VwGH vom 27.02.2015, 2013/06/0164
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des N S in S, vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Mühlbacherhofweg 4/1, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/713/4-2013, betreffend Feststellungsantrag in einer bau- und raumordnungsrechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei:
Gemeinde S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer folgenden Antrag:
"Die Raumordnungsbehörde der Gemeinde (...) möge einen Bescheid mit dem Inhalt erlassen und feststellen (Feststellungsbescheid), dass die Nutzung des Objektes 5572 (...) zum Zwecke der Prostitution neben der von der Gemeindevertretung der Gemeinde (...) erteilten Bordellbewilligung vom , Zahl: 1/3/2010, keine gesonderten raumordnungsrechtlichen oder baurechtlichen Bewilligung bedarf."
Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages begründete der Beschwerdeführer damit, dass die Behörden der mitbeteiligten Gemeinde in mehreren, das verfahrensgegenständliche Objekt betreffenden Verfahren zur Erlassung einer Bordellgenehmigung nach dem Salzburger Landessicherheitsgesetz (S.LSG) verfahrens- und materiellrechtliche Bestimmungen außer Acht gelassen hätten. Erst nachdem die rechtswidrigen Bescheide der Behörden der mitbeteiligten Gemeinde durch insgesamt vier Vorstellungsbescheide der Salzburger Landesregierung aufgehoben worden wären, habe die Gemeindevertretung die beantragte Bordellbewilligung mit Bescheid vom erteilt. Unmittelbar danach habe die Bezirkshauptmannschaft T mit Straferkenntnis vom ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe zu verantworten, dass "das Wohnhaus ohne die erforderliche Bewilligung zur Änderung des Verwendungszweckes im Widerspruch zu den raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen genutzt werde". Dieses Straferkenntnis sei mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom aufgehoben worden. Auf Grund der an Rechtsverweigerung und Willkür grenzenden Vorgangsweise der Behörden der mitbeteiligten Gemeinde sei ein nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchgeführtes Verfahren nach dem ROG 2009 ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei jedoch der Gefahr eines Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt. Daher habe er ein rechtliches Interesse daran, festzustellen, dass im konkreten Fall die Nutzung des gegenständlichen Objektes zum Zweck der Prostitution keiner gesonderten raumordnungsrechtlichen Bewilligung nach dem ROG 2009 bedürfe.
Inhaltlich führte der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des nunmehrigen § 6 S.LSG - mit näherer Begründung - aus, eine gesonderte baupolizeiliche Bewilligung der Änderung der Art des Verwendungszweckes gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 Baupolizeigesetz (BauPolG) für die Ausübung der Prostitution in Wohnbauten oder Wohnräumen sei nicht erforderlich und eine raumordnungsrechtliche Widmung für "Bordelle" sei dem Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) fremd. Die Ausübung der Prostitution in nach raumordnungsrechtlichen und baurechtlichen Bestimmungen gewidmeten Wohnbauten sei zulässig. Mit dem beantragten Feststellungsbescheid solle eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigt werden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Verwendung des gegenständlichen Bauwerks für Zwecke der Prostitution gemäß § 2 BauPolG bewilligungspflichtig sei und unbeschadet der bestehenden Bordellbewilligung nach dem S.LSG für die Nutzung des bestehenden Wohnhauses im Grünland als Bordell eine raumordnungsrechtliche Einzelbewilligung gemäß § 46 ROG 2009 erwirkt werden müsse.
In der dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer unter anderem die Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz. Zuständige Raumordnungsbehörde gemäß § 46 ROG 2009 sei die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde. Diese sei auch zur Erlassung des Feststellungsbescheides zuständig, weil zu dieser der engste sachliche Zusammenhang bestehe.
Die Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom (Beschlussfassung vom ) abgewiesen. Zur Zuständigkeit der Behörde erster Instanz führte die Berufungsbehörde aus, der engste sachliche Zusammenhang bestehe zu Rechtsfragen des Salzburger Baurechts, insbesondere dem BauPolG und dem ROG 2009, weshalb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde zur Erlassung des Feststellungsbescheides in erster Instanz zuständig gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers vom , in der dieser neuerlich die Unzuständigkeit des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde rügte, weil eine Feststellung der Raumordnungsbehörde beantragt worden sei und dafür gemäß § 46 ROG 2009 die Gemeindevertretung zuständig sei, als unbegründet abgewiesen. Zur Frage der Zuständigkeit führte die belangte Behörde aus, mit dem gegenständlichen Feststellungsantrag sei auch eine baurechtliche Fragestellung verbunden, nämlich betreffend die Änderung des Verwendungszweckes von widmungswidrigen Bestandsbauten. Diese baurechtliche Beurteilung sei eine Voraussetzung für eine allenfalls gemäß § 46 ROG 2009 zu erteilende Einzelbewilligung.
Die Änderung des Verwendungszweckes eines Wohnhauses zu einem Bordellbetrieb bedürfe im Falle eines widmungswidrigen Bestandbaues einer Einzelbewilligung gemäß den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen. Daran habe sich weder durch die Änderung im Bereich des Raumordnungs- und Baurechts noch durch die Änderungen der landespolizeilichen Bestimmungen betreffend Bordellbewilligungen etwas geändert.
Zu der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Entstehungsgeschichte der Novelle LGBl. Nr. 28/2009 des Landespolizeistrafgesetzes (nunmehr: S. LSG) sei anzumerken, dass die vom Beschwerdeführer vermeinte Wirkung der Änderung des Landes-Polizeistrafgesetzes auf das Erfordernis einer bau- und raumordnungsrechtlichen Entscheidung bei Errichtung eines Bordells im Grünland ausdrücklich nicht Gegenstand der Regelung sei, sondern gerade das Gegenteil sei der Fall. Daher bedürfe die Umnutzung eines Wohnhauses in einem Bau, welcher für betriebliche Zwecke - im gegebenen Fall der Prostitution - genutzt werden solle, einer entsprechenden raumordnungsrechtlichen Bewilligung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 BauPolG, LGBl. Nr. 40/1997, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 107/2003, bedürfen Änderungen der Art des Verwendungszweckes von Bauten oder Teilen von solchen einer Bewilligung der Baubehörde.
Gemäß § 46 Abs. 1 ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009, können die Wirkungen des Flächenwidmungsplans auf Ansuchen für ein genau zu bezeichnendes Vorhaben durch Bescheid der Gemeindevertretung ausgeschlossen werden (Einzelbewilligung).
Der Beschwerdeführer rügt neuerlich die Unzuständigkeit der Baubehörden, weil er beantragt habe, "die (zuständige) Raumordnungsbehörde" möge feststellen, dass die Nutzung des gegenständlichen Objektes zum Zweck der Prostitution keiner gesonderten raumordnungsrechtlichen oder baurechtlichen Bewilligung bedürfe. Zuständig für die Erlassung des Feststellungsbescheides wäre daher gemäß § 46 ROG 2009 die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde, weil zu dieser der engste sachliche Zusammenhang bestehe.
§ 40 Abs. 1 Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. Nr. 107/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 55/2012, lautet auszugsweise:
" Zuständigkeit des Bürgermeisters
§ 40
(1) Dem Bürgermeister obliegt insbesondere
1. im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Besorgung der behördlichen Aufgaben in erster Instanz, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, sowie die ihm durch Gesetz ausdrücklich zugewiesenen sonstigen Aufgaben;
2. ..."
Da § 40 Abs. 1 Salzburger Gemeindeordnung infolge Fehlens einer ausdrücklichen Zuständigkeitsnorm im BauPolG und im ROG zur Erlassung des gegenständlich beantragten Feststellungsbescheides eine klare Regelung der Zuständigkeit des Bürgermeisters vorsieht, bleibt kein Raum für eine Auslegung nach dem Prinzip des engsten sachlichen Zusammenhanges. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist somit nicht zielführend.
Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus folgenden Überlegungen als rechtswidrig:
Die Verwaltungsbehörden sind grundsätzlich befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen. Dies jedenfalls dann, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und wenn die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, aber auch dann, wenn die begehrte Feststellung im nachweislichen rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist. All dies immer mit der Einschränkung, dass sich aus den Verwaltungsvorschriften keine andere Regelung ergibt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0133, mwN).
Ein Feststellungsbescheid ist jedoch dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist, wobei insbesondere auch die Möglichkeit der Erlassung eines Leistungsbescheides der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entgegensteht. Die Frage nach der (zweifelhaften) Genehmigungspflicht eines konkreten Vorhabens nach einem bestimmten Gesetz kann voraussetzungsgemäß im betreffenden Genehmigungsverfahren geklärt werden. Die Zulässigkeit eines diesbezüglichen Feststellungsantrages des (potentiellen) Konsenswerbers kann nicht mit der bloßen Begründung bejaht werden, dass diesem auf Grund der ungeklärten Rechtslage ein Verwaltungsstrafverfahren droht, sondern nur damit, dass der Antrag auf Erteilung der Genehmigung (das Genehmigungsverfahren) für die Partei unzumutbar ist; dies ist nach der hg. Rechtsprechung jedenfalls im Allgemeinen nicht anzunehmen, sodass eine Genehmigungspflicht nur auf Grund einer ausdrücklichen Ermächtigung im Gesetz festgestellt werden kann (vgl. die Ausführungen bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 56 Rz 77 ff, insbesondere Rz 79, mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).
Der Beschwerdeführer begründete die Zulässigkeit des Feststellungsantrages damit, dass die Behörden der mitbeteiligten Gemeinde in mehreren, das verfahrensgegenständliche Objekt betreffenden Verfahren zur Erlassung einer Bordellgenehmigung nach dem S.LSG verfahrens- und materiellrechtliche Bestimmungen außer Acht gelassen hätten. Es sei auch bereits ein Straferkenntnis gegen ihn erlassen worden, das mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg wieder aufgehoben worden sei. Auf Grund der an Rechtsverweigerung und Willkür grenzenden Vorgangsweise der Behörden der mitbeteiligten Gemeinde sei ein nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchgeführtes Verfahren nach dem ROG 2009 ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei jedoch der Gefahr eines Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt. Daher habe er ein rechtliches Interesse daran, festzustellen, dass im konkreten Fall die Nutzung des gegenständlichen Objektes zum Zweck der Prostitution keiner gesonderten raumordnungsrechtlichen Bewilligung nach dem ROG 2009 bedürfe.
Eine Feststellung über die Bewilligungspflicht ist nur zulässig, wenn der Antragsteller zwar die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung - im vorliegenden Fall gemäß § 46 ROG 2009 - zu stellen, ihm dies jedoch unzumutbar ist. Wenn der Beschwerdeführer darzulegen versucht, dieser Weg sei ihm nicht zumutbar, "weil auf Grund der völlig unsachlichen, an Rechtsverweigerung und Willkür grenzenden Vorgangsweise der
Behörden ... ein nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchgeführten
Verfahren nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 ausgeschlossen ist", überzeugt dieses Vorbringen schon deshalb nicht, weil für die Entscheidung über den Feststellungsantrag - wie oben dargelegt - dieselbe Behörde zuständig ist, der er eine an Rechtsverweigerung und Willkür grenzende Vorgangsweise vorwirft. Darüber hinaus steht ihm die Möglichkeit offen, gegen Entscheidungen der Gemeindebehörden Rechtsmittel zu ergreifen, wovon der Beschwerdeführer auch in den bisher geführten Verfahren wiederholt Gebrauch machte.
Da die Behörden des Verwaltungsverfahrens über den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers eine Sachentscheidung statt der wegen Unzuständigkeit zur Erlassung einer Sachentscheidung gebotenen Zurückweisung trafen und die belangte Behörde dies nicht aufgriff, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014). Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.
Wien, am