am Wehrbauwerk herrschen bei Abflüssen über der Ausbauwassermenge QA natürliche Abflussverhältnisse.

D.h. die Schwellenhöhe auf 1.017,40 müA. bewirkt in der betrachteten Schwankungsbreite von der Mittelwasserführung MQ bis hin zur Ausbauwassermenge QA keine Änderung in der jew. Wasserspiegelhöhe (vgl. Wasserspiegelhöhe Bestand zu Wasserspiegelhöhe Projekt). Bei Abflüssen über QA stellen sich die natürlichen Abflussverhältnisse über das Wehrbauwerk (wie auch beim Wehr-Bestand) ein.

Für die Beurteilung etwaiger Änderungen in den Fließ- und Strömungseigenschaften oberstrom der Wehranlage ist eine Gegenüberstellung der hydraulischen Berechnungen (Wehr-Bestand zu Wehr-Projekt) anhand der Querprofilauswertungen vom Wehrbauwerk in Richtung Oberstrom anzustellen.

(...)

Der tabellarische Vergleich der Wasserspiegelhöhen (Bestand / Projekt) wird hierbei in Bezugnahme auf die Fragestellung "Stauhaltung beim Kraftwerk Gfäll" auf die Ausbauwassermenge und in weiterer Folge auf die Mittelwasserführung gezogen.

(...)

Aus der tabellarischen Gegenüberstellung (Bestand / Projekt) der Parameter Wasserspiegelhöhen und Fließgeschwindigkeiten (Querprofilauswertung) ist klar erkennbar, dass aufgrund der Anlagenkonzeption bei Ausbauwassermenge QA keine wesentlichen Änderungen bei den absoluten Wasserspiegelhöhen noch bei den Fließgeschwindigkeiten in den Querprofilen darstellbar sind.

Des Weiteren wurden in den hydraulischen Berechnungen die Restwasserdotationen nicht berücksichtigt, welche einerseits konstant über die rechtsufrige Dotationsschwelle mit anschließender Rauhbettrampe abgegeben, und zum anderen dynamisch (zuflussabhängig) über die Geschwemmselklappe in das Unterwasser weitergeleitet wird. Diese geradlinigen Strömungen wirken sich positiv auf das gesamte Strömungsbild im Nahbereich der projektierten Wehranlage aus.

( Es folgen Bezugnahmen u.a. auf einen näher genannten Feststellungsbescheid der Tiroler Landesregierung betreffend die Errichtung einer anderen Wasserkraftanlage sowie auf die wasserbautechnische Norm DIN 4048. )

Daraus folgend wurden die hydraulischen Berechnungen auch für den Mittelwasserabfluss MQ ausgewertet und die Ergebnisse hinsichtlich Änderungen in den absoluten Wasserspiegelhöhen bzw. bei den Fließgeschwindigkeiten übersichtlich in Tabellenform dargestellt.

(...)

Aus der Ergebnisdarstellung lässt sich unter der Zugrundelegung der Mittelwasserführung MQ erkennen, dass es im Vergleich Bestand / Projekt zu keinen wesentlichen Änderungen in den Wasserspiegelhöhen (? kein Rückstau!) kommt, sowie Fließgeschwindigkeiten 1 m/s im Zuflussbereich vorherrschen.

(...)

De(r) Ansatz in der wasserbautechnischen Stellungnahme der Tiroler Landesregierung vom , dass eine 40 cm hohe Schwelle (?) den Wasserspiegel vor allem bei geringen Abflüssen (Niederwasserperioden) hebt, ist aus Sicht der Prüfung einer etwaigen Stauhaltung gem. UVP-G nicht vorrangig; in der gewässerökologischen Betrachtung des Staus wird die Reduktion der Fließgeschwindigkeit bei Mittelwasser MQ betrachtet.

Beim Spülkanal (Spülsektion) handelt es sich um einen Anlagenteil des Wehrkörpers, das dem Stand der Technik entspricht. Die Sohle des Spülkanals wird etwas tiefer als die Einlaufkante zum Entsandungsbauwerk ausgeführt, um ein Freispülen von abgelagerten Feststoffen vor dem Einlaufbereich durchführen zu können. In diesem kleinräumigen Bereich vor dem Einlaufbauwerk zum Entsander kommt es anlagenbedingt natürlich zu einer Erhöhung der Wassertiefe, die Fließ- und Strömungseigenschaften unmittelbar oberstrom der Spülsektion werden aber nicht beeinträchtigt - siehe auch vergleichende Darstellung aus den oben angeführten hydr. Berechnungen.

Für die Fragestellung ‚Stauhaltung JA/NEIN' sind aufgrund der komplexen hydraulischen Berechnungsverfahren (...) die Gegebenheiten und ev. Änderungen in den Fließ- und Strömungseigenschaften für einen großflächigeren Bereich in Gewässerquer- und Längsrichtung zu untersuchen, welche sich hierbei - siehe tabellarische Vergleiche - aufgrund des Projektes nicht verändern.

Einen Aufstau zur Gewinnung von Fallhöhe (Stauhaltung), welcher wirklich einen Rückstau bewirkt, in weiterer Folge die Fließgeschwindigkeit immens verringert und dadurch Auswirkungen auf die Fließ- und Strömungseigenschaften hat, sieht das vorliegende Wehrkonzept nicht vor. Das Wehrbauwerk hat lediglich den Zweck die rückstaufreie Ausleitung zu bewerkstelligen.

Eine Vergrößerung der Wassertiefe oberhalb der Wehranlage ist nicht erforderlich und auch nicht Projektgegenstand, zumal die Stauzielregelung im Entsander durchgeführt wird und die abgehende Triebwasserleitung (Druckrohrleitung) in ausreichender Tiefe (aufgrund des vorhandenen Höhenunterschiedes, ermöglicht durch das bestehende Wehrbauwerk) angeordnet werden kann.

Da beim projektierten Vorhaben genauso wenig eine Stauhaltung vorliegt - zumal das Streichwehr mit Seitenentnahme in dieser Konzeption zumindest genauso wenig zu einer Stauhaltung führt wie ein Tiroler Wehr - scheidet die Anwendung des Tatbestandes Kraftwerke in Kraftwerksketten mangels Vorliegens einer Stauhaltung aus.

Aufgrund dieser schlüssigen Darlegungen und Vergleichsanstellungen ist somit davon auszugehen, dass es sich bei der Wehranlage der Wasserfassung des KW Gfäll aufgrund seiner Konzeption keineswegs um eine Stauhaltung im Sinne des UVP-G handelt.

(...)

3.2. Freie Fließstrecke

Nachdem der Tatbestand der Stauhaltung gemäß UVP-G § 3 Abs. 2 gem. der Darlegung unter Pkt. 3.1 nicht erfüllt ist, ist die Prüfung des Tatbestandsmerkmals, ‚ob eine freie Fließstrecke von weniger als 2 km zum Unterlieger erfüllt wird', nicht mehr durchzuführen.

(...)"

7 In der daraufhin von der erstinstanzlichen Behörde

eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom führte der

wasserbautechnische ASV wie folgt aus:

" 1. Beschreibung der Wehranlage

Die Wasserfassung des Ausleitungskraftwerkes besteht aus den

folgenden Elementen:

Gemäß dem in den Unterlagen enthaltenen Schnitten ist an der Fassungsstelle eine schräg angeströmte Sohlschwelle vorgesehen, dessen Oberkante an der oberstrom liegenden Seite 0,4 m höher liegt als die Sohle. Diese Sohlschwelle, die in den Unterlagen als St(r)eichwehr bezeichnet wird, hat auf der orographisch rechten Flussseite eine 2,75 m breite Dotiersektion, die für einen Durchfluss von 1,2 m3/s ausgelegt ist.

Auf der orographisch linken Seite ist eine sich zur Schwelle verjüngende Spülrinne mit 2,0 - 5,0 m Breite für grobes Geschiebe angeordnet, dessen Sohle zur Schwelle hin von 1015,0 m.ü.A. auf 1014,0 m.ü.A. abfällt. Die Spülung der Kiesschleuse erfolgt über ein Tafelschütz mit aufgesetzter Klappe.

Im Anschluss an die Spülrinne befindet sich das Einlaufbauwerk mit einem Grobrechen an der Einlaufstelle. Die Sohle fällt hier zum Entsander hin ab. Am Tiefpunkt ist eine Spülgasse angeordnet, über die abgesetzte Feststoffe wieder in die Trisanna zurückgegeben werden können.

Der nachfolgende Entsander besteht aus 2 Kammern mit einer Länge von je 30 m und einer Breite von 4 m und einem Sohlgefälle von 4 %. Über ein Rohr wird ein Abfluss von 0,3 m3/s aus der rechten Entsanderkammer wieder in die Trisanna zurückgeleitet. Am Beginn des Längsentsanders ist ein Einlaufschütz angeordnet, am Ende ein Spülschütz. Vor dem Einlauf in den Triebwasserweg befindet sich noch ein Feinrechen.

2. Anhebung des Wasserspiegels

In den Unterlagen wurde anhand von hydraulischen Berechnungen eine geringfügige Verbesserung der Abflussverhältnisse im Hochwasserfall festgestellt. Diese Verbesserung resultiert vor allem daraus, dass ein Teil des Gesamtabflusses, nämlich der Ausbaudurchfluss von 12,5 m3/s, die betrachtete Wehrstelle nicht mehr erreicht sondern vorher ausgeleitet wird.

Zu den Niederwasserverhältnissen werden keine dezidierten Aussagen getroffen, es wird jedoch ein konstanter Wasserspiegel an der Schwelle von 1017,3 m.ü.A. angegeben, was um 0,3 m höher liegt als die Sohle oberhalb der Schwelle. Bei diesem Wasserspiegel kann ein Abfluss von 1,2 m3/s über die Dotiersektion abgegeben werden. Ab einem Zufluss von 1,5 m3/s wird ein Teil des Zuflusses eingezogen und über den Triebwasserweg abgearbeitet. Wenn der zu dotierende Abfluss 1,5 m3/s überschreitet, kann zusätzlich zur Dotiersektion und zum Rohr in der Entsanderkammer (0,3 m3/s) die aufgesetzte Klappe in der Kiesgasse abgesenkt werden, um den Wasserspiegel konstant auf 1017,3 m.ü.A. zu halten.

Eine künstliche Erhöhung des Wasserspiegels tritt daher nur bis zu dem Abfluss auf, ab dem bei freiem Durchfluss ein Wasserspiegel von 1017,3 m.ü.A. - das entspricht einer Wassertiefe von 0,3 m - überschritten wird. Dieser Abfluss Qeq wurde mittels der im technischen Bericht ‚KWKW Gfäll - Wasserfassung Trisanna' verwendeten Formel und den dort angegebenen Werten für die Gewässerbreite und den Verlustbeiwert berechnet. Es ergibt sich ein Abfluss von ca. Qeq = 5,3 m3/s, welcher gemäß der in den Projektsunterlagen enthaltenen Dauerlinie des wirksamen Abflusses an ca. 175 - 180 Tagen unterschritten wird.

Somit kommt es an 175 - 180 Tagen pro Jahr zu einer künstlichen Erhöhung des Wasserspiegels. Dies wird auch deutlich, wenn der Abfluss Qeq den Monatsmittelwerten des Abflusses gegenüber gestellt wird. In den Monaten Jänner, Februar, März, November und Dezember liegen die Monatsmittelwerte des Abflusses unter einem Abfluss von Qeq = 5,3 m3/s, in den Monaten April und Oktober nur knapp darüber.

Weiters wird angemerkt, dass es im Bereich der Spülrinne auf der orographisch linken Flussseite, deren Sohle im Vergleich zur bestehenden Flusssohle um 1 - 3 m tiefer gelegt werden soll, durch den am Ende der Spülrinne angeordneten Tafelschütz dauerhaft zu einer Erhöhung der Wassertiefe kommt, die dem Betrag der Absenkung der Sohle von 1 - 3 m entspricht. Eine Erhöhung der Wassertiefe ist hinsichtlich der Änderung der Strömungsverhältnisse einer Erhöhung des Wasserspiegels gleichzusetzen. In der Kiesgasse herrscht nur freier Durchfluss, wenn der Schütz zum Zweck einer Spülung geöffnet wird.

(...)"

8 Mit Bescheid vom stellte die Tiroler Landesregierung als UVP-Behörde I. Instanz fest, dass für das Vorhaben "Kleinwasserkraftwerk Gfäll an der Trisanna" nach dem UVP-G 2000, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 144/2011, eine Umweltverträglichkeitsprüfung als Kraftwerk einer Kraftwerkskette durchzuführen ist und der Tatbestand Anhang 1 Z 30 des UVP-G 2000 erfüllt ist.

9 Beweiswürdigend verwies die erstinstanzliche Behörde u. a. auf die Feststellungen des wasserbautechnischen ASV zum Themenbereich Kraftwerkskette und hielt fest, die Schlüssigkeit dieser Stellungnahme sei durch die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom , mit welcher großteils die bereits in den Einreichunterlagen festgehaltenen Angaben wiederholt worden seien, nicht in Zweifel gezogen worden. Die Differenz in der Schlussfolgerung, ob eine Stauhaltung beim Kraftwerk Gfäll vorliege, ergebe sich aus dem Umstand, dass der ASV auch die Situation in den Monaten mit geringen Abflüssen berücksichtige. Hingegen würden seitens der Beschwerdeführerin lediglich Abflüsse über der Ausbauwassermenge QA berücksichtigt. In der Stellungnahme der ZT-Fritsch GmbH werde von keinen wesentlichen Änderungen ausgegangen, was aber aus Sicht der UVP-Behörde den Schluss zulasse, dass Änderungen (eben unwesentliche) auch von der Beschwerdeführerin erwartet würden.

10 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin - so die Behörde weiter - sei die Tatsache, dass die 40 cm hohe Schwelle den Wasserspiegel vor allem bei geringen Abflüssen (Niederwasserperioden) hebe, aus Sicht der Prüfung einer etwaigen Stauhaltung gemäß UVP-G 2000 nicht vorrangig. Damit werde aber der Stellungnahme des ASV nicht fachlich inhaltlich widersprochen, sondern es würden rechtlich andere Schlussfolgerungen daraus gezogen. Weiters werde an dieser Stelle deutlich, dass die Betrachtung des "Staus" aus gewässerökologischer Sicht und nicht aus wasserbautechnischer Sicht vorgenommen werde. Dies stelle aus Sicht der UVP-Behörde eine Rechtsfrage dar. Aussagen, ob sich die Fließ- und Strömungseigenschaften änderten bzw. ob es zu einer Anhebung des Wasserspiegels bei Niederwasserperioden komme, seien in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht getroffen worden.

11 Insgesamt stelle sich für die UVP-Behörde als nachvollziehbar dar - dem werde auch durch die Stellungnahme vom (ZT-Fritsch GmbH) nicht entgegengetreten -, dass bei der gegenständlichen Konzeption der Wasserfassung in jenen Monaten, in denen ein geringer Abfluss vorherrsche, (Niederwasser) auf Grund der 40 cm hohen Wehrschwelle, die sich (bis auf den Bereich der Fischaufstiegs- und Restwasserdotationsschwelle) über die ganze Breite erstrecke, der Wasserspiegel geringfügig künstlich angehoben werde. Dies treffe, wie der wasserbautechnische ASV auf Basis des eingereichten Projektes berechnet habe, auf 175 bis 180 Tage zu, womit es sich keinesfalls um eine vernachlässigbare Situation handle. Ferner sei es nachvollziehbar, dass sich durch den seitlichen Wassereinzug im Nahbereich der Fassung die Fließ- und Strömungseigenschaften veränderten. Diese kleinräumigen Veränderungen seien auch nicht durch die Stellungnahme der Beschwerdeführerin entkräftet worden.

12 In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die erstinstanzliche Behörde u.a. aus, ob eine Stauhaltung vorliege, sei von der Beschwerdeführerin anhand gewässerökologischer Ansätze geprüft worden. Aus Sicht der UVP-Behörde handle es sich bei den in Fußnote 7 zu Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000 verwendeten Begriffen "Stauhaltung zur Nutzung der Wasserkraft" und "ohne dazwischenliegende freie Fließstrecke, berechnet auf Basis der Ausbauwassermenge" im Kontext des UVP-G 2000 um (wasserbau-)technische Begriffe. Dass mit dem Tatbestand der Kraftwerkskette lediglich auf technische bzw. hydraulische Gegebenheiten abgestellt werde, sei auch mit Anhang 3 der Richtlinie 2011/92/EU vereinbar, zumal dieser Tatbestand eben eine "Sonderkumulationsbestimmung" darstelle. Über diesen (äußerst niedrigen) Schwellenwert von 2 MW hinaus seien ohnehin im Rahmen der Prüfung einer allfälligen Kumulation (§ 3 Abs. 2 UVP-G 2000) auch ökologische Aspekte zu prüfen.

13 Im konkreten Verfahren habe aus wasserbautechnischer Sicht festgestellt werden können, dass sich der Zustand nach Verwirklichung des Vorhabens nicht mehr so darstelle, als würde man sich das Vorhaben wegdenken. Auch wenn nur geringe Veränderungen der Fließ- und Strömungseigenschaften eintreten würden, seien diese Veränderungen dem technischen "Staubegriff" der Fußnote 7 zur Z 30 des Anhangs 1 UVP-G 2000 zu subsumieren. Aus rechtlicher Sicht müsse davon ausgegangen werden, dass auch Ausleitungskraftwerke, die - wie gegenständlich - bei Niederwasser eine geringe Stauhaltung im Sinne von Veränderungen der Fließ- und Strömungseigenschaften aufwiesen, als Kraftwerke in Kraftwerksketten angesehen würden.

14 Da der Abstand zwischen der projektierten Fassung und der Fassung des Kraftwerkes Wiesberg lediglich eine Entfernung von 1,7 km aufweise und die Fassung des Kraftwerkes Wiesberg ebenfalls eine Stauhaltung aufweise, sei die Frage einer freien Fließstrecke zu verneinen. Damit sei das Vorliegen einer Kraftwerkskette nach Z 30 Anhang 1 UVP-G 2000 zu bejahen gewesen.

15 Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung und legte dazu eine ergänzende fachliche Stellungnahme der ZT-Fritsch GmbH vom vor. Diese befasst sich zunächst mit den Ausführungen des wasserbautechnischen ASV hinsichtlich der Abflussverhältnisse im Hochwasserfall. Unter der Überschrift "Niederwasserverhältnisse" wurde u.a. Folgendes ausgeführt:

"(...)

Wie bereits (...) angeführt arbeitet die Kraftwerksanlage erst ab einem Zufluss von 2.000 l/s. D.h. der Abfluss NQT (IST-Zustand) als auch der auf den ‚quasi-natürlichen Zustand' hochgerechnete Niederwasserabfluss (ohne Überleitung zu den Speichern in Vorarlberg) NQtnat = 1,33 m3/s wird ohne ‚konstanter Wasserspiegelhaltung auf 1017,3 müA.' im freien Durchfluss über die Fischaufstiegsrampe abgegeben. Eine Erhöhung der Wasserspiegel (wie behauptet) bzw. eine ableitbare Aufstauung ist dadurch nicht gegeben.

Des Weiteren ist aus dem Arbeitsbereich der Turbinen auch ersichtlich, dass Zuflüsse bis 2,0 m3/s (= Bereich der Niederwasserabflüsse) ohne Kraftwerksbetrieb direkt in das Unterwasser ohne "konstanter Wasserspiegelhaltung" abgegeben werden.

Die Pflichtwassermengenregelung für die dynamische Abgabe, ab Beginn des Kraftwerkbetriebs, ist unter Pkt. B 2. beschrieben. Die aufgesetzte Klappe im Spülkanal dient ausschließlich der dynamischen Pflichtwasserdotation und nicht, wie behauptet, der Stauzielregelung!

Vergleicht man den Abfluss bei Turbinenvolllast des Projektes mit dem Bestand, so ergibt sich hier ebenfalls eine Spiegelsenkung von 1017,63 auf 1017,56.

Das gewählte Stauziel von 1017,3 ergibt theoretisch 6,9 m3/s des Gesamtabflusses, bis zu welchem im Projekt gegenüber dem Bestand der Spiegel geringfügig erhöht wäre. Daraus errechnen sich konkret 174 Tage, an denen sich im Bestand der Spiegel niedriger darstellt. Sollte dies zu einem Beurteilungskriterium werden, so bieten wir für diesen Bereich eine dynamische Spiegelführung gemäß der Bestandskonsumption an. Dies wäre also zwischen 2,0 m3/s und 6,9 m3/s erforderlich, wobei hier der Spiegel von 1017,13 bis 1017,30 kontinuierlich ansteigt.

Grundsätzlich sehen wir jedoch für diesen geringfügigen Spiegelanstieg, welcher nur im unmittelbaren Wehrbereich gegeben ist, keinen Projektänderungsgrund, da auch bei der klassischen Tiroler Wehr ein geringfügiger Rückstau vorhanden ist. Das Stauziel wird ausschließlich im Entsander durch eine Pegelregelung welche in die Turbinenautomatik integriert ist, gesteuert (siehe auch Gutachten von , ZT Fritsch GmbH).

Ergänzend zu o.a. Feststellungen bleiben auch die im Gutachten vom , ZT Fritsch GmbH unter Pkt. 3.1. getätigten Erläuterungen zu den hydraulischen Berechnungen mit der Nachweisführung und Schlussfolgerung, dass keine Stauhaltung vorliegt, vollinhaltlich aufrecht. "

16 Nach weiteren Ausführungen wurde in der fachlichen Stellungnahme abschließend dargelegt, dass beim projektierten Vorhaben keine Stauhaltung vorliege, zumal das Streichwehr mit Seitenentnahme in dieser Konzeption zumindest genauso wenig zu einer Stauhaltung führe wie ein Tiroler Wehr. Die Anwendung des Tatbestandes Kraftwerke in Kraftwerksketten scheide mangels Vorliegens einer Stauhaltung aus.

17 Mit Stellungnahme vom beantragte die erstmitbeteiligte Gemeinde die Abweisung der Berufung.

18 Der von der belangten Behörde ergänzend befasste wasserbautechnische ASV hielt in seiner Stellungnahme vom zu den an ihn gestellten Fragen fest, dass der projektierte Standort des Wehrbauwerks des Kleinwasserkraftwerks Gfäll an der Trisanna an der Stelle des bestehenden Pegels See im Paznauntal liege. Das orographische Einzugsgebiet dieses Pegels betrage 385,4 km2. Die nächste bestehende Wehranlage des Kraftwerks Wiesberg mit einer Engpassleistung von 16,8 MW liege in ca. 1,7 km Entfernung unterhalb der projektierten Fassung. Nach Rücksprache mit dem gewässerökologischen ASV sei der vorhabensbedingt in Anspruch genommene Gewässerabschnitt der Trisanna gemäß QZV Ökologie OG als Fischlebensraum einzustufen.

19 Die Beschwerdeführerin nahm mit Eingabe vom Stellung.

20 Schließlich äußerten sich die beiden mitbeteiligten Gemeinden in einem gemeinsamen Schriftsatz vom , mit dem sie eine Stellungnahme der Bernard Ingenieure ZT GmbH vom vorlegten. Daraus ergebe sich, dass für das vorliegende Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei bzw. für eine endgültige Entscheidung ergänzende Erhebungen notwendig seien.

21 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom mit folgendem Spruch:

"Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid in der Rechtsgrundlage auf das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2012 und im Tatbestand auf Anhang 1 Z 30 lit. c UVP-G 2000 abgeändert. Die Projektwerberin wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen."

22 In ihren Erwägungen hielt die belangte Behörde u.a. fest, nach § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 sei zu prüfen, ob das Vorhaben Kraftwerk Gfäll erstmals, somit durch das BGBl. I Nr. 77/2012 unter den Anwendungsbereich des UVP-G 2000 falle; bejahendenfalls seien die weiteren Voraussetzungen des § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 zu prüfen, verneinendenfalls sei mangels anderer heranzuziehender Übergangsbestimmung die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides anzuwenden. Privilegiert im Sinne der Anwendbarkeit des § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 seien demnach nur Vorhaben, für die zum ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig sei und die nach alter Rechtslage nicht in den Anwendungsbereich des UVP-G 2000 fielen. Inhaltlich sei damit zunächst eine vollständige Überprüfung des angefochtenen Bescheides nach der alten Rechtslage vorzunehmen.

23 Die belangte Behörde verwies auf die Begründung des erstinstanzlichen, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2012 ergangenen Bescheides. Ergänzend führte sie aus, die erstinstanzliche Behörde habe sich ausführlich und gewissenhaft mit der sich gegen die Ausführungen des wasserbautechnischen ASV wendenden, eine fachliche Stellungnahme der Privat-SV enthaltenen Äußerung der Beschwerdeführerin vom auseinandergesetzt. Bei Vorliegen divergierender Sachverständigenmeinungen könne die Behörde auf Grund eigener Überlegungen einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit oder Schlüssigkeit bei entsprechender Begründung den Vorzug geben. Jedenfalls sei in der Bescheidbegründung schlüssig darzulegen, auf Grund welcher Erwägungen dem einen Gutachten mehr Vertrauen entgegenzubringen sei als dem anderen. Dem habe die erstinstanzliche Behörde umfassend Genüge getan und es sei ihr auch inhaltlich beizupflichten.

24 Es liege beim Vorhaben Kraftwerk Gfäll aus wasserbautechnischer Sicht jedenfalls eine Stauhaltung vor.

25 Die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach Ausleitungskraftwerke keine Kraftwerkskette bilden könnten, sei unzutreffend. Jedenfalls solche Ausleitungskraftwerke, bei denen es wie im vorliegenden Fall zu einer Stauhaltung komme, seien dem Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 51/2012 subsumierbar.

26 Die Intensität der Stauwirkung spiele ebenso wenig eine Rolle wie deren Projektimmanentheit. Auch bei einer "unbeabsichtigten" Stauhaltung liege eine Stauhaltung vor, welche letztlich einer Anlage zuzurechnen sei, die zur Nutzung der Wasserkraft diene.

27 Soweit die Beschwerdeführerin moniere, der Begriff Stauhaltung sei ökologisch zu interpretieren, übersehe sie, dass es beim Vorhaben Kraftwerk Gfäll aus wasserbautechnischer Sicht im Nahbereich der Fassung zu einer Veränderung der Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitlichen Wassereinzug komme, sodass eine Stauhaltung vorliege. Insgesamt bedürfe es damit keiner weitergehenden Auseinandersetzung damit, inwieweit (auch) aus gewässerökologischer Sicht eine Stauhaltung vorliege. Die (unsubstantiellen) Bedenken der Beschwerdeführerin aus europarechtlicher Sicht seien nicht zu teilen.

28 Die technischen Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung basierten (zum Teil) nicht auf der dargelegten Rechtsansicht der belangten Behörde zur Auslegung des Tatbestandes der Z 30 des Anhanges 1 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 51/2012. Auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegte ergänzende technische Stellungnahme vom ergebe gerade nicht, dass sich - bezogen auf den Wasserspiegel und die Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitlichen Wassereinzug - der Zustand nach Verwirklichung des Kraftwerkes Gfäll so darstelle, als würde man sich das Vorhaben wegdenken. In welchem Umfang sich diese Verhältnisse änderten, sei nicht maßgeblich. Ergänzend zu den umfassenden Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid sei darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin selbst von einem geringfügigen Wasserspiegelanstieg im unmittelbaren Wehrbereich ausgehe (vgl. Seite 7 der Stellungnahme vom ).

29 Zusammenfassend habe daher die erstinstanzliche Behörde nach alter Rechtslage zutreffend das gegenständliche Vorhaben dem Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 subsumiert. Das vorliegende Ausleitungskraftwerk, das bei Niederwasser auch eine geringe Stauhaltung aufweise, sei als Kraftwerk in einer Kraftwerkskette anzusehen, weil die freie Fließstrecke zwischen dem Vorhaben Kraftwerk Gfäll mit einer Engpassleistung von 4,95 MW und dem Kraftwerk Wiesberg mit einer Engpassleistung von 16,8 MW nur rund 1,7 km betrage. Das Vorhaben Kraftwerk Gfäll falle damit nicht erstmals im Sinne des § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes, sodass eine Prüfung des Vorhabens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 nach dem UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 77/2012 zu erfolgen habe.

30 Ausgehend vom vorhabenseitigen Gewässereinzugsgebiet von 385,4 km2 bedürfe es nach Fußnote 7 im Anhang 1 des UVP-G 2000 eines Mindestabstandes von 4 km zwischen den Wehranlagen im Fischlebensraum, um bei der Aneinanderreihung der beiden vorliegenden Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung von je mindestens 2 MW, nämlich dem Vorhaben Kraftwerk Gfäll und dem Kraftwerk Wiesberg, eine Kraftwerkskette verneinen zu können. Da der Abstand zwischen den Wehranlagen der beiden Kraftwerke im Fischlebensraum nur rund 1,7 km betrage, sei der Tatbestand der Z 30 lit. c der Spalte 1 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 verwirklicht und eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

31 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und Verfahrensmängel behauptet werden.

32 Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

33 Die mitbeteiligten Gemeinden beteiligten sich nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

34 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

35 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

36 1. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2012 lautet auszugsweise:

" Begriffsbestimmungen

§ 2. (...)

(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

(...)

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (...)

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

(...)

Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Übergangsbestimmungen

§ 46. (...)

(23) Auf Vorhaben des Anhanges 1, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2012 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig ist, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens bzw. eine Einzelfallprüfung beantragt. (...)

(...)

Anhang 1

Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die ‚Neuerrichtung', der ‚Neubau' oder die ‚Neuerschließung' erfasst.

(...)

UVP

Spalte 1

(...)

Wasserwirtschaft

Z 30

a) Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW;

b) Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 10 MW, wenn die Rückstaulänge, berechnet auf Basis des mittleren Durchflusses (MQ), das 20-fache der Gewässerbreite, gemessen in der Achse der Wehranlage, erreicht;

c) Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) in Kraftwerksketten. Kraftwerkskette ist eine Aneinanderreihung von zwei oder mehreren Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung von je mindestens 2 MW ohne ausreichenden Mindestabstand7) zwischen den Wehranlagen im Fischlebensraum.

Ausgenommen von Z 30 sind technische Maßnahmen zur Erhöhung der Engpassleistung oder zur sonstigen Effizienzsteigerung an bestehenden Anlagen, die keine Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, die Unterliegerstrecke oder die Stauraumlänge in Folge einer Erhöhung des Stauzieles haben, sowie alle Maßnahmen, die zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgenommen werden. Bei lit. b) und c) sind § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 nicht anzuwenden.

(...)

Fußnote 7) Als ausreichender Mindestabstand gilt unter Zugrundelegung des vorhabensseitigen Gewässereinzugsgebietes (EZG) folgende Gewässerlänge: 1 km bei EZG kleiner 10 km2, 2 km bei EZG von 10 - 50 km2, 3 km bei EZG von 51 - 100 km2, 4 km bei EZG von

101 - 500 km2, 5 km bei EZG von 501 - 1 000 km2, 10 km bei EZG ab

1 001 km2."

37 2. Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass das gegenständliche Vorhaben Kraftwerk Gfäll dem Anhang 1, Spalte 1 Z 30 lit. c) UVP-G 2000 idF

38 BGBl. I Nr. 77/2012 zu subsumieren ist, weil das vorhabensseitige Gewässereinzugsgebiet 385,4 km2 beträgt, zur nächsten, in ca. 1,7 km Entfernung bestehenden Wehranlage (Kraftwerk Wiesberg) mit einer Engpassleistung von 16,8 MW jedoch kein Mindestabstand von 4 km besteht (vgl. Fußnote 7 zu Anhang 1 Z 30 lit. c) UVP-G idF BGBl. I Nr. 77/2012).

39 Die Beschwerdeführerin wendet allerdings ein, sie habe bereits am und somit vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes

40 BGBl. I Nr. 77/2012 am materienrechtliche (wasserrechtliche, naturschutzrechtliche, forstrechtliche und starkstromrechtliche) Genehmigungsanträge eingebracht und es falle das gegenständliche Vorhaben erstmals unter den Anwendungsbereich des UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2012. Das Vorhaben sei daher aufgrund der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

41 Es ist somit die Frage der UVP-Pflicht des gegenständlichen Vorhabens anhand der vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 51/2012 des UVP-G 2000 zu prüfen. Die - zuletzt mit BGBl. I Nr. 87/2009 geänderte - Z 30 des Anhanges 1 Spalte 1 des UVP-G 2000 lautete zu diesem Zeitpunkt wie folgt:

" Wasserwirtschaft

Z 30

Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW sowie Kraftwerke in Kraftwerksketten7) ab 2 MW.

Ausgenommen sind technische Maßnahmen zur Erhöhung der Engpassleistung oder zur sonstigen Effizienzsteigerung an bestehenden Anlagen, die keine Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, die Unterliegerstrecke oder das Stauziel haben, sowie alle Maßnahmen, die zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgenommen werden.

(...)

Fußnote 7) Unter einer Kraftwerkskette ist eine Aneinanderreihung von zwei oder mehreren Stauhaltungen zur Nutzung der Wasserkraft ohne dazwischenliegende freie Fließstrecke, berechnet auf Basis der Ausbauwassermenge, von zumindest 2 km Länge zu verstehen."

42 3. In der Beschwerde wird vorgebracht, dem Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 iVm der Fußnote 7 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 51/2012 sei immanent, dass nicht jedes Kraftwerk ein solches in einer Kraftwerkskette sein könne, sondern nur "Stauhaltungen zur Nutzung der Wasserkraft". Die Aufzählung von "Wasserkraftanlagen" in Z 30 durch den Gesetzgeber (Talsperren, Flußstaue, Ausleitungen) sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin taxativ. Es sei die eindeutige Intention des Gesetzgebers gewesen, Ausleitungskraftwerke nicht dem Tatbestand "Kraftwerksketten" zu subsumieren.

43 Sofern man die Ansicht, dass Ausleitungskraftwerke per se nicht vom Tatbestand des Anhangs 1 Z 30 UVP-G 2000 umfasst seien, nicht vertrete, seien darüber hinaus Ausleitungskraftwerke, bei denen Stauhaltungen nicht intentional projektimmanent seien (wie etwa Ausleitungskraftwerke mit "Streichwehren" oder mit "Tiroler Wehren") nicht als Stauhaltungen im Sinne des Kraftwerkskettentatbestandes des Anhangs 1 Z 30 UVP-G 2000 anzusehen.

44 Das Wasser werde bei derartigen Vorhaben, anders als bei anderen Ausleitungskrafttypen, bei denen eine geringfügige Stauhaltung zwar nicht zwecks Gewinnung von Fallhöhe, wohl aber zur Ermöglichung des Wassereinzugs in Form der Seitenentnahme erfolge, nicht gestaut. Es könne daher bei dem beschwerdegegenständlichen Vorhaben nicht von einer Stauhaltung gesprochen werden.

45 Darüber hinaus erfolge eine Stauhaltung - sofern man eine derartige bejahe - ohnehin im Entsander (somit bereits im Leitungssystem im Anschluss an die Wasserfassung, weshalb gerade keine Stauhaltung mit ausgebildetem Stauraum erfolge). Dass Auswirkungen im Zuge von Stauungen außerhalb des Flusssystems UVPneutral seien, ergebe sich auch aus der mit der UVP-Novelle 2009 eingefügten Ausnahmebestimmung, die Effizienzsteigerungen von der UVP-Pflicht ausnehme, und aus den Ausführungen eines Durchführungsrundschreibens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es könne somit beim gegenständlichen Vorhaben - da es nicht zu intentionalen Stauhaltungen komme, die projektimmanent oder beabsichtigt seien - nicht von Stauhaltungen im Sinne des Kraftwerkskettentatbestandes gesprochen werden, weil die Stauhaltungen zwingendes Tatbestandsmerkmal seien.

46 Nach dem Gesetzeswortlaut verfolge die Stauhaltung den Zweck der Nutzung der Wasserkraft. Sofern daher das Vorliegen einer Stauhaltung beim Projekt bejaht würde, wäre diese - weil sie unbeabsichtigt wäre - gerade nicht mit dem Zweck der Nutzung der Wasserkraft verbunden.

47 Dass Stauhaltungen, die nicht (nur) zur Nutzung der Wasserkraft erfolgten, erst ab dem Stau von großen Wassermengen umfasst seien, ergebe sich auch aus dem gesonderten Tatbestand des Anhangs 1 Z 31 UVP-G 2000, wonach Stauwerke und sonstige Anlagen zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung von Wasser, erst dann UVP-pflichtig seien, wenn in ihnen über 10 Mio. m3 Wasser neu oder zusätzlich zurückgehalten oder gespeichert würden. Ausleitungskraftwerke - mit allenfalls geringen Stauwirkungen - könnten nicht dem Begriff "Stauwerke" bzw. "Stauhaltungen" subsumiert werden.

48 Ferner sei der Begriff "Stauhaltung" ökologisch zu interpretieren. Wie bei einem "Tiroler Wehr" werde beim gegenständlichen Vorhaben das Wasser, anders als bei bestimmten anderen Ausleitungskraftwerkstypen, bei denen eine geringfügige Stauhaltung zwar nicht zwecks Gewinnung von Fallhöhe, wohl aber zur Ermöglichung des Wassereinzugs in Form der Seitenentnahme erfolge, nicht gestaut. Der Zweck der Bestimmung ergebe klar, dass der Gesetzeswortlaut dahingehend reduzierend auszulegen sei. Dies insbesondere deshalb, weil ein Rückstau nicht im natürlichen Flusssystem erfolge, sondern in einem Bereich, der nach der Wasserfassung liege. Die allfällige Stauhaltung erfolge im konkreten Fall im Entsander. Es erfolge somit keine Stauhaltung im ausgebildeten Stauraum.

49 3.1. Diesem Vorbringen ist Folgendes zu entgegnen:

Bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/07/0160, hatte der Verwaltungsgerichtshof eine mit Bescheid der belangten Behörde getroffene Feststellung der Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 hinsichtlich der Errichtung und des Betriebes eines Ausleitungskraftwerkes zu prüfen. Mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, legte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis dar, dass insbesondere aus den Gesetzesmaterialien zu den Novellen BGBl. I Nr. 87/2009 und BGBl. I Nr. 77/2012 die gesetzgeberische Absicht hervorleuchtet, mit dem UVP-G 2000 projektbedingte Eingriffe, die (u.a.) die Fließ- und Strömungseigenschaften eines Gewässersystems verändern können, zu erfassen und Beeinträchtigungen der Gewässerökologie ab bestimmten, näher definierten Schwellenwerten einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen zu wollen.

50 Mit der bereits erwähnten Novelle BGBl. I Nr. 87/2009 wurde der Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 UVP-G 2000 durch den zweiten Satz (Ausnahme der dort näher beschriebenen technischen Maßnahmen und aller Maßnahmen, die zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgenommen werden) geändert, wobei jedoch die (bisherige) Definition des Begriffes "Kraftwerkskette" insoweit unverändert blieb.

51 Im Ausschussbericht zu dieser Gesetzesnovelle (AB 271 BlgNR 24. GP, 15) wurde in Bezug auf "Anhang 1 Z 30 - Wasserkraftanlagen" unter anderem ausgeführt, dass das bei Ausleitungskraftwerken im Gewässerbett verbleibende Restwasser aus gewässerökologischen Gründen einen wesentlichen Bestandteil der hydromorphologischen Bedingungen darstelle und Veränderungen dieses Abflusses schwerwiegende ökologische Auswirkungen haben könnten. Bei Ausleitungskraftwerken ergäben sich Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, wenn die in den Werkskanal ausgeleitete Wassermenge und auch die im Gerinne verbleibende Wassermenge verändert würden. Künstliche Unterwassereintiefungen könnten ökologisch relevante Auswirkungen auf die Unterwasserstrecke haben und fielen deshalb nicht unter die Ausnahmen.

52 Bereits aus dem hg. Erkenntnis Zl. 2011/07/0160 und den dargelegten Materialien geht die Unrichtigkeit der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin hervor, wonach der Kraftwerkskettentatbestand auf Ausleitungskraftwerke keinesfalls anzuwenden sei. Als zutreffend erweist sich auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass es nicht darauf ankommt, ob die Stauhaltung von einem Vorhaben intendiert bzw. projektimmanent ist, und dass auch gegebenenfalls "unbeabsichtigte" Stauhaltungen einer Wasserkraftanlage zugerechnet werden können (vgl. dazu auch die Ausführungen in

53 Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3 (2013), Rz 1 zu Anhang 1 Z 30 UVP-G 2000). Auch auf die Intensität der Stauwirkung kommt es nicht entscheidungswesentlich an.

54 Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass beim Kraftwerkskettentatbestand nunmehr lediglich von Wasserkraftanlagen die Rede sei, vor der Novelle (gemeint: BGBl. I Nr. 77/2012) allerdings von Stauhaltungen die Rede gewesen sei, und dieser Unterschied nicht relevant sein solle, ist zum einen auf die oben dargelegte - auch bereits vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 mit dem Tatbestand der Spalte 1 Z 30 UVP-G 2000 verbundene - gesetzgeberische Absicht zu verweisen. Zum anderen hat der Gesetzgeber auch bereits vor der genannten Novelle in der Z 30 bzw. in der Fußnote 7 die Begriffe "Wasserkraftanlagen" und "Kraftwerkskette" verwendet.

55 Wie bereits im zitierten hg. Erkenntnis Zl. 2011/07/0160 unter Hinweis auf die diesbezüglichen Materialien (vgl. ErlRV 1809 BlgNR 24. GP, 9) dargelegt, wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 die Z 30 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 u. a. auch deshalb geändert, weil "durch die Begrifflichkeiten ein erheblicher Auslegungsspielraum bestand und der Tatbestand großes Diskussionspotential zur klaren Abgrenzung der Kraftwerkskette birgt". Ferner wird in den Materialien ausgeführt, dass "mit dem neuen Vorschlag (...) den Anforderungen eines für die Behörde klar abgrenzbaren Tatbestandes entsprochen (wird). Betroffene Flussabschnitte und die Abgrenzung der Kraftwerkskette sollen auf Basis mess- und berechenbarer Kriterien erfolgen, die auch mit der jeweiligen Gerinnegröße korrelieren (Breite des Gewässers bzw. Einzugsgebiet)."

56 Aus den zitierten Materialien ist nun nicht - gleichsam in einer rückwirkenden Betrachtung - abzuleiten, dass der Tatbestand der Z 30 des Anhangs 1 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 Ausleitungskraftwerke, mit denen eine Staufunktion verbunden ist (mag diese auch vom Vorhaben nicht intendiert sein), nicht erfasste.

57 Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich Gegenteiliges für die Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 auch nicht "e contrario" (und rückwirkend) aus den konkreten, den Anhang 1 Z 30 lit. c) UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 77/2012 betreffenden Ausführungen in den Erläuterungen. Mit den erläuternden Darlegungen, vom Tatbestand der Z 30 lit. c) seien Wehranlagen zur energetischen Wassernutzung ab etwa 2 MW "unabhängig vom Kraftwerkstyp" erfasst, wird lediglich hervorgehoben, dass vom genannten Tatbestand eben verschiedene Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) in Kraftwerksketten umfasst sein können. Der daraus abgeleitete Umkehrschluss, vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 seien Ausleitungskraftwerke mit (wenngleich allenfalls nicht intendierter) Staufunktion nicht vom früheren Tatbestand der Z 30 erfasst gewesen, trifft hingegen nicht zu. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die in der Beschwerde enthaltene Wiedergabe der "Erläuterungen" zu Anhang I Z 30 lit. c) zum Teil auch nicht in die Regierungsvorlage eingeflossene Ausführungen des Ministerialentwurfes zitiert.

58 4. Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, aus der UVP-Richtlinie ergebe sich kein Anhaltspunkt, dass der Tatbestand "Kraftwerksketten" strenger als in der Beschwerde beschrieben auszulegen wäre. Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung unterlägen generell laut der UVP-Richtlinie keiner zwingenden UVP-Pflicht, sodass der Tatbestand im Lichte einer europarechtskonformen Interpretation restriktiv auszulegen sei.

59 Damit wird eine aus dem EU-Recht abgeleitete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar behauptet. Nach der (am außer Kraft getretenen) Richtlinie 85/337/EWG blieb es den Mitgliedstaaten überlassen, zu bestimmen, ob "Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung" oder "Talsperren und sonstige Anlagen zum Aufstauen eines Gewässers oder zum dauernden Speichern von Wasser (nicht durch Anhang I erfasste Projekte)" einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden mussten (vgl. Art. 4 Abs. 2 iVm Anhang II.3.h und 10.g). Die Begriffe "Kraftwerkskette" oder "freie Fließstrecke" fanden in dieser Richtlinie keine Erwähnung. Diesbezüglich ergab sich auch durch die Richtlinie 2011/92/EU vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten keine Änderung. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin im Hinblick auf eine gebotene richtlinienkonforme Auslegung der hier relevanten gesetzlichen Bestimmungen ist nicht erkennbar.

60 5. Nach dem Gesagten haben die erstinstanzliche Behörde und die belangte Behörde dem Tatbestand des Anhangs 1 Z 30 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 keinen unrichtigen Inhalt unterstellt. Der Beschwerde gelingt es aber auch nicht, einen den Behörden im Rahmen der Beweiswürdigung unterlaufenen Verfahrensmangel aufzuzeigen.

61 Die erstinstanzliche Behörde hat in ihre Beweiswürdigung die fachlichen Ausführungen sowohl des wasserbautechnischen ASV als auch der von der Beschwerdeführerin beigezogenen Privat-SV einbezogen. Sie hat die unterschiedlichen Schlussfolgerungen in den fachlichen Stellungnahmen zur Frage, ob eine Stauhaltung beim gegenständlichen Kraftwerk vorliegt, auf den Umstand zurückgeführt, dass der ASV auch die Situation in den Monaten mit geringen Abflüssen berücksichtigt habe, hingegen seitens der Beschwerdeführerin lediglich Abflüsse über die Ausbauwassermenge QA berücksichtigt worden seien. Nachvollziehbar hat die erstinstanzliche Behörde ferner dargelegt, dass mit den Ausführungen der Projektwerberin (Stellungnahme der Privat-SV), wonach die 40 cm hohe Schwelle den Wasserspiegel vor allem bei geringen Abflüssen (Niederwasserperioden) hebe, es aus Sicht der Prüfung einer etwaigen Stauhaltung gemäß UVP-G 2000 nicht vorrangig sei, der Stellungnahme des ASV nicht fachlich inhaltlich widersprochen worden sei. Darüber hinaus seien Aussagen, ob sich die Fließ- und Strömungseigenschaften änderten bzw. ob es zu einer Anhebung des Wasserspiegels bei Niederwasserperioden komme, in der im erstinstanzlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin vorgelegten fachlichen Stellungnahme nicht getroffen worden. Schließlich hat die erstinstanzliche Behörde aus näher zitierten Ausführungen der Privat-SV vom abgeleitet, dass aus Sicht der Beschwerdeführerin kleinräumige Veränderungen nicht berücksichtigt würden, wie dies der ASV aber getan habe.

62 Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid der Beweiswürdigung der erstinstanzlichen Behörde angeschlossen und beim gegenständlichen Vorhaben aus wasserbautechnischer Sicht das Vorliegen einer Stauhaltung angenommen. Sie legte ihrer Entscheidung zugrunde, dass es beim in Rede stehenden Vorhaben aus wasserbautechnischer Sicht im Nahbereich der Fassung zu einer Veränderung der Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitigen Wassereinzug komme, sodass eine Stauhaltung vorliege.

63 Auf dem Boden dieser nicht zu beanstandenden Ergebnisse der Beweiswürdigung war auch keine nähere Prüfung erforderlich, inwieweit (auch) aus gewässerökologischer Sicht eine Stauhaltung vorliege bzw. ob messbare Veränderungen in ökologischer Hinsicht festzustellen wären. Dies steht im Einklang mit dem bereits zitierten Erkenntnis Zl. 2011/07/0160. Darin hatte der Verwaltungsgerichtshof die von den Behörden übernommenen gutachterlichen Ausführungen, denen zufolge im Bereich einer Unterwassereintiefung andere Gefälls- und Strömungsverhältnisse vorherrschten als in unbeeinflussten Abschnitten, als nachvollziehbar und plausibel erachtet und - ausgehend davon - ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob im damaligen Beschwerdefall nach Verwirklichung des Projektes im Bereich der Unterwassereintiefung messbare Veränderungen des Gewässers in ökologischer Hinsicht festzustellen sein würden.

64 Die Beschwerdeführerin behauptet nun das Vorliegen wesentlicher Verfahrensmängel, weil sich die belangte Behörde nicht mit dem mit der Berufung vorgelegten Privat-SV-Gutachten auseinandergesetzt bzw. keinen amtlichen Sachverständigen zur Entkräftung dieses Gutachtens beigezogen habe. Hätte sich - so die Beschwerde - die belangte Behörde "in rechtmäßiger Weise bei der Begründung des bekämpften Bescheides auf das schlüssige Gutachten des Privatsachverständigen" gestützt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Stauhaltung vorliege und das gegenständliche Vorhaben daher nicht UVP-pflichtig sei.

65 Dieses Beschwerdevorbringen erweist sich schon deshalb als nicht zielführend, weil es nicht darlegt, aufgrund welcher konkreter Ausführungen der Privat-SV die belangte Behörde - trotz der vorliegenden fachlichen Beurteilung des wasserbautechnischen ASV und der erfolgten, auch die Stellungnahmen der Privat-SV berücksichtigenden behördlichen Beweiswürdigung - hinsichtlich der Frage der Verwirklichung des Tatbestandes des Anhanges 1 Z 30 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

66 Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit dem ergänzenden Privat-SV-Gutachten vom 27. April 1012 nicht auseinandergesetzt, trifft nicht zu. Vielmehr hat die belangte Behörde hervorgehoben, auch die ergänzende technische Stellungnahme der Privat-SV der Beschwerdeführerin vom ergebe nicht, dass sich - bezogen auf den Wasserspiegel und die Fließ- und Strömungseigenschaften durch den seitlichen Wassereinzug - der Zustand nach Verwirklichung des Kraftwerkes Gfäll so darstelle, als würde man sich das Vorhaben wegdenken. Darüber hinaus hielt die belangte Behörde unter Hinweis auf die (oben wiedergegebenen) Ausführungen auf Seite 7 der Stellungnahme der Privat-SV vom fest, dass die Beschwerdeführerin selbst von einem geringfügigen Wasserspiegelanstieg im unmittelbaren Wehrbereich ausgehe.

67 Diesen nicht als unrichtig zu erkennenden Darlegungen der belangten Behörde tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen.

68 Davon ausgehend hat die belangte Behörde das gegenständliche Vorhaben rechtskonform dem Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 UVP-G 2000 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 subsumiert.

69 6. Da somit die Prüfung der Kriterien der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 23 UVP-G 2000 zu keinem anderen Ergebnis führte, hat die belangte Behörde ebenso zutreffend die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich des gegenständlichen Vorhabens Kraftwerk Gfäll gemäß Anhang 1 Z 30 lit. c UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 77/2012 bejaht.

70 7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

71 8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am