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VwGH vom 03.11.2010, 2010/18/0312

VwGH vom 03.11.2010, 2010/18/0312

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des N S in W, geboren am , vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Graf Starhemberg Gasse 39/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/160814/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom ausgeführt, dass er im Jahr 2005 ohne Einreisetitel illegal nach Österreich gekommen sei. In Österreich - so die belangte Behörde weiter - habe er die österreichische Staatsbürgerin R.J. geheiratet, die zwei Kinder in die Ehe mitgebracht habe. Mittlerweile sei die Ehe mit R.J. geschieden. Die zwei eigenen Kinder des Beschwerdeführers lebten in Bosnien.

Mit Verständigung der Bundespolizeidirektion Wien (der Behörde erster Instanz) vom seien dem Beschwerdeführer die Ausweisung angekündigt und ihm auch seine Tätigkeit als Bauhelfer am , die er ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung ausgeübt habe, vorgehalten worden.

Darauf sei der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom mit keinem Wort eingegangen.

In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er vergessen habe, seine Niederlassungsbewilligung, die er aufgrund der Ehe mit R.J. erhalten habe, rechtzeitig zu verlängern. Er werde aber jetzt einen entsprechenden Antrag stellen.

Dem sei zu entgegnen, dass der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung am rechtskräftig abgewiesen und ein neuer Antrag nicht gestellt worden sei.

Überdies werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine rechtskräftige "verwaltungsrechtliche Vorstrafe" wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche gültige Lenkberechtigung aufweise.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmung des § 53 Abs. 1 FPG - im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer der festgestellten Tatsache seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich nicht entgegengetreten sei.

Die Ausweisung stehe unter dem Vorbehalt des § 66 FPG, wonach diese im Fall des Eingriffs in das Privat- oder Familienleben nur zulässig sei, wenn sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Die belangte Behörde habe daher bei ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 53 Abs. 1 FPG in Erwägung zu ziehen gehabt, ob und - wenn ja - welche bestimmten Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers sprächen, und sich dabei insbesondere von den Vorschriften des FPG leiten zu lassen. Art. 8 Abs. 2 EMRK nenne an öffentlichen Interessen: die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG seien folgende Kriterien maßgeblich gewesen: Der Beschwerdeführer halte sich bereits fünf Jahre lang im Bundesgebiet auf, wobei der Aufenthalt zur Gänze unrechtmäßig sei. Ein Familienleben in Österreich bestehe nicht und sei auch nicht behauptet worden. Ein gewisser Grad der Integration sei aufgrund der Aufenthaltsdauer anzunehmen. Bindungen zum Heimatstaat lägen insoweit vor, als dort zwei Kinder des Beschwerdeführers lebten. Berufliche Bindungen in Österreich fehlten, jedoch sei der Beschwerdeführer ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung als Bauhelfer tätig gewesen. Der Beschwerdeführer sei strafgerichtlich unbescholten, jedoch nicht verwaltungsstrafrechtlich.

Bei einer Gegenüberstellung der für und gegen die Ausweisung sprechenden Gründe überwögen erstere. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme nämlich aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Aufenthaltswesens sei unter Berücksichtigung aller genannten Umstände von solchem Gewicht, dass die vorhandenen gegenläufigen privaten Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet.

Der unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden in Österreich - noch dazu in einem derart langen Zeitraum - stelle eine starke Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, weil er den Gesetzen (FPG und NAG), die diese Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens schützen wollten, widerspreche. Dieser stünden weder familiäre noch berufliche Bindungen im Inland entgegen. Die aufgrund des inländischen Aufenthaltes zu erwartende Integration vermöge die für die Erlassung der Ausweisung sprechenden Gründe nicht "in Wegfall zu bringen".

Besondere Umstände, die über die dargelegten Erwägungen hinaus eine für den Beschwerdeführer positive Ermessensübung durch die belangte Behörde zugelassen hätten, hätten weder erkannt werden können, noch seien sie vorgebracht worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass sich der Beschwerdeführer mittlerweile seit fünf Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhalte. Er habe hier auch wieder eine Lebensgefährtin gefunden, die er in Kürze heiraten wolle. Es sei unrichtig, dass der Beschwerdeführer kein Familienleben habe. Überdies sei die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nicht entsprechend gewürdigt worden. Dem Umstand, dass er wegen einer geringfügigen Verwaltungsübertretung aus dem Jahr 2009 eine einzige verwaltungsstrafrechtliche Beanstandung habe, sei viel zu viel Gewicht zugemessen worden.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG insbesondere den Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Dauer von fünf Jahren (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG) und seine strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FPG) berücksichtigt. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt von Anfang an unrechtmäßig war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG). Überdies stellt die Beschwerde nicht in Abrede, dass in Bosnien die beiden Kinder des Beschwerdeführers leben (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 5 FPG).

Die Begründung der in der Beschwerde dargelegten Bindung zu seiner Lebensgefährtin erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass sein Aufenthaltsstatus in Österreich unsicher war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG). Überdies kommt auch der bloßen Absicht des Beschwerdeführers, seine Lebensgefährtin zu heiraten, keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0195, mwN).

Auch das Vorbringen in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer in Österreich seinen "Lebensmittelpunkt gefunden" habe und sozial integriert sei, vermag seine Interessen nicht wesentlich zu stärken.

Den - somit relativierten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht allerdings gegenüber, dass er sich seit Juni 2007 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften darstellt, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zulässig sei, begegnet daher keinem Einwand.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-80456