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VwGH vom 27.10.2008, 2008/17/0069

VwGH vom 27.10.2008, 2008/17/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. K S in L, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-524470/7-2006- Sl/Shz, betreffend Bereitstellungsgebühr für eine Abwasserentsorgungsanlage für den Zeitraum bis (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde N an der K in N an der K, K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer als Eigentümer eines näher angeführten unbebauten Grundstückes für die Aufschließung durch die gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage für das Jahr 2005 und Folgejahre eine Bereitstellungsgebühr vor.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom keine Folge.

Mit ihrem Bescheid vom hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück. Inhaltlich wurde der Aufhebungsbescheid im Wesentlichen damit begründet, dass die von der Abgabenbehörde vorgenommene Abgabenfestsetzung als Dauerbescheid unzulässig gewesen sei.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Ersatzbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom über Vorstellung des Beschwerdeführers neuerlich aufgehoben; auch der Ersatzbescheid vom sei unzulässigerweise als Dauerbescheid ausgestaltet.

Mit dem nunmehr ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und für den Zeitraum bis eine Bereitstellungsgebühr in Höhe von EUR 255,15 und für den Zeitraum bis eine Bereitstellungsgebühr in der Höhe von EUR 63,78 zuzüglich 10 % USt vorgeschrieben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge.

Die belangte Behörde führte unter anderem begründend aus, gemäß § 3a der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde Neuhofen an der Krems vom sei für die Bereitstellung des Kanalnetzes für angeschlossene aber unbebaute Grundstücke eine jährliche Kanalbereitstellungsgebühr zu erheben. Gebührenpflichtig sei der Eigentümer des an die Kanalisation angeschlossenen, jedoch unbebauten Grundstückes. Es bestünden grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass eine Gemeinde in der Kanalgebührenordnung eine Bereitstellungsgebühr für unbebaute, angeschlossene Grundstücke, bei denen kein Abwasser entsorgt werde, festlege (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 64/01 = Slg. Nr. 16.456). Es handle sich dabei um Gebühren für die Benutzung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, zu deren Ausschreibung die Gemeinden kraft freien Beschlussrechts gemäß § 15 Abs. 3 Z. 4 FAG 2005 ermächtigt seien. Nach dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bestünden gegen die Ausgestaltung einer Bereitstellungsgebühr (nur) dann Bedenken, wenn diese unsachlich sei und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Nach Ansicht der belangten Behörde verhalte sich jedoch die Bereitstellungsgebühr der mitbeteiligten Marktgemeinde in einem ausgewogenen Verhältnis, da eine Bereitstellungsgebühr für ein etwa 1.000 m2 großes Grundstück dem Durchschnittswasserverbrauch einer Person und damit der Kanalbenützungsgebühr für eine Person im Jahre entspreche.

Da darüber hinaus unstrittig gewesen sei, dass das unbebaute Grundstück des Beschwerdeführers an das Kanalnetz angeschlossen sei und ein Flächenausmaß von 1.701 m2 aufweise, sei dem Beschwerdeführer zu Recht für den erwähnten Zeitraum die Bereitstellungsgebühr in der Höhe von insgesamt EUR 318,93 zuzüglich Umsatzsteuer vorgeschrieben worden.

Mit Beschluss vom lehnte der dagegen zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese über Antrag des Beschwerdeführers in der Folge mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der - ergänzten - Beschwerde macht der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides wie auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 3a der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Neuhofen an der Krems vom , mit der eine Kanalgebührenordnung für die Kanalisation der Marktgemeinde Neuhofen an der Krems erlassen wird, einer Prüfung auf seine Gesetzmäßigkeit unterzogen. Er hat diesbezüglich in seinem Erkenntnis vom , V 95/07, dahin erkannt, das § 3a der erwähnten Verordnung nicht als gesetzwidrig aufgehoben werde.

Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage kann auf die Darstellung in dem eben erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom verwiesen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat weiter in dem Erkenntnis entscheidungswesentlich ausgeführt:

"Die Ermächtigung zur Ausschreibung von 'Benützungsgebühren' nach § 16 Abs. 3 Z. 4 FAG 2001 bzw. § 15 Abs. 3 Z. 4 FAG 2005 erlaubt die Ausschreibung von Gebühren 'für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen'. Soweit der Gerichtshof das Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der vom Verordnungsgeber gewählten Bestimmung hatte, deren Wortlaut nicht danach differenziert, ob eine Bebauung möglich ist (und auch nicht danach, ob der Anschluss freiwillig erfolgt ist), ist er im Verfahren zur Auffassung gelangt, dass die Verordnungsbestimmung nicht nur anhand ihres - prima facie überschießenden - Wortlautes beurteilt werden kann, sondern dass dieser Wortlaut vor dem Hintergrund der hier insgesamt einschlägigen Gesetzeslage zu deuten ist. Die Oberösterreichische Landesregierung weist zu Recht darauf hin, dass eine Kanalanschlussverpflichtung nach dem Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 nur für bebaute Grundstücke eintreten kann. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass ein Anschluss eines 'unbebauten Grundstücks' an die gemeindeeigene Kanalanlage rechtmäßigerweise nur unter der Voraussetzung zu Stande kommen kann oder konnte, dass der Grundstückseigentümer (oder sein Rechtsvorgänger) den Anschluss des Grundstücks selbst begehrt oder ihm jedenfalls zugestimmt hat. Ist der Anschluss der Liegenschaft unter solchen Umständen erfolgt, dann besteht für den Eigentümer des derart angeschlossenen - wenn auch unbebauten - Grundstücks die Möglichkeit, die Kanalisationsanlage jederzeit zu benützen. Unter solchen Umständen kann daher (bereits) von einem Benützungsverhältnis und daher auch von einer Benützung einer Gemeindeeinrichtung im Sinne der einschlägigen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung gesprochen werden. Ob und wie die solcher Art bereitgestellte Anlage vom Grundstückseigentümer noch darüber hinaus genutzt wird, insbesondere, ob eine Bebauung erfolgt (bzw. erfolgen kann), ist eine davon zu unterscheidende, sachlich der Sphäre des Benutzers der bereitgestellten Anlage zuzuschreibende Frage.

Die in Prüfung gezogene Bestimmung ist somit gesetzeskonform so zu interpretieren, dass sie die Vorschreibung von 'Bereitstellungsgebühren' im Fall unbebauter Grundstücke (nur) dann ermöglicht, wenn ein Anschluss des Grundstücks an die Kanalisationsanlage tatsächlich existiert und der Anschluss vom Eigentümer (bzw. seinem Rechtsvorgänger) selbst begehrt wurde."

Der Verfassungsgerichtshof geht somit davon aus, dass die Vorschreibung einer Bereitstellungsgebühr gemäß § 3a der in Prüfung gezogenen Verordnung nur dann zulässig ist, wenn ein Anschluss des Grundstücks an die Kanalisationsanlage tatsächlich existiert und (kumulativ) der Anschluss vom Eigentümer (bzw. seinem Rechtsvorgänger) selbst begehrt (oder diesem zugestimmt) wurde.

Die Abgabenbehörden und die belangte Behörde haben ihrer Entscheidung hingegen nur zugrunde gelegt, dass das gegenständliche Grundstück an die Kanalisationsanlage "angeschlossen" sei. Selbst wenn man davon ausgeht, dass damit das Bestehen eines tatsächlichen Anschlusses des Grundstückes an die Kanalisationsanlage (im Sinne des erwähnten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes) festgestellt worden sei, was in der Beschwerde bestritten wird, haben die Abgabenbehörden - ausgehend von einer anderen Rechtsansicht - jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob der "Anschluss" vom Eigentümer bzw. seinem Rechtsvorgänger selbst begehrt wurde. Die belangte Behörde, die jedenfalls insoweit die Rechtsansicht der Abgabenbehörden teilte, hat das Fehlen diesbezüglicher Feststellungen nicht aufgegriffen und daher ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am