VwGH vom 12.10.2009, 2008/16/0177

VwGH vom 12.10.2009, 2008/16/0177

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der B GmbH in Wien, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft Waneck & Kunze, 1010 Wien, Schellinggasse 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ. Jv 5728/08i-5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erhob im Verfahren 11 C 2087/06i des BG Salzburg (in dem sie beklagte Partei war) mit ERV-Eingabe vom Berufung gegen das Zwischenurteil des BG Salzburg vom , GZ. 11 C 2087/06i-21, womit betreffend ein Leistungsbegehren von EUR 7.244,31 sA. die Feststellung getroffen wurde, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Dazu ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig, dass in der Berufung der Hinweis auf den Gebühreneinzug nicht im freien Textfeld der Berufung aufschien.

Aus der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde mit Eingabe vom vorgelegten Kopie der Seite 1 der von der Beschwerdeführerin verfassten Berufung vom ergibt sich, dass dort unter Punkt 01 nach der Adresse des Erstgerichtes und nach der Nennung der Geschäftszahl des erstgerichtlichen Verfahrens der Text aufscheint:

"Gebühren: E Gebühreneinzug vom angegebenen Konto"

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb die Kostenbeamtin des BG Salzburg der Beschwerdeführerin für die Berufung neben der Pauschalgebühr nach TP 2 GGG Einhebungsgebühr gem. § 6 Abs. 1 GEG im Ausmaß von EUR 8,-- vor und forderte gem. § 31 Abs. 1 und 2 GGG einen Mehrbetrag von EUR 400,--an.

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag (der auf den Abbuchungsvermerk verwies und der sich gegen die Vorschreibung einer Einhebungsgebühr und insbesondere gegen die Festsetzung eines Mehrbetrages gem. § 31 GGG wendet) gab die belangte Behörde keine Folge, wobei sie ihren Bescheid - auszugsweise - wie folgt begründete:

"In der Vj-info 34/2007 wurde vom Bundesministerium für Justiz bekanntgegeben, dass eine Übertragung von Gebühreneinzugsdaten in den dafür vorgesehenen Feldern technisch derzeit nicht möglich ist und hat die Kostenbeamten der Gerichte angewiesen, in solchen Fällen bei gebührenpflichtigen Eingaben den Gebühreneinzug von dem in der Klage angegebenen Konto einzuziehen. Gleichzeitig wurden jedoch auch alle Benutzer des elektronischen Rechtsverkehres über diesen Mangel informiert und ersucht, bei elektronischen Folgeeingaben das Gebühreneinzugskonto im freien Textfeld anzuführen.

Im Zusammenhang mit der von der Berichtigungswerberin vorgelegten Kopie der anwaltlichen Berufungseingabe ist nun ersichtlich, dass der Hinweis auf den Gebühreneinzug nicht im freien Textfeld, sondern im Gebührenfeld erfasst wurde und folglich eine Übertragung der Gebühreneinzugsdaten überhaupt nicht möglich war. Auf diesen Mangel wurde wie zuvor erwähnt die Benutzer des elektronischen Rechtsverkehrs klar hingewiesen und ist das Verschulden für den unterbliebenen Gebühreneinzug nicht dem Gericht anzulasten.

Aber auch sonst wäre im konkreten Fall ein Gebühreneinzug nicht möglich gewesen, da im gesamten Prozessakt kein einziger Schriftsatz der Berichtigungswerberin aufzufinden ist, auf dem eine Möglichkeit für einen Gebühreneinzug aufgezeigt worden wäre. Der Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Salzburg war daher die Einhaltung der zitierten Vj-info auch aus diesem Grund nicht möglich."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, für ihre Berufung weder eine Einhebungsgebühr noch einen Mehrbetrag entrichten zu müssen. In Erwiderung des angefochtenen Bescheides behauptet die Beschwerdeführerin, nicht darüber informiert gewesen zu sein, dass der Einziehungsvermerk nicht ankomme, wenn er sich nicht im freien Textfeld befinde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und Kopien aus dem Gerichtsakt vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gem. § 2 Z. 1 lit. c GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter und dritter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift.

Nach § 4 Abs. 4 leg. cit. können Gebühren auch durch Abbuchung und Einziehung entrichtet werden, wenn die kontoführende Stelle (Kreditinstitut, Postsparkasse) zur Abbuchung der Gebühren auf das dafür bestimmte Justizkonto ermächtigt ist und die Eingabe einen Hinweis auf die erteilte Abbuchungsermächtigung, die Angabe des Kontos, von dem die Gebühren einzuziehen sind, und allenfalls den höchstens abzubuchenden Betrag enthält. Wird eine Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs (§§ 89a bis 89d GOG) eingebracht, so sind die Gebühren durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten; in diesem Fall darf ein höchstens abzubuchender Betrag nicht angegeben werden.

Die Verordnung des Bundesministers für Justiz vom über die Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühren (Abbuchungs- und Einziehungsverordnung - AEV) BGBl. 1989/599 idF der VO BGBl. II 2005/481 lautet auszugsweise:

"§ 5. Der Gebührenentrichter hat in der Eingabe das Konto, von dem die Gerichtsgebühren einzuziehen sind, oder den Anschriftcode (§ 7 ERV 2005, BGBl. II Nr. 481/2005), unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, anzugeben. Gibt aber der Gebührenentrichter sowohl den Anschriftcode, unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, als auch ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren an, so sind die Gerichtsgebühren von diesem Konto einzuziehen.

§ 6. (1) ...

(2) Die Hinweise nach Abs. 1 sowie die Angaben nach § 5 sind auf der ersten Seite der für das Gericht bestimmten Eingabe deutlich ersichtlich zu machen. Sofern der Gebührenentrichter über einen Anschriftcode verfügt, hat er auch diesen dort anzuführen.

..."

§ 6 Abs. 1 GEG bestimmt unter anderem, dass für die Einhebung von Gerichtsgebühren vom Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8,-- zu entrichten ist.

§ 31 Abs. 1 GGG lautet auszugsweise:

"(1) Wird der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe (§ 2 Z. 1 lit. a bis c, e, h, Z. 2 und 7) begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch EUR 400,-- nicht übersteigen. Gleiches gilt im Fall des § 4 Abs. 6 letzter Halbsatz, wenn die Einziehung erfolglos geblieben ist."

Mit Rücksicht darauf, dass nach §§ 5 und 6 Abs. 2 der oben zitierten Abbuchungs- und Einziehungsverordnung (AEV) des BM für Justiz lediglich vorgesehen ist, dass der Gebühreneinziehungshinweis auf der ersten Seite der für das Gericht bestimmten Eingabe anzugeben ist und dass dies nach Ausweis der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kopie der Seite 1 ihrer Berufung geschehen ist, sowie unter Bedachtnahme darauf, dass eine generell verbindliche Norm des Inhaltes, dass diese Angabe im "Textteil" der Berufung hätte vorgenommen werden müssen (wie dies der angefochtene Bescheid verlangt), nicht existiert und weil schließlich auch dem von der belangten Behörde erwähnten, an die Benützer des elektronischen Rechtsverkehrs angeblich ergangenen Ersuchen, das Konto im "freien Textfeld anzugeben", jedenfalls keine normative Wirkung zukommt, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.

In diesem Zusammenhang ist auch dem von der belangten Behörde erhobenen Vorwurf, die Beschwerdeführerin (als beklagte Partei!) habe im gesamten erstinstanzlichen Verfahren keinen Einzugsvermerk vorgenommen, von vornherein jeder Boden entzogen, weil die Beschwerdeführerin als beklagte Partei im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht gebührenpflichtig war (siehe § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG) und weil sie erstmals mit der Erhebung ihrer Berufung eine Verfahrenshandlung setzte, die für sie eine Gerichtsgebührenpflicht ausgelöst hat. Vorher hatte sie keinerlei rechtliche Veranlassung, auf ihren Schriftsätzen einen Einziehungsvermerk anzubringen.

Mit ihren weiteren Ausführungen wird die Beschwerdeführerin auf die vorstehenden Entscheidungsgründe verwiesen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war mit Rücksicht auf die vorgenommene Aufhebung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am