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VwGH 14.04.2016, 2013/06/0169

VwGH 14.04.2016, 2013/06/0169

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §8;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
RS 1
Liegt "Stockwerkseigentum" (Hinweis E vom , 2001/16/0409) als eine Sammlung von selbständigen Eigentumsrechten und unselbständigen Miteigentumsrechten vor, wäre schon aus diesem Grund die Zustimmung zur Bauführung erforderlich (Hinweis E vom , 0393/77).
Normen
BauG Vlbg 1972 §25 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
BauRallg;
RS 2
§ 24 Abs. 3 lit. a Vlbg BauG 2001 sieht als Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung nur das tatsächliche Vorliegen der Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten vor, welche - jedenfalls insoweit ein Zustimmungserfordernis zu bejahen ist - nur durch eine rechtskräftige Entscheidung des Zivilgerichtes ersetzt werden kann (vgl. das zum insoweit inhaltsgleichen § 25 Abs. 3 Vlbg BauG 1972, ergangene E vom , 95/06/0013).
Normen
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
BauRallg;
RS 3
Eine zivilrechtliche Verpflichtung der Bfin aus einem gerichtlichen Vergleich in Bezug auf die ausschließlichen Nutzungsrechte der Bauwerber an im grundbücherlichen Eigentum der Bfin stehenden Flächen vermochte eine allenfalls liquid erforderliche Zustimmung der Bfin im konkreten Bauvorhaben schon deshalb nicht zu ersetzen, weil sich diese Zustimmung auf kein konkretes, durch Pläne belegtes Vorhaben bezogen hat. Selbst die fehlende Zustimmung eines (Mit-)Eigentümers bzw. Bauberechtigten, die durch einen Gerichtsbeschluss ersetzt wird, kann nur für ein konkretes, durch Baupläne erfasstes Projekt gelten (Hinweis E vom , 95/06/0013, mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde der H G in M, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom , Zl. BHFK-II-4151-2013/0010, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte

Parteien: 1. B S, 2. W S, beide in S, 3. Gemeinde S; weitere

Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom suchten die Erstmitbeteiligte und der Zweitmitbeteiligte (im Folgenden: Bauwerber) um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses beim bestehenden Objekt auf dem Grundstück Nr. .93, KG S., an. Das Baugrundstück ist im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Baufläche-Wohngebiet (BW) ausgewiesen und steht im grundbücherlichen Eigentum der Bauwerber.

2 Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des östlich unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. .92, KG S.

3 Hinsichtlich der wechselseitigen grenzübergreifenden Nutzungsrechte der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Nr. .92 und .93, KG S., wurde zwischen den ursprünglichen angrenzenden Eigentümern (die Beschwerdeführerin und die Rechtsvorgänger der Bauwerber) auf Basis der Vermessungspläne des DI Dr. M. vom am vor dem Bezirksgericht F ein gerichtlicher Vergleich geschlossen. Dessen Punkte 3. und 4. lauten, soweit hier wesentlich (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"3. Die Antragsgegner (Anmerkung: Rechtsvorgänger der Bauwerber) überlassen für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitze des GST-NR .93 der Antragstellerin (Anmerkung: Beschwerdeführerin) und deren Rechtsnachfolgern im Eigentum des GST-NR .92 je Grundbuch S die in der Planurkunde des DI Dr. M, GZ ..., vom (Plan 6) grün ausgewiesene Fläche, welche in der Natur durch Nägel markiert ist, zur ausschließlichen Nutzung. Die Antragstellerin nimmt dieses Nutzungsrecht für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum des GST-NR .92 an.

...

4. Einvernehmlich festgehalten wird, dass die bereits früher vereinbarten wechselseitigen grenzübergreifenden Nutzungsrechte zwischen den jeweiligen Eigentümern der GST-NRn .92 und .93, in der Planurkunde des DI Dr. M vom , GZ ..., in den Plänen Nr 3 (Keller), 4 (Erdgeschoss) und 5 (Obergeschoss) festgehalten sind und weiter aufrecht bleiben."

4 Mit Kundmachung vom wurde (u.a.) die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung am mit dem Hinweis auf die Säumnisfolgen des § 42 AVG geladen.

5 Im Protokoll über diese Bauverhandlung wurde festgehalten, dass das Grundstück Nr. .93 im Eigentum der Bauwerber stehe. "Teilweise befinden sich die ausgebauten Flächen im Bereich der GST-Nr. .92 (H G) im sogenannten Stockwerkseigentum der Antragsteller (= Bauwerber)." Die Bauwerber hätten das bestehende Dachgeschoss zu einem Wohnraum ausgebaut. Das Dachgeschoss werde durch eine wohnungsinterne Treppe erschlossen. Im Dachgeschoss befänden sich auf einer Fläche von ca. 100 m2 die Bereiche Küche, Essen und Wohnen. Auf der Westseite seien zwei zusätzliche Fenster in einer Größe von 0,90 m x 1,80 m errichtet und ein bestehendes Fenster geringfügig verändert worden. Das Fenster südseitig sei ausgetauscht worden. Die bisher bewilligte Küche im

1. Obergeschoss sei aufgelassen worden und diene derzeit als Abstellraum. In seinem äußeren Erscheinungsbild und Umfang bleibe das bestehende Wohnhaus ansonsten unverändert. Die Verbzw. Entsorgungsleitungen seien vom Bestand her übernommen worden.

6 Die Beschwerdeführerin gab zu Protokoll, ihrerseits bestehe hinsichtlich des beantragten Ausbaus des Dachgeschosses kein Einwand, wenn die Grenzen gegenüber ihrem Nutzungsbereich, wie in der Vergleichsdarstellung (offensichtlich gemeint: in den Vermessungsplänen) des DI Dr. M. ausgeführt, eingehalten seien. Sie sei der Ansicht, dass über ihren "Kellerungen" gebaut worden sei und dass zu diesem Neubau kein Zugang bestehe. Weiters verliefen die Abwasserleitungen über ihren Grund, und es steige das Abwasseraufkommen durch diesen Ausbau. Weiters sei sie nicht damit einverstanden, dass im Erdgeschoss des bestehenden Objektes eine Tanzschule betrieben werde, dies verursache jedenfalls zusätzlichen Wasserverbrauch und daher vermehrte Abwässer über ihren Grund.

Die Bauwerber erklärten dazu, sämtliche Baumaßnahmen in dem Bereich vorgenommen zu haben, der ihnen auf Grund des Vergleiches zugewiesen sei; die Grenzen im Bestand, so wie sie das Objekt erhalten hätten, seien respektiert worden; sie hätten diesbezüglich keine Veränderungen vorgenommen.

Der Verhandlungsleiter wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass Gegenstand der Verhandlung der vorgenommene Dachbodenausbau sei und dieser über die bestehende Wohnung erschlossen sei. Die Abwasserthematik sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Die bestehenden Leitungen würden unverändert genutzt; es seien auf Grund dieses Ausbaus keine zusätzlichen Leitungsführungen erforderlich.

Abschließend wurde im Protokoll festgehalten, dass die Entscheidung nach Vorliegen eines schlüssigen Nachweises über die Einhaltung der Eigentums- und Nutzungsgrenzen, wie im gerichtlichen Vergleich vereinbart, ergehen werde.

7 In seiner Stellungnahme vom gab DI Dr. M. an, er könne nach Prüfung der Situation bestätigen, dass weder die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Nr. .93 und Nr. .92, KG S, überschritten, noch die im Lageplan vom grün dargestellte Fläche (Anmerkung: das ist jener Bereich auf dem Grundstück Nr. .93, KG S, das der Beschwerdeführerin laut Vergleich vom zur alleinigen Nutzung überlassen wurde) berührt worden seien.

8 Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom die nachträgliche baubehördliche Bewilligung zum Ausbau des bestehenden Dachgeschosses auf dem Grundstück Nr. .93, KG S, nach Maßgabe der vorliegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen unter Auflagen und Bedingungen. In der Begründung verwies er insbesondere auf die vorgenannte Stellungnahme des DI Dr. M. vom .

9 In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Versorgungsleitungen für Strom und Telefon sowie die Entsorgungsleitung und Schächte für das Abwasser befänden sich auf Grundstücken, die in ihrem Eigentum stünden. Damit sei sie nicht einverstanden. Sie sei auch nicht damit einverstanden, dass diese Leitungen und Schächte für die Versorgung und Entsorgung des ausgebauten bzw. auszubauenden Dachgeschosses und der geplanten gewerblichen Kindertanzschule verwendet würden. Auch gehörten die gemessenen und vermarkten Flächen der "Kellerungen" unter der Wohnung der Bauwerber, die beiden Garagen zu dieser Wohnung, die Zufahrt von der Q-Straße zu diesen Garagen, der Zugang von der Q-Straße zu dieser Wohnung sowie der Dachboden über dieser Wohnung zum Eigentum der Beschwerdeführerin.

10 Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom (Beschlussfassung am ) die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom vollinhaltlich. In der Begründung wurde ausgeführt, subjektiv öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin als Nachbarin seien nicht verletzt worden. Zudem hätten die Bauwerber die Rechte und Pflichten der Vorbesitzer übernommen. Durch den vorgenommenen Ausbau würden die bestehenden Eigentums- und Nutzungsgrenzen nicht überschritten. Die Beschwerdeführerin habe anlässlich der mündlichen Verhandlung erklärt, unter dieser Bedingung dem Ausbauvorhaben ausdrücklich zuzustimmen.

11 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde aus, nach dem Wortlaut der von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Bauverhandlung abgegebenen Erklärung ergebe sich, dass sie ihre Parteistellung gemäß § 42 Abs. 1 AVG nicht verloren habe. Die Beschwerdeführerin wende in ihrer Vorstellung ein, die Eigentums- sowie Nutzungsgrenzen seien durch den Ausbau des Dachgeschosses nicht eingehalten worden. Die behauptete Beeinträchtigung des Nutzungsrechtes berühre nicht Nachbarrechte, sondern die Parteistellung auf Grund eines dem Grundeigentum am Baugrundstück gleichwertigen Nutzungsrechtes. Da es sich nach den vorliegenden Urkunden um ein ausschließliches Nutzungsrecht an Teilflächen auf dem Baugrundstück handle, bestehe grundsätzlich die Möglichkeit einer Beeinträchtigung dieses Rechtes; das Baugesetz räume diesbezüglich (sinngemäß) Parteistellung ein (§ 24 Abs. 4 lit. a BauG). Die Bauwerber hätten über Aufforderung der Baubehörde erster Instanz auf Grund der schwierigen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse beim verfahrensgegenständlichen Objekt sowie der konfliktreichen Vorgeschichte ein näher genanntes Vermessungsbüro mit der Überprüfung beauftragt, ob beim Ausbau des Dachgeschosses die Eigentums- sowie Nutzungsrechte der Beschwerdeführerin berührt worden seien. Mit Schreiben vom habe (gemeint:) DI Dr. M. mitgeteilt, dass nach Durchführung einer Prüfung festgestellt worden sei, durch den Ausbau des Dachgeschosses würden weder die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Nr. .93 und Nr. .92, KG S, überschritten noch die im Lageplan vom grün dargestellte Fläche berührt. Für die belangte Behörde bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dieses Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Eine Verletzung der Eigentumsbzw. Nutzungsverhältnisse habe somit nicht festgestellt werden können. Soweit die Beschwerdeführerin auf die "Kellerungen" verweise, werde angemerkt, dass sich im Dachboden das ausschließliche Nutzungsrecht nur auf die im Vermessungsplan grün markierte Fläche beschränke. Dachgeschossflächen, die sich nur lagemäßig über den Nutzungsflächen in anderen Geschossen befänden, vermittelten der Beschwerdeführerin kein Zustimmungsrecht.

12 Zur Abwasserthematik sei auszuführen, dass die Bauwerber einen Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses eingebracht hätten. Vor dem Hintergrund, dass es sich um ein antragsbedürftiges Verfahren handle, werde der Verfahrensgegenstand im vorliegenden Fall ausschließlich auf den Ausbau des Dachgeschosses entsprechend den eingereichten Plan- und Beschreibungsunterlagen beschränkt. Die Bauwerber hätten zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine Modifizierung ihres Bauantrages vorgenommen. Die Verwendung der auf den Liegenschaften der Beschwerdeführerin verlaufenden Abwasserleitungen für den sich im Erdgeschoss befindlichen Ballett- und Tanzraum bilde in Anbetracht dessen, dass sich der Bauantrag ausschließlich auf den Ausbau des Dachgeschosses beziehe, keinen Gegenstand des Verfahrens. Außerdem werde hinsichtlich der Wasserversorgung sowie Beseitigung der Abwässer, welche infolge der Nutzung des Dachgeschosses als Wohnbereich entstünden, auf § 4 Abs. 2 BauG verwiesen, wonach für ein Bauvorhaben eine entsprechende Wasserversorgung sowie Beseitigung des Abwassers und Oberflächenwassers gesichert sein müsse. Laut Aktenlage würden für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung des gegenständlichen Bauvorhabens die bestehenden Versorgungs- sowie Entsorgungsleitungen verwendet. Für die Herstellung des Anschlusses seien keine zusätzlichen Leitungsführungen auf fremdem Grund oder Nutzungsflächen erforderlich gewesen. Im Übrigen handle es sich bei der Bestimmung des § 4 Abs. 2 BauG um kein Nachbarrecht.

13 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

14 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - unter Abstandnahme von einer inhaltlichen Stellungnahme und Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides - wie die mitbeteiligte Gemeinde die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligten Bauwerber verwiesen auf die ergangene Entscheidung.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

16 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

17 Gemäß § 24 Abs. 3 lit. a Vorarlberger Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, sind dem Bauantrag der Nachweis des Eigentums oder Baurechtes am Baugrundstück oder, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer oder bauberechtigt ist, die Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten anzuschließen.

18 Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, ihre Zustimmung zum Bauverfahren nachweislich nicht erteilt zu haben. Mit ihrem Vorbringen zur Abwasserleitung habe sie eine zulässige Einwendung erhoben, die auch inhaltlich hätte überprüft werden müssen, und zwar, ob vermehrtes Wasseraufkommen das ortsübliche Ausmaß übersteige (wird näher ausgeführt). Es seien ihr im gesamten Bauverfahren keinerlei Anleitungen über zustehende Einwendungen und über die Folgen mangelhaften Vorbringens erteilt worden. Auch sei ihr die Stellungnahme des DI Dr. M. vom nicht zur Kenntnis gebracht worden (wird näher ausgeführt).

19 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Die belangte Behörde stellte zum einen fest, dass sich die ausgebauten Flächen im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im sogenannten "Stockwerkseigentum" der Bauwerber befänden. Andererseits ging sie davon aus, dass die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Nr. .92 und .93 nicht überschritten würde und stützte sich diesbezüglich auf die Stellungnahme des DI Dr. M. vom .

Dies ist widersprüchlich und wurde nicht aufgeklärt, insbesondere fehlen auch jegliche Feststellungen zum "Stockwerkseigentum". Liegt nämlich tatsächlich "Stockwerkseigentum" (siehe dazu grundsätzlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0409) als eine Sammlung von selbständigen Eigentumsrechten und unselbständigen Miteigentumsrechten vor, wäre schon aus diesem Grund die Zustimmung der Beschwerdeführerin zur Bauführung erforderlich (siehe dazu bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 0393/77). Ferner ist zu bemerken, dass mangels entsprechender Baupläne auch nicht nachvollzogen werden kann, welche Bauteile überhaupt von den baulichen Änderungen, vor allem nach deren Situierung, betroffen sind.

20 § 24 Abs. 3 lit. a Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001, sieht als Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung nur das tatsächliche Vorliegen der Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten vor, welche - jedenfalls insoweit ein Zustimmungserfordernis zu bejahen ist - nur durch eine rechtskräftige Entscheidung des Zivilgerichtes ersetzt werden kann (vgl. das zum insoweit inhaltsgleichen § 25 Abs. 3 Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/06/0013).

21 Die zivilrechtliche Verpflichtung der Beschwerdeführerin aus dem gerichtlichen Vergleich vom in Bezug auf die ausschließlichen Nutzungsrechte der Bauwerber an im grundbücherlichen Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Flächen vermochte eine allenfalls liquid erforderliche Zustimmung der Beschwerdeführerin im konkreten Bauvorhaben schon deshalb nicht zu ersetzen, weil sich diese Zustimmung auf kein konkretes, durch Pläne belegtes Vorhaben bezogen hat. Selbst die fehlende Zustimmung eines (Mit-)Eigentümers bzw. Bauberechtigten, die durch einen Gerichtsbeschluss ersetzt wird, kann nur für ein konkretes, durch Baupläne erfasstes Projekt gelten (vgl. auch dazu das vorerwähnte hg. Erkenntnis vom , mwN).

22 Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

23 Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 4 VwGG unterbleiben.

24 Der Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes scheidet ein gesonderter Zuspruch von Umsatzsteuer aus.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §25 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
BauRallg;
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:2013060169.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-80474