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VwGH vom 25.11.2015, 2013/06/0202

VwGH vom 25.11.2015, 2013/06/0202

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones sowie den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des DI F H und 2. der M H, beide in G, beide vertreten durch die Konrad-Schinko Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Am Eisernen Tor 2/2, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs-052181/2012/0010, betreffend Untersagung der Benützung (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Stadt Graz den beschwerdeführenden Parteien die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses und eines Carports auf der Liegenschaft EZ 633, KG W., sowie mit Bescheid vom eine Bewilligung für näher bezeichnete Planänderungen.

Sowohl am als auch am und am suchten die beschwerdeführenden Parteien um Benützungsbewilligung an.

Mit Bescheid vom untersagte der Stadtsenat gemäß § 38 Abs. 8 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk BauG 1995) die Benützung des auf der Liegenschaft EZ 633, KG W., errichteten Einfamilienhauses mit Carport und führte begründend aus, anlässlich einer Überprüfung durch die Behörde am sei festgestellt worden, dass die mit Bescheiden vom und vom bewilligten baulichen Anlagen ohne behördliche Bewilligung in Benützung genommen worden seien.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und führte nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der Rechtsvorschriften begründend aus, eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz werde geheilt, wenn die Partei in der Berufung Gelegenheit gehabt habe, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht habe. Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei die Feststellung gewesen, dass das gegenständliche Einfamilienhaus mit Carport ohne Benützungsbewilligung benützt werde. Die beschwerdeführenden Parteien hätten von den festgestellten Tatsachen durch den Spruch und die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides Kenntnis erhalten, sodass der angesprochene Verfahrensmangel als geheilt zu betrachten sei. Im Übrigen seien die Fakten von den beschwerdeführenden Parteien nicht bestritten worden. Die Benützung der gegenständlichen baulichen Anlagen sei benützungsbewilligungspflichtig. Benützungsbewilligungspflichtige bauliche Anlagen dürften erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Benützungsbewilligung benützt werden. Beide Voraussetzungen zur Untersagung der Benützung nach § 38 Abs. 8 Stmk BauG 1995, nämlich die tatsächliche Benützung der Baulichkeit und das Fehlen der erforderlichen rechtskräftigen Benützungsbewilligung, lägen vor. Eine Benützungsbewilligung sei schriftlich zu erlassen und könne nicht mündlich oder gar durch konkludentes Verhalten der Bauaufsichtsorgane ergehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§ 38 Stmk BauG, LGBl. Nr. 57/1995, idF Nr. 78/2003 lautet auszugsweise:

"§ 38. (1) Der Bauherr hat nach Vollendung von Neu-, Zu- oder Umbauten (§ 19 Z. 1), von Garagen (§ 19 Z. 3 und § 20 Z. 2 lit. b), von Neu-, Zu- oder Umbauten von Kleinhäusern (§ 20 Z. 1) und von Hauskanalanlagen oder Sammelgruben (§ 20 Z. 3 lit. g) und vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.

...

(3) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an die bauliche Anlage benützt werden darf.

...

(8) Wird eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt, so hat die Behörde die Benützung zu untersagen."

Die beschwerdeführenden Parteien bringen im Wesentlichen vor, das Recht auf Parteiengehör umfasse nicht nur das Recht auf Kenntnisnahme, sondern auch das Recht, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen und allenfalls ergänzende Tatsachenbehauptungen aufzustellen. Entscheidend sei, dass die betroffene Partei jene zur Geltendmachung ihrer Rechte erforderlichen Informationen erhalte. Den beschwerdeführenden Parteien seien weder Erhebungen noch Beweisergebnisse zur Kenntnis gebracht worden, und es sei ihnen noch immer nicht bekannt, welche Resultate dem Bescheid zu Grunde gelegt würden. Eine Heilung der Verletzung des Parteiengehöres sei nicht eingetreten. Etwaige Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seien dem erstinstanzlichen Bescheid nicht zu entnehmen, weshalb die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, den beschwerdeführenden Parteien die Ausübung des Rechtes auf Parteiengehör zu ermöglichen. Die Möglichkeit der Erhebung einer Berufung heile den Verfahrensfehler nicht. Auch die belangte Behörde habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme geboten, weshalb auch das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben sei. Diese Verletzung von Verfahrensvorschriften sei wesentlich, weil die beschwerdeführenden Parteien im Falle des Vorliegens der Beweisergebnisse dazu Stellung genommen und dargelegt hätten, dass sämtliche für die Erteilung der Benützungsbewilligung notwendigen Voraussetzungen vorlägen.

Es liege ein Begründungsmangel vor, da die belangte Behörde - wie auch schon die Behörde erster Instanz - ohne Offenlegung der Beweisergebnisse entscheide, indem sie lediglich den Wortlaut des § 38 Stmk BauG 1995 ohne konkrete Anwendung auf den Sachverhalt wiedergebe. Auch das Berufungsverfahren sei somit mangelhaft und unschlüssig geblieben.

Die belangte Behörde habe sich mit der geltend gemachten Säumigkeit der Behörde erster Instanz nicht auseinandergesetzt. Sie habe zwar festgestellt, dass die beschwerdeführenden Parteien sowohl am als auch am und am um Erteilung einer Benützungsbewilligung angesucht hätten, jedoch sich nicht mit der monierten Säumigkeit befasst (wurde näher ausgeführt). Dies stelle einen wesentlichen Verstoß gegen die Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Amtswegigkeit des Verfahrens dar.

Weiters habe keine Auseinandersetzung der belangten Behörde mit der monierten Aktenwidrigkeit stattgefunden. Dass die Behörde erster Instanz laut den Verwaltungsakten anlässlich einer Überprüfung am die Benützung der baulichen Anlagen ohne Genehmigung festgestellt habe, sei "mit dem Akteninhalt nicht in Einklang zu bringen". Aufgrund der überlangen Untätigkeit der Behörde und der Nichterledigung der Ansuchen um Erteilung einer Benützungsbewilligung hätte die belangte Behörde den Akt überprüfen müssen. Da die Behörde den vorgebrachten Berufungsgrund nicht wahrgenommen habe, sei das Berufungsvorbringen zumindest teilweise unerledigt geblieben und hafte dem angefochtenen Bescheid eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften an.

Wie auch schon die Behörde erster Instanz habe die belangte Behörde weitergehende amtliche Erhebungen zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes unterlassen.

Darüber hinaus weise der angefochtene Bescheid eine mangelnde Begründung auf und entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen nach §§ 67 iVm 60 AVG. Wenn das Gesetz unbestimmte Gesetzesbegriffe verwende beziehungsweise der Behörde Ermessen eingeräumt werde, bestehe eine erhöhte Begründungspflicht. Es sei gegenständlich nicht klar nachvollziehbar, von welchen Kriterien sich die belangte Behörde bei der Entscheidungsfindung habe leiten lassen. Die Behörde sei der Verpflichtung, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, nicht nachgekommen. Auf Grund der Bescheidbegründung könne nicht nachvollzogen werden, warum die Behörde den festgestellten Sachverhalt als erwiesen angenommen habe.

§ 38 Abs. 8 Stmk BauG 1995 stellt ausschließlich darauf ab, dass eine bauliche Anlage ohne Vorliegen der erforderlichen Benützungsbewilligung benützt wird. Gemäß § 38 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde mit schriftlichem Bescheid über einen Antrag auf Erteilung einer Benützungsbewilligung zu entscheiden. Zwar wurde eine Benützungsbewilligung wiederholt beantragt. Die beschwerdeführenden Parteien behaupten jedoch nicht, dass eine solche erteilt worden wäre. Sie stellen auch nicht in Abrede, dass für die gegenständlichen Bauten eine Benützungsbewilligung notwendig ist. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten weder, dass das Einfamilienhaus mit Carport tatsächlich benützt wird, noch, dass kein schriftlicher, die Benützung bewilligender Bescheid vorliegt. Somit kann der belangten Behörde aber nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Benützung des Einfamilienhauses mit Carport mangels rechtskräftigen Bewilligungsbescheides untersagt hat.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien Verfahrensmängel rügen, legen sie nicht dar, weshalb, etwa auf Grund welchen konkreten Vorbringens ihrerseits, bei Vermeidung dieser Mängel ein anderes Verfahrensergebnis erzielt worden wäre.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am