VwGH vom 16.09.2009, 2006/05/0204

VwGH vom 16.09.2009, 2006/05/0204

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des A P in Großpetersdorf, vertreten durch Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-06-2-3, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. J B, 2. A B, beide in Miedlingsdorf, beide vertreten durch Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OEG in 7400 Oberwart, Schulgasse 11;

3. Marktgemeinde Großpetersdorf in 7503 Großpetersdorf, Hauptstraße 36), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der erstmitbeteiligten sowie der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen insgesamt in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der erstmitbeteiligten Partei sowie der zweitmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zum Abbruch eines Altbestandes und zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf den Grundstücken Nr. 5 und Nr. 6 der KG Miedlingsdorf unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Mit Bescheid vom wurde die Benützungsbewilligung für das Einfamilienwohnhaus erlassen.

Mit Vertrag vom April 2000 wurde das besagte Grundstück Nr. 5 an U P verkauft. Dieses Rechtsgeschäft hatte zur Folge, dass sich die nördliche Außenwand des Einfamilienwohnhauses auf Grundstück Nr. 6 mit drei Fenstern nunmehr an der Grundstücksgrenze zum verkauften Grundstück befindet. Am erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Baufreigabe für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 5 der KG Miedlingsdorf.

Mit Eingabe vom behauptete U P das Vorliegen von Baugebrechen am Einfamilienwohnhaus des Erst- und der Zweitmitbeteiligten und beantragte die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen gemäß § 29 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (Bgld. BauG). Zum Zeitpunkt der Antragstellung war U P Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 5. Beantragt wurde die Vorschreibung, die Niederschlagswässer in die öffentliche Kanalisationsanlage einzuleiten und die Fensteröffnungen brandhemmend und undurchsichtig auszuführen. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde brachte in einem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom im Wesentlichen zum Ausdruck, er sei auf Grund der Sachlage und des Kaufvertrags vom April 2000 "nicht imstande, ein Bauverfahren mit dem Ziel durchzuführen, die Errichtung einer Feuermauer zu erzwingen". Im Schreiben vom an die mitbeteiligte Marktgemeinde führte der Beschwerdeführer, der nunmehrige Eigentümer des Grundstückes Nr. 5, aus, er stehe zur Anzeige von Baugebrechen und zu den Anträgen auf nachträgliche Vorschreibung von Auflagen gemäß der Eingabe vom . Die Ableitung der Niederschlagswässer sei nicht über sein Grundstück zu bewerkstelligen, die Fensteröffnungen seien brandhemmend und mit Sichtschutz auszuführen.

In einer mündlichen Verhandlung am und einer Eingabe vom wiederholte der Beschwerdeführer seine Anträge auf nachträgliche Vorschreibung von Auflagen; wegen des mangelnden Brandschutzes seien die Fenster in T 90-Ausführung herzustellen.

In Spruchpunkt I. des Bescheides vom erkannte der Bürgermeister der drittmitbeteiligten Gemeinde keine Notwendigkeit, nachträgliche Vorschreibungen und Auflagen, insbesondere weder die Errichtung einer Feuermauer zum genannten Grundstück Nr. 5 noch die Beseitigung der Ableitungsrohre für die Regenwässer des Hauses der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei, welche auf dem Grundstück Nr. 5 des Beschwerdeführers verlegt seien, zu erteilen. Spruchpunkt II. verpflichtete den Beschwerdeführer, die Verfahrenskosten zu entrichten.

Die dagegen eingebrachte Berufung wies der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Vorstellung. Diese wurde mit Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheids gemäß §§ 84 und 86 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung 2003 gegen jenen Teil des besagten Gemeinderatsbescheides, mit dem über den Antrag auf nachträgliche Vorschreibung von Auflagen abgesprochen wurde, als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde bezüglich des Abspruches im genannten Bescheid über die Verfahrenskosten der Berufung Folge gegeben, der Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde verwiesen.

Zu Spruchpunkt I. - nur gegen diesen richtet sich die vorliegende Beschwerde - wurde begründend im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Das gegenständliche Bauverfahren gründe sich auf § 29 Bgld. BauG. Diese Vorschrift sehe nicht vor, dass ein Verfahren auf Antrag eines Rechtsunterworfenen (verfahrenseinleitender Antrag) einzuleiten sei, es sei daher von Amts wegen vorzugehen. Im Hinblick auf die Amtswegigkeit komme dem Nachbarn ein Antragsrecht nicht zu, diesbezügliche Anträge seien durch Bescheid zurückzuweisen. Vorliegend sei vom Beschwerdeführer ein Antrag auf nachträgliche Vorschreibung von Auflagen eingebracht worden, die Baubehörden hätten - anstelle der Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheides - diesen Antrag meritorisch erledigt. Der Beschwerdeführer besitze aber in seiner Eigenschaft als Antragsteller nachträglicher Vorschreibung von Auflagen gegen diese meritorische Erledigung keine Rechtsmittellegitimation.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab. Der Erst- und die Zweitmitbeteiligte übermittelten eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 21 Bgld. BauG, LGBl. Nr. 10/1998 idF LGBl. Nr. 18/2005,

lautet:

"Parteien

§ 21. (1) Parteien im Bauverfahren sind


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1.
der Bauwerber,
2.
der Grundeigentümer bzw. die Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, sowie
3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).

(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zustande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.

(6) Im Bauverfahren übergangene Parteien können ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen."

§ 29 Bgld. BauG, LGBl. Nr. 10/1998, lautet wie folgt:

"Nachträgliche Vorschreibung von Auflagen

§ 29. Ergibt sich nach bewilligungsgemäßer Fertigstellung eines Bauvorhabens, daß durch dessen bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung von Personen oder eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung für die Nachbarn eintritt, hat die Baubehörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen dem Eigentümer entsprechende Auflagen mit Bescheid vorzuschreiben, die geeignet sind, die Gefährdung oder Beeinträchtigung zu beseitigen. Soweit solche Auflagen nicht dem Schutz des Lebens, der Gesundheit oder Sicherheit von Personen dienen, müssen sie wirtschaftlich zumutbar sein."

Aus dieser Bestimmung ergibt sich nicht, dass dem Nachbarn ein Anspruch auf Erlassung eines auf § 29 Bgld. BauG gestützten Bescheides zukäme. Während die Parteistellung des Nachbarn im Bauverfahren betreffend Baubewilligungen in § 21 Bgld. BauG (vgl. insbesondere Abs. 2 und Abs. 4 dieser Bestimmung) geregelt ist, enthält das Bgld. BauG keine Bestimmung, wonach Nachbarn im Verfahren zur nachträglichen Vorschreibung von Auflagen nach § 29 leg. cit. Parteistellung zukäme.

Zudem ist die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen in § 29 leg. cit. in den V. Abschnitt des Bgld. BauG "Durchführung des Bauvorhabens und Bauaufsicht" eingeordnet und § 29 leg. cit. entspricht auch von seiner Textierung her ("hat die Baubehörde

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ... dem Eigentümer

entsprechende Auflagen ... vorzuschreiben") einer

aufsichtsrechtlichen Regelung. Bei einem Tätigwerden der Behörde als Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der Baupolizei handelt es sich aber um einen Verwaltungsakt, auf dessen Setzung nach der hier anzuwendenden Rechtslage niemandem ein materieller oder prozessualer Rechtsanspruch zukommt, der rechtlich vielmehr nur in der Sphäre des öffentlichen Interesses liegt.

Angesichts des genannten § 21 Bgld. BauG geht der vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführte Hinweis auf § 18 BG in der Anmerkung 1 zu § 29 bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht, 3. Auflage, 2006, - § 18 Bgld. BauG zählt zum IV. Abschnitt des Bgld. BauG "Bauverfahren" - fehl, bezieht sich doch dieser Hinweis nicht auf die Frage der Parteirechte betreffend Baubewilligung und Bewilligungsverfahren, sondern lediglich - wie in dieser Anmerkung festgehalten - auf in den Anmerkungen zu § 18 leg. cit. "zu Auflagen im Allgemeinen getroffenen Ausführungen".

Aus dem Umstand, dass nach § 29 Bgld. BauG die Baubehörde eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen vorzunehmen hat, lässt sich eine Parteistellung des Nachbarn nicht ableiten, zumal durch eine bloße Ladung zu einer mündlichen Bauverhandlung eine ansonsten nicht gegebene Parteistellung nicht begründet werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/06/0093).

Mit dem Hinweis auf andere gesetzliche Regelungen zeigt die Beschwerde ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bezüglich des ins Treffen geführten § 79 GewO 1994 betreffend die Vorschreibung von anderen oder zusätzlichen Auflagen nach Genehmigung einer Anlage ist auf § 79a leg. cit. hinzuweisen, der dem Nachbarn ausdrücklich ein Recht auf Antragstellung zur Beseitigung eines Verfahrensmangels betreffend § 79 Abs. 3 leg. cit. einräumt, eine Regelung, die in § 29 Bgld. BauG fehlt.

Vergleichbares gilt für den von der Beschwerde ins Treffen geführten § 32 der NÖ Bauordnung 1996 ("nachträgliche Auflagen"), zumal § 6 Abs. 1 leg. cit. ausdrücklich Parteistellung für die dort Genannten auch für das baupolizeiliche Verfahren u.a. nach § 32 leg. cit. vorsieht.

Wenn der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde II. Instanz keine Notwendigkeit für nachträgliche Vorschreibungen iSd § 29 Bgld. BauG gegeben sah, wurde der Beschwerdeführer auf dem Boden des Gesagten, wonach ihm nach § 29 leg. cit. keine Parteistellung eröffnet, in keinem Recht verletzt, weshalb die belangte Behörde auch nicht gehalten war, den bei ihr in Vorstellung gezogenen Bescheid aufzuheben (vgl. Art. 119a Abs. 5 B-VG).

Damit geht schließlich auch die Verfahrensrüge ins Leere, die belangte Behörde hätte den zuletzt angesprochenen Bescheid der drittmitbeteiligten Gmeinde aufzuheben gehabt, weil dieser mangels Antragslegitimation des Beschwerdeführers als solcher gar nicht hätte erlassen werden dürfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am