VwGH vom 29.09.2011, 2008/16/0180

VwGH vom 29.09.2011, 2008/16/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der B S in W, vertreten durch die Lambert Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/3607- W/07, betreffend Erstattung der Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahr 1953 geborene Beschwerdeführerin hatte am den im Jahr 1957 geborenen H.S. geheiratet.

H.S. war Eigentümer einer Liegenschaft mit einem von ihm und der Beschwerdeführerin bewohnten Haus in W und übertrug der Beschwerdeführerin mit Schenkungsvertrag vom einen Hälfteanteil dieser Liegenschaft als Geschenk.

Die vom Finanzamt mit Bescheid vom für diesen Vorgang der Beschwerdeführerin gegenüber festgesetzte Schenkungssteuer wurde in der Folge entrichtet.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes D vom wurde die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und H.S. gemäß § 55a Ehegesetz geschieden. Dazu hatten die Eheleute in der Tagsatzung vom vor dem Bezirksgericht einen Vergleich geschlossen, welcher folgenden auszugweise wiedergegebenen Punkt V. ("Eheliches Gebrauchsvermögen, Eheliche Ersparnisse") enthält:

"…….

5. H.S., geboren am , hat mit Schenkungsvertrag vom seinen 1/2 Anteil an der Liegenschaft EZ … BG D, bestehend aus den Grundstücken Nr. … Baufl. (Gebäude) und Nr. … Baufl. (Gebäude) Baufl. (begrünt), mit der Grundstücksadresse H Straße, übertragen. Dem Schenkungsvertrag lag das Motiv beider Vertragsparteien zugrunde, dass die Ehe auf Dauer ungeschieden bestehen bleibt. Im Hinblick auf die nun erfolgende Scheidung (und unter der Bedingung dass diese Scheidung auch tatsächlich erfolgt) widerruft H.S. diese Schenkung. (Beschwerdeführerin) anerkennt im Hinblick auf die nunmehr erfolgende Scheidung, die Wirksamkeit des Widerrufs.

…..

8. …

H.S. hat vor dem Gerichtstermin, welcher zur Scheidung der Ehe gem. § 55a Ehegesetz angesetzt ist, an das Treuhandkonto von Rechtsanwalt Dr. … bei der X Bank … den Betrag von EUR 330.000,00 (dreihundertdreißigtausend EURO) für Rückzahlung der Zuschüsse der Eltern von (Beschwerdeführerin) sowie zur Abgeltung deren persönlicher Aufwendungen zur Unterstützung der Familie überwiesen. Dies mit dem einseitig unwiderruflichen Auftrag an Rechtsanwalt Dr. …, diesen Betrag binnen sieben Tagen ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses an (Beschwerdeführerin) an deren Konto bei der Bank A … zu überweisen.

…..

11. Ferner erhält (Beschwerdeführerin) von H.S. als weitere Zahlung für Rückersatz der Zuschüsse ihrer Eltern, sowie zur Abgeltung ihrer persönlichen Aufwendungen zur Unterstützung der Familie, einen Betrag von EUR 101.500,00 (einhunderteintausendfünfhundert EURO) wertgesichert. Dieser Betrag ist entweder bei rechtsgeschäftlicher Übertragung der Liegenschaft EZ … BG D, bestehend aus ..… oder Teilen davon unter Lebenden binnen drei Monaten ab Abschluss des der Übertragung zu Grunde liegenden Vertrages in verbücherungsfähiger Form oder binnen drei Monaten ab dem Ableben von H.S. zur Zahlung fällig.

….."

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Rückerstattung der für die erwähnte Schenkung vom entrichteten Schenkungssteuer. H.S. habe die erwähnte Schenkung im Hinblick auf die Scheidung von der Beschwerdeführerin widerrufen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne eine Schenkung unter Ehegatten, die in der Erwartung abgeschlossen worden sei, die Ehe würde Bestand haben, im Fall einer Scheidung widerrufen werden.

Mit Bescheid vom wies das damalige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien diesen Antrag ab. Eine nachträgliche einvernehmliche Aufhebung des Schenkungsvertrages führe nicht zur Erstattung der Schenkungssteuer. Der Widerruf einer Schenkung bei Vorliegen eines Motivirrtums möge zwar gesetzlich möglich sein, führe aber nicht zur Erstattung der Schenkungssteuer.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom . Das Finanzamt habe verkannt, dass die Schenkung nicht einvernehmlich rückgängig gemacht, sondern vom Geschenkgeber widerrufen worden sei. Ausdrücklich verwies die Beschwerdeführerin auf Punkt V.5. des Scheidungsvergleiches, welcher einen Schenkungswiderruf enthalte. Eine Zustimmung des Beschenkten zum Widerruf sei nicht erforderlich, weil der Widerruf eine einseitige Erklärung des Geschenkgebers sei, welche zwingend dazu führe, dass der Beschenkte das erhaltene Geschenk nach Maßgabe des Widerrufs herauszugeben verpflichtet sei. Der Schenkungswiderruf im Scheidungsvergleich sei von der Beschwerdeführerin lediglich deklarativ anerkannt worden, womit kein selbständiger Verpflichtungsgrund geschaffen worden sei, sondern nur ein Beweis der Forderung. Dieses Anerkenntnis sei deshalb erfolgt, weil sich die Beschwerdeführerin sonst der Gefahr ausgesetzt hätte, auf Herausgabe der Liegenschaft geklagt zu werden. Sie habe nur bestätigt, dass ihrem Wissen nach das Recht des geschiedenen Ehegatten bestehe, die Schenkung zu widerrufen und die Herausgabe zu verlangen. Es lägen kein konstitutives Anerkenntnis und keine einvernehmliche Aufhebung des Schenkungsvertrages vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In Punkt 2. des Schenkungsvertrages vom sei festgehalten, dass die Schenkung unwiderruflich erfolge. Sonstige Geschäftsvoraussetzungen individueller Natur seien nicht zur Vertragsbedingung gemacht worden. Eine Herausgabepflicht der Beschwerdeführerin, welche die Ursache bereits im seinerzeitigen Schenkungsvertrag gehabt habe, sei nicht näher dargestellt oder belegt worden. Das Ereignis, das den Wegfall der Geschäftsgrundlage verursacht habe, müsse aus einer neutralen "Sphäre" kommen, die weder der einen noch der anderen Vertragspartei zuzurechnen sei. Dass eine Scheidung kein solches Ereignis darstelle, bedürfe keiner weiteren Ausführung. Nicht nur die tatsächliche Herausgabe des Schenkungsgegenstandes sei Bedingung für die Erstattung der Schenkungssteuer, sondern insbesondere die Verpflichtung dazu.

Im dagegen erhobenen Vorlageantrag verwies die Beschwerdeführerin auf die Ausführung in ihrer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und rechtlichen Ausführungen hielt die belangte Behörde fest, die Voraussetzungen für die Erstattung, dass nämlich der Beschenkte das Geschenk wider seinen Willen herausgeben müsse und eine Herausgabepflicht ihre Ursachen der Schenkung selbst habe, seien im Beschwerdefall nicht gegeben, weil keine derartige Verpflichtung zur Herausgabe des Geschenkes bestanden habe. Bei einer Gesamtbetrachtung des im erwähnten Scheidungsvergleich eingebetteten Widerrufs der Schenkung stelle sich die Vertragserrichtung vom letztlich als Entscheidung dar, welche die Beschwerdeführerin aus freien Stücken getroffen habe und auf deren Zustandekommen der geschiedene Ehegatte keinerlei Rechtsansprüche gehabt habe. Die Vertragsgestaltung zeige, dass die Beschwerdeführerin zur Rückabwicklung der Schenkung in Form einer bedingungslosen Rückgabe der Zuwendung nicht verpflichtet gewesen sei, sonst hätte sie die Herausgabe des Geschenks nicht von der Auszahlung einer Abschlagszahlung oder dergleichen abhängig machen können. Im Übrigen werde die Rechtsansicht vertreten, dass der Schenkungswiderruf zwingend zu erfolgen habe. Im Beschwerdefall sei es allerdings zu keiner Widerrufsklage durch den Geschenkgeber gekommen. Daher gebe es auch keinerlei gerichtliche Feststellungen zur Frage, ob ein Widerrufstatbestand erfüllt gewesen sei. Im Beschwerdefall sei die Herausgabe des Geschenks auf Grund eines zwischen der Beschwerdeführerin und den Geschenkgeber abgeschlossenen Vergleichs erfolgt. Dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Vergleichs der Rückgabe des Geschenkes ("freilich nur unter der Voraussetzung der im Vergleich vereinbarten Zahlungen des Geschenkgebers in der Höhe von mehreren hunderttausend Euro) durch "Anerkenntnis des Widerrufs" ihre Zustimmung erteilt habe, sei für sich allein kein Beweis dafür, dass sie zur Herausgabe des Geschenks verpflichtet gewesen sei. Die besondere Form der Vertragsgestaltung zeige vielmehr, dass selbst die Vertragsparteien nicht davon ausgegangen seien, dass die Beschwerdeführerin zur Rückabwicklung der Schenkung in Form einer bedingungslosen Rückgabe der Zuwendung verpflichtet gewesen sei. Sonst hätte die Beschwerdeführerin auch die Herausgabe des Geschenks nicht von der Auszahlung einer Abschlagszahlung oder dergleichen abhängig machen können. Daraus folge, dass die Herausgabepflicht ihre Ursache nicht in der Schenkung selbst, sondern vielmehr in einem einvernehmlich geschlossenen Vergleich vom habe. Diesem sei im Ergebnis zu entnehmen, dass der Leistung des geschiedenen Ehegatten (Zahlung des erwähnten Geldbetrages an die Beschwerdeführerin) eine konkrete Gegenleistung der Beschwerdeführerin (Rückübertragung der streitgegenständlichen Liegenschaft) gegenüberstehe. Die Herausgabe des Geschenks sei somit im beiderseitigen Einvernehmen erfolgt und die Beschwerdeführerin sei dazu nicht gezwungen gewesen.

Dem Berufungsvorbringen, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne eine Schenkung unter Ehegatten, welcher die Erwartung zugrunde gelegen gewesen sei, die Ehe werde Bestand haben, im Fall der Scheidung der Ehe widerrufen werden, halte die belangte Behörde entgegen, dass die Beschwerdeführerin einen Motivirrtum im Sinne dieser Rechtsprechung nicht nachgewiesen habe. Die Beschwerdevertreterin habe in der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Schenkung u.a. auch zur finanziellen Absicherung der Beschwerdeführerin im Falle einer etwaigen späteren vermögensrechtlichen Auseinandersetzung gedient habe. Die Schenkung sei daher nicht unter der ausschließlichen Voraussetzung erfolgt, die Ehe werde Bestand haben. Die Vertragsparteien des Schenkungsvertrages seien sich vielmehr wohl schon damals einig gewesen, dass mit der Schenkung die Position der Beschwerdeführerin etwa für den Fall einer aus Anlass einer Ehescheidung zu regelnden Bereinigung der gegenseitigen finanziellen Ansprüche gestärkt werden sollte. Dass diese Überlegungen zielführend gewesen seien, zeige sich daran, dass der Beschwerdeführerin gelungen sei, im Scheidungsvergleich die Rückzahlung der offensichtlich beträchtlichen finanziellen Zuwendungen der Eltern zu erreichen. Die Herausgabepflicht habe ihre Ursache jedenfalls nicht in der Schenkung selbst, sondern im einvernehmlich geschlossenen Vergleich vom gehabt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht "auf Erstattung der Schenkungssteuer gemäß § 33 ErbStG" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 23/07 u.a., unterlagen der Schenkungssteuer Schenkungen unter Lebenden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinn dieses Gesetzes jede Schenkung im Sinn des bürgerlichen Rechts.

Gemäß § 33 lit. a ErbStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung nach der Aufhebung bestimmter Worte dieser Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 104/04, ist die Steuer zu erstatteten, wenn und insoweit das Geschenk herausgegeben werden musste.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem erwähnten Erkenntnis vom , G 104/04, die Wortfolge "eine Schenkung widerrufen wurde und deshalb" in § 33 lit. a ErbStG aufgehoben. Er vermisste zusammengefasst eine sachliche Rechtfertigung dafür, weshalb die Schenkungssteuer zwar in Fällen eines Widerrufs erstattet werden könne, nicht jedoch in anderen Fällen, in denen das Geschenk gegen den Willen des Beschenkten herausgegeben werden musste. Der Verfassungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis festgehalten, nach dem nach Aufhebung verbleibenden (nunmehr geltenden) Gesetzestext habe eine Erstattung der Steuer in allen Fällen - aber auch nur dann - stattzufinden, wenn und soweit das Geschenk herausgegeben werden musste. Das habe zum einen die Folge, dass nicht mehr bloß die Widerrufsfälle des ABGB zur Erstattung führten, sondern auch andere Fälle, in denen der Beschenkte wider seinen Willen das Geschenk herausgeben müsse. Zum anderen bedeute die bereinigte Rechtslage, dass eine Herausgabepflicht nur dann zur Erstattung führe, wenn sie ihre Ursache in der Schenkung selbst habe. Die im verfassungsgerichtlichen Verfahren geäußerte Befürchtung, dass auch die Herausgabe eines Geschenkes auf Grund einer Fahrnisexekution zu einer Erstattung führen müsste, sei somit nicht begründet. Ebenso wenig hätte es bei bereinigtem Gesetzestext zur Erstattung zu kommen, wenn die Schenkung einvernehmlich rückgängig gemacht werde.

§ 33 lit. a ErbStG in der nunmehr geltenden Fassung ist auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes so auszulegen, dass aus den Worten "herausgegeben werden musste " eine einvernehmliche Rückgängigmachung der Schenkung die Erstattung hindert und die Herausgabepflicht ihre Ursache in der Schenkung selbst zu haben hat. Klarzustellen ist, dass der wirksame Widerruf einer Schenkung auch nach dem erwähnten aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unverändert eine für die Erstattung der Schenkungssteuer erforderliche Herausgabepflicht begründet und dass in der nunmehr geltenden Rechtslage "lediglich" neben dem Widerruf auch andere Gründe zur Herausgabepflicht und damit zur Voraussetzung für eine Erstattung der Erbschaftssteuer führen können.

§ 55a EheG lautet:

"§ 55a. (1) Ist die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben, gestehen beide die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zu und besteht zwischen ihnen Einvernehmen über die Scheidung, so können sie die Scheidung gemeinsam begehren.

(2) Die Ehe darf nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalt der Kinder oder die Obsorge, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr und die Unterhaltspflicht hinsichtlich ihrer gemeinsamen Kinder sowie ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung dem Gericht unterbreiten oder vor Gericht schließen. Hinsichtlich des Rechtes auf persönlichen Verkehr mit gemeinsamen Kindern können die Ehegatten vereinbaren, dass sie sich die Regelung vorbehalten.

(3) Einer Vereinbarung nach Abs. 2 bedarf es nicht, soweit über diese Gegenstände bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Dass die für eine solche Vereinbarung allenfalls erforderliche gerichtliche Genehmigung noch nicht vorliegt, ist für den Ausspruch der Scheidung nicht zu beachten."

Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die Ansicht der belangten Behörde als rechtswidrig, dass die Erstattung der Schenkungssteuer allein deshalb nicht in Betracht komme, weil die Herausgabe des geschenkten Liegenschaftsanteils durch eine freiwillige Vereinbarung, nämlich den Scheidungsvergleich vom erfolgt sei.

Eindeutig hat der Geschenkgeber in dem erwähnten Scheidungsvergleich den Widerruf der Schenkung unter der Bedingung der tatsächlichen Scheidung ausgesprochen. Das von der Beschwerdeführerin als "deklarativ" gesehene Anerkenntnis dieses Widerrufs in den Scheidungsvergleich war durch § 55a Abs. 2 Ehegesetz geboten, weil die Scheidung im Einvernehmen nach § 55a Ehegesetz eine schriftliche Vereinbarung über die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung erfordert. § 55a Abs. 3 Ehegesetz nimmt davon lediglich Fälle aus, in denen bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Sohin kann nicht von einer freiwilligen Rückgängigmachung der Schenkung gesprochen werden, wenn die Beschwerdeführerin in der nach § 55a Abs. 2 Ehegesetz für die Scheidung im Einvernehmen erforderlichen Vereinbarung den vom Geschenkgeber einseitig erklärten Widerruf anerkennt.

Die belangte Behörde verwechselt offenbar den Rechtsgrund für die Herausgabepflicht, nämlich den einseitig erklärten Widerruf, mit dem verfahrensrechtlichen Titel des Scheidungsvergleichs und der dazu führenden Entscheidung der Beschwerdeführerin. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 33 lit. a ErbStG reicht es in diesem Zusammenhang aus, dass ein Anspruch auf Herausgabe des Geschenks durch den Beschenkten besteht. Ob dieser Anspruch ohne gerichtliche Geltendmachung "anerkannt" wird (wie etwa im Beschwerdefall im Scheidungsvergleich) oder ob nach gerichtlicher Geltendmachung das Verfahren nicht durch alle Instanzen fortgesetzt wird und nicht etwa alle möglichen Rechtsmittel ergriffen werden oder ob etwa im Zuge des gerichtlichen Verfahrens ein gerichtlicher oder ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen wird, ist nicht ausschlaggebend, sofern der Herausgabeanspruch nicht offenkundig rechtswidrig geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde beschäftigt sich in einer Alternativbegründung mit dem von der Beschwerdeführerin bereits im Verwaltungsverfahren verwiesenen , und gelangt zum Ergebnis, dass die in Rede stehende Schenkung "nicht unter der ausschließlichen Voraussetzung, die Ehe werde Bestand haben", sondern auch aus dem Beweggrund der finanziellen Absicherung der Beschwerdeführerin im Falle einer etwaigen späteren vermögensrechtlichen Auseinandersetzung aus Anlass einer Ehescheidung erfolgt sei.

Der OGH hat im erwähnten Urteil vom ausgeführt, dass es gerechtfertigt sei, im Fall der Scheidung der Ehe die von der Lehre und Rechtsprechung für Ehepakte entwickelten Grundsätze anzuwenden. Damit sieht der OGH eine Widerrufsmöglichkeit außerhalb der in §§ 947 ff ABGB vorgesehenen Fälle. Da nach Ansicht des OGH in jenem Urteil der Zweck der Schenkung mit dem von Ehepakten vergleichbar sei, könne der an der Scheidung schuldlos oder gleich schuldige Eheteil (und im Falle einer einvernehmlichen Scheidung wohl jeder Eheteil) die Schenkung widerrufen. Der Schenkung habe also ebenso wie bei einem Ehepakt die Erwartung zugrunde gelegen sein müssen, die Ehe werde Bestand haben. Auch bei Ehepakten seien Zuwendungen, die von vornherein auch oder gerade für den Fall der Scheidung gedacht sein sollten, schwer vorstellbar. Vielmehr sei die Versorgung des Überlebenden häufig ein wichtiger Zuwendungszweck in einer funktionierenden Ehe.

Soweit die belangte Behörde das von ihr gesehene Motiv für die in Rede stehende Schenkung aus dem oben erwähnten Vorbringen der Beschwerdeführervertreterin in der mündlichen Verhandlung ableitet, vernachlässigt sie einerseits, dass die aufgezeigte Widerrufsmöglichkeit diese vermögensrechtliche Absicherung auf eine im Beschwerdefall nicht gegebene Scheidung aus Allein- oder überwiegendem Verschulden des Geschenkgebers einschränkt. Andererseits lässt die belangte Behörde offen, woraus sie ableitet, dass sich die von der Beschwerdeführervertreterin als Schenkungsmotiv eingeräumte Absicherung bei einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nicht auf den Fall des Todes des Geschenkgebers bezogen hätte, sondern überwiegend auf den Fall der Ehescheidung.

Indem die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin das im Scheidungsvergleich ausgesprochene Anerkenntnis des Widerrufs der Schenkung von den Zahlungen des Geschenkgebers für die von den Eltern der Beschwerdeführerin geleisteten Zuwendungen abhängig machen will, entfernt sie sich auch von der Aktenlage, weil der geschlossene Scheidungsvergleich eine derartige Bedingung nicht enthält.

Die Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift, die Schenkung sei erst nach etwa 20-jähriger Ehe erfolgt, was die Position der Beschwerdeführerin für den Fall einer aus Anlass einer Ehescheidung zu regelnden Bereinigung der gegenseitigen finanziellen Ansprüche habe stärken sollen, können die einem Bescheid fehlende Begründung nicht ersetzen und bedürfen schon deshalb keiner näheren Erörterung.

Der angefochtene Bescheid erweist sich deshalb als inhaltlich rechtswidrig und war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am