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VwGH vom 06.09.2012, 2010/18/0398

VwGH vom 06.09.2012, 2010/18/0398

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des G G in W, vertreten durch Maga. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom , Zl. E1/4697/1/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, der Beschwerdeführer sei am unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist. Am habe er einen Asylantrag gestellt, der letztlich mit Bescheid des Asylgerichtshofes vom abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer halte sich seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. In der Berufung habe er angegeben, am Vater eines Sohnes geworden zu sein. Die Mutter des gemeinsamen Kindes sei eine Asylwerberin, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Dazu führte die belangte Behörde aus, die Geburt seines Sohnes sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sich der Beschwerdeführer nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer habe sich lediglich aufgrund eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts für die Dauer seines - letztendlich negativ abgeschlossenen - Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet befunden und habe daher bereits vor der Geburt seines Sohnes nicht damit rechnen können, dass ihm unabhängig vom Ausgang seines Asylverfahrens eine "weitere Niederlassung" im Bundesgebiet bewilligt würde.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit 2002 in Österreich, sei nach seinem Vorbringen gut integriert und in seinem Bekannten- und Freundeskreis sehr beliebt. Seine Integration im "Bereich des Dorflebens" sei jedoch nicht so weit fortgeschritten, dass eine Rückkehr in seine Heimat unzumutbar erscheine. Sein Asylantrag sei im Übrigen bereits drei Wochen nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet erstinstanzlich abgewiesen worden. Bereits ab diesem Zeitpunkt hätte er von der Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus ausgehen müssen. Es sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff erweise sich jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens als dringend geboten. Der Beschwerdeführer halte sich bereits trotz rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages seit neun Monaten unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und habe dadurch eine maßgebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen herbeigeführt. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu.

Die Ausweisung erweise sich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht als unzulässig. Die angeführten persönlichen Bindungen in Österreich stellten keine besonderen Umstände in diesem Sinne dar. Angesichts der Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sei die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 EMRK genannten Ziele dringend geboten und unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zulässig.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , Zl. B 1334/10-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach auftragsgemäßer Ergänzung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Wie bereits in seiner Berufung weist der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auf die Geburt seines Sohnes am sowie das noch anhängige Asylverfahren seiner aus Georgien stammenden Lebensgefährtin und Mutter seines Kindes hin und rügt, dass diese Umstände im Rahmen der Abwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht berücksichtigt worden wären.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg.

Der Beschwerdefall gleicht in seinen entscheidungswesentlichen Punkten jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0197, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Auch im Beschwerdefall hat die belangte Behörde bei ihrer Interessenabwägung gemäß § 66 FPG die Tatsache, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers Asylwerberin ist, deren Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet und der eine Rückreise in den Herkunftsstaat derzeit somit nicht zumutbar ist, unberücksichtigt gelassen. Darüber hinaus hat sie es verabsäumt, auf die Auswirkungen der gegenständlichen Ausweisung auf die Familie des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Der Rechtsansicht der belangten Behörde, die "angeführten persönlichen Bindungen in Österreich" stellten "keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK dar", ist nicht zuzustimmen. Weshalb sie die - alleinige - Ausweisung des Beschwerdeführers und die damit verbundene Trennung von seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind, eineinhalb Monate nach dessen Geburt, für dringend geboten erachtete, ohne den Ausgang des Asylverfahrens seiner Lebensgefährtin abzuwarten, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervor.

Die Ausweisung des Beschwerdeführers war daher - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - aus den im zitierten Erkenntnis näher ausgeführten Gründen nicht gerechtfertigt und der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-80611