Suchen Hilfe
VwGH 25.07.2013, 2013/07/0005

VwGH 25.07.2013, 2013/07/0005

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2013/07/0004 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des DI R S in L, vertreten durch Neger/Ulm Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Parkstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zlen. UVS 303.23-4/2012-16, UVS 30.23-100/2012-13, UVS 353.23-2/2012-16, UVS 35.23-5/2012-13, betreffend Übertretungen des AWG 2002 (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der L-GmbH wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom (in weiterer Folge: Genehmigungsbescheid 2007) gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Behandlungsanlage zur Verwertung von biogenen Abfällen erteilt. Die Genehmigung umfasste u.a. die Behandlung von Abfällen der SN 92122, 92203 und 92504 (jeweils Flotatschlämme mit unterschiedlicher Zusammensetzung) im Ausmaß von 6.700 Jahrestonnen.

Mit Bescheid des LH vom (in weiterer Folge: Genehmigungsbescheid 2008) wurde der L-GmbH gemäß § 37 Abs. 1 sowie Abs. 4 Z 3 und Z 4 in Verbindung mit § 51 AWG 2002 u.a. die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Klärschlammtrocknungsanlage erteilt. Unter Punkt 3 "Abfalltechnik" findet sich folgende Auflage:

"Die thermische Verwertung des getrockneten Gutes ist nachzuweisen. Der Nachweis ist in Form einer Massenbilanz und von Bestätigungen der Übernehmer des getrockneten Gutes für jedes Kalenderjahr getrennt zu führen. Die Massenbilanz ist der Behörde unaufgefordert bis zum 10. April des Folgejahres vorzulegen. Eine sonstige Verwertung bzw. Beseitigung des getrockneten Gutes ist unzulässig."

Mit Straferkenntnis vom legte die Bezirkshauptmannschaft L (BH) dem Beschwerdeführer als einem der Geschäftsführer der L-GmbH mehrere Übertretungen des AWG 2002 bzw. von Auflagen der Genehmigungsbescheide zur Last (entsprechende Straferkenntnisse ergingen auch gegenüber weiteren Geschäftsführern der L-GmbH).

Soweit im vorliegenden Fall noch von Interesse wurde dem Beschwerdeführer mit Punkt II des Straferkenntnisses ("Übertretung II") vorgeworfen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der L-GmbH die Verantwortung dafür zu tragen, dass entgegen dem Genehmigungsbescheid 2007 in der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage im Zeitraum vom bis zum auch Abfall in Form von Blut und Zellulose behandelt worden sei. Dies sei erfolgt, obwohl die Behandlung von Blut und Zellulose vom Genehmigungsumfang des genannten Bescheides nicht umfasst sei; die Behandlung dieser Materialien sei daher außerhalb einer hiefür genehmigten Behandlungsanlage und außerhalb eines für diese Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes erfolgt.

Außerdem seien im Zeitraum vom bis Flotatschlämme (SN 92504) im Ausmaß von 7.552,58 t behandelt worden, obwohl nur die Behandlung von 6.700 t Flotatschlämmen genehmigt worden sei; die zulässige Menge sei somit um 852,58 t überschritten worden. Dadurch seien die Rechtsvorschriften des § 79 Abs. 2 Z 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 AWG 2002 und dem Genehmigungsbescheid 2007 verletzt worden. Über den Beschwerdeführer werde aus diesem Grund eine Geldstrafe von EUR 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) gemäß § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 verhängt.

Unter Punkt IV. ("Übertretung IV") wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, den Genehmigungsbescheid 2008, und zwar dessen Auflage Nr. 3 (Abfalltechnik) nicht eingehalten zu haben. Der Beschwerdeführer trage die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung dafür, dass von der L-GmbH im Zeitraum vom bis zum der Nachweis über die thermische Verwertung nicht erbracht worden sei und dass unzulässigerweise das getrocknete Gut (Gärreste) zum überwiegenden Anteil einer Kompostierung zugeführt worden sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.800,-- gemäß § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen das Straferkenntnis Berufung.

Die belangte Behörde führte am eine mündliche Berufungsverhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung wurden unter anderem der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie die Sachverständigen und ein Zeuge einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt IV des Erstbescheides abgewiesen. Die Berufung gegen Spruchpunkt II des Erstbescheides wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Vorwurf der Behandlung von Blut und Zellulose außerhalb einer hiefür genehmigten Behandlungsanlage sowie außerhalb eines für diese Behandlung vorgesehenen geeigneten Ortes zu entfallen habe; der restliche Spruch bleibe unberührt.

Die belangte Behörde stellte als entscheidungswesentlichen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Übertretung II fest, dass im Zeitraum vom bis Flotatschlämme mit der Schlüsselnummer 92504 im Ausmaß von 852,58 t behandelt worden seien, obwohl diesbezüglich keine abfallrechtliche Genehmigung bestehe. Zur Übertretung IV wurde festgehalten, dass zwar eine Massenbilanz vorgelegt worden sei, dass aber nur anfangs eine thermische Verwertung im Zementwerk K. erfolgt sei und dass in weiterer Folge die Gärreste einer Kompostierung zugeführt worden wären. Dieser Sachverhalt sei nicht bestritten worden.

In ihren beweiswürdigenden Überlegungen hielt die belangte Behörde zur Übertretung IV fest, dass dem Beschwerdeführer nicht Glauben geschenkt habe werden können, wonach er die Gärreste der Firma U. HandelsgesmbH, einem befugten Abfallsammler und Abfallbehandler, übergeben habe und davon ausgegangen wäre, dass diese Firma die Verwertung bescheidkonform durchführe. Diesbezüglich sei festzuhalten, dass einer der Berufungswerber auch Geschäftsführer dieser GmbH sei und auf Grund dieses Naheverhältnisses alle Berufungswerber davon Kenntnis gehabt hätten, dass die gänzliche thermische Verwertung der getrockneten Gärreste nicht erfolgt sei, sondern dass diese zuerst zwischengelagert und in weiterer Folge in einer Kompostieranlage verwertet worden wären. Dies sei auch unstrittig festgestellt worden.

Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung befasste sich die belangte Behörde vorerst mit der Frage, ob es im vorliegenden Fall einen abfallrechtlichen Geschäftsführer nach § 26 Abs. 1 AWG 2002 gäbe, und verneinte dies mit näherer Begründung. Dementsprechend wären die zur Vertretung nach außen Berufenen der L-GmbH, die Geschäftsführer der GmbH, für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlich relevanten Bestimmungen verantwortlich. Da die Biogasanlage, welche zwar auf der Verbandskläranlage situiert sei, auch Abfälle von anderen Örtlichkeiten übernommen habe, sei unstrittigerweise von der gewerblichen Tätigkeit, auf Gewinn gerichtet, auszugehen.

Zur Übertretung II führte die belangte Behörde in ihren rechtlichen Erwägungen aus, dass der Vorwurf hinsichtlich der zusätzlichen Behandlung von Blut und Zellulose (aus näher dargestellten Gründen) zu entfallen habe. Es habe aber eindeutig festgestellt werden können, auch auf Grund des Gutachtens der Sachverständigen, dass die Flotatschlämme im Jahr 2009 die zulässige Menge des Genehmigungsbescheides 2007 überschritten hätten. Eine mengenmäßige Beschränkung gerade bei einer Biogasanlage, bezogen auf die einzelnen Abfallarten, mit welchen diese beschickt werden solle, sei äußerst wichtig, damit die Prozessstabilität gewährleistet sei. Diese Übertretung sei zumindest fahrlässig zu verantworten.

Zur Übertretung IV heißt es in der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides nach Wiedergabe der Auflage 3 des Genehmigungsbescheides 2008, dass die getrockneten Gärreste nur anfangs einer thermischen Verwertung im Zementwerk K. zugeführt worden seien. In weiterer Folge stehe unstrittig fest, dass die Gärreste kompostiert worden seien, was eindeutig der Bescheidauflage widerspreche.

Zur Strafbemessung für die Übertretungen II und IV wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall jeweils nur die Mindeststrafe verhängt worden sei und Milderungs- und Erschwerungsgründe nicht vorlägen. Eine Abänderung der von der Erstinstanz verhängten Strafe wäre daher nicht vorzunehmen gewesen. Auch bei der Übertretung II habe trotz Einschränkung des Tatvorwurfes die Strafe nicht herabgesetzt werden können, weil ebenfalls nur die Mindeststrafe verhängt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des AWG 2002 haben folgenden Wortlaut:

"§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

(2) ...

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

(4) ...

§ 79. (1) ...

(2) Wer

1.

...

3.

nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,

4.

...

11.

die gemäß § 43 Abs. 4, § 44, § 54 Abs. 2 oder § 58 Abs. 2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen oder die Auflagen, Bedingungen oder Befristungen der gemäß § 77 übergeleiteten Bescheide oder die gemäß § 48 Abs. 1 vorgeschriebenen Befristungen nicht einhält,

12. ...

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7.270 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 EUR bedroht."

2. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich - wie schon im Verwaltungsstrafverfahren - eingangs der Beschwerde als "nebenamtlicher Geschäftsführer", dies im Gegensatz zum (namentlich genannten) "hauptamtlichen Geschäftsführer". Am Ende der Beschwerde gesteht der Beschwerdeführer allerdings zu, dennoch "formell nach den Bestimmungen des VStG mitzuhaften".

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist derjenige für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind. Der Beschwerdeführer ist einer von mehreren Geschäftsführern der L-GmbH und somit zu deren Vertretung nach außen berufen; die Annahme der belangten Behörde, wonach ein verantwortlicher Beauftragter nicht bestellt wurde, zog der Beschwerdeführer nicht in Zweifel. Die Heranziehung (auch) des Beschwerdeführers als Adressat eines Strafbescheides erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

3. Zur Übertretung II bringt die Beschwerde vor, die Überschreitung der höchstzulässigen genehmigten Menge an Flotatschlämmen liege innerhalb der Messtoleranz von rund 10 %. In der Anlagegenehmigung fänden sich nicht nur 6700 Jahrestonnen der SN 92504, 92122 und 92503, sondern auch 2.500 Jahrestonnen der SN 92121 und 92403. Sämtliche SN beträfen Kofermente, die u. a. tierische Anteile enthielten. Eine Verschiebung der Kofermente zwischen diesen Bereichen sei zulässig und es hätte die L-GmbH in diesem Sinne eine bewilligte Menge von

9.200 Jahrestonnen zur Verfügung. Diese Gesamtmenge sei im Jahr 2009 aber nicht erreicht worden.

Darüber hinaus unterliege die belangte Behörde einem Subsumtionsirrtum, weil sich der Vorwurf bezüglich der Übertretung II auf § 79 Abs. 2 Z 3 AWG stütze, ohne dass einer der in dieser Bestimmung angeführten Straftatbestände verwirklicht worden sei.

Unstrittig ist, dass in der Biogasanlage der L. GmbH im Jahr 2009 die konsentierte Menge der Flotatschlämme (SN 92504) um rund 10 % überschritten wurde. Die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene "Aufrechnung" mit anderen, ähnlichen SN ist - entgegen seiner Ansicht - aber nicht vom Bewilligungsbescheid gedeckt. Der Umstand, dass nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides 2007 von den SN 92504, 92122 und 92503 (Flotatschlämme unterschiedlicher Zusammensetzung) insgesamt

6.700 Jahrestonnen und von den SN 92121 und 92403 (Speiseöle unterschiedlicher Herkunft) weitere 2.500 Jahrestonnen behandelt werden dürfen, macht lediglich deutlich, dass innerhalb dieser zwei Gruppen kein festes Aufteilungsverhältnis besteht. Eine darüber hinausgehende Anrechnung findet aber im Genehmigungsbescheid keine Deckung.

In diesem Zusammenhang erscheint die Argumentation der belangten Behörde nachvollziehbar, wonach die mengenmäßige Beschränkung der einzelnen Abfälle und damit die Zusammensetzung der Abfälle bei der Beschickung der Anlage gerade bei einer Biogasanlage wichtig ist, um die Prozessstabilität zu gewährleisten. Wenn ein problemloser Austausch innerhalb der vom Beschwerdeführer genannten SN möglich wäre, wäre der Genehmigungsbescheid 2007 anders formuliert worden. Dies ist aber nicht geschehen.

Was die angeblich fehlerhafte Subsumtion unter § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 betrifft, übersieht der Beschwerdeführer, dass § 15 Abs. 3 AWG 2002 auch eine entgegen dieser Vorschrift vorgenommene Behandlung nicht gefährlicher Abfälle umfasst. Für die Behandlung der Mehrmenge an Flotatschlämmen lag aber keine Bewilligung vor, die Behandlung in der Anlage erfolgte daher im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 außerhalb des Konsenses der genehmigten Anlage. Die Behandlungsanlage ist nur im Rahmen der Bewilligung ein für die Behandlung vorgesehener geeigneter Ort im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach im vorliegenden Fall nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 3 AWG 2002 behandelt und dadurch der Tatbestand des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 verwirklich worden wäre, kann daher nicht beanstandet werden.

4. Zur Übertretung IV bringt der Beschwerdeführer vor, er habe nachgewiesen, dass die gegenständlichen Gärreste einem befugten Abfallsammler und Abfallbehandler übergeben worden seien und dass die Mengen- und Massennachweise gegenüber der Behörde geführt worden seien. Dies sei vom Sachverständigen auch anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigt worden. Weiters sei releviert worden, dass die Gärreste nach anfänglicher thermischer Verwertung im Zementwerk K. wegen dort gegebener technischer Probleme und wegen der Nichtverfügbarkeit einer anderen thermischen Verwertung zwischengelagert und, als das Zwischenlager voll gewesen sei, auf einer dafür genehmigten Anlage kompostiert worden seien. Die L-GmbH habe sich bei der Abfallrechtsbehörde um die Aufhebung der Bescheidauflage 3 bemüht, weil diese unzulässig die thermische Verwertung ausschließlich auf das Zementwerk K. fokussiert habe. Die belangte Behörde übersehe, dass nicht die getrockneten Gärreste (im Sinne sämtlicher getrockneter Gärreste), sondern lediglich ein Teil derselben nach anfänglicher auflagengemäßer thermischer Verwertung kompostiert worden sei. Ein wesentlicher, nicht quantifizierter Teil der Gärreste sei zwischengelagert worden, was der Bescheidauflage 3 nicht widerspreche.

Unstrittig kam es im vorliegenden Fall - entgegen der Vorschreibung der Auflage 3 - in Bezug auf einen Teil der Gärreste zu keiner thermischen Verwertung, sondern zu einer Zwischenlagerung und einer Kompostierung und damit zu einem Verstoß gegen die Auflage 3. Bei der Formulierung des Spruchpunktes IV wurde bereits darauf Rücksicht genommen, dass es sich nicht um sämtliche Gärreste handelte, lautet dieser Vorwurf doch dahingehend, dass das getrocknete Gut (Gärreste) "zum überwiegenden Anteil" einer Kompostierung zugeführt worden sei.

Der Beschwerdeführer hat während des Verwaltungsverfahrens eine Quantifizierung der kompostierten Teile der Gärreste selbst nicht vorgenommen und es bleiben auch seine Behauptungen in der Beschwerde diesbezüglich unbestimmt, sodass sich diese Art der Formulierung im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erweist.

Die Kompostierung von Gärresten widerspricht aber eindeutig der genannten Bescheidauflage, sodass der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie vom Vorliegen der genannten Verwaltungsübertretung in zumindest fahrlässiger Form ausging.

5. In Bezug auf beide Verwaltungsübertretungen bringt der Beschwerdeführer vor, sie seien bloß fahrlässig begangen worden und hätten zu keinen negativen Auswirkungen oder Schäden geführt, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen wäre bzw. von einer Strafe abgesehen hätte werden müssen. Der Beschwerdeführer nimmt ausdrücklich Bezug auf die §§ 20 und 21 VStG.

Die belangte Behörde argumentierte im angefochtenen Bescheid dahingehend, dass jeweils nur die Mindeststrafe verhängt worden sei und Milderungs- und Erschwerungsgründe nicht vorgelegen seien.

Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Nach § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Nun handelt es sich bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, bei denen der Nichteintritt eines Schadens oder einer Gefahr schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs. 2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt. Weitere Milderungsgründe im Sinne des § 19 Abs. 2 VStG nennt der Beschwerdeführer nicht. Daraus folgt, dass von einem "beträchtlichen" Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG nicht auszugehen war.

Die belangte Behörde ging in beiden Fällen von fahrlässigem Verhalten des Beschwerdeführers aus. Ein Vorbringen in Richtung Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 letzter Satz VStG hat der Beschwerdeführer nicht erstattet.

Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG ist das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden im Sinne des § 21 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/09/0066, ua).

Ein im Sinne der Rechtsprechung besonders geringfügiges Verschulden ist aber hier nicht anzunehmen. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung - bezogen auf die Übertretung IV - an, über die Probleme mit der thermischen Verwertung in K. informiert gewesen zu sein; eine Reaktion darauf hat er nicht behauptet. Schließlich kann angesichts der Nichteinhaltung der Höchstmengen bestimmter SN bei der Beschickung der Anlage nicht davon ausgegangen werden, dass das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers hinter dem in § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, beeinträchtigt doch dieses Vorgehen den Zweck der übertretenen Norm, nämlich die Behandlung von Abfällen nur in genehmigten Anlagen sicherzustellen, nicht unerheblich.

Die belangte Behörde konnte daher ohne Rechtsirrtum auch von der Anwendung des § 21 VStG Abstand nehmen.

6. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AWG 2002 §15 Abs3 Z1;
AWG 2002 §15 Abs3 Z2;
AWG 2002 §37 Abs1;
AWG 2002 §37 Abs4 Z3;
AWG 2002 §37 Abs4 Z4;
AWG 2002 §51;
AWG 2002 §79 Abs2 Z11;
AWG 2002 §79 Abs2 Z3;
VStG §19 Abs2;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2013070005.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAE-80639