VwGH 21.09.2007, 2006/05/0145
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Auf Grund der vom Bauwerber vorgenommenen Projektsänderung, die im Hinblick auf die Beurteilung der Feststellung, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist, entscheidungserheblich ist, hat der Umweltsenat den Beginn der Entscheidungsfrist zutreffend mit dem Einlangen der Urkunden betreffend die Projektsänderung bei der Landesregierung beurteilt (vgl. hiezu insbesondere auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/17/0248, und vom , Zl. 2006/12/0031). |
Normen | |
RS 2 | Der Umstand, daß die Oberbehörde der Unterbehörde einen für deren Entscheidung maßgeblichen Beschluß des VwGH nicht zur Kenntnis gebracht hat, kann schon deshalb nicht als unüberwindliches Hindernis gelten, weil übergeordnete bzw untergeordnete Behörden hinsichtlich der Frage der Säumigkeit sich das hiefür bedeutsame Verhalten der jeweils anderen Behörde zurechnen lassen müssen (Hinweis Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5, 1991, Randziffer 646 mwN). Der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs 2 AVG ist nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 92/07/0053 E RS 2
(hier nur der zweite Satz) |
Norm | |
RS 3 | Die Tatsache, daß Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, ist für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindbaren Hindernisses zu begründen. Es ist Aufgabe der Behörde, mit Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 92/07/0078 E RS 2
(Hier mit dem Zusatz am Anfang: Nicht der fiktive Verlauf des
Ermittlungsverfahrens ist für das Verschulden der Behörde an der
Verzögerung der Entscheidung über die Feststellung im Sinne des §
3 Abs. 7 UVP-G 2000 entscheidend. Auch der Umstand, dass es sich
um eine komplexe Materie handelt, kann nicht ausreichen, um vom
Vorliegen eines unüberwindlichen und einer im Sinn des § 73 Abs. 1
AVG fristgerechten Entscheidung entgegenstehenden Hindernisses
auszugehen.) |
Normen | |
RS 4 | Ausführungen dazu, dass die von der Behörde erster Instanz gewählte Vorgangweise nur als ein sie treffendes Verschulden im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG beurteilt werden kann. Die Verzögerung der Entscheidung über die Feststellung im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat allein die Behörde zu vertreten. Sie hat ab Vorliegen des zur Entscheidung eingereichten Projektes das hiefür erforderliche Ermittlungsverfahren nicht zügig betrieben, weil sie keine konkreten, die Verwaltungssache betreffenden Verfahrenshandlungen gesetzt hat. Nicht der fiktive Verlauf des Ermittlungsverfahrens ist in diesem Zusammenhang entscheidend. Auch der Umstand, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, kann nicht ausreichen, um vom Vorliegen eines unüberwindlichen, einer im Sinn des § 73 Abs. 1 AVG fristgerechten Entscheidung entgegenstehenden Hindernisses auszugehen. Die Tatsache, dass Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, ist für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses zu begründen. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, ab Vorliegen des geänderten Projektes konkrete Aufträge an den Sachverständigen zur Erstellung eines für die Entscheidung geeigneten Gutachtens zu erteilen, mit den für die Entscheidung relevanten Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/07/0078). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ing. Harald Strassner in Pöttsching, vertreten durch Dr. Josef Holzmüller, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 8, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom , Z. US 7B/2006/6-9, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages in einem Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom zur Errichtung eines Bioschweinestalls auf näher bezeichneten Grundstücken der KG. Pöttsching abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom Folge gegeben, der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.
Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom wurde ein in dieser Bauangelegenheit eingebrachter Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom als unbegründet abgewiesen.
Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0120, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde dieser Bescheid auf Grund einer Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass die Verzögerung der Entscheidung über das Baubewilligungsansuchen des Beschwerdeführers "zumindest auf ein überwiegendes Verschulden der Baubehörde erster Instanz im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG zurückzuführen" ist.
In der am von der Burgenländischen Landesregierung über das Baubewilligungsansuchen des Beschwerdeführers durchgeführten mündlichen Verhandlung beantragte die Burgenländische Umweltanwaltschaft die Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach dem UVP-G 2000.
Am langte der Verwaltungsakt bei der für die Durchführung des Feststellungsverfahrens nach dem UVP-G 2000 zuständigen Abteilung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung ein.
Mit Schreiben vom beauftragte die gemäß § 39 Abs. 1 UVP-G 2000 zuständige Behörde erster Instanz den Amtssachverständigen Dr. A. mit der Erstattung eines Gutachtens zur Frage, ob "durch die Errichtung des Schweinestalls mit erheblichen, schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen bezugnehmend auf die durch den Betrieb der Anlage hervorgerufenen Immissionen hinsichtlich Geruch, welche durch Kumulationseffekte mit benachbarten Massentierhaltungsbetrieben entstehen könnten, zu rechnen ist".
In seinem Gutachten vom führte dieser Amtssachverständige zusammenfassend aus, dass die Errichtung einer Schweinemaststallanlage auf den hiefür vorgesehenen Grundstücken keine nennenswerte Geruchsbelästigung für die nächsten Anrainer erwarten lasse; es könnten auch keine immissionsrelevanten Kumulationseffekte mit den übrigen in Pöttsching bestehenden Betrieben eintreten.
Dieses Gutachten übermittelte die Behörde mit Schreiben vom den Parteien zur allfälligen Äußerung bis .
Die Marktgemeinde Pöttsching äußerte sich hierzu mit Stellungnahme vom und legte eine "gutachterliche Stellungnahme über die umwelthygienische Situation durch den projektierten Bioschweinestall (Grundstück Nr. 4177 bis 4182) in Pöttsching", verfasst von Dr. Sch., vor, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass die wesentliche Frage, ob es im Nahebereich zu einer die Nachbarn beeinträchtigenden kumulierenden Wirkung der vom projektierten Betrieb und den bereits bestehenden einschlägigen Betrieben ausgehenden Emissionen komme, überhaupt keiner Prüfung unterzogen worden sei. Im Gutachten des Amtssachverständigen seien die Geruchsstoffquellen in der Umgebung nicht erhoben worden.
Parallel zum Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat die zuständige Baubehörde (infolge Devolution ebenfalls die Burgenländische Landesregierung) das baubehördliche Bewilligungsverfahren fortgesetzt und am eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher auf Grund von (von der Baubehörde eingeholten) Sachverständigengutachten dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen wurde, binnen sechs Wochen die von den Sachverständigen geforderten Unterlagen nachzureichen, widrigenfalls das Baubewilligungsansuchen zurückgewiesen werde. Der Vertreter des Beschwerdeführers nahm den Verbesserungsauftrag zur Kenntnis und erklärte sich damit einverstanden.
Der Beschwerdeführer legte in der Folge einen "Änderungsplan zu Einreichplanung vom März 2002", "Einreichprojekt:
Bioschweinemastanlage", verfasst vom Agraringenieur Büro M vom vor, welches neben einer Baubeschreibung und der technischen Beschreibung auch mit datierte Änderungspläne zur Einreichplanung vom März 2002 enthält.
Dieses geänderte Projekt wurde der gemäß § 39 Abs. 1 UVP-G 2000 zuständigen Abteilung der burgenländischen Landesregierung von der Abteilung, die für die Durchführung des Baubewilligungsverfahrens zuständig ist, am übermittelt.
Mit Bescheid vom setzte die Baubehörde gemäß § 38 AVG das anhängige Baubewilligungsverfahren bis zur Entscheidung der UVP-Behörde über den Feststellungsantrag der Landesumweltanwaltschaft aus.
Mit Schreiben vom , bei der Behörde erster Instanz eingelangt offenbar am , übermittelte der Amtssachverständige A. (Abteilung 6, Hauptreferat Gesundheit, Familie und Sport der burgenländischen Landesregierung) eine Stellungnahme zu dem von der Marktgemeinde Pöttsching vorgelegten Gutachten des Dr. Sch., in welcher der Amtssachverständige u. a. ausführt, dass eine Erhebung der Kumulierungseffekte durch umliegende Emittenten betreffend Geruchsstoffemissionen und eine entsprechende Ausbreitungsberechnung durch entsprechend geeignete Modelle von Vorteil wäre.
In einem Aktenvermerk vom wurde vom zuständigen Behördenorgan der Behörde erster Instanz festgehalten, dass der Amtssachverständige die Kumulierungseffekte durch umliegende Emittenten nicht erhoben habe und eine solche Erhebung von Geruchsstoffemissionen durch Erstellung einer Ausbreitungsrechnung einen Zeitraum von zwei Monaten benötige. Das erforderliche Programm müsse erst angeschafft werden. Im gegenständlichen Verfahren sei "festzustellen, ob durch die Errichtung des Schweinestalls mit erheblichen, schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen bezugnehmend auf die durch den Betrieb der Anlage hervorgerufenen Immissionen hinsichtlich Geruch, welche durch Kumulationseffekte mit benachbarten Massentierhaltungsbetrieben entstehen könnten, zu rechnen" sei. Es werde daher neuerlich das Ersuchen an die Abteilung 6, bezüglich dieser Frage die Erstellung eines begründeten Sachverständigengutachten zu veranlassen, erfolgen.
Mit Schreiben vom ersuchte die Behörde den Amtssachverständigen A. um Erstattung eines Gutachtens hinsichtlich der zu erwartenden Kumulationseffekte der von der zu bewilligenden Anlage ausgehenden Geruchsemissionen mit benachbarten Massentierhaltungsbetrieben.
Mit Schreiben vom teilte dieser Sachverständige der Behörde mit, dass der Zeitraum bis zur Fertigstellung des ergänzenden Gutachtens in Abhängigkeit vom Einlangen erforderlicher (näher angeführter) Daten etwa zwei Monate betragen werde.
Mit Schreiben vom teilte die Behörde erster Instanz den Parteien mit, dass die Erstellung des Gutachtens noch einen Zeitraum von zwei Monaten in Anspruch nehmen werde.
Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , einen Devolutionsantrag.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dieser Devolutionsantrag als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde entscheidungswesentlich aus, dass die sechswöchige Frist zur Entscheidung über den Feststellungsantrag frühestens am (das ist der Tag des Einlangens des überarbeiteten Projektes beim Amt der burgenländischen Landesregierung) zu laufen begonnen habe. Auf Grund der Projektsänderung habe die UVP-Behörde zutreffend unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 iVm Z. 23 lit. a und b des Anhanges 1 des UVP-G 2000 geprüft, ob die vom Beschwerdeführer angeführten Tierbestandszahlen nachvollziehbar und gültig seien. Ausgehend von den nachvollziehbaren Tierbestandszahlen laut dem nachgereichten Projekt - 1.800 Mastschweine und 600 Aufzuchtsferkel - seien die Schwellenwerte des § 3 Abs. 1 iVm Anhang 1 Z. 23 lit. a UVP-G 2000 nicht erreicht. Auf Grund der Projektunterlagen und der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom sei nicht von einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie E auszugehen. Dass sich das geplante Vorhaben in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C befinde, werde von keiner Partei und auch nicht vom wasserwirtschaftlichen Planungsorgan behauptet. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 habe die UVP-Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen, schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen sei. Der Stellungnahme der Marktgemeinde Pöttsching vom und der ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen vom sei zu entnehmen, dass in der Marktgemeinde Pöttsching sowie in der Nachbargemeinde Krensdorf Schweinemastbetriebe bestünden. Ein räumlicher Zusammenhang des gegenständlichen Vorhabens mit anderen Mastschweinebetrieben lasse sich nicht ausschließen. Der Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme vom erläutert, welche Daten für die Erstellung eines Geruchsgutachtens im Hinblick auf allfällige Kumulierungseffekte notwendig seien. Darüber hinaus habe er den Zeitraum zur Herstellung eines solchen Gutachtens bestimmt. Auf Basis dieser Äußerung habe die UVP-Behörde die Parteien des UVP-Verfahrens mit Schreiben vom informiert. Der Beschwerdeführer habe sich mit diesem Schreiben nicht auseinander gesetzt. Trotz des eindeutigen Informationsschreibens der UVP-Behörde vom habe der Beschwerdeführer gar nicht bestritten, dass ein räumlicher Zusammenhang mit Schweinemastbetrieben in der Marktgemeinde Pöttsching und der Nachbargemeinde Krensdorf bestehen könnte.
Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Entscheidungsfrist des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 frühestens mit zu laufen begonnen habe. Innerhalb dieser Frist habe die Behörde bereits Ermittlungen im Hinblick auf den Tatbestand des § 3 Abs. 1 iVm Z. 43 lit. a und b des Anhanges 1 UVP-G 2000 durchgeführt. Es sei nicht auszuschließen, dass der geplante Biomastschweinestall mit anderen Mastschweinebetrieben in einem räumlichen Zusammenhang stehe. Gemäß § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 habe die UVP-Behörde daher zunächst zu prüfen, ob der beabsichtigte Biomastschweinestall gemeinsam mit anderen Mastschweinebetrieben die Schwellenwerte gemäß Anhang 1 Z. 3 lit. a UVP 2000 erreiche bzw. übersteige. Treffe dies zu, habe die UVP-Behörde eine Einzelfallprüfung im Sinne des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 durchzuführen. Genau eine solche Prüfung habe die UVP-Behörde bereits mit Schriftsatz vom in Auftrag gegeben. Auch wenn die sechswöchige Entscheidungsfrist abgelaufen sei, sei die damit verbundene Verzögerung aus den oben angeführten Gründen nicht auf ein überwiegendes Verschulden der UVP-Behörde zurückzuführen. Der Devolutionsantrag sei daher nach § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen, über, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle beginnt die Entscheidungsfrist für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.
Die im § 73 Abs. 1 AVG vorgesehene Entscheidungsfirst von sechs Monaten wurde für das Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 anders bestimmt. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
"(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 und 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidung einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit."
Behörde des Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ist gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. die Landesregierung.
Mit Gesetz vom , LGBl. Nr. 78/2002, (Bgld. L-UAG) wurde die Burgenländische Landesumweltanwaltschaft zum Schutz der Umwelt eingerichtet. Sie ist das im Sinne des § 2 Abs. 4 UVP-G 2000 vom betroffenen Land (hier: Burgenland) besonders dafür eingerichtete Organ, um den Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen (siehe insbes. § 2 Bgld. L-UAG). Sie hat Parteistellung im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000. Ein solches Feststellungsverfahren ist auch für die Einzelfallprüfung bei Kumulation (§ 3 Abs. 2 UVP-G 2000) vorgesehen (vgl. Eberhartinger-Talfill/Merl/List, UVP-G 2000, Seite 40 f).
Die Burgenländische Landesregierung als Behörde im Sinne des § 39 Abs. 1 UVP-G 2000 erachtet sich im gegenständlichen Beschwerdefall zur Entscheidung im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 für zuständig. Dahinstehen kann im Beschwerdefall, ob sie ihre - hier jedenfalls gegebene - Zuständigkeit auf Grund des vorliegenden Antrages des Burgenländischen Umweltanwaltschaft oder - wie vom Gesetz auch vorgesehen - von Amts wegen in Anspruch nimmt.
Der bei der Baubehörde (im gegenständlichen Fall auf Grund des Übergangs der Entscheidungspflicht ebenfalls die Burgenländische Landesregierung) anhängige Antrag des Beschwerdeführers auf baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Bioschweinestalls wurde zur Entscheidung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 der zuständigen Abteilung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung (Behörde gemäß § 39 Abs. 1 UVP-G 2000) am vorgelegt; diese hat auf Grund der Vorlage das Feststellungsverfahren eingeleitet.
Auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Projektsänderung, die im Hinblick auf die Beurteilung der Feststellung, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist, entscheidungserheblich ist, hat die belangte Behörde den Beginn der Entscheidungsfrist zutreffend mit dem Einlangen der Urkunden betreffend die Projektsänderung bei der Burgenländischen Landesregierung beurteilt. Dies war der (vgl. hiezu insbesondere auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/17/0248, und vom , Zl. 2006/12/0031).
Der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG ist nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern, sondern insofern "objektiv" zu verstehen, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0120, mit weiteren Nachweisen).
Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sieht das UVP-G 2000 in Abänderung des § 73 Abs. 1 AVG vor, dass die Entscheidung im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 nach Vorliegen des Entscheidungsgegenstandes innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen ist. Die sechswöchige Entscheidungsfrist endete im Beschwerdefall daher am .
Jedenfalls auf Grund des von der Marktgemeinde Pöttsching vorgelegten Gutachtens des Dr. Sch. vom war der Behörde bekannt, dass als Gegenstand der Beurteilung auch die kumulierende Wirkung der Geruchsemittenten für ihre Entscheidung maßgeblich sein wird. Diese bei der Behörde am eingelangte Stellungnahme wurde am mit dem Amtssachverständigen erörtert. Das Gutachten des Amtssachverständigen vom bezog sich zwar auf die Stellungnahme des Dr. Sch., jedoch noch nicht auf das bereits am bei der Behörde eingelangte geänderte Projekt.
Obwohl (auch) der zuständigen Abteilung der Burgenländischen Landesregierung bereits am das geänderte Projekt zur Kenntnis gebracht worden war, hat die Behörde dem Amtssachverständigen keinen Auftrag erteilt, sein Gutachten auf Grund dieses geänderten Projektes zu erstatten. Erst am wurde mit dem Amtssachverständigen die erforderliche Erhebung der Kumulierungseffekte und der für die Gutachtenserstattung erforderliche Zeitraum telefonisch erörtert und ihm sodann am ein entsprechender Auftrag erteilt. Der Sachverständige reagierte hierauf mit Schreiben vom an die Behörde mit dem Hinweis darauf, dass noch entsprechende Daten erforderlich seien und ein Gutachten in ca. zwei Monaten nach Vorliegen dieser Daten möglich sei. Mit Schreiben vom teilte die Behörde den Parteien mit, dass ein ergänzendes Gutachten notwendig sei und dieses noch ca. zwei Monate in Anspruch nehmen werde. Weitere Veranlassungen hat die Behörde nicht vorgenommen.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann diese von der Behörde erster Instanz gewählte Vorgangweise im Sinne der oben dargestellten Rechtslage nur als ein sie treffendes Verschulden im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG beurteilt werden. Die Verzögerung der Entscheidung über die Feststellung im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat allein die Behörde zu vertreten. Sie hat ab Vorliegen des zur Entscheidung eingereichten Projektes das hiefür erforderliche Ermittlungsverfahren nicht zügig betrieben, weil sie keine konkreten, die Verwaltungssache betreffenden Verfahrenshandlungen gesetzt hat. Nicht der fiktive Verlauf des Ermittlungsverfahrens ist in diesem Zusammenhang entscheidend. Auch der Umstand, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, kann nicht ausreichen, um vom Vorliegen eines unüberwindlichen, einer im Sinn des § 73 Abs. 1 AVG fristgerechten Entscheidung entgegenstehenden Hindernisses auszugehen. Die Tatsache, dass Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, ist für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses zu begründen. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, ab Vorliegen des geänderten Projektes konkrete Aufträge an den Sachverständigen zur Erstellung eines für die Entscheidung geeigneten Gutachtens zu erteilen, mit den für die Entscheidung relevanten Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/07/0078). Derartige Verfahrenshandlungen wurden von der Behörde erster Instanz nicht gesetzt.
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
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Schlagworte | Zurechnung von Organhandlungen Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2006050145.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-80421