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VwGH 25.07.2019, Ra 2018/22/0270

VwGH 25.07.2019, Ra 2018/22/0270

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Das VwG hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das VwG seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (Hinweis E , Ro 2014/03/0076; B , Ra 2015/04/0007).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/22/0199 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-151/074/7259/2018-28, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: B R, vertreten durch die Neulinger Mitrofanova Ceovic Rechtsanwälte OG in 1020 Wien, Taborstraße 11B), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Spruchpunkt I.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und Revisionswerber) vom wurde der Erstantrag des Mitbeteiligten, eines serbischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG unter Hinweis auf seine am in Wien geschlossene Ehe mit einer ebenfalls serbischen Staatsangehörigen, die Inhaberin eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EU" ist, wegen Vorliegen einer Aufenthaltsehe abgewiesen.

2 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, in der die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels begehrt wurde. 3 Mit der gegenständlichen Entscheidung sprach das Verwaltungsgericht Wien aus (Spruchpunkt I.):

"Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben."

Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass das Vorliegen einer Aufenthaltsehe nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden könne, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen sei.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es erschließe sich aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht, ob eine ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides oder eine Behebung und Zurückverweisung im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGVG beabsichtigt gewesen sei. In beiden Fällen würde das Verwaltungsgericht von (näher ausgeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen.

6 Hierüber wurde nach Durchführung eines Vorverfahrens - der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063, festgehalten, dass dem Verwaltungsgericht sowohl in den in Art. 130 Abs. 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs. 2 VwGVG angeordneten, als auch in den von § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG erfassten Fällen (kein Widerspruch durch die Verwaltungsbehörde gegen eine Entscheidung in der Sache), in denen nicht § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingreift, eine kassatorische Entscheidung nicht offen steht. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu begründen habe, weshalb es keine meritorische Entscheidungskompetenz annehme.

9 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. , Pkt. 4.5., mwN). 10 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht im Spruch der angefochtenen Entscheidung der gegen den bekämpften Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten Folge gegeben und diesen Bescheid behoben. Ein inhaltlicher Abspruch über den Antrag des Mitbeteiligten, der Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war, ist nicht erfolgt. 11 Die erfolgte Behebung des bekämpften Bescheides ist nicht als ersatzlose Behebung im Sinn einer negativen Sachentscheidung anzusehen. Dies ließe sich nämlich nicht mit dem ebenfalls erfolgten Ausspruch, dass der Beschwerde Folge gegeben wird, in Einklang bringen (beantragt wurde darin nämlich die Titelerteilung).

12 Es liegt somit im gegenständlichen Fall keine Sachentscheidung vor.

13 Allerdings hat das Verwaltungsgericht nicht begründet, warum kein Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliege bzw. warum das Verwaltungsgericht keine meritorische Entscheidungszuständigkeit angenommen habe.

14 Dass die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde - die in Beschlussform zu ergehen hätte (vgl. , Pkt. 7.1.) - nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorlägen, wurde weder dargelegt noch sind solche ersichtlich (vgl. zu den engen Grenzen der Möglichkeit einer Zurückverweisung nochmals VwGH Ro 2014/03/0063).

15 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 16 Von der vom Mitbeteiligten beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

17 Kosten waren schon deshalb nicht zuzusprechen, weil der Mitbeteiligte gemäß § 47 Abs. 3 VwGG nur im Fall der Abweisung der Revision Anspruch auf Aufwandersatz hätte.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018220270.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-80698

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