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VwGH vom 18.12.2006, 2006/05/0229

VwGH vom 18.12.2006, 2006/05/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ernst Scheurecker in Schärding, vertreten durch Mag. Wilhelm Deutschmann, Mag. Veronika Feichtinger-Burgstaller und Mag. Christian Obermühlner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Stelzhamerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-0136 89/2-2006-Ri/Le, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Schärding, 2. Hofer KG, 4642 Sattledt, Hoferstraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte die zweitmitbeteiligte Bauwerberin die Erteilung der Baubewilligung "für das im beiliegenden Bauplan des Ing. W. ..., vom , Zl. P 1805, dargestellte und beschriebene Bauvorhaben" betreffend "die Errichtung eines Nahversorgungsmarktes" auf dem Grundstück Nr. 41/1, KG Schärding-Vorstadt.

Für das im bestehenden Flächenwidmungsplan als Betriebsbaugebiet-Verdachtsfläche-Altlast gewidmete Baugrundstück wurde bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom die Bauplatzbewilligung erteilt.

Der Beschwerdeführer wurde als Nachbar des Baugrundstückes unter Hinweis auf den mit dem Baubewilligungsgesuch eingereichten Bauplan und die Baubeschreibung zur mündlichen Bauverhandlung am persönlich und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen.

In der mündlichen Bauverhandlung wendete der Beschwerdeführer ein:

"1) Das Bauprojekt erstreckt sich großteils über eine mit einer Asphaltdecke abgedeckte Giftmülldeponie von 6 bis 8 m Höhe, die bis in das gestaute Grundwasser des Kraftwerkes Passau-Ingling reicht. Nach dem Altlast-Sanierungsgesetz muss vor Bauführung diese Giftmülldeponie entfernt werden. Es kann daher die Oberfläche der Müllhalde nicht als Baugrund gewidmet, erklärt oder genehmigt werden, weil vorher die Giftmülldeponie zu entfernen ist. Ich erhebe auch Einspruch gegen die Setzung von Piloten durch den Körper der Deponie wegen zusätzlicher Verseuchungsgefahr des Grundwassers und verlange vorerst die Sicherung dieser Giftmülldeponie auf Grund des Gesetzes.

2) Die asphaltierte Oberfläche der Deponie befindet sich unterhalb der Kote des 30-jährigen Hochwasserspiegels und es ist laut Beschluss des oberösterreichischen Landtages zum Oö. Raumordnungsgesetz jedwede Verbauung von Grundstücken unterhalb der 30-jährigen Hochwasserkote verboten. Gegen eine weitere Geländeaufschüttung über der Mülldeponie erhebe ich schon im Voraus aus wasserrechtlichen Gründen meinen Einwand, welcher im Wasserrechtsverfahren noch genau präzisiert wird.

3) Es bestehen derzeit mehrere Hochwasserschutz-Dammbauprojekte seitens des Bundes, die sich alle über Teile des geplanten Bauwerkes und Parkplatzes erstrecken und im öffentlichen Interesse gelegen sind. Da dieses Hochwasserschutz-Dammprojekt nicht nur vom Bund, sondern auch vom Land, von der Stadtgemeinde Schärding und von den Interessenten samt Grundeinlösung mitzufinanzieren sein wird, steht das vorliegende Projekt der Firma Hofer-KG im Widerspruch zu jedem Hochwasserschutz-Dammbauprojekt in diesem Bereich. Als laufend Hochwassergeschädigter kommt mir daher für die Realisierung des geplanten Hochwasserschutzes ein berechtigtes Interesse zu, was auch von der öffentlichen Hand wahrzunehmen sein wird, sobald die Giftmülldeponie entfernt ist."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden ab- bzw. zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadt vom "als unzulässig mangels Parteistellung zurückgewiesen bzw. abgewiesen und der erteilte Baubewilligungsbescheid vollinhaltlich bestätigt". In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass die in der mündlichen Verhandlung vom erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers, die sich im Wesentlichen auf die Forderung der Entfernung bzw. Sicherung der Giftmülldeponie und auf die Forderung der Vornahme von Hochwasserschutzmaßnahmen beschränkten, mangels Behauptung einer konkreten Rechtsverletzung keine Einwendungen im Rechtssinne darstellten. Diese allgemein gehaltenen Forderungen ließen die Behauptung der Verletzung eines konkreten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes nicht erkennen. Mangels Erhebung von Einwendungen im Rechtssinne habe daher der Beschwerdeführer seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren verloren. Die Berufung sei schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Insoweit das Berufungsvorbringen über jene Einwendungen hinausgehe, welche in der mündlichen Verhandlung vom erhoben worden seien, sei das Berufungsvorbringen zurückzuweisen gewesen, weil der Nachbar im Baubewilligungsverfahren Nachbar- und damit Parteistellung nur im Rahmen und im Umfang der rechtzeitigen, rechtserheblichen Einwendungen erlange und nur insoweit in seinen Rechten verletzt sein könne. Bei dem Baugrundstück, für welches die Baubewilligung erteilt worden sei, handle es sich um eine bereits seit vielen Jahren bebaute Liegenschaft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wird. Der Nachbar habe nach den Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nur ein beschränktes Mitspracherecht. Durch die Erteilung einer Baubewilligung könne daher der Nachbar nur dann in seinen Rechten verletzt werden, wenn die Baubehörde eine von ihr wahrzunehmende Bestimmung missachtet habe, auf deren Einhaltung dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zukomme. Der Hochwasserschutz benachbarter Grundstücke sei nicht durch die Baubehörde wahrzunehmen, da ganz allgemein der Hochwasserschutz Sache der Wasserrechtsbehörde sei. Umstände, die in die Zuständigkeit der Naturschutz-, Wasserrechts-, Gewerbe- oder Umweltschutzbehörde fielen, bildeten grundsätzlich keinen Gegenstand des baubehördlichen Verfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Baubewilligungsverfahren haben u.a. die Nachbarn Parteistellung (vgl. hiezu § 32 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994).

Der Beschwerdeführer hatte im Hinblick auf die Entfernung seines Grundstückes vom Baugrundstück der zweitmitbeteiligten Partei im beschwerdegegenständlichen Baubewilligungsverfahren Parteistellung als Nachbar im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 2 Oö. Bauordnung 1996.

Gemäß dem Abs. 3 dieses Paragraphen können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendung erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. In § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 werden die Voraussetzungen öffentlichrechtlicher Einwendungen näher umschrieben. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ..."

Die Rechtsstellung des Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren ist demnach beschränkt; der Nachbar hat nur dort ein durchsetzbares Mitspracherecht, wo seine durch baurechtliche Vorschriften geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0156). Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn auch nach der Oberösterreichischen Bauordnung zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Dies gilt auch für Nachbarn, die gemäß § 42 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ihre Parteistellung behalten haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0007).

Der Nachbar kann nach der hier maßgeblichen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren somit nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen. Keine solchen subjektiv-öffentlichen Rechte sind, wie sich aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 ergibt: die mögliche Veränderung des Grundwasserhaushaltes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0143); die durch die geplante Bebauung eines Grundstückes hervorgerufenen Veränderungen mit einer Bedrohung durch Hochwässer (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/05/0042, ergangen zu der vergleichbaren Rechtslage der Oö. BauO 1875, sowie vom , Zl. 94/06/0236, ergangen zur insoweit übereinstimmenden Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung); die mangelnde Eignung des Bauplatzes (vgl. hiezu die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Aufl., S. 319, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Im Bauplatzbewilligungsverfahren hat der Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0094). Die erteilte Bauplatzbewilligung kann im Baubewilligungsverfahren nicht bekämpft werden (vgl. hiezu Hauer, a.a.O., 5. Aufl., S. 343).

Die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Bauverhandlung erhobenen Einwendungen beziehen sich ausschließlich auf die Beeinträchtigung des Grundwassers und die durch das Bauvorhaben befürchtete Veränderung des Hochwasserschutzes; sie stützen sich demnach nicht auf Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes, die dem Interesse der Nachbarschaft dienen.

Es liegt somit keine Einwendung vor, die sich auf Bestimmungen stützt, bezüglich derer dem Beschwerdeführer ein Mitspracherecht im Baubewilligungsverfahren zukommt. Das hatte aber zur Folge, dass der Beschwerdeführer nach § 42 Abs. 1 AVG seine Parteistellung in diesem Verfahren verloren hat.

Die Berufungsbehörde hat daher zu Recht die Berufung des Beschwerdeführers wegen Verlustes seiner Parteistellung zurückgewiesen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, bei der mündlichen Verhandlung wären keine Baupläne vorgelegen, ist durch die Aktenlage nicht gedeckt. Diesem Vorbringen käme, selbst wenn es zuträfe, keine Relevanz zu, weil der Beschwerdeführer diesfalls Planmängel, die ihn außer Stande setzten, die Beeinträchtigung seiner Rechte zu beurteilen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0098), in der mündlichen Verhandlung hätte geltend machen müssen.

Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am