VwGH vom 27.08.2013, 2013/06/0132

VwGH vom 27.08.2013, 2013/06/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones sowie Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der D P in V, vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Raimund-Obendrauf-Straße 9, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT13-12.10-R199/2013-42, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und den dieser beigelegten Unterlagen sowie des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Miteigentümer am Grundstück der Beschwerdeführerin (ihrem Ehemann) die Errichtung eines Rinderlaufstalles mit Güllegrube bewilligt, wobei gemäß Baubeschreibung die Zunahme der bebauten Fläche 803,01 m2 beträgt. Dazu wurde dem damaligen Bauwerber (Ehemann der Beschwerdeführerin) mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom gemäß § 38 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) die Benützungsbewilligung zum Teil erteilt; dabei wurde festgestellt, die bauliche Anlage entspreche der Bewilligung, die Ausführung weiche vom genehmigten Projekt nur geringfügig ab und es lägen geringfügige Mängel vor. Es bestünden keine Einwände gegen die Erteilung einer Teil-Benützungsbewilligung (neuer Stall mit Güllegrube), wenn näher angeführte Auflagen erfüllt würden. Bei diesen Auflagen handelt es sich um Sicherungsmaßnahmen an Fensteröffnungen und Stützwänden sowie an den Türen, die Ausführung einer Brandwand, das Abdecken einer Schrapperanlage sowie das Anbringen nachtleuchtender Fluchtwegorientierungsleuchten. Laut Teil-Benützungsbewilligung dürften die baulichen Anlagen (neuer Stall im Ausmaß von 803 m2 und die neue Güllegrube) ab sofort benützt werden.

Im Rahmen einer baubehördlichen Überprüfung am wurde jedoch festgestellt, dass der Rinderlaufstall nicht der Genehmigung vom entsprechend errichtet worden sei und für die ausgeführten Änderungen (der Stall wurde um 27 m2 größer errichtet als genehmigt) weder eine Baubewilligung noch eine Benützungsbewilligung vorlägen, das Gebäude jedoch benützt werde. Daher wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom die Benützung des errichteten Rinderlaufstalles mit sofortiger Wirkung untersagt.

Die Beschwerdeführerin berief. Auf Grund dessen legte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vom die Erfüllungsfrist für die Räumung des Stallgebäudes mit fünf Wochen fest.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage der Berufung an die Berufungsbehörde. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde gab mit Bescheid vom der Berufung insofern Folge, als die Erfüllungsfrist mit fünf Wochen ab Rechtskraft der Berufungsentscheidung festgelegt wurde; das erlassene Benützungsverbot blieb jedoch unverändert aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen unter Hinweis auf § 38 Abs. 1 und Abs. 8 Stmk. BauG aus, bei Erlassung eines Benutzungsverbotes sei lediglich zu prüfen, ob eine Benützungsbewilligung vorliege; aus welchen Gründen eine solche nicht vorliege, sei nicht von Relevanz. Die Beschwerdeführerin habe nicht vorgebracht, dass die gegenständliche Anlage nicht benutzt werde, sondern weise lediglich darauf hin, dass die tatsächliche Bauausführung nur eine geringfügige Änderung zum genehmigten Projekt darstelle. Die "Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes" hätten keine Verhängung eines Benützungsverbotes erfordert. Der Beschwerdeführerin sei auch kein Parteiengehör zu den Ermittlungsergebnissen eingeräumt worden und die Erfüllungsfrist für die Räumung des Rinderstalles sei zu kurz bemessen.

Dem hält die belangte Behörde entgegen, die "Änderungen" (gemeint wohl: Abweichungen vom Genehmigungsbescheid) seien nicht geringfügig, weil dafür neuerlich ein Genehmigungsverfahren anhängig sei. Die "Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes" seien nicht von Relevanz, weil das Fehlen einer Benützungsbewilligung als objektives Kriterium die Untersagung der Benützung nach sich ziehe. Die Erfüllungsfrist von fünf Wochen sei angemessen, zumal der Amtstierarzt in einer Stellungnahme lediglich vier Wochen vorgesehen habe. Darüber hinaus sei dem Miteigentümer (Ehemann der Beschwerdeführerin) bereits im Jahr 2010 die Räumung des Rinderstalles unter Einhaltung einer fünfwöchigen Frist aufgetragen worden. Da somit für die Räumung des Rinderlaufstalles insgesamt mehr als sechs Monate zur Verfügung gestanden seien, sei die Erfüllungsfrist durchaus angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und - erkennbar - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59, in der Fassung LGBl. Nr. 78/2012 anzuwenden. Dessen § 38 lautet auszugsweise:

"§ 38

Benützungsbewilligung

(1) Der Bauherr hat nach Vollendung von Neu-, Zu- oder Umbauten (§ 19 Z. 1) von Garagen (§ 19 Z. 3 und § 20 Z. 2 lit. b), von Neu-, Zu- oder Umbauten von Kleinhäusern (§ 20 Z. 1) und von Hauskanalanlagen oder Sammelgruben (§ 20 Z. 3 lit. g) und vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. eine Bescheinigung des Bauführers, eines Ziviltechnikers mit einschlägiger Befugnis, eines konzessionierten Baumeisters oder eines Zimmermeisters im Rahmen seiner gewerberechtlichen Befugnis über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung unter Angabe allfälliger geringfügiger Abweichungen;

2. …

(3) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an die bauliche Anlage benützt werden darf.

(4) Die Benützungsbewilligung ist auf Grund der Aktenlage zu erteilen, wenn die Unterlagen gem. Abs. 2 vorliegen.

(5) Wird in den Fällen des § 19 Z. 1 und Z. 3 sowie § 20 Z. 1 und Z. 2 lit. b keine Bescheinigung gemäß Abs. 2 Z. 1 vorgelegt, hat die Behörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Benützungsbewilligung vorliegen.

(6) Die Benützungsbewilligung ist zu erteilen, wenn die bauliche Anlage der Bewilligung entspricht, bei Vorliegen geringfügiger Mängel unter der Vorschreibung von Auflagen oder wenn die Ausführung vom genehmigten Projekt nur geringfügig abweicht.

(7) Die Benützungsbewilligung kann bei einer der genannten Voraussetzungen auch für einen in sich abgeschlossenen Teil der baulichen Anlage erteilt werden.

(8) Wird eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt, so hat die Behörde die Benützung zu untersagen."

Die Beschwerde bestreitet nicht, dass für den Rinderlaufstall in der tatsächlich errichteten Form weder eine Baubewilligung noch eine Benützungsbewilligung vorliegt. Sie bestreitet auch nicht, dass dieser benützt wird. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermeint die Beschwerdeführerin darin zu erkennen, dass ihr mit Bescheid vom eine Benützungsbewilligung erteilt wurde. Vorliegend handle es sich - so die Beschwerdeführerin - um einen "speziellen Fall", weil der Rinderlaufstall nur in geringfügiger Weise (Hinweis auf das hg. Erkenntnis "2005/06/007"; gemeint wohl: vom , Zlen. 2005/06/0005 bis 0008) nicht der Baubewilligung entspreche (830 m2 statt der genehmigten 803 m2, somit eine flächenmäßige Vergrößerung von nicht einmal 3 % der genehmigten Gesamtnutzfläche). Die Verwaltungsbehörden hätten in Anwendung des § 38 Abs. 6 Stmk. BauG dem seinerzeitigen Bauwerber (Ehemann der Beschwerdeführerin) nicht auftragen dürfen, das vorliegende Projekt neu einzureichen, sondern sie hätten im Rahmen der vorliegenden Bewilligung gegebenenfalls Auflagen erteilen müssen.

Zunächst ist festzuhalten, dass auch aus einer Benützungsbewilligung kein Recht auf die Belassung eines dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes abgeleitet werden kann; die Erteilung einer Benützungsbewilligung steht somit einem Bauauftrag nicht entgegen. Durch eine Benützungsbewilligung wird ein bewilligungswidriger Zustand nicht saniert (vgl. die bei Hauer/Trippl , Steiermärkisches Baurecht, 4. Auflage, E 12 zu § 38 Stmk. BauG zitierte hg. Judikatur).

Die Beschwerde verkennt jedoch den Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Dieser umfasst die Untersagung der Benützung des Rinderlaufstalles gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG und nicht die Erteilung einer Benützungsbewilligung gemäß § 38 Abs. 6 leg. cit., in deren Rahmen auch geringfügige Abweichungen in der Ausführung des genehmigten Projektes genehmigt werden können. In dem der Beschwerde beigelegten Bescheid betreffend die Erteilung der Benützungsbewilligung vom wird ausdrücklich ausgeführt, dass der neue Stall "im Ausmaß von 803 m2" und die neue Güllegrube ab sofort benutzt werden dürfen. In diesem Verfahren war die tatsächliche Ausführung des Projektes mit einer um 27 m2 größeren als der bewilligten Fläche offenbar kein Thema. Die mit diesem Bescheid erteilten Auflagen betreffen ausschließlich Sicherheitsaspekte; es gibt keine Hinweise darauf, dass mit der Benützungsbewilligung die Baubewilligung vom hinsichtlich der Größe des Rinderlaufstalles geändert worden wäre.

Bei Erlassen eines Benützungsverbotes gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG hat die Behörde nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ein Benützungsverbot auch dann auszusprechen, wenn die bauliche Anlage vollständig der erteilten Baubewilligung entspricht, jedoch keine Benützungsbewilligung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/06/0049, ergangen zur Tiroler Bauordnung 1989). Der Umstand, dass im Juli 2012 um die nachträgliche Genehmigung der Abweichungen angesucht wurde und sich laut Beschwerdevorbringen "abzeichnet, dass … eine Bewilligung … unmittelbar bevorsteht", hindert die Erlassung eines Benützungsverbotes ebenfalls nicht. Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte "spezielle Fall" ist somit - so er überhaupt vorliegt - im gegenständlichen Verfahren jedenfalls nicht entscheidungsrelevant. Auch der Verweis auf die hg. Erkenntnisse Zlen. 2005/06/0005 bis 0008 ist nicht zielführend, weil diesen Entscheidungen Straferkenntnisse nach dem Vorarlberger Baugesetz 2001 zugrunde lagen; jener Sachverhalt ist mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar.

Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge, ihr sei das Ergebnis der baubehördlichen Überprüfung vom nicht im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden, gegen einen allfälligen Verfahrensfehler der Behörde erster Instanz wendet, ist ihr zu entgegnen, dass sie Gelegenheit hatte, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der erstinstanzlichen Behörde in ihrer Berufung Stellung zu nehmen; dadurch ist ein von der Behörde erster Instanz allenfalls begangener Verfahrensfehler saniert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0192). Im Übrigen wird das Ausmaß der Abweichung der bestehenden baulichen Anlage zu der erteilten Baubewilligung in der Beschwerde nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin vermeint eine Verletzung ihres Parteiengehörs auch darin zu erkennen, dass sich die belangte Behörde offenbar bei der Begründung der Angemessenheit der Erfüllungsfrist auf eine in einem vorherigen Verfahren (betreffend ihren Ehemann) eingeholte Stellungnahme des Amtstierarztes bezieht. Die Behörde hätte jedoch - so die Beschwerdeführerin - dem Grundsatz der Verfahrensunmittelbarkeit entsprechend erneut eine veterinärmedizinische Stellungnahme einholen und diese der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermitteln müssen. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin jedoch nicht auf, inwiefern die Behörde dadurch zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, und legt die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels somit nicht dar.

Die Beschwerdeführerin rügt weiter, die Erfüllungsfrist sei für das Auffinden eines Ersatzstalles für 73 Rinder zu kurz bemessen. Dazu ist ihr entgegenzuhalten, dass eine Frist dann angemessen ist, wenn in ihr die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0252). Die Beschwerdeführerin hatte zwischen Februar (erstinstanzlicher Bescheid) und Juni 2013 (angefochtener Bescheid) bereits vier Monate Zeit, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Im Übrigen wurde - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - ihrem Ehemann bereits im Jahr 2012 die Räumung des Rinderlaufstalles aufgetragen. Den Ausführungen der belangten Behörde zufolge, denen die Beschwerde nicht entgegentrat, standen der Beschwerdeführerin somit mehrere Monate für die Suche eines Ersatzstalles zur Verfügung. Eine Unangemessenheit der Leistungsfrist kann daher nicht erkannt werden.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien,am