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VwGH vom 21.12.2012, 2008/17/0137

VwGH vom 21.12.2012, 2008/17/0137

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des G in E, vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 4/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./0676-I/7/2008, betreffend Bestandsprämien für Rinder 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0098, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den dort angefochtenen Berufungsbescheid der belangten Behörde betreffend Bestandsprämien für Rinder für das Jahr 2004 auf, weil § 9 Abs. 6 der Tierprämienverordnung 2000, BGBl. II Nr. 497/1999 in der Fassung BGBl. II Nr. 580/2003 (TPV 2000), die Auffassung der belangten Behörde, dass die Mitgliedschaft in einem anerkannten Rinderzuchtverband schon im Zeitpunkt der Antragstellung bestanden haben müsse, nicht gedeckt habe. Die Wortfolge "im Zeitpunkt der Antragstellung" in § 9 Abs. 6 TPV 2000 habe sich vielmehr auf das Wort "anerkannt" bezogen (sodass die Anerkennung des Rinderzuchtverbandes im Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen sein müsse).

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde neuerlich über die Berufung, sprach dem Beschwerdeführer Bestandsprämien für Rinder für das Jahr 2004 wie schon im ersten Rechtsgang in der Höhe von EUR 2.290,-- zu und wies das Mehrbegehren abermals ab.

Begründend verwies die belangte Behörde auf die Aufhebung der TPV 2000 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , V 70/04-14, und darauf, dass nunmehr § 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, zur Anwendung komme. Nach Darstellung der Rechtsgrundlagen für die Mutterkuhprämie für Kalbinnen und Milchkühe in der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 und im Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, gab die belangte Behörde den Verfahrensablauf wieder.

Ein berechtigtes Vertrauen der Normunterworfenen auf die Fassung des § 9 Abs. 6 TPV 2000, so die belangte Behörde weiter, habe nicht bestanden. Diese hätten vielmehr auf die Fassung des § 3 Z 5, 5. Satz Marktordnungs-Überleitungsgesetz vertraut. In dem jährlich aufgelegten Merkblatt der Agrarmarkt Austria seien die Antragsvoraussetzungen im Sinne der Fassung des § 3 Z 5, 5. Satz Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, dargelegt gewesen. Insbesondere habe der Beschwerdeführer als Antragsteller tatsächlich nicht auf die Fassung des § 9 Abs. 6 TPV 2000 vertraut. Dass die Normunterworfenen nicht in einem Vertrauen auf die Rechtslage nach § 9 Abs. 6 TPV 2000 enttäuscht worden seien, ergäbe sich daraus, dass auch vor Inkrafttreten des Marktordnungs-Überleitungsgesetzes, BGBl. I Nr. 55/2007, § 9 Abs. 6 TPV 2000 nicht nur in den Merkblättern der AMA § 3 Z 5, 5. Satz Marktordnungs-Überleitungsgesetz kolportiert worden sei, sondern auch regelmäßig dahin gehend angewendet worden sei, ohne dass es diesbezüglich zu Beanstandungen gekommen sei.

Zur anwendbaren Rechtslage führte die belangte Behörde aus, gemäß § 31 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 3 der GAP-Beihilfenverordnung 2004, BGBl. II Nr. 482/2004, sei die TPV 2000 mit außer Kraft getreten. Die Verordnung sei aber weiterhin auf Anträge für die Prämienjahre bis 2004 anwendbar (geblieben). Auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , V 70/04, mit dem der Verfassungsgerichtshof die TPV 2000 als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen habe, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft trete, sei die TPV 2000 jedoch nicht anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in dem oben genannten Erkenntnis vom bemerkt, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom sich darauf beschränkt habe, die Stammfassung der TPV 2000, BGBl. II Nr. 497/1999, aufzuheben. Ob damit auch die bis dahin erfolgten Änderungen aufgehoben werden sollten, könne aber im Hinblick auf die folgenden Überlegungen dahin gestellt bleiben.

Mit sei gemäß § 7 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, § 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz in Kraft getreten. Dieser lege fest, dass für Anträge bis einschließlich das Jahr 2004 die unter diesem Paragraphen angeführten Bestimmungen zu gelten hätten. Dem logischen Satz vom Widerspruch folgend könnten zwei Regeln, die denselben Gegenstand für denselben Zeitraum in verschiedener Weise regelten, nicht zugleich richtig sein und ein solcher Widerspruch sei durch die Regel "lex posterior derogat legi priori" aufzulösen. Die zeitliche Überschneidung des Rechtsbedingungsbereiches betreffe das Jahr 2004. Dieser Widerspruch sei durch die Anwendung der lex posterior-Regel aufzulösen.

§ 7 Z 2 Marktordnungs-Überleitungsgesetz enthalte die Anordnung, dass § 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz mit in Kraft treten solle. Damit sei dem § 9 Abs. 6 TPV 2000 in der Fassung BGBl. II Nr. 580/2003 für das Jahr 2004 durch § 3 Z 5, 5. Satz Marktordnungs-Überleitungsgesetz derogiert worden.

Der Verwaltungsgerichtshof habe für den Fall, dass ein Gesetz bestimme, dass "unter dem vorangehenden Gesetz anhängige Anträge nach dem neu erlassenen Gesetz abzuwickeln seien", ausgesprochen, dass davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber dadurch auch den Rechtsfolgenbereich der vorhergehenden Rechtsvorschrift habe beenden wollen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/04/0102). Greife also ein nachfolgendes Gesetz in den Rechtsbedingungsbereich des vorhergehenden Gesetzes ein, so werde dadurch nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls auch der Rechtsfolgenbereich des vorhergehenden Gesetzes beendet. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass der Gesetzgeber mit dem Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, den Rechtsfolgenbereich des § 9 Abs. 6 TPV 2000 habe beenden wollen.

Dem Gesetzgeber sei es nicht versagt, Vorschriften zu schaffen, die an früher verwirklichte Sachverhalte anknüpften. So habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 228/89, ausgesprochen, dass eine rückwirkend belastende Rechtsvorschrift nur dann unzulässig sei, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden seien und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung rechtfertigten. Da - wie bereits zuvor im Bescheid dargestellt - ein berechtigtes Vertrauen auf die Fassung des § 9 Abs. 6 TPV 2000 nicht bestanden habe, sei der in § 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, angeordneten Rückwirkung nichts entgegen gestanden.

Die Temporalbestimmung "zum Zeitpunkt der Antragstellung" in § 3 Abs. 5 fünfter Satz Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, beziehe sich jetzt auf das Wort "Mitglied" (einer anerkannten Zuchtorganisation). Die Regelung des Zeitpunkts beziehe sich damit auf die Mitgliedschaft "beim Zuchtbetrieb" und nicht auf die Anerkennung der Zuchtorganisation. Der Tag der Unterschrift auf dem Beitrittsformular zur Zuchtorganisation sei jedoch der , somit einen Tag nach der am 12. März erfolgten Antragstellung.

Es sei dem Beschwerdeführer daher keine Mutterkuhprämie für Kalbinnen zu gewähren.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 9 Abs. 1 bis 6 TPV 2000 lautete in der Fassung BGBl. II Nr. 580/2003:

"§ 9. (1) Die Mutterkuhprämie ist für Kalbinnen (Färsen) und Mutterkühe getrennt zu verwalten. Dabei beträgt die nationale Höchstgrenze im Rahmen der Mutterkuhprämie für Kalbinnen jene Anzahl an Prämienansprüchen, die im jeweiligen Jahr aus der nationalen Reserve nicht zugeteilt wurden.

(6) Als Zuchtbetrieb ist nur ein Mitglied einer zum Zeitpunkt der Antragstellung von der jeweiligen Landwirtschaftskammer oder Landesregierung anerkannten Zuchtorganisation anzusehen. Dieser Zuchtbetrieb hat sich mit Rinderzucht zu befassen und hinsichtlich aller Rinder, bei denen dies auf Grund des Alters und der Zuchtrichtung möglich ist, Leistungserhebungen gemäß den Bestimmungen der Zentralen Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter durch den zuständigen Kontrollverband durchzuführen."

2.2. § 3 Z 5 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, lautet:

"§ 3. Für Anträge auf Tierprämien gemäß Art. 4 bis 16 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999, ABl. Nr. L 160 vom , S. 21 bis einschließlich 2004 gilt zusätzlich zu den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen Folgendes:

5. Die Mutterkuhprämie ist für Kalbinnen (Färsen) und

Mutterkühe getrennt zu verwalten. Dabei beträgt die nationale Höchstgrenze für Kalbinnen jene Anzahl an Prämienansprüchen, die im jeweiligen Jahr aus der nationalen Reserve nicht zugeteilt wurden. Die Prämie ist für Kalbinnen mit einem Alter zu Beginn des Haltungszeitraums von acht bis höchstens 20 Monaten zu gewähren, die auf einem österreichischen Zuchtbetrieb gehalten werden oder im Jahr 2004 auch für Antragsteller, die die Mutterkuhprämie beantragen und deren Betriebe über keine Anlieferungs-Referenzmenge zu Beginn des Zwölfmonatszeitraums der Antragstellung verfügen, höchstens jedoch für 20% der Anzahl der im Jahr 2004 beantragten Mutterkühe. Die Mutterkuhprämie für Kalbinnen kann höchstens einmal im Leben einer Kalbin beantragt werden. Der Zuchtbetrieb hat zum Zeitpunkt der Antragstellung Mitglied einer von der jeweiligen Landwirtschaftskammer oder Landesregierung anerkannten Zuchtorganisation zu sein und sich mit Rinderzucht zu befassen. Dieser Zuchtbetrieb hat hinsichtlich aller Rinder, bei denen dies aufgrund des Alters und der Zuchtrichtung möglich ist, Leistungserhebungen gemäß den Bestimmungen der Zentralen Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter durch den zuständigen Kontrollverband durchzuführen. Die Mutterkuhprämie für Kalbinnen ist für Antragsteller, die über eine individuelle Höchstgrenze aber deren Betriebe über keine Anlieferungsmenge verfügen, vorrangig gegenüber Zuchtbetrieben zu bedienen. Für Zuchtbetriebe, die über eine individuelle Höchstgrenze aber deren Betriebe über keine Anlieferungs-Referenzmenge verfügen, kann die Mutterkuhquote nur im Rahmen der Gewährung für Zuchtbetriebe gewährt werden."

§ 7 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007,

lautet:

"In-Kraft-Treten

§ 7. Dieses Bundesgesetz tritt


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1.
hinsichtlich des § 5 mit und
2.
hinsichtlich der übrigen Bestimmungen mit
in Kraft."

2.3. Hinsichtlich der im Beschwerdefall anwendbaren Rechtslage ist der belangten Behörde grundsätzlich beizupflichten, dass angesichts der ausdrücklichen Anordnung über den zeitlichen Geltungsbereich des § 3 Marktordnungs-Überleitungsgesetzes, BGBl. I Nr. 55/2007, für die Jahre bis 2004, ungeachtet der Wirkung, die die Aufhebung (nur) der Stammfassung der TPV 2000 mit Ablauf des , gehabt haben mag, auch im Beschwerdefall bei der Entscheidung über den Antrag betreffend Bestandsprämien für das Jahr 2004 das Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, anzuwenden war.

Die Bindungswirkung aufhebender Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ist nur im Falle einer unveränderten Sach- und Rechtslage gegeben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/17/0101, und vom , Zl. 96/05/0272, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 4/12, mit Hinweis auf Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 189). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis vom ausgesprochen hat, hat die Behörde, wenn nach einem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes eine für den betreffenden Fall maßgebliche Änderung der Rechtslage eintritt, sofern für sie die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgeblich ist, auf der Grundlage der nunmehr für ihre Entscheidung maßgeblichen Normen zu entscheiden (der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu auf die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 9203/A, und vom , Zl. 85/13/0186, hingewiesen). In gleicher Weise wäre im Falle von zeitraumbezogenen Ansprüchen, wie sie die hier gegenständlichen Ansprüche auf Rinderprämien für einen bestimmten Zeitraum darstellen, eine allfällige rückwirkende Änderung der Rechtslage (wie sie § 3 Z 5 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, anordnete) bei der Erlassung des Ersatzbescheides zu beachten.

2.4. Zu klären ist aber, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine rückwirkende Änderung von Anspruchsvoraussetzungen zulässig ist (in diese Richtung etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/12/0458; vgl. für das Abgabenrecht insbesondere Mairinger/Twardosz, Die maßgebende Rechtslage im Abgabenrecht - Teil II, ÖStZ 2007, 49 (50)). Dies bei dem hier vorliegenden Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt, ob eine solche Rückwirkung auch in Betracht kommt, wenn es um Anspruchsvoraussetzungen geht, die eine entsprechende Disposition des Antragstellers erfordern, die aber im Falle einer rückwirkenden Einführung oder Änderung eines solchen Erfordernisses naturgemäß nicht mehr möglich ist. Hinzu kommt im Beschwerdefall, dass eine Änderung der Rechtslage nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte, die darauf angelegt ist, den Beschwerdeführer um den Erfolg seiner Beschwerde im ersten Rechtsgang zu bringen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation (rückwirkende Änderung der Rechtslage während der Anhängigkeit von Bescheidbeschwerdeverfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts) das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 10.402/1985).

Diese Frage der Zulässigkeit der rückwirkenden Änderung der Anspruchsvoraussetzungen hat sowohl einen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen als auch einen unionsrechtlichen Aspekt. Dies im Hinblick darauf, dass eine Verwaltungsbehörde bei der Durchführung von Unionsrecht (wie im Beschwerdefall bei der Entscheidung über Ansprüche, die auf unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der gemeinschaftlichen Marktordnung beruhen) auch die Übereinstimmung der innerstaatlichen Rechtslage mit dem Unionsrecht zu prüfen hat und gegebenenfalls nach den Grundsätzen des Unionsrecht innerstaatliches Recht, welches wegen Widerspruchs zum Unionsrecht als unanwendbar anzusehen ist, nicht anwenden dürfte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0029, unter Hinweis auf das Urteil des EuGH Rs 106/77, Simmenthal II , Slg. 1978, 629, Rz 17/18, sowie zur Verpflichtung der Behörden der Mitgliedstaaten zu einer Auslegung des nationalen Rechts, dass dieses nicht mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts kollidiert, , MM , Rn 93).

Die belangte Behörde hat diese Problematik auch insoweit erkannt, als sie sich im angefochtenen Bescheid auch mit der Frage, ob beim Beschwerdeführer ein berechtigtes Vertrauen auf die Rechtslage nach § 9 Abs. 6 TPV 2000 habe bestehen können, auseinandergesetzt hat.

Sollten derartige Grundsätze des Unionsrechts der Anwendung einer rückwirkend erlassenen nationalen Bestimmung entgegen stehen, ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob die entsprechende Bestimmung mit nationalem Verfassungsrecht übereinstimmt (und damit insoweit Bedenken bestünden, die die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof erforderlich machten; vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10.402/1985).

2.5. Im Lichte dieser Überlegungen ist somit zu prüfen, ob die hier in Rede stehende, im Beschwerdefall vorgenommene rückwirkende Rechtsänderung mit dem Unionsrecht in Einklang steht.

Sollte dies nicht der Fall sein, wäre im Sinne der dargestellten Rechtsprechung von einer Verdrängung der von der belangten Behörde angewendeten innerstaatlichen Norm auszugehen.

Soweit innerstaatliche Regelungen zu den (unmittelbar anwendbaren) maßgeblichen Verordnungsbestimmungen des Unionsrechts hinzutreten können, müssen diese nicht nur der innerstaatlichen Verfassung entsprechen, sondern auch die in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0135, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

Daraus folgt, dass eine rückwirkende Änderung nur soweit zulässig ist, als damit nicht gegen derartige Grundsätze verstoßen wird.

Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit auch, dass der Gesetzgeber klare Vorschriften erlassen muss, die die Vorhersehbarkeit der Rechtsfolgen ermöglichen (vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Cosmas, Rs C-64/93, Slg (1996) I 569 (581)).

Nach ständiger Rechtsprechung verbietet der Grundsatz der Rechtssicherheit es im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, sofern dies nicht ausnahmsweise aufgrund eines im Allgemeininteresse liegenden Ziels geboten ist, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist und aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Vorschriften eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (vgl. die , Mitsui Co. Deutschland, Slg. 2009, I-1951, Rn 32, und vom , Rs C-522/10, Doris Reichel-Albert, Rn 25).

Wenngleich dieser Grundsatz nicht so weit ausgedehnt werden darf, dass er die Anwendung einer neuen Regelung auf die künftigen Folgen eines Sachverhalts, der unter der Geltung der früheren Regelung entstanden ist, schlechthin ausschließt (vgl. das , Flos Spa, Rn 53, und die dort angeführte Rechtsprechung), stellt die im vorliegenden Fall erfolgte Rechtsänderung eine solche dar, die (nur in noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren) auf in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte Anwendung finden sollte. Zudem liegt eine nachträglich erfolgte Veränderung der Anspruchsvoraussetzungen vor.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Gesetzgeber durch den Grundsatz der Rechtssicherheit beispielsweise auch verhalten, etwaige Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen im Voraus festzulegen (vgl. Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts, 372). Eine rückwirkende Änderung der materiellen Voraussetzung der Mitgliedschaft in einer Zuchtorganisation derart, dass es nicht mehr allein auf die Mitgliedschaft, sondern auf eine Mitgliedschaft bereits im Zeitpunkt der Antragstellung ankäme (und ihre Anwendung in einem Fall, in dem der Antrag auf die Mitgliedschaft nur einen Tag nach der Antragstellung um die Rinderprämien erfolgte) stellt in ähnlicher Weise wie die genannten Änderungen von Ausschlussfristen eine rückwirkende Änderung in einem Bereich dar, in dem der Antragsteller ursprünglich Dispositionsfreiheit hatte und die nachträgliche Änderung bedeutet, dass die nach der neuen Rechtslage zu einem bestimmten Zeitpunkt zu setzende Handlung denkunmöglich noch nachgeholt (rechtzeitig gesetzt) werden kann. Die genannte Rechtsprechung ist daher auch auf die vorliegende Rechtsänderung anwendbar.

Dass ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, dessen Verfolgung die rückwirkende Änderung der Rechtslage im Beschwerdefall geboten erscheinen lassen könnte, vorläge, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Es ist insofern keine Rechtfertigung für die - im besonderen Maße den Beschwerdeführer ungeachtet seiner im ersten Rechtsgang erfolgreichen Beschwerde treffenden - rückwirkende Rechtsänderung ersichtlich.

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass der Beschwerdeführer kein berechtigtes Vertrauen auf § 9 Abs. 6 TPV 2000 hätte haben können, übersieht sie, dass der Umstand, dass Verwaltungsbehörden eine Bestimmung in einem anderen Sinn ausgelegt haben, als er der Bestimmung objektiv zukommt, nicht schon ein Vertrauen auf die entsprechende Rechtslage ausschließt. Ein rückwirkender Eingriff des Gesetzgebers in die Rechte der Rechtsunterworfenen derart, dass die Erfüllung einer zunächst nicht vorhandenen Voraussetzung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt verlangt wird, wird nicht dadurch in seiner Auswirkung gemindert, dass eine Verwaltungsbehörde die Vorschrift ursprünglich in dem Sinn verstanden hat, wie er später vom Gesetzgeber einer rückwirkenden Änderung zu Grunde gelegt wird.

Die Heranziehung von Merkblättern oder einer bloßen Verwaltungspraxis dafür, worauf ein Normunterworfener hätte vertrauen dürfen, ist nicht zulässig. Dies umso weniger in einem Fall wie hier, in dem das zuständige Gericht auf Grund der Beschwerde des Beschwerdeführers bereits festgestellt hat, dass diese Auffassung nicht mit dem Gesetz im Einklang steht. Die Normunterworfenen können vielmehr sehr wohl darauf vertrauen, dass die kundgemachten Rechtsvorschriften gelten. Darauf, wie die Verwaltung die Vorschriften (etwa in Rundschreiben oder Auskünften an Interessenvertretungen) verstanden hat, kann es allenfalls im Zusammenhang mit der Schuldfrage im Falle von Verstößen gegen Vorschriften ankommen, die von der Verwaltungsbehörde mit verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen zu ahnden wären. Ein Normunterworfener muss sich jedoch die verfehlte Rechtsansicht einer Behörde oder seiner Interessenvertretung nicht in dem Sinn entgegen halten lassen, dass für die rechtliche Beurteilung nicht die seinerzeit in Geltung gestandene Rechtslage, sondern eine verfehlte Auslegung von Verwaltungsbehörden maßgeblich wäre.

Der Rechtsprechung des EuGH ist kein Ansatz für eine Differenzierung, wie sie die belangte Behörde vornehmen möchte, zu entnehmen.

2.6. Zu dem Hinweis der belangten Behörde auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/04/0102, ist auszuführen, dass sich dieses Erkenntnis nicht auf einen zeitbezogenen Anspruch, sondern auf den Fall bezog, in dem während eines laufenden Verfahrens betreffend einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung die materielle Rechtslage hinsichtlich die Bewilligungsvoraussetzungen geändert wurde und der Verwaltungsgerichtshof die dort zu beurteilende Konstellation somit nicht als eine rückwirkende Änderung der Rechtslage qualifizierte.

Im Übrigen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendung von Verfahrensvorschriften davon aus, dass eine Änderung von Verfahrensregelungen während eines laufenden Verfahrens nicht auf die bereits gesetzten Verfahrenshandlungen anzuwenden ist (vgl. etwa die hg. Rechtsprechung zur Änderung des § 42 AVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/05/0239, vom , Zl. 2000/05/0052, und vom , Zl. 2000/06/0039).

Die vorliegende Änderung der Anspruchsvoraussetzungen ist zwar keine Änderung einer Verfahrensvorschrift. Die durch das Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, vorgenommene rückwirkende Änderung bedeutet aber, dass eine im Zeitpunkt der Antragstellung um die Gewährung der Förderung nicht zu einem bestimmten, vom Antragsteller durchaus beeinflussbaren Zeitpunkt, zu setzende Maßnahme (Beitritt zu einer anerkannten Zuchtorganisation) nunmehr sehr wohl bereits zu einem bestimmten, vor der Antragstellung liegenden Zeitpunkt hätte gesetzt werden müssen. Hinzu kommt, wie schon ausgeführt, der im Beschwerdefall gegebene Effekt, dass die Anwendung der Bestimmung den Beschwerdeerfolg im Verfahren zur Zl. 2007/17/0098 zunichtemachen würde.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde läge in der Anwendung des § 3 Abs. 5 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, somit ein Verstoß gegen das aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit abzuleitende Gebot an den Gesetzgeber, eine vorhersehbare Rechtslage zu schaffen und rückwirkende Änderungen nur vorzusehen, wenn ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel dies gebietet und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird (, Reichel-Albert , Rn 25).

Daraus ergibt sich, dass § 3 Abs. 5 Marktordnungs-Überleitungsgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, insoweit nicht anwendbar ist, als er die im Zeitpunkt der Antragstellung nicht geltende Anspruchsvoraussetzung, die von der belangten Behörde als Grund für die insoweit erfolgte Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers herangezogen wurde, normiert.

2.7. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am