zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 26.01.2009, 2008/17/0009

VwGH vom 26.01.2009, 2008/17/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des WW in T, vertreten durch Prof. Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-33/10339/4-2007, UVS-33/10340/4-2007, betreffend Beschlagnahme eines Automaten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer Kontrolle am durch Beamte der Polizeiinspektion Z wurde in einem von E betriebenen Casino u.a. ein Spielautomat Marke Touch Down Galaxy AM vorgefunden.

Mit einem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom wurde der genannte Glücksspielautomat zur Sicherung des Verfalls gemäß § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 (im Folgenden: GlSpG), in Beschlag genommen.

Begründend wurde ausgeführt, es sei anlässlich der genannten Kontrolle festgestellt worden, dass bei dem in Rede stehenden Spielautomaten der gesetzlich vorgeschriebene Spieleinsatz von EUR 0,50 um bis zu EUR 1,-- überschritten habe werden können. Im Zuge der Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass dieser Spielautomat vom Beschwerdeführer bei einer näher genannten Gesellschaft gemietet und von ihm sodann dem Betreiber des Lokales, E, zur Aufstellung überlassen worden sei. Der Automat unterliege dem Glücksspielmonopol, weil der Einsatz EUR 0,50 übersteige. Die Beschlagnahme sei erforderlich gewesen, um den Verfall zu sichern und um zu verhindern, dass Verwaltungsübertretungen fortgesetzt begangen oder wiederholt würden.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er u.a. geltend machte, der Automat sei kein Glücksspielapparat, zumal Gewinn und Verlust überwiegend, ja nahezu ausschließlich von der Geschicklichkeit des Spielers abhängig seien.

Zum Beweis dieses Vorbringens berief sich der Beschwerdeführer auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Automatengruppen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen, wobei der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insofern berichtigt wurde, als § 53 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GlSpG die Rechtsgrundlage der Beschlagnahme bilde.

Nach Schilderung des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde in ihrer Begründung Folgendes aus:

"Im Verfahren blieb unbestritten, dass der Berufungswerber Inhaber des in Rede stehenden Geldspielapparates war.

Aus § 53 Abs 3 Glücksspielgesetz ergibt sich, dass der Beschlagnahmebescheid entweder dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist, wobei das Gesetz offen lässt, ob der Bescheid im Falle, dass diese Personen nicht identisch, aber alle der Behörde bekannt sind, jeder dieser Personen zuzustellen ist. Durch die Nennung von Veranstalter und Inhaber im Glücksspielgesetz neben dem Eigentümer kommt zum Ausdruck, dass dieses Gesetz - unabhängig davon, wie die privatrechtliche Lage ist - beschlagnahmerechtliche Positionen des Veranstalters und des Inhabers berücksichtigt wissen will, um ihnen im Beschlagnahmeverfahren die Stellung von Parteien im Sinne des § 8 AVG zu gewähren, kommen sie doch auch als Objekt der Straftat in Frage ().

Die Erlassung des angefochtenen Beschlagnahmebescheides an den Inhaber ist vor diesem Hintergrund somit rechtlich gedeckt.

Soweit der Berufungswerber vorbringt, der gegenständliche Apparat sei bloß mit Beobachtungs- bzw. Geschicklichkeitsspielen und nicht mit Glücksspielen im Sinne des § 1 Glücksspielgesetz bespielbar gewesen, ist er darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine abschließende Qualifikation der Apparate als Glücksspielapparate nicht erforderlich ist, weil bereits der Verdacht, dass die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz übertreten wurde, ausreicht (vgl. z.B. Zahl 2004/05/0268 mwN). Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine mit der Strafe des Verfalls bedrohte Verbotsnorm.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich der Verdacht einer Übertretung der vorangeführten Bestimmung aus den oben dargestellten Aussagen des Zeugen BezInsp P, der die faktische Beschlagnahme der Apparate durchführte und die Anzeigen wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes erstattete. Der Zeuge gab in der mündlichen Berufungsverhandlung an, der Betreiber E habe anlässlich der Kontrolle am ausdrücklich zugestanden, dass es sich bei den in Rede stehenden Apparaten um Glücksspielapparate handle und habe dies auch der befragte Lokalbesucher Y bestätigt.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Zeuge P in der Berufungsverhandlung wahrheitswidrige Angaben gemacht hätte.

Da keine Umstände vorlagen, die den Polizeibeamten P hätten veranlassen müssen, die Mitteilungen der Auskunftspersonen hinsichtlich ihrer Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, konnte er zu Recht davon ausgehen, dass es sich bei allen vier festgestellten Apparaten - somit auch beim verfahrensgegenständlichen - um Glücksspielapparate im Sinne des Glücksspielgesetzes handelt. Der vorhandene Verdacht wurde - wie die Zeugin Dr. V in der Berufungsverhandlung ausführte - in der Folge auch noch dadurch erhärtet, dass der Lokalbesucher Y seine ursprünglich gemachten Angaben im Zuge des erstinstanzlichen Strafverfahrens gegen den Beschuldigten E vor der belangten Behörde als Zeuge wiederholte.

Somit ist der Verdacht eines Verstoßes gegen § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz als erwiesen anzunehmen und sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass dieser Verstoß nicht fortgesetzt worden wäre.

Die Voraussetzungen für die gegenständliche Beschlagnahme lagen sohin vor und sind diese auch im Berufungsverfahren nicht weggefallen, weshalb die gegenständliche Beschlagnahme als 'vorläufige Maßnahme' nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.

Nur der Vollständigkeit halber sei abschließend noch darauf hingewiesen, dass der gegenständliche Apparat (bezeichnet mit silber farbener Schulter hoher Geldspielautomat ohne Bezeichnung) ohnehin schon mit rechtskräftigem (an den Veranstalter E adressiertem) Bescheid der belangten Behörde vom , Zl 30306/ 369-16512-2006.1, bestätigt durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg mit Bescheid vom , Zlen UVS-33/10323/3-2007 u. UVS-33/10324/3-2007, beschlagnahmt worden war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 GlSpG idF BGBl. I Nr. 69/1997 lautet:

"§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.

(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.

(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.

(4) Eine Ausspielung liegt auch dann vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs. 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird."

Gemäß § 3 GlSpG (Stammfassung) ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

§ 4 Abs. 2 GlSpG idF BGBl. I Nr. 59/2001 lautet:

"§ 4. ...

(2) Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten

unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den

Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und

2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von

20 Euro nicht übersteigt."

Gemäß § 52 Abs. 2 GlSpG idF BGBl. I Nr. 125/2003 unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

§ 53 Abs. 1 bis 3 GlSpG in der Fassung der wiedergegebenen Bestimmungen nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 747/1996 lautet:

"§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der

Glücksspielapparate, Glücksspielautomaten, der sonstigen

Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und

zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung

vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder

sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das

Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen

eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen

§ 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit

Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen

Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere

Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung

technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs. 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbstständigen Beschlagnahme (Abs. 3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekannt zu geben.

(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbstständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen."

Zutreffend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf §§ 3, 4 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 53 Abs. 1 GlSpG davon aus, dass die Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Beschlagnahmebescheides u.a. den Verdacht der Eignung des beschlagnahmten Apparates zur Durchführung von Glücksspielen voraussetzt (vgl. zum Ausreichen einer Verdachtslage das bereits von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0268, sowie auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0431). Freilich muss auch der in § 53 Abs. 1 GlSpG vorausgesetzte "Verdacht" hinreichend substanziiert sein und - gestützt auf Tatsachenfeststellungen - im Beschlagnahmebescheid schlüssig begründet werden, wenngleich eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel im Beschlagnahmebescheid noch nicht erforderlich ist (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2005/17/0223, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, darlegte, setzt die Begründung einer ausreichenden Verdachtslage jedenfalls eine ansatzweise Schilderung des Spielablaufes auf dem beschlagnahmten Gerät voraus. Vor diesem Hintergrund reicht es hier - auch im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers - nicht aus, wenn die belangte Behörde ihre Verdachtslage ausschließlich auf die Einschätzung des Veranstalters E und des Konsumenten Y, wonach es sich bei dem Apparat um einen "Glücksspielapparat" gehandelt habe, stützte, ohne zu hinterfragen, von welcher rechtlichen Definition des Begriffes Glücksspielapparat die genannten Personen ausgegangen sind und ohne festzustellen, wie das Spiel überhaupt abläuft.

Jedenfalls aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel behaftet.

Auch die auf die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom sowie des Berufungsbescheides vom gestützte weitere Argumentation der belangten Behörde ist nicht geeignet, den Spruch des angefochtenen Bescheides zu tragen; gegen den - von der belangten Behörde als "Inhaber" des Gerätes angesehenen - Beschwerdeführer, dem insoweit Parteistellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0388), ist nämlich keine rechtskräftige Entscheidung über die Beschlagnahme ergangen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Da der zuletzt genannte Aufhebungsgrund jenem der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am