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VwGH vom 03.07.2009, 2008/17/0031

VwGH vom 03.07.2009, 2008/17/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des CK in P, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 4/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-17136/38-2008, betreffend die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer für die mit Bescheid vom bewilligte Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück einen Erschließungsbeitrag in der Höhe von insgesamt S 552.005,04 (EUR 40.115,77) vor.

Bezüglich des weiteren Verfahrensganges wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0050, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde, mit welcher diese eine Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom betreffend die oben genannte Abgabenvorschreibung aufgehoben hatte, als unbegründet abgewiesen.

Im fortgesetzten Verfahren setzte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom den Erschließungsbeitrag auf EUR 33.837,55 herab. Dabei legte er der Abgabenbemessung einen anrechenbaren Bauplatzanteil von 2.952,03 m2 und einen Baumassenanteil von 4.586,40 m3 zu Grunde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde - zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer rüge zwar zu Recht, dass es die Abgabenbehörde unterlassen habe, zu begründen, warum die Kubatur des Holzlagerraums dem Wohnhaus und nicht dem landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude zugerechnet werde. Dies führe aber nicht zur Aufhebung der Berufungsentscheidung. Laut einem Gutachten, auf welches in der Berufungsentscheidung verwiesen worden sei, sei der Holzlagerraum ein Nebengebäude zum Wohnhaus, welches zum Teil mit einem Kachelofen beheizt werde und für das kein anderer Holzlagerraum als der gegenständliche Gebäudeteil eingeplant worden sei. Die Zurechnung dieses Gebäudeteils zum Wohnhaus sei nachvollziehbar, auch wenn ein Lokalaugenschein am ergeben habe, dass der genannte Raum nicht wie geplant zum Lagern von Brennholz, sondern als landwirtschaftliche Garage oder Werkstatt diene. Es sei nämlich in den Einreichunterlagen für den "Baubescheid" vom , welche der Abgabenfestsetzung zu Grunde zu legen seien, die gegenständliche Kubatur als Holzlagerraum bezeichnet worden.

Zur Auffassung des Beschwerdeführers, bei der Berechnung der Baumasse sei das Ausmaß der Dachkonstruktion von 0,25 m außer Ansatz zu lassen, werde darauf hingewiesen, dass nach § 2 Abs. 4 TVAAG bei der geschoßweisen Ermittlung der Baumasse zwar der Teil der lichten Höhe eines Raumes, welcher 3,50 m übersteige, außer Ansatz zu bleiben habe, dass aber die Berechnung an der Untersicht der darüber liegenden Decke wieder beginne. Den Ausführungen des Sachverständigen bei der mündlichen Verhandlung am , wonach die Raumhöhe 3,50 m und die Dicke der Dachkonstruktion 0,25 m betrage, sei der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei der Abgabenanspruch auch nicht verjährt. Der Abgabenanspruch sei zwar mit der Rechtskraft der der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegenden Baubewilligung vom am entstanden, § 157 Abs. 1 TLAO bestimme aber, dass einer Abgabenfestsetzung in einer Berufungsentscheidung der Eintritt der Verjährung nicht entgegenstehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes (in der Folge: TVAAG), LGBl. Nr. 22/1998, lauten in der Stammfassung:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(4) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschoßweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird. …

§ 7

Die Gemeinden werden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. …

§ 9

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

(1) Der Erschließungsbeitrag ist die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3).

(2) Der Bauplatzanteil ist das Produkt aus der Fläche des

Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des

Erschließungsbeitragssatzes. …

(3) Der Baumassenanteil ist

a) im Falle des Neubaus eines Gebäudes das Produkt aus

der Baumasse des Gebäudes,

b) im Falle der Änderung eines Gebäudes, durch die

seine Baumasse vergrößert wird, das Produkt aus der zusätzlich

geschaffenen Baumasse,

jeweils in Kubikmetern und 70 v. H. des

Erschließungsbeitragssatzes. Die Baumasse landwirtschaftlicher

Wirtschaftsgebäude und entsprechend genutzter Gebäudeteile ist nur

zur Hälfte anzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder

Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so

gilt dies als Vergrößerung der Baumasse im Ausmaß der Hälfte der

tatsächlichen Baumasse. Als Vergrößerung der Baumasse gilt weiters

der Ausbau des Dachgeschoßes von Gebäuden, für die ein

Erschließungsbeitrag unter Zugrundelegung der betreffenden Teile

des Dachgeschoßes noch nicht entrichtet wurde.

§ 12

Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn."

Nach § 154 Abs. 1 TLAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der Bestimmungen der TLAO der Verjährung.

Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre (§ 154 Abs. 2 TLAO).

Die Verjährung beginnt nach § 155 Abs. 1 lit. a TLAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Sie wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen (§ 156 Abs. 1 TLAO). Das Recht zur Festsetzung der Abgabe verjährt nach § 156 Abs. 3 TLAO jedenfalls 15 Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.

Der Beschwerdeführer vertritt auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, der Abgabenvorschreibung stehe der Eintritt der Verjährung entgegen. Der Beschwerdeführer ist zunächst darauf aufmerksam zu machen, dass - entgegen seinem Vorbringen - Gegenstand des Abgabenverfahrens nur jene Bauvorhaben waren, für welche mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom die Baubewilligung erteilt wurde (vgl. den erstinstanzlichen Abgabenbescheid). Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ist dieser Bescheid noch im selben Jahr in Rechtskraft erwachsen, sodass der Abgabentatbestand nach § 12 Abs. 1 TVAAG verwirklicht wurde. Mit Ablauf desselben Jahres hat somit die fünfjährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen. In der Folge haben die Berufungsentscheidungen vom , , und jeweils zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist geführt (vgl. zur Unterbrechungswirkung von Berufungsbescheiden die bei Ritz, BAO3, Tz 10 zu § 209, genannte hg. Rechtsprechung), die bewirkt hat, dass die Verjährungsfrist jeweils neu zu laufen begonnen hat. Daraus ergibt sich aber, dass von einer Verjährung des Abgabenanspruches im Beschwerdefall nicht ausgegangen werden kann.

Das gilt im Übrigen auch dann, wäre der Abgabentatbestand - wie vom Beschwerdeführer behauptet - bereits 1998 (im Zusammenhang mit bloß anzeigepflichtigen Bauvorhaben) verwirklicht worden. Selbst unter der Annahme, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf dieses Jahres zu laufen begonnen hätte, wären die oben dargestellten Unterbrechungshandlungen dem Ablauf der Verjährungsfrist entgegengestanden.

Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, die belangte Behörde hätte mit ihren Sachverhaltsermittlungen betreffend den Holzlagerraum "Kompetenzen wahrgenommen, die ihr nicht zustehen", ist er darauf aufmerksam zu machen, dass nach der hg. Rechtsprechung die Vorstellungsbehörde durch eigene Ermittlungen den Sachverhalt klarstellen kann. Eine Bindung der Vorstellungsbehörde an Sachverhaltsannahmen der Gemeindebehörde besteht nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0133). Dass eine solche Befugnis der Vorstellungsbehörde zu einer unzulässigen Verkürzung des Instanzenzuges führen würde - wie dies der Beschwerdeführer vermeint -, ist nicht der Fall.

Die belangte Behörde hat die Zurechnung des als "Holzlagerraum" bezeichneten Gebäudeteils unabhängig von seiner tatsächlichen Nutzung zum Wohngebäude mit den der Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegten Einreichunterlagen, welche diesen Raum als Holzlagerraum bezeichnet hätten, begründet. Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen mit dem Vorbringen, es sei vielmehr auf die tatsächliche Nutzung abzustellen.

Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabengesetze ist jedoch - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabentatbestandes abzustellen (vgl. das Vorerkenntnis vom ). Demnach waren in diesem Zusammenhang die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Baubewilligung zu Grunde zu legen, nicht aber spätere Verwendungsänderungen. Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht, dass der Raum zum Zeitpunkt des Entstehens des Abgabentatbestandes in den Plänen als Holzlagerraum für das Wohngebäude ausgewiesen worden ist. Er behauptet auch nicht, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Maßnahmen gesetzt worden wären, die als Änderung der geplanten Verwendung gedeutet werden könnten.

Der Beschwerdeführer wirft der Abgabenbehörde weiters die unrichtige Ermittlung der Baumasse vor. Es sei nämlich von einer Geschoßhöhe von insgesamt 3,75 m ausgegangen worden, obwohl nach § 2 Abs. 4 TVAAG bei Räumen mit einer lichten Höhe von 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht zu bleiben habe.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht, seiner Beschwerde zu einem Erfolg zu verhelfen. Nach § 2 Abs. 4 TVAAG ist die Baumasse der durch ein Gebäude umbaute Raum. Das ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes in die Ermittlung der Baumasse einbezogen wird. § 2 Abs. 4 TVAAG bestimmt weiters, dass bei der geschoßweisen Ermittlung der Baumasse bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht zu bleiben hat. Daraus folgt aber - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - noch nicht, dass bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m die Dicke der Decke, welche die Räume nach oben begrenzt, oder die Höhe der Dachkonstruktion nicht zu berücksichtigen wäre. Als lichte Höhe ist nämlich nur der Abstand zwischen der Oberkante des Fußbodens eines Geschoßes und der Unterkante der darüber befindlichen Decke zu verstehen (vgl. Köpf, Bildwörterbuch der Architektur4, 312). Gebäudeteile, die sich über der Unterkante der Decke befinden, sind somit in die geschoßweise Ermittlung der Baumasse einzubeziehen, zumal die Geschoßhöhe der vertikale Abstand zwischen der Oberkante des Fußbodens zur Oberkante des Fußbodens des nächsten Geschoßes ist (Grütze, Bau-Lexikon, 105), und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein- oder mehrgeschoßige Gebäude handelt.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am