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VwGH vom 03.11.2010, 2010/18/0374

VwGH vom 03.11.2010, 2010/18/0374

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der N B O in W, geboren am , vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/298.563/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde die Beschwerdeführerin, eine mongolische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am mit Hilfe von Schleppern illegal in das Bundesgebiet gelangt sei und wenig später einen Asylantrag gestellt habe; der Antrag sei am in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin sei nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels.

Die Beschwerdeführerin sei ledig und für ein am geborenes Kind sorgepflichtig; das Kind der Beschwerdeführerin sei ebenfalls mit Bescheid vom ausgewiesen worden. Weitere Bindungen bestünden zum Vater des Kindes, mit welchem die Beschwerdeführerin nicht verheiratet sei; auch dieser sei nach rechtskräftig abgeschlossenem Asylverfahren ausgewiesen worden.

Mit Bescheid vom sei gegen die Beschwerdeführerin "wegen Schwarzarbeit" ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Zwar sei solcherart von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße jedoch gravierend, wer illegal in das Bundesgebiet gelange, hier einen Asylantrag stelle, der sich als nicht berechtigt erweise, und auch anschließend Österreich nicht mehr verlasse.

Was die privaten Interessen der Beschwerdeführerin anlange, so sei festzuhalten, dass sich keine "der genannten Personen" rechtmäßig in Österreich aufhalte. Weder die Beschwerdeführerin noch deren Lebensgefährte hätte Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder sei imstande, den Lebensunterhalt der Familie auf rechtmäßige Art und Weise zu finanzieren. Dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2007 sechs Monate lang beschäftigt gewesen sei, sei zu ihren Ungunsten zu veranschlagen, weil diese Beschäftigung mangels dafür erforderlicher Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz jedenfalls unrechtmäßig ausgeübt worden sei.

Dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2009 begonnen habe, die in der Heimat absolvierte Ausbildung in der Pflegehilfe in Österreich nostrifizieren zu lassen, sei nicht geeignet, den Interessen der Beschwerdeführerin entscheidendes Gewicht zu verleihen, sei doch nicht einmal aktenkundig, dass diese Nostrifizierung erfolgreich beendet worden sei. Darüber hinaus sei ein allfälliger Pflegekräftemangel kein relevantes öffentliches Interesse, das bei der Interessenabwägung im Sinn des § 66 FPG zu berücksichtigen sei. Angesichts der dargestellten Gesamtumstände sei die Beschwerdeführerin weder als "gewichtig integriert" anzusehen, noch komme ihren privaten Interessen derartiges Gewicht zu, dass demgegenüber das genannte öffentliche Interesse in den Hintergrund zu treten habe. Auch seien keine Gründe ersichtlich, die einer Ausreise der Beschwerdeführerin - allenfalls gemeinsam mit Kind und Lebensgefährten - unüberwindlich entgegenstünden. Die Beschwerdeführerin sei eine erwachsene, offenbar gesunde Frau im arbeitsfähigen Alter, weshalb ihr eine Reintegration in der Heimat zuzumuten sei.

Dem Vorbringen in der Berufung, dass die Beschwerdeführerin "die Unzulässigkeit der Abschiebung in die Mongolei beantragt" habe, was als Asylantrag zu werten sei, sei zu entgegnen, dass dieser Asylantrag mangels persönlicher Antragstellung als gegenstandslos abgelegt worden sei.

Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bestreitet die Zuständigkeit der belangten Behörde und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass das Bundesasylamt den im Zuge des Ausweisungsverfahren gestellten schriftlichen Antrag der Beschwerdeführerin nach § 51 Abs. 1 FPG zu Unrecht als gegenstandslos abgelegt habe. Richtigerweise hätte das Bundesasylamt den Antrag behandeln und auch über die Ausweisung der Beschwerdeführerin entscheiden müssen.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Unzuständigkeit der belangten Behörde dazutun.

Der Beschwerde ist darin beizupflichten, dass über einen Antrag nach § 51 Abs. 2 FPG (in der hier maßgeblichen Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 - FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122) nicht die Fremdenpolizeibehörden, sondern das Bundesasylamt bzw. - im Falle einer Beschwerde gegen dessen Bescheid - der Asylgerichtshof zur Entscheidung berufen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0044).

Die Zuständigkeit der Asylbehörden zur Entscheidung über Anträge nach § 51 Abs. 2 FPG ändert jedoch - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nichts an der Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden zur Entscheidung über die gegenständliche Ausweisung nach § 53 FPG gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde; nach § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG bestehen somit keine Bedenken.

2. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin am in das Bundesgebiet gelangt ist, ein von ihr gestellter Asylantrag am in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden ist und die Beschwerdeführerin nicht über einen Aufenthaltstitel verfügt. Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhalte und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

3.1. Die Beschwerde wendet sich auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin diese und das gemeinsame Kind bereits verlassen habe und vermutlich in die Mongolei zurückgekehrt sei. Wegen der Betreuungspflicht gegenüber dem zweijährigen Kind stehe die Beschwerdeführerin noch nicht in Beschäftigung. Eine erlaubte Tätigkeit als selbständige Krankenpflegerin sei trotz irregulärem Aufenthaltsstatus zulässig und auch bald zu erwarten, weil das Kind der Beschwerdeführerin seit Anfang Oktober einen vorläufigen Kindergartenplatz erhalten habe und bis Ende Oktober entschieden werde, ob das Kind das ganze Jahr über in den Kindergarten gehen dürfe.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet seit August 2002, familiäre Bindungen zu deren zweijährigem Kind sowie den Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2009 begonnen habe, die in ihrer Heimat absolvierte Ausbildung in der Pflegehilfe in Österreich nostrifizieren zu lassen, berücksichtigt. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur aufgrund eines Asylantrages, der in der Folge rechtskräftig abgewiesen wurde, erlaubt war und seit der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages unrechtmäßig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0209, mwN).

Überdies bestreitet die Beschwerde im Hinblick auf die familiäre Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrem Kind nicht die Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass dieses ebenfalls ausgewiesen worden sei. Auch ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass die Begründung der familiären Bindung zu ihrem im August 2008 geborenen Kind zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Beschwerdeführerin bewusst sein musste, dass ihr Aufenthaltsstatus bzw. der Fortbestand des Familienlebens in Österreich von vornherein unsicher war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0029). Nach dem Beschwerdevorbringen liegt darüber hinaus ein Familienleben mit dem Vater des Kindes nicht mehr vor.

Soweit die Beschwerde ausführt, dass die Beschwerdeführerin mittlerweile ihr Krankenpflegediplom nostrifiziert habe und als diplomierte Pflegekraft einen Mangelberuf in Österreich ausübe, ist dem zu entgegnen, dass bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG zugunsten des Fremden nur die dessen privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, nicht jedoch öffentliche Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0242, mwN).

Den - somit relativierten - persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie sich trotz rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages - unrechtmäßig - weiterhin im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0324, mwN).

Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen - wie oben dargestellt - relativierten Interessen der Beschwerdeführerin begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 FPG zulässig sei, auch dann keinem Einwand, wenn man - mit dem Beschwerdevorbringen - berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin dank an der Universität Wien belegter Deutschlehrgänge fließend deutsch spreche.

4. Besondere Umstände, aus denen die belangte Behörde gehalten gewesen wäre, von der Ausweisung im Rahmen des von § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen, werden in der Beschwerde nicht dargetan.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

Fundstelle(n):
VAAAE-80584