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VwGH vom 24.06.2008, 2008/17/0050

VwGH vom 24.06.2008, 2008/17/0050

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2008/17/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden der T in W, vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in 2103 Langenzersdorf, Korneuburger Straße 23, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung je vom ,

1. Zl. IVW3-BE-3211601/006-2007, betreffend Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe (hg. Verfahren Zl. 2008/17/0050) und

2. Zl. IVW3-BE-3211601/006-2007, betreffend Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei jeweils: Marktgemeinde Königstetten, Hauptplatz 1, 3433 Königstetten), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die beschwerdeführende Partei ist grundbücherliche Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft im Gemeindegebiet der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei. Mit den Bescheiden des Bürgermeisters der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Marktgemeinde je vom wurden der beschwerdeführenden Partei eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe in der Höhe von EUR 8.609,04 (inklusive 10 % Umsatzsteuer) bzw. eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von EUR 23.479,17 (inklusive 10 % Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei jeweils Berufung.

1.2. Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde über Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei den Berufungen jeweils teilweise statt und änderte die vor ihm angefochtenen Bescheide dahin ab, dass der beschwerdeführenden Partei nunmehr eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von EUR 8.386,84 (inklusive 10 % Umsatzsteuer) bzw. eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe im Betrag von EUR 22.267,41 (inklusive 10 % Umsatzsteuer) vorgeschrieben wurden.

1.3. Mit ihren vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Vorstellungen der beschwerdeführenden Partei jeweils als unbegründet ab.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Marktgemeinde hat sich nicht geäußert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und über die Beschwerden erwogen:

2.1. In beiden Beschwerdeverfahren ist nur mehr strittig, ob sich auf der streitgegenständlichen Liegenschaft sieben Gebäude (davon drei mit zwei Wohneinheiten) oder zehn als selbständig zu betrachtende Gebäude befinden.

Die beschwerdeführende Partei bringt hiezu (unbestritten) vor, sie habe als Bauträger neben anderen auch die zwei beschwerdegegenständlichen Doppelhäuser (Top Nr. 2 und 3 sowie 9 und 10) auf der Liegenschaft errichtet. Pro Haus seien standardgemäß zwei Geschosse (nämlich Erdgeschoss und erster Stock) an das Wasserversorgungssystem bzw. den Kanal angeschlossen worden. Die (zukünftigen) Käufer hätten als Sonderwunsch zusätzlich das Kellergeschoss an das Wasserversorgungssystem bzw. Kanalsystem anschließen lassen können, wovon zwei der vier Reihenhauskäufer (nämlich die der Top Nummern 2 und 10) Gebrauch gemacht hätten, nicht jedoch die anderen zwei Käufer (der Top Nummern 3 und 9). Diese beiden Reihenhäuser (Top Nummern 3 und 9) hätten einen Anschluss an das Wasserversorgungssystem bzw. Kanalsystem nur im Erdgeschoss und im ersten Stock; bei den anderen Doppelhaushälften (Top Nummern 2 und 10) bestehe ein solcher Anschluss auch im Kellergeschoss.

Die belangte Behörde vertrat in ihren Bescheiden jeweils die Rechtsansicht, dass bei den gegenständlichen Doppelhäusern die gesamte (also auch die die jeweilige andere Top Nummer umfassende) Kellerfläche in die Berechnung der jeweiligen Ergänzungsabgabe einzubeziehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof habe zur Beurteilung der Frage, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei selbständige Gebäude vorlägen, ausgeführt, dass dies in erster Linie anhand der baulichen Gestaltung zu beurteilen sei. Bilde etwa eine Wand gleichzeitig den überwiegenden Teil einer seitlichen Begrenzung eines anderen Traktes und entstehe dadurch eine untrennbare bauliche Verbindung beider Trakte, sodass jeder für sich alleine baulich nicht bestehen könne, liege ein einheitliches Gebäude vor (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/17/0038). Auf Grund der Baupläne sei im Beschwerdefall jedoch ersichtlich, dass zwischen den einzelnen Wohneinheiten in jedem Doppelhaus jeweils nur eine gemeinsame - wenn auch bis zum Dach durchgehende - Mauer vorhanden sei, sodass schon deshalb von einheitlichen Gebäuden auszugehen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0048).

Der Verwaltungsgerichtshof habe weiter ausgeführt, dass sich etwa auch aus der Dachkonstruktion Schlüsse auf das Bestehen zweier Gebäude oder eines einheitlichen Gebäudes ergeben könnten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 889/67, VwSlg 4997/F). Im gegenständlichen Fall sei ersichtlich, dass die Doppelhäuser über eine einheitliche Dachkonstruktion verfügten, sodass auch hier von einem einheitlichen Gebäude (mit jeweils zwei Wohneinheiten) ausgegangen werden müsse.

Die beschwerdeführende Partei verweist demgegenüber darauf, dass bei den zwei Doppelhäusern insgesamt vier, jeweils funktional getrennte Wohneinheiten vorlägen.

2.2.1. Die §§ 6 und 7 des niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 (Wiederverlautbarung), Landesgesetzblatt 6930-4, lauten wie folgt (auszugsweise):

"§ 6

Wasseranschlussabgabe

(1) Die Wasseranschlussabgabe ist für den Anschluss an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlussabgabe ist derart zu berechnen, dass die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche

a) bei Wohngebäuden bei der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

...

und das Produkt um 15 vom Hundert der unbebauten Fläche

vermehrt wird.

(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:

1. Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

2. als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

...

§ 7

Ergänzungsabgabe

Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlussabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlussabgabe um mindestens 10 vom Hundert mindestens jedoch um EUR 8,-- höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten."

2.2.2. Die §§ 1a, 2 und 3 des niederösterreichischen Kanalgesetzes 1977 (Wiederverlautbarung), Landesgesetzblatt Nr. 8230-6, lauten wie folgt:

"Begriffe

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. bebaute Fläche:

Die bebaute Fläche ist diejenige Grundrissfläche, die von der lotrechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt wird. Unberücksichtigt bleiben:

bauliche Anlagen, welche die Geländeoberfläche nicht oder nicht wesentlich überragen,

nicht konstruktiv bedingte Außenwandvorsprünge,

untergeordnete Bauteile.

...

6. Geschossfläche:

Die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschosses ergebende Fläche;

7. Gebäudeteil:

ein Gebäudeteil ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Räume innerhalb eines Gebäudeteils gelten auch dann als eigener Gebäudeteil, wenn bis zur obersten Decke durchgehende Wände nicht vorhanden sind.

...

§ 2

Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe

(1) Für den möglichen Anschluss an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten.

...

(4) Bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlagen (§ 3 Abs. 2) ist eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 6, eine höhere Abgabe ergibt. ...

§ 3

(1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

(2) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschosse multipliziert und das Produkt um 15 vH der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche. ...

(6) Die Ergänzungsabgabe ergibt sich aus dem Differenzbetrag zwischen der Abgabe für den Bestand nach der Änderung und der Abgabe für den Bestand vor der Änderung, wobei beide Abgaben nach dem bei Entstehung der Abgabenschuld geltenden Einheitssatz zu berechnen sind. Die Berechnungsfläche ist für den Bestand vor der Änderung und für den Bestand nach der Änderung jeweils gemäß § 3 Abs. 2 zu ermitteln."

2.2.3. Die Niederösterreichische Bauordnung 1996, Landesgesetzblatt 8200-0, in der hier anzuwendenden Fassung der 7. Novelle, Landesgesetzblatt 8200-13, definiert in ihrem § 4 Z. 6 das Gebäude als ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. Das Geschoss ist nach der Definition des § 4 Z. 7 leg. cit. die Gesamtheit der in einer Ebene liegenden Räume eines Gebäudes, auch wenn die Ebene bis zur halben Höhe des Geschosses versetzt ist. Das Kellergeschoss wird nach eben dieser Bestimmung als ein Geschoss definiert, dessen Außenwände zum Großteil unter der bestehenden oder bewilligten Höhenlage des Geländes des Baugrundstückes liegen.

2.3. Für die hier zu entscheidenden Beschwerdefälle ist es von grundlegender Bedeutung, ob bei den "Doppelhäusern" vom Vorliegen eines Gebäudes oder aber vom Vorliegen zweier Gebäude auszugehen ist. Zutreffend verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid etwa auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0048, in dem der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgeführt hat, dass die Frage, nach welchen Kriterien sich die Selbständigkeit eines Gebäudes beurteile, eine Rechtsfrage sei, die als solche nicht den Gegenstand eines Sachverständigenbeweises bilde. Die bauliche Gestaltung sei dafür entscheidend, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei selbständige Gebäude vorlägen.

Zurecht ist die belangte Behörde nach den Verfahrensergebnissen davon ausgegangen, dass die bauliche Gestaltung (etwa das gemeinsame Dach) für das Vorliegen eines einzigen Gebäudes bei den hier streitgegenständlichen Doppelhaushälften spricht.

Soweit die beschwerdeführende Partei darauf verweist, dass die funktionelle Einheit der beiden "Gebäudeteile" ein (weiteres) unabdingbares Merkmal für das Vorliegen eines (einheitlichen) Gebäudes sei, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof auf das Merkmal der "funktionellen Einheit" nur dann abstellte, wenn sich der Gebäudecharakter auf Grund der baulichen Gestaltung nicht eindeutig ergab. So lagen etwa in dem erwähnten Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0048, ein Bürogebäude und eine Werkshalle, welche durch eine Brandwand getrennt und in verschiedener Bauweise errichtet worden waren, vor. Bei den hier beschwerdegegenständlichen Doppelhaushälften gehen die Beschwerden selbst davon aus, dass zwischen den Wohneinheiten eine gemeinsame - bis zum Dach durchgehende - Mauer vorhanden ist. Damit steht aber fest, dass ohne die jeweils andere Doppelhaushälfte mitsamt der gemeinsamen Mauer kein eigenständiges Gebäude vorliegen würde.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten, noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerden waren infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am