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VwGH vom 25.05.2016, 2013/06/0127

VwGH vom 25.05.2016, 2013/06/0127

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des H A und 2. der A A, beide in S, beide vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT13-12.10- M334/2013-1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. G L und 2. M L, beide in S, beide vertreten durch Haßlinger, Haßlinger Planinc Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Obere Schmiedgasse 7; 3. Gemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (Bauwerber) sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 144/2 und Nr. 150, KG B.

2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom war (unter anderem) eine Abänderung der Entlüftungsanlage eines Stalles auf dem Grundstück Nr. 144/2 bewilligt worden. In jenem Verfahren waren sowohl ein geruchstechnisches als auch ein schalltechnisches Gutachten eingeholt worden. Laut dem Sachverständigengutachten des Dr. Sch. des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom habe die Geruchszahl des bewilligten Bestandes vor Änderung der projektierten Lüftungsanlage G = 89,4 und danach G = 77,9 betragen. Laut dem schalltechnischen Sachverständigengutachten des Ing. W. vom würden nach der Änderung der Entlüftungsanlage auf den sich auf dem angrenzenden Grundstück Nr. 201/3, KG. B., befindlichen Messpunkt IP 1 Schallimmissionen von 47 dB am Tag, 48 dB am Abend und 38 dB in der Nacht einwirken.

3 Mit Eingabe vom beantragten die Bauwerber die Erteilung einer Baubewilligung für einen auf den Grundstücken Nr. 144/2 und Nr. 150 projektierten Zubau eines Mastschweine- und Krankenstalles, für eine Abänderung der Belüftung und Ergänzung der Lüftung und für eine Errichtung eines Güllekellers. Dem Bauansuchen legten die Bauwerber eine "Lüftungsbeschreibung" der S.-GesmbH Co KG vom bei.

4 Die beschwerdeführenden Parteien sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 201/4, KG. B., welches nördlich der Bauliegenschaft gelegen und von dieser durch das Grundstück Nr. 201/3 getrennt ist.

5 In dem von der Baubehörde eingeholten Sachverständigengutachten vom führte Dr. Sch. vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung unter Heranziehung (unter anderem) der vom Bundesministerium für Umwelt im Dezember 1995 herausgegebenen "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" und der Lüftungsbeschreibung der S.-GesmbH Co KG vom im Wesentlichen aus, das Baugrundstück liege im Freiland (L), der Stallbestand liege ebenfalls im Freiland (L) beziehungsweise Dorfgebiet (DO). Anrainende beziehungsweise benachbarte Grundstücke wiesen ebenfalls die Widmung Dorfgebiet beziehungsweise Freiland auf, wobei sich etwa 170 m nördlich Grundstücke mit der Widmung "Wohnen Allgemein (WA)" befänden. Die Geruchszahl für den bewilligten Betrieb betrage in Summe G = 77,9, wobei laut Mitteilung der mitbeteiligten Gemeinde die Lüftungsanlage "umgesetzt" und um Benützungsbewilligung dafür angesucht worden sei. Die Geruchszahl des nunmehr projektierten Gesamttierbestandes werde G = 88,5 betragen.

In der mitbeteiligten Gemeinde existierten keine mit dem bestehenden Betrieb vergleichbaren Tierbestandsgrößen im Dorfgebiet oder im Freiland. Der vormals bewilligte Tierbestand der Bauwerber habe laut dem Gutachten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom eine Emissionskenngröße von G = 89,4 erreicht. Die künftig zu erwartenden Geruchsemissionen von G = 88,5 lägen im Rahmen der schon vormals bewilligten Emissionskenngröße. Verglichen mit dem aktuell als bewilligt anzusehenden Tierbestand werde die zu erwartende Emissionskenngröße über der ortsüblichen Kenngröße liegen. Nach der "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" seien Schutzabstände gegenüber der Widmungskategorie Dorfgebiet und Freiland nicht vorgesehen. Zur besseren Darstellung der Immissionssituationen im Umfeld von Stallungen würden daher ergänzend die richtungsspezifischen Geruchsschwellen und Belästigungsgrenzen ermittelt, um die Geruchsimmissionssituation im Umfeld von Stallbauten detaillierter darzustellen. Die Geruchsschwelle sei jener Abstand, ab dem bei Annäherung an die Emissionsquelle emittierte Gerüche wahrnehmbar würden und eindeutig zuzuordnen seien. Außerhalb der Geruchsschwelle habe die Konzentration an Geruchskomponenten so weit abgenommen, dass diese in der Regel nicht mehr wahrnehmbar seien. In Anlehnung an eine "VDI-Richtlinie" liege die Belästigungsgrenze im Allgemeinen bei dem halben Geruchsschwellenabstand. Innerhalb dieses Bereiches könnten Geruchsintensitäten auftreten, die zunehmend als Belästigung empfunden würden.

Ausgehend von einer Geruchszahl von G = 77,9 für den bewilligten Tierbestand liege die Belästigungsgrenze bei Berücksichtigung der lokalen Windverhältnisse, der Geländeklimatologie und Orographie des Standortes in den Richtungen Süden, Südwesten, Westen, Nordosten und Osten bei 77 m und in allen anderen Richtungen bei 66 m. Nach Realisierung des Bauprojektes werde die Geruchsschwelle, ausgehend von einer Geruchszahl von G = 88,5, in den Richtungen Süden, Südwesten, Westen, Nordosten und Osten bei 82 m und in allen anderen Richtungen bei 71 m liegen. Die Tierzahlen seien seit der Letztbegutachtung im Juni 2009 unverändert. Im Zubau kämen nun 384 Mastschweine hinzu. Mit einem zukünftigen Bestand von insgesamt 947 Mastschweinen, 85 Sauen und 379 Ferkeln werde in Summe 86% des Schwellenwertes laut Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) erreicht, weshalb keine UVP-Pflicht bestehe.

Ausgehend von dem Ist-Maß von G = 77,9 und dem Prognosemaß von G = 88,5 werde trotz einer erheblichen Aufstockung der Anzahl der Mastschweine insbesondere aufgrund der verbesserten Lüftungstechnik eine nicht in diesem Ausmaß durchschlagende Erhöhung der Emissionskenngröße erreicht. Das Ausmaß der tierbezogenen Emissionen nehme zwar vor Ort entsprechend zu, jedoch werde durch die Lüftungstechnik ein Großteil der Emissionen in hohe Luftschichten verfrachtet (mehr als 10 m über Grund mit einer dauerhaften Ausblasgeschwindigkeit von mehr als 8 m/s), womit die zusätzlichen Stallgerüche nur mehr in verringertem Ausmaß als Geruchsimmissionen in der Nachbarschaft wirkten. Mit einer Emissionskenngröße von G = 88,5 werde der Betrieb der Bauwerber künftig über der für die KG B. aktuell zu berücksichtigenden ortsüblichen Kenngröße für Geruchsemissionen liegen, die der verfahrensgegenständliche Betrieb als größter tierhaltender Betrieb mit G = 77,9 selbst vorgebe. Ziehe man die noch vor Erteilung des Baubescheides vom bewilligte Geruchszahl von G = 89,4 heran, liege die zukünftige Geruchszahl im Rahmen dieser Kenngröße.

Aufgrund der Situierung des Zubaues nehme der Bereich der belästigenden Gerüche in den Richtungen Südwesten und Süden größere Ausmaße an als in andere Richtungen (wurde näher ausgeführt). In den anderen Richtungen komme es zu einer Ausweitung der von stark wahrnehmbaren Gerüchen betroffenen Areale im Nordwesten, Norden und Nordosten des bestehenden Betriebes um 5 m. Die dortigen bebauten Grundstücke würden bereits aktuell von stark wahrnehmbaren Gerüchen "beaufschlagt", insbesondere seien sie aufgrund der Jahreswindverteilung mit stark wahrnehmbaren Geruchsimmissionen von 5,1 %, 7 % und 17,5 % der Jahresstunden betroffen. Die Darstellung der zu erwartenden Auswirkungen würde im Übrigen nur dann zutreffen, wenn die Lüftungsanlage während der Bestallung kontinuierlich betrieben werde.

6 In der Stellungnahme vom bezog sich der schalltechnische Sachverständige Ing. W. auf ein von ihm in einem anderen Bauverfahren verfasstes, das gegenständliche Baugrundstück betreffendes Gutachten vom und führte im Wesentlichen aus, die Berechnungen auf Basis der seinerzeit zu beurteilenden Änderungen stellten nun die tatsächlichen ortsüblichen Verhältnisse dar. Unter Berücksichtigung der Abluftgeschwindigkeit von 8,07 m/s und des Verkehrslärmes werde der Schallpegel nach Errichtung der projektierten baulichen Anlagen bei IP 1 (auf Grundstück Nr. 201/3) auf zwei Meter Höhe bei hundertprozentigem Einsatz der Ventilatoren 48,8 dB tagsüber, 49 dB abends und 43,2 dB nachts betragen (Das Gutachten nennt auch die Immissionsbelastung bei dem Immissionspunkt IP 2, der auf einem südlich des Baugrundstückes befindlichen Grundstück gelegen ist). Ausgehend davon, dass für die als Freiland gewidmete Baufläche keine Immissionsgrenzwerte normiert seien und sich die Hofstelle auf einer als Dorfgebiet gewidmeten Fläche befinde, würden die im Dorfgebiet geltenden Immissionsgrenzwerte von 55 dB tagsüber, 50 dB abends und 45 dB nachts der Beurteilung zu Grunde gelegt. Die Beurteilungswerte für das nördlich des Baugrundstückes gelegene Grundstück Nr. 201/3, auf dem sich IP 1 befinde, ergäben sich bereits aus dem Gutachten vom . Die aus dem damaligen Beurteilungspegel und aus den Verkehrslärmimmissionen resultierenden örtlichen Verhältnisse von 43 dB würden durch die nunmehr projektierten Lüftungsgeräusche von 14 dB nicht verändert. Da die Differenz der beiden Geräusche über 10 dB betrage, trete nach dem Schallpegeladditionsgesetz keine Änderung des höheren Pegelwertes ein. Der besonders niedrige Beurteilungswert aus der projektierten Lüftungsanlage sei auf die Abschirmwirkung der bestehenden landwirtschaftlichen Objekte und der Siloanlagen zurückzuführen.

Bei den übrigen aus dem Stallzubau möglichen Lärmimmissionen handle es sich um typische landwirtschaftliche Betriebsvorgänge, die bereits durch den bestehenden Betrieb gegeben und daher ortsüblich seien.

7 Dr. S. führte in einem am bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten medizinischen Gutachten (unter Heranziehung unter anderem der "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Emissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen", der gutachterlichen Stellungnahme des Ing. W. vom und der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. Sch. vom ) im Wesentlichen aus, bei den in Frage kommenden Lärmbelastungen im Bereich von 35 dB bis 50 dB seien eine Aktivierung des zentralen und vegetativen Nervensystems, eine Störung von Entspannungsphasen und Schlafstörungen möglich. Der zu einer Vermeidung gravierender Schlafstörungen einzuhaltende äquivalente Dauerschallpegel (LA,eq) erstrecke sich von 35 dB bis 45 dB am Ohr des Schläfers. Es sei genau zu beachten, welche Pegelwerte im Freien und welche im Raum gelten würden. Die Weltgesundheitsorganisation nenne zur Sicherung eines erholsamen Schlafes einen äquivalenten Dauerschallpegel von weniger als LA,eq 35 dB im Raum.

Eine Anhebung um 2 dB auf 38 dB sei möglich und liege unter dem Widmungsmaß für Dorfgebiete von 45 dB nachts.

Laut gutachterlicher Beurteilung werde sich die Geruchszahl von G = 77,9 auf G = 88,5 erhöhen. Mit G = 88,5 liege der Betrieb der Bauwerber über der aktuell ortsüblichen Kenngröße, die der Betrieb mit G = 77,9 selbst vorgebe. Allerdings seien in der Region S.- Tal (von G. bis S.) Betriebe mit Geruchszahlen von über G 100 bewilligt und daher als ortsüblich anzusehen.

Unzumutbar sei eine Belästigung, wenn sie über das ortsübliche Ausmaß hinausgehe. Eine Gefährdung der Gesundheit sei nicht zu erwarten. Ein und dieselbe Belästigung könne an einem Ort als zumutbar und an einem anderen Ort als unzumutbar aufgefasst werden. Es seien die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und der Mensch als Maß zur Beurteilung der Zumutbarkeit heranzuziehen.

8 In einer Stellungnahme vom führte der Kammersekretär der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Deutschlandsberg, Ing. T., unter anderem aus, dass die Ortsüblichkeit des gegenständlichen Bauvorhabens gegeben sei. Trotz Ausweitung des Tierbestandes werde durch die Abänderung der Belüftung die Geruchszahl von derzeit G = 77,9 auf lediglich G = 88,5 erhöht. G = 88,5 liege unter dem 2009 festgestellten Wert. In der Umgebung seien weitaus intensivere Tierhaltungsformen mit höheren Werten üblich und vorhanden.

9 Bei der mündlichen Verhandlung am sprachen sich die beschwerdeführenden Parteien gegen eine weitere Erhöhung der Geruchsbelastung durch das Bauprojekt aus, was sie mit einer bereits hohen Geruchsbelastung begründeten, und brachten im Wesentlichen vor, laut Bescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , mit dem ein Stall (Stall 3) "abgelehnt" worden sei, sei die Grenze der zumutbaren Geruchsbelästigung erreicht beziehungsweise bereits zum Teil überschritten (wurde näher ausgeführt). Da die damals von den beschwerdeführenden Parteien geforderte, jedoch nicht eingebaute Belüftungsanlage nun aber genauso ausgeführt sei, sei entsprechend nachzurüsten, aber ohne Zubau. Die 2008 durch den Einbau einer Entlüftung eingetretene leichte Verbesserung der Geruchsbelastung würde bei Genehmigung der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen auf Grund der Erweiterung des Tierbestandes zunichte gemacht. Die Geruchsbelästigung würde um ein Vielfaches erhöht. Da das Sachverständigengutachten des Dr. Sch. eine bereits bestehende starke Geruchsbelastung attestiere, werde eine Erweiterung abgelehnt. Dr. S. sei als Hausarzt der Bauwerber befangen, weshalb die Baubehörde ein unabhängiges medizinisches Gutachten einzuholen habe. Bei der Ermittlung der Geruchszahl seien sämtliche Stallungen in der Umgebung - auch ein 45 m vom Gebäude der beschwerdeführenden Parteien entfernter Rinderstall - miteinzubeziehen, wodurch eine viel höhere derzeitige Geruchszahl gegeben sei. Bereits die bestehende Belastung sei unzumutbar. Auf Grund der Berücksichtigung sämtlicher Stallungen sei überdies eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen.

10 Der bautechnische Sachverständige Dipl.-Ing. M. führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen aus, dass zum Zeitpunkt der Einreichung des gegenständlichen Bauprojektes am eine Geruchszahl von G = 89,4 bewilligt gewesen sei. Durch die Abänderung der Lüftung samt Errichtung des Zubaues werde eine Geruchszahl von G = 88,5 erreicht, wodurch es zu einer geringfügigen Reduzierung der Geruchszahl komme. Die zu einer UVP-Pflicht führenden Grenzwerte würden nicht überschritten.

11 Laut einer dem Protokoll der mündlichen Verhandlung beigefügten gutachterlichen Stellungnahme des bautechnischen Sachverständigen Dipl.-Ing. M. liege das Baugrundstück im Freiland. Alle Gutachten würden das Bauvorhaben positiv beurteilen. Bei konsensgemäßem Betrieb seien keine unzumutbaren Belästigungen beziehungsweise Gesundheitsgefährdungen zu erwarten. Aus Sicht der Raumplanung und in bautechnischer Hinsicht bestünden bei Einhaltung näher umschriebener Auflagen keine Bedenken gegen die Erteilung der Baubewilligung.

12 Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß §§ 19 und 29 Stmk BauG 1995 iVm § 33 StROG 2010 die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen und führte im Wesentlichen begründend aus, die zur Beurteilung von Immissionen der Nutztierhaltung vorgelegten Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar. Laut dem medizinischen Sachverständigen sei keine Gefährdung der Gesundheit zu erwarten, sofern die Lüftungsanlage in der eingereichten Form errichtet, dauernd betrieben und dies durch eine autorisierte Firma nachgewiesen werde. Der von den beschwerdeführenden Parteien erhobene Einspruch habe keine einzelnen Punkte der vorliegenden Gutachten bekämpft oder eine mögliche Unrichtigkeit plausibel dargestellt. Überdies seien die beschwerdeführenden Parteien den Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Dr. S. sei als Distriktsarzt der Region für die Erstellung eines medizinischen Gutachtens zuständig. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn er Hausarzt der Bauwerber oder der Beschwerdeführer wäre. Als Distriktsarzt sei er nämlich von Gesetz aus Garant für die Erstellung eines unabhängigen Gutachtens.

Da die vorliegenden Gutachten schlüssig und nachvollziehbar seien und laut dem Humanmediziner im Ergebnis keine Gefährdung der Gesundheit vorliege, sei das Bauvorhaben positiv zu beurteilen. Ein Geruchszahlenvergleich werde in der Begründung nicht angeführt, jedoch ergebe sich aus den bisherigen Baubescheiden beziehungsweise aus den gutachterlichen Beurteilungen von Geruchsimmissionen aus der Nutztierhaltung vom eine Emissionskenngröße von G = 89,4, die sich mit den verbesserten Lüftungsanlagen und dem nun projektierten Zubau auf eine Emissionskenngröße von G = 88,5 reduziere.

Da der künftige Tierbestand in den Schweinestallungen der Bauwerber selbst unter Einbeziehung der benachbarten Tierbestände, etwa einem näher umschriebenen Rinderstall, den Grenzwert nach UVP-G 2000 nicht erreiche, sei keine UVP durchzuführen.

13 Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung.

14 In einer ergänzend eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom führte Dr. Sch. in Bezug auf die Berufung der beschwerdeführenden Parteien aus, wenngleich die Bedenken der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der Entwicklung der Geruchszahl von G = 77,9 auf G = 88,5 nachvollziehbar seien, sei insbesondere durch einen medizinischen Sachverständigen zu beurteilen, in welcher Intensität und Häufigkeit das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien zukünftig "beaufschlagt" werde und ob sich diesbezüglich maßgebliche Veränderungen im Vergleich mit dem bewilligten Ist-Zustand ergäben. Bezüglich der Geruchsimmissionen in Dorfgebieten werde in der angewandten Richtlinie nichts festgelegt, wobei ihr jedoch zu entnehmen sei, dass Nutztierhaltung in gebietsüblicher Weise ohne Einschränkung zulässig sei. Hinsichtlich der ortsüblichen Tierbestände und deren Kenngrößen werde auf die Ausführungen im Rahmen der Stellungnahme vom verwiesen, welchen nach wie vor Gültigkeit zukomme. Da Rinder- und Pferdebestände gemäß UVP-G 2000 nicht zu berücksichtigen seien, sei keine UVP-Relevanz gegeben. Somit fehle eine Grundlage für eine kumulative Betrachtung von Gerüchen aus nachbarschaftlichen Vorhaben. Der verfahrensgegenständliche Betrieb erreiche 86% des eine UVP erfordernden Schwellenwertes. In der Berufung angesprochene neue Richtlinien, die eine Miteinbeziehung benachbarter Betriebe erforderten, seien dem Sachverständigen nicht bekannt.

15 Mit Eingabe vom äußerten sich die beschwerdeführenden Parteien negativ zum ergänzend eingeholten Gutachten vom . Auch die Bauwerber nahmen im Rahmen einer Eingabe vom zu dem Gutachten Stellung.

16 Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung nur insofern "teilweise stattgegeben", als eine Auflage abgeändert wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der bautechnische Sachverständige habe zutreffend festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Einreichung des Bauansuchens am eine Geruchszahl von G = 89,4 genehmigt gewesen sei. Auch Dr. Sch. habe in seinem Gutachten vom eine Emissionsgröße von G = 89,4 festgestellt. Da der Distriktsarzt Dr. S. verpflichtet sei, ein unabhängiges Gutachten zu erstellen und das vorgelegte Gutachten sowohl schlüssig als auch nachvollziehbar sei und keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit vorlägen, bestehe keine Veranlassung, ein neues Gutachten einzuholen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten Gelegenheit gehabt, dem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

Wie im Gutachten des Dr. Sch. vom ausgeführt, weise der vormals bewilligte Tierbestand eine Geruchskennzahl von G = 89,4 und der projektierte Tierbestand eine solche von G = 88,5 auf. Der verfahrensgegenständliche Betrieb sei mit einer Geruchsemission von G = 77,5 derzeit der größte Betrieb in der KG B. und gebe somit die aktuell zu berücksichtigende, ortsübliche Kenngröße für Geruchemissionen vor. Verglichen mit dem 2009 bewilligten Bestand von G = 89,4 liege die zu erwartende Geruchsemission von G = 88,5 knapp unterhalb der ursprünglichen Kenngröße, weshalb dem Einwand hinsichtlich der Ortsüblichkeit keine Folge gegeben werde.

Laut den hinsichtlich der Ergebnisse gleichlautenden Gutachten des Amtssachverständigen Dr. Sch. vom und vom komme es durch eine Steigerung von G = 77,9 auf G = 88,5 zu einer stärkeren "Beaufschlagung" des Grundstückes der beschwerdeführenden Parteien. Entgegen den Ausführungen des Dr. Sch. sei die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens nicht erforderlich, da das Gutachten vom - wie Dr. Sch. selbst ausgeführt - weiterhin Gültigkeit habe.

17 Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Vorstellung.

18 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dem medizinischen Gutachten des Dr. S. könne gefolgt werden, da die Veränderung der auf das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien einwirkenden Immissionsbelastung nur geringfügig sei, was sich eindeutig aus dem immissionstechnischen Gutachten ergebe. Das lärmtechnische Gutachten sei vom Beurteilungsstandard ausgegangen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten kein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene eingebracht. Da es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, könne eine eventuelle zukünftige Aufstockung der Massentierhaltung im gegenständlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Hinsichtlich des in der Nachbarschaft bestehenden Rinderstalles sei darauf zu verweisen, dass die Beurteilung des immissionstechnischen Sachverständigen nach den geltenden Standards erfolgt sei und die beschwerdeführenden Parteien auch diesem Gutachten nicht mit einem Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten seien. Es liege kein Grund vor, das immissionstechnische Gutachten anzuzweifeln. Die Geräuschentwicklung der Entlüftungsanlage sei im schalltechnischen Gutachten berücksichtigt worden. Durch deren Summenmaß beziehungsweise Summenpegel von 38 dB werde das Widmungsmaß für Dorfgebiete von 45 dB nachts deutlich unterschritten. Die allgemeinen Behauptungen der beschwerdeführenden Parteien vermöchten die Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten nicht zu erschüttern.

19 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

20 Die belangte Behörde erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§ 4 Stmk BauG 1995, LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 78/2003, lautet auszugsweise:

"§ 4. Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende Bedeutung:

1. ...

...

41. Nachbar: Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren, oder dass von seiner genehmigten gewerblichen oder landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage Einwirkungen auf den Bauplatz ausgehen können;

...

49. Ortsübliche Belästigungen: die in den betroffenen Gebieten tatsächlich vorhandenen, zumindest jedoch die in Gebieten dieser Art üblicherweise auftretenden Immissionen;

..."

§ 13 Stmk BauG 1995, LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 88/2008,

lautet auszugsweise:

"§ 13. (1) ...

...

(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine unzumutbare oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarn erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben.

..."

§ 26 Stmk BauG 1995, LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 49/2010,

lautet auszugsweise:

"§ 26. (1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2. die Abstände (§ 13);

..."

Der hier noch maßgebende § 114 Stmk BauG 1995, LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 88/2008 (vgl. § 119j Abs. 1 und § 120a Abs. 12 Stmk BauG idF LGBl. 13/2011), lautet auszugsweise:

"§ 114. (1) ...

(2) Landwirtschaftliche Betriebsanlagen sind so zu planen und auszuführen, dass

1. das Leben oder die Gesundheit der Nachbarinnen/Nachbarn nicht gefährdet wird,

2. Nachbarinnen/Nachbarn oder öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenanstalten, Alten- und Pflegeheime oder Kirchen durch Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung, Gestank oder Lästlinge nicht unzumutbar oder das ortsübliche Ausmaß übersteigend belästigt werden ...

...

(3) Eine landwirtschaftliche Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des Abs. 2 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des Abs. 2 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. ...

(4) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des Abs. 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen auswirken."

§ 25 Stmk ROG 1974, LGBl. Nr. 127 idF LGBl. Nr. 1/1995, lautet auszugsweise:

"§ 25. (1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsfläche festgelegten Grundflächen gehören zum Freiland.

...

(3) Im Freiland dürfen

1. nur Neu- und Zubauten errichtet werden,


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a)
die ...
b)
für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind ...
...
2.
Umbauten vorgenommen werden. ...
..."
22 Die beschwerdeführenden Parteien bringen im Wesentlichen vor, es sei keine Feststellung des konsentierten Bestandes hinsichtlich der Ställe, der Betriebsgegebenheiten und des beim laufenden Entleeren der Siloanlagen entstehenden Geruches, Staubes sowie Lärmes erfolgt. Die diesbezüglichen Unterlagen seien weder den Sachverständigen noch anderen Personen zur Verfügung gestanden. Der schalltechnische Sachverständige Ing. W. sei kein Amtssachverständiger, weshalb seine Beiziehung durch behördliche Bestellung zu erfolgen gehabt hätte. § 52 AVG sei nicht beachtet worden. Der Sachverständige lege seiner aktuellen Stellungnahme sein Gutachten vom zu Grunde, das auf das Grundstück Nr. 201/3 ausgerichtet gewesen sei. Der verfahrensgegenständlichen Stellungnahme könne nicht entnommen werden, um welche "Zielrichtung" es beim Gutachten vom gegangen sei. Es sei auch nicht aktuell, da 2008 beziehungsweise 2009 die Errichtung zweier Silos - nicht aber weiterer Stallungen - bewilligt worden sei und mittlerweile Verbesserungen beziehungsweise Veränderungen der Lärmemissionen eingetreten seien. Bei der Erhebung der Ist-Situation sei nicht der sich auf dem Grundstück Nr. 201/3 befindliche Messpunkt IP 1 maßgeblich, weil die im Gutachten angegebenen Werte nicht die direkte Lärmimmission auf die Liegenschaft der beschwerdeführenden Parteien darstellten, zumal die Objekte auf dem Grundstück Nr. 201/3 die Immissionen abschirmten. Es bedürfe einer Messung auf der Linie zwischen dem Stallobjekt und dem Wohnhaus der beschwerdeführenden Parteien.
Die Ansicht sowohl der Berufungs- als auch der Vorstellungsbehörde, Dr. S. sei auf Grund seiner Tätigkeit als Distriktsarzt der Region für die Erstellung von humanmedizinischen Gutachten zuständig, weshalb eine Befangenheit ausgeschlossen sei, sei weder objektiv noch nachvollziehbar. Allein die Tätigkeit als Distriktsarzt schließe keine Befangenheit aus.
Bei der Beurteilung der ortsüblichen Geruchs- und Lärmbelastung sei weder die Beurteilungsbasis noch die Relation der örtlichen Situation zu unbelasteten Gebieten nachvollziehbar. Die Ortsüblichkeit könne nicht allein von dem verfahrensgegenständlichen Betrieb und dem Gutachten des Dr. Sch. abgeleitet werden, da eine solche Vorgangsweise die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Stmk BauG 1995 "aushebeln" würde. Da die beschwerdeführenden Parteien rechtliche Laien und im Verfahren unvertreten gewesen seien, hätte die Behörde ihrer Manuduktionspflicht, insbesondere im Zusammenhang mit der Notwendigkeit von Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene, nachkommen und sowohl bei der Formulierung als auch der Protokollierung der Bedenken und Einwendungen behilflich sein müssen. Neben der gegenständlichen Schweinehaltung sei auch die Rinderhaltung zu berücksichtigen. Die Zumutbarkeitsgrenze sei medizinisch abzugrenzen. Es bestehe kein derartiger Gewöhnungseffekt, dass jede Geruchsbelastung zumutbar sei (wurde näher dargelegt).
Ungeachtet der Ausführungen des Dr. Sch. in der Stellungnahme vom , wonach die Entwicklung der Geruchszahl von G = 77,5 auf G = 88,5 hinsichtlich der Intensität und der Häufigkeit der "Beaufschlagung" des Grundstückes der beschwerdeführenden Parteien einer weiteren Beurteilung durch einen medizinischen Sachverständigen zu unterziehen sei, habe die Behörde keine weitere Beurteilung eingeholt. Zur Beurteilung der Zumutbarkeit sei das Stmk BauG 1995 heranzuziehen.
Die (in der Beschwerde näher dargestellten) Gutachten des Dr. Sch. vom , vom , vom , vom und vom seien unterschiedlich und stützten sich weitgehend auf Geruchszahlen von in der Gemeinde bestehenden Betrieben, nicht jedoch auf festgestellte örtliche Gegebenheiten.
Die von Dr. Sch. herangezogene "Vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" diene nur der Feststellung des Prognosemaßes und nicht der Ermittlung der ortsüblichen Immissionen und Belastung oder der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten.
Der medizinische Sachverständige Dr. S. habe keine Erhebungen vor Ort durchgeführt, sondern sich auf die so nicht anwendbaren Gutachten des Dr. Sch. gestützt. Dr. S. lege nicht dar, welche Luftbelastung mit dem Geruch aus den Schweineställen pro Beurteilungseinheit als örtlich zulässige Grundbelastung zumutbar sei beziehungsweise ab welcher Konzentration und zeitlicher Einwirkung die Grenze der Zumutbarkeit überschritten werde (wurde näher dargelegt). Dr. S. nehme irrig an, dass eine Belästigung dann unzumutbar sei, wenn sie über das ortsübliche Maß hinausgehe. Die Unzumutbarkeit sei aber nach dem Empfinden eines gesunden Menschen zu beurteilen und liege vor, wenn er sich nachhaltig unwohl fühle.
Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der durch die austretende Luft am Kamin entstehende Lärm von 38 dB in Bezug auf das Widmungsmaß für Dorfgebiete von 45 dB nachts zulässig sei. Das Summenmaß der Lärmbelastung sei aber nicht in Relation zum Widmungsmaß zu setzen. Die Annahme des Ing. W., ein Bauvorhaben sei zulässig, wenn das Summenmaß aus Ist-Maß und Prognosemaß nicht das Widmungsmaß überschreite, sei unzutreffend. Auch die Ansicht, das Widmungsmaß eines benachbarten Baulandes dürfe nicht überschritten werden, sei falsch.
Von der Behörde sei eine wesentlich höhere konsentierte Geruchszahl angenommen worden als tatsächlich gegeben (wird näher dargestellt).
Die Liegenschaft und das Wohnobjekt der beschwerdeführenden Parteien fielen voll in den Belastungsbereich. Es liege Unzumutbarkeit vor (wird näher ausgeführt).
Keinem Sachverständigenbefund könne nachvollziehbar entnommen werden, dass eine Anhebung der Lärmimmission um 2 dB auf 38 dB möglich erscheine und mangels Überschreitung der im Dorfgebiet zulässigen 45 dB keine unzumutbare Belästigung darstelle. Diese Annahmen seien überdies unrichtig, da das Widmungsmaß so nicht ausschöpfbar sei.
Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Baubehörde von den richtigen Feststellungen und Begründungen des (einen Bauantrag abweisenden) Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom abgegangen sei (wurde näher dargelegt). Dr. S. verweise schließlich zur Frage der Ortsüblichkeit auf Geruchszahlen von Betrieben aus dem S.-Tal und zitiere einen Emissionswert von G = 100, ohne darzulegen, inwieweit dieser Wert am Beurteilungsort wirksam sei.
23 Zum Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, dass dem Nachbarn gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 Stmk BauG 1995 im Hinblick auf die Flächenwidmung dann ein Nachbarrecht zusteht, wenn die Widmungsregelung einen Immissionsschutz enthält. Die hier maßgebliche Flächenwidmung der zu bebauenden Fläche, nämlich Freiland, sieht jedoch keinen Immissionsschutz vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/06/0054, mwN).
24 Die Bestimmungen des § 114 Abs. 2 bis 4 Stmk BauG 1995 vermitteln mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 kein Nachbarrecht. Allerdings sind die genannten Bestimmungen im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 zu sehen (vgl. die bei
Trippl/Schwarzbeck/Freiberger , Steiermärkisches Baurecht, 5. Auflage, S. 646 zitierte hg. Judikatur). Und § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 gewährt dem Nachbarn im Ergebnis einen gewissen Immissionsschutz, der unabhängig von der Flächenwidmung gegeben ist. Kann dieser nicht durch die Festsetzung eines größeren Abstandes gewährt werden, kann dies durchaus zur Versagung der Baubewilligung führen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
25 Laut den (bei
Trippl/Schwarzbeck/Freiberger , Steiermärkisches Baurecht, 5. Auflage, S. 178 wiedergegebenen) Erläuternden Bemerkungen zu § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 88/2008 werde im Interesse des Nachbarschaftsschutzes generell auf die Vermeidung von unzumutbaren Belästigungen abgestellt und nicht mehr nur auf solche Belästigungen, die das ortsübliche Ausmaß überstiegen. Es könnten daher im Einzelfall bezüglich eines beantragten Vorhabens auch größere Abstände vorgeschrieben werden beziehungsweise der Bauwerber zu einer Projektsänderung verhalten werden, wenn durch das eingereichte Projekt zwar nicht das ortsübliche Ausmaß an Belästigungen überschritten werde, jedoch trotzdem unzumutbare Belästigungen zu erwarten seien.
26 Auf Grund des § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 sind also Gesundheitsgefährdungen, unzumutbare Belästigungen und Belästigungen, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen, zu unterscheiden. Eine Anlage ist demnach nicht zulässig, wenn auch nur einer der drei alternativen Tatbestände des § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 erfüllt ist, wenn die Anlage also gesundheitsgefährdend oder ortsunüblich ist, und selbst wenn sie nicht ortsunüblich ist (und auch nicht gesundheitsgefährdend) darf sie nicht unzumutbar belästigend sein.
27 Hinsichtlich der Geruchsimmissionen geht der Sachverständige Dr. Sch. von einer nach Errichtung der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen zu erwartenden Geruchszahl von G = 88,5 aus und nimmt der medizinische Sachverständige Dr. S. an, dies sei nicht gesundheitsgefährdend.
28 Zur Beurteilung der Ortsüblichkeit von Immissionen legt die belangte Behörde (ausgehend davon, dass für die Ortsüblichkeit der bereits bestehende Betrieb der Bauwerber ausschlaggebend sei) ihrem Bescheid eine Geruchszahl von G = 89,4 zu Grunde. Sie berücksichtigt dabei aber nicht, dass hinsichtlich der Ortsüblichkeit damit auch die seinerzeit bewilligten, die Geruchsimmissionen senkenden Lüftungen heranzuziehen sind, sofern die diesbezügliche Bewilligung im Entscheidungszeitpunkt über das hier gegenständliche Bauansuchen bereits konsumiert wurde. Bei Inbetriebnahme der damals bewilligten Lüftungen würde laut dem Sachverständigengutachten von Dr. Sch. offenbar eine Geruchszahl von G = 77,9 vorliegen, was deutlich unter der von der Behörde herangezogenen Geruchszahl von G = 89,4 läge. Schon im Hinblick darauf, dass insoweit die für die Ortsüblichkeit maßgebliche Geruchszahl nicht feststeht, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
29 Sollte Ortsüblichkeit gegeben sein, hätte weiters ein medizinischer Sachverständiger im Rahmen eines Gutachtens darzulegen, welche Auswirkungen die durch das Bauvorhaben realisierte Geruchszahl - verfahrensgegenständlich wurde eine solche von G = 88,5 angenommen - auf den menschlichen Organismus hat. Die Behörde trifft sodann die Verpflichtung, die Rechtsfrage zu beantworten, ob eine Zumutbarkeit dieser Geruchsbelastung gegeben ist.
30 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Immissionen ist die Widmung des Baugrundstückes maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0003, mwN). Zwar sieht die hier vorliegende Flächenwidmung Freiland keinen Immissionsschutz vor, doch kommt einem Nachbarn auch diesbezüglich im Ergebnis gemäß § 13 Abs. 12 Stmk BauG 1995 ein gewisser Immissionsschutz zu, der unabhängig von der Flächenwidmung gegeben ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN), sodass die obigen Ausführungen auch hier maßgeblich sind.
31 Ing W. stellte nun die von ihm im Rahmen des Gutachtens vom ermittelten Prognosewerte mit dem gegenständlich relevanten Ist-Maß gleich. Zur Ermittlung der ortsüblichen Belästigungen kann jedoch das Ist-Maß nicht mit dem in einem früheren Bauverfahren ermittelten Prognosemaß gleichgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/06/0111). Auch insofern ist daher der angefochtene Bescheid im Ergebnis mit Rechtswidrigkeit behaftet. Im Übrigen wird, entsprechend den obigen Ausführungen, auch in Bezug auf den Lärm die Gesundheitsgefährdung beziehungsweise die Zumutbarkeit zu beurteilen sein.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf die weiteren Beschwerdeausführungen näher einzugehen. Angemerkt sei aber, dass bei der Beiziehung von Sachverständigen im fortgesetzten Verfahren die §§ 52 f AVG iVm § 7 AVG, insbesondere in Bezug auf die Befangenheit und die Bestellung nichtamtlicher Sachverständiger, zu beachten sind. Das Wesen der Befangenheit liegt in einer Hemmung der unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive, und es ist dann von Befangenheit zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst sein könnte (vgl. die bei
Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, zu § 7 AVG unter E 10 und E 11 zitierte hg. Judikatur). Dies wäre jedenfalls anzunehmen, wenn der medizinische Sachverständige zugleich Hausarzt einer Verfahrenspartei sein sollte, da schon ein Interesse daran, Patienten nicht zu verlieren, auf der Hand liegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/07/0164, mwN, wonach für die Annahme einer Befangenheit Umstände genügen, die die volle Unbefangenheit zweifelhaft erscheinen lassen, die also eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Befangenheit begründen können).
32 Die Entscheidung über den - nur im beantragten Ausmaß zuzuerkennenden - Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am