VwGH vom 30.06.2015, 2013/06/0120
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des J K in V, vertreten durch Dr. Herbert Partl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Innstraße 59, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. RoBau-8-1/846/1-2013, betreffend Untersagung der Benützung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde V, vertreten durch Dr. Johannes Klausner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 61, KG V, mit der Widmung "Bauland (Mischgebiet)". Auf diesem betreibt er eine Landwirtschaft.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer eine Baubewilligung für einen "Um- und Zubau Flugdach" auf seinem Grundstück.
Laut Protokoll der mündlichen Verhandlung am beabsichtige der Beschwerdeführer, den bestehenden Schuppen abzutragen. Stattdessen sollten ein mit einem Flugdach überdecktes, überwiegend offenes Hackschnitzellager und in der südlichen Abstandsfläche ein weiteres, überwiegend offenes Flugdach errichtet werden.
Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen sowie unter Vorschreibung von Auflagen die baurechtliche Bewilligung zum Abbruch des bestehenden Schuppens sowie zum "Neubau eines Flugdaches als Hackschnitzellager" und eines weiteren Flugdaches.
Die Miteigentümer der benachbarten Liegenschaft Grundstück Nr. 70/2 brachten hinsichtlich einer auf dem Grundstück des Beschwerdeführers befindlichen Mistlege eine als "Aufsichtsbeschwerde; Ersuchen um (baubehördliche) Überprüfung" bezeichnete Eingabe vom ein.
Laut im Akt befindlicher hochbautechnischer Stellungnahme des Architekten DI S. vom habe dieser nach Begehung vor Ort am festgestellt, dass Mist unter dem ostseitigen Flugdach unmittelbar an der Grundgrenze gelagert werde, was nicht der Baugenehmigung vom entspreche. Ing. K. (Landeslandwirtschaftskammer Tirol) habe bekannt gegeben, dass die Errichtung einer Mistlege im allgemeinen Mischgebiet ob der höheren Immissionsbelastung rechtlich möglich sei und "mehrfach praktiziert" werde. Zum legalen Betrieb der Mistlege habe der Beschwerdeführer, so DI S. weiter, um Baugenehmigung anzusuchen.
Dazu gab der Beschwerdeführer am eine Stellungnahme ab, worin er im Wesentlichen ausführte, dass das Flugdach tatsächlich als Hackschnitzellager dienen solle. Die Mistlege sei niemals Gegenstand des Bauverfahrens gewesen. Durch die Errichtung des Flugdaches sei auch keine Änderung der Nutzungsart vorgenommen worden, da sich die Mistlege seit mehr als 70 Jahren auf dem gegenständlichen Grundstück am selben Platz befinde und lediglich das Flugdach zur Lagerung von Hackschnitzeln hinzugekommen sei. Da jedoch durch die Errichtung des Flugdaches ohnehin Bauarbeiten durchgeführt worden seien, habe der Beschwerdeführer im Zuge dieser eine Mauer zur Abgrenzung beziehungsweise Einfriedung der Mistlege errichtet, welche bis zu jenem Zeitpunkt gänzlich frei und ohne Abgrenzung betrieben worden sei. Da die Mistlege am selben Ort seit über 70 Jahren betrieben werde, müsse der Beschwerdeführer nicht um Genehmigung ansuchen, sondern sei die Mistlege legal und gesetzeskonform. Dass die Mistlege gerade im Mischgebiet rechtlich möglich und durchaus üblich sei, bestätige die Stellungnahme des Ing. K. von der Tiroler Landwirtschaftskammer. Die Emissionen gingen über das ortsübliche Ausmaß nicht hinaus.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 6 lit. c Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) die Benutzung des mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom genehmigten Flugdachs als Mistlege beziehungsweise zur Lagerung von Mist untersagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Flugdach sei lediglich zu Lagerung von Holzschnitzeln genehmigt worden, weshalb die Verwendung des Flugdaches beziehungsweise von Teilen davon als Mistlege nicht dem genehmigten Verwendungszweck diene. Es möge zwar zutreffen, dass der Beschwerdeführer seit Jahrzehnten eine Mistlege betreibe, jedoch habe sich diese weiter nordwestlich neben der bestehenden Tennenauffahrt befunden. Dies ergebe sich eindeutig aus einem Orthofoto aus dem Jahr 2005. Ungeachtet dessen sei bei dem der Baubewilligung zugrundeliegenden Plan weder die Lagerung von Mist beziehungsweise der Betrieb einer Mistlege dargestellt noch als Verwendungszweck angeführt. Als Verwendungszweck sei nämlich ausdrücklich "Hackschnitzellager" angegeben, weshalb die Verwendung als Mistlege dem genehmigten Verwendungszweck widerspreche. Der Umstand, dass seit mehreren Jahrzehnten eine Mistlege auf dem gegenständlichen Grundstück betrieben werde, vermöge daran nichts zu ändern.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Mistlege habe sich seit mehr als 70 Jahren an derselben Stelle in unmittelbarer Nähe zur Grundgrenze befunden. Durch die Errichtung des Flugdaches sei keine Änderung der Nutzungsart der betroffenen Grundstücksfläche eingetreten. Mit dem Baubescheid sei ein Flugdach zur Hackschnitzellagerung sowie ein weiteres Flugdach ohne besonderen Verwendungszweck im Wissen, dass sich dort eine Mistlege befinde, bewilligt worden. Aufgrund der errichteten Mauer beziehungsweise Einfriedung der Mistlege und der daraus resultierenden besseren Schlichtungsmöglichkeit des Mists betrage die flächenmäßige Größe der Mistlege nur mehr etwa ein Viertel der ursprünglichen. Früher habe die Mistlege bis ungefähr eineinhalb Meter zur Tennenauffahrt und fast bis zur Grundgrenze des Grundstücks Nr. 70/2 gereicht, an welcher nunmehr die Mauer errichtet worden sei.
Der Berufung legte der Beschwerdeführer ein mit einer Abbildung der Mistlege versehenes Schreiben vom der Landwirtschaftskammer Tirol bei, wonach diese Ausmaße von 2,15 m Breite, 10,70 m Länge und 1,40 m Höhe aufweise und folglich mit einem Fassungsvermögen von 32,21 m3 der laut Aktionsprogramm Nitrat 2012 erforderlichen Lagerkapazität von 24 m3 entspreche. Der Beschwerdeführer habe einen Abfluss in Form einer Rinne in die Jauchengrube angelegt, um etwaiges Sickerwasser abzuleiten. Zusätzlich sei das Mistlager überdacht, damit so wenig Sickerwasser wie möglich anfalle. Durch den Einsatz von Kalk und Salz würden die Geruchsbildung sowie die Fliegenpopulation dezimiert. Das Mistlager entspreche den gesetzlichen Anforderungen, vor allem dem Aktionsprogramm Nitrat 2012 und dem Grundwasserschutzgesetz, und befinde sich aus arbeitswirtschaftlicher Sicht und Funktionalität an einem sehr geeigneten und günstigen Standort. Aufgrund der beengten Lage des Wirtschaftsgebäudes könne der Standort des Mistlagers nicht anders gewählt beziehungsweise das Mistlager nicht anders betrieben werden.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die baurechtliche Genehmigung für die Errichtung des Flugdachs sei für die Lagerung von Hackschnitzeln erteilt worden. In den Einreichplänen sei die Lagerung von Mist nicht angeführt beziehungsweise beschrieben worden. Den TIRIS Luftaufnahmen von 2005 sowie den Naturstandsaufnahmen sowohl aus dem Jahr 1987 vom Vermessungsbüro DI H. als auch jenen aus dem Jahr 2006 der Firma N. könne eindeutig entnommen werden, dass sich die Mistlege nicht an derselben Stelle befinde. An der Stelle, wo früher die Mistlege gewesen sei, sei das Hackschnitzellager errichtet worden. Die Mistlege sei ohne Bewilligung unter das ohne besonderen Verwendungszweck bewilligte Flugdach verlegt worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Sickerwässer beziehungsweise der Funktionalität der Mistlege sei nicht relevant. Da gemäß der Planunterlagenverordnung 1998 (PlanunterlagenVO 1998), LGBl. Nr. 90, in den Grundrissen die Nutzfläche und der Verwendungszweck anzuführen seien, irre der Beschwerdeführer, wenn er davon ausgehe, dass es keine Rolle spiele, wenn der Planverfasser die Bezeichnung der Mistlege im Einreichplan vergessen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass für bauliche Anlagen, die keine Gebäude, jedoch bewilligungspflichtig seien, hinsichtlich der erforderlichen Planunterlagen § 3 PlanunterlagenVO 1998 einschlägig sei. Für diese baulichen Anlagen sei im Gegensatz zu den in §§ 1 und 2 PlanunterlagenVO 1998 geregelten Fällen, nämlich Neu-, Zu- und Umbauten sowie sonstigen Änderungen von Gebäuden, die Angabe eines Verwendungszwecks nicht erforderlich. Sowohl dem Vorbringen des Beschwerdeführers als auch dem im Akt einliegenden Fotomaterial sei eindeutig zu entnehmen, dass die Düngerstätte dreiseitig eingefasst und die Säulen des Flugdaches in die Mauerkronen eingelassen seien. Daher gehe es nicht mehr um die Frage der Zulässigkeit eines Daches allein, sondern vielmehr um jene einer überdachten Düngerstätte. Das Ansuchen des Beschwerdeführers um Genehmigung eines "weiteren" Flugdaches sei sohin unvollständig beziehungsweise irreführend gewesen. Die Überdachung müsse zwingend im Zusammenhalt mit der darunterliegenden Mistlege und diese (beziehungsweise die gesamte Anlage) wiederum hinsichtlich der allfälligen Anzeigebeziehungsweise Bewilligungspflicht "unter dem Aspekt des möglichen Gebäudebegriffes" beurteilt werden. Im Falle einer (überdachten) Düngerstätte müsse zudem das Ausmaß der Immissionen durch ein immissionstechnisches Gutachten festgestellt werden. Hinsichtlich des Arguments, dass zur Errichtung eines Flugdaches die Angabe eines Verwendungszwecks nicht erforderlich sei, sei anzuzweifeln, ob die Anwendung von § 3 PlanunterlagenVO 1998 überhaupt in Frage komme.
Da Düngerstätten im Bauland nunmehr jedenfalls der TBO 2011 unterlägen und das verfahrensgegenständliche Grundstück im Sinne des § 40 Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 (TROG 2011) als Mischgebiet gewidmet sei, erübrige sich der Verweis des Beschwerdeführers auf die frühere Rechtslage und auf die Differenzierung nach der Zeit der Errichtung der Düngerstätte sowie nach der Überdachung. Gemäß § 40 Abs. 9 TROG 2011 dürften in Mischgebieten unter denselben Voraussetzungen wie für Gebäude auch Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden, wobei bei einer nach dieser Bestimmung zulässigen Nebenanlage - wie einer Düngerstätte - zu prüfen sei, ob die Emissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß überstiegen, was sich an der allgemeinen Mischgebietswidmung zu orientieren habe. Für das baurechtliche Verfahren sei die Genehmigungsfähigkeit beziehungsweise die Frage einer zulässigen Benützung ausschließlich unter baurechtlichen, allenfalls raumordnungsrechtlichen Vorgaben zu überprüfen. Ausschlaggebend sei, ob die im Mischgebiet betriebene Mistlege hinsichtlich ihrer konkreten Immissionen und unter Bezug auf ihre Situierung im Mindestabstandsbereich vertretbar und genehmigbar sei.
Für die Zulässigkeit eines baupolizeilichen Auftrages komme es nicht auf die Dauer des konsenswidrigen Zustandes, sondern allein darauf an, ob die Voraussetzungen für die Benützungsuntersagung hinsichtlich der betroffenen baulichen Anlage vorlägen. Die bloße Kenntnis der Behörde von einem konsenswidrigen Zustand lasse den vermuteten Konsens nicht entstehen, auch nicht, wenn die Behörde die Benutzungsuntersagung bereits früher hätte aussprechen können.
Zusammenfassend sei nicht von einer unter einem Flugdach situierten Mistlege auszugehen, sondern von einer überdachten Düngerstätte, die aufgrund ihrer faktischen Ausführung einer umfangreichen bau- und raumordnungsrechtlichen Beurteilung bedurft hätte. Daher sei die Benutzungsuntersagung zu Recht erfolgt. Gemäß § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 habe die Behörde dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese durch einen Dritten benützt werde, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen, wenn er sie zu einem anderen als dem bewilligten beziehungsweise dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benütze. Allenfalls wäre die Untersagung auf § 39 Abs. 6 lit. d TBO 2011 zu stützen gewesen, wonach die Behörde dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese durch einen Dritten benützt werde, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen habe, wenn er eine bauliche Anlage, die keiner Benützungsbewilligung nach § 38 Abs. 1 TBO 2011 bedürfe - als solche sei die Mistlege zu qualifizieren - , ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011 oder ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 dritter Satz TBO 2011 benütze, das heiße, wenn das Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt worden sei und diese Abweichung eine Änderung der baulichen Anlage darstelle, zu deren selbständigen Vornahme eine Baubewilligung oder Bauanzeige erforderlich wäre. Dies könnte bei der dreiseitig umschlossenen Düngerstätte der Fall sein. Durch die Subsumption unter § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 anstelle von § 39 Abs. 6 lit. d TBO 2011 trete jedoch keine Verschlechterung in der Rechtsposition des Beschwerdeführers ein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§ 1 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"...
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für folgende bauliche Anlagen:
...
k) Heupillen, Hainzenhütten, Harpfen, Stanggerhütten und dergleichen sowie sonstige bauliche Anlagen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, wie nicht überdachte ortsübliche Düngerstätten und Fahrsilos, nicht begehbare Folientunnels, ortsübliche Umzäunungen landwirtschaftlicher Flächen, Weidezäune und dergleichen; diese Ausnahmen gelten jedoch nur für im Freiland und auf Sonderflächen nach den §§ 44, 45 und 47 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011, LGBl. Nr. 56 in der jeweils geltenden Fassung errichtete bauliche Anlagen;
..."
§ 2 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechten Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.
(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.
...
(10) Nebengebäude sind Gebäude, die aufgrund ihres Verwendungszweckes einem auf demselben Grundstück befindlichen Gebäude funktionell untergeordnet und nicht für Wohnzwecke bestimmt sind, wie Garagen, Geräteschuppen, Gartenhäuschen und dergleichen. Nebenanlagen sind sonstige bauliche Anlagen, die aufgrund ihres Verwendungszweckes einem auf demselben Grundstück befindlichen Gebäude funktionell untergeordnet sind, wie Überdachungen, Stellplätze, Zufahrten und dergleichen.
..."
§ 21 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"§ 21. (1) Einer Baubewilligung bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt:
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a) | der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden; |
b) | die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden; |
... | |
e) | die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden. |
(2) Die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen sind, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder e einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen:
...
b) die Errichtung und Änderung von Stützmauern und Einfriedungen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, sofern diese nicht unter Abs. 3 lit. c fallen;
...
(3) Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen:
...
c) die Errichtung und Änderung von Einfriedungen bis zu einer Höhe von insgesamt 1,50 m und von Stützmauern bis zu einer Höhe von 1 m außer gegenüber Verkehrsflächen;
..."
§ 37 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"(1) ...
(2) Bauliche Anlagen, die nicht nach § 38 Abs. 1 einer Benützungsbewilligung bedürfen, oder Teile davon dürfen nach der Erstattung der mit den Unterlagen nach Abs. 1 dritter und vierter Satz vollständig belegten Anzeige über die Bauvollendung benützt werden, wenn
a) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung des Bauplatzes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche vorhanden ist;
b) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende Wasser- und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer vorhanden sind; sofern nach den kanalisationsrechtlichen Vorschriften Anschlusspflicht besteht, muss der Anschluss an die öffentliche Kanalisation ordnungsgemäß hergestellt sein;
..."
§ 38 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"§ 38. (1) Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen, betrieblich genutzte Gebäude, für die eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich ist, und Wohnanlagen dürfen in den Fällen des § 21 Abs. 1 lit. a und b erst aufgrund einer Benützungsbewilligung benützt werden. Dies gilt auch für Gebäudeteile, die einer entsprechenden Verwendung zugeführt werden. Einer Benützungsbewilligung bedürfen solche Gebäude oder Gebäudeteile auch dann, wenn die Baubewilligung für sie aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften erteilt wurde.
..."
§ 39 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:
"§ 39. (1) Wurde eine bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige errichtet, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung und erforderlichenfalls die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes aufzutragen. Wurde eine solche bauliche Anlage ohne die erforderliche Baubewilligung bzw. Bauanzeige geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung bzw. Bauanzeige entsprechenden Zustandes aufzutragen. Dies gilt auch, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung bzw. Bauanzeige ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung der baulichen Anlage darstellt, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung oder eine Bauanzeige erforderlich wäre. ...
...
(6) Die Behörde hat dem Eigentümer einer baulichen Anlage oder, wenn diese durch einen Dritten benützt wird, diesem deren weitere Benützung ganz oder teilweise zu untersagen,
...
c) wenn er sie zu einem anderen als dem bewilligten bzw. dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt,
d) wenn er eine bauliche Anlage, die keiner Benützungsbewilligung nach § 38 Abs. 1 bedarf, ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 oder ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 dritter Satz benützt,
..."
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, es handle sich bei dem Flugdach nicht um ein Gebäude, sondern um eine bauliche Anlage, weshalb gemäß § 3 PlanunterlagenVO 1998 die Angabe des Verwendungszwecks nicht erforderlich sei. Die belangte Behörde gehe aufgrund der dreiseitigen Einfriedung der unter dem Flugdach situierten Mistlege von einer überdachten Düngerstätte beziehungsweise von einem Gebäude aus. Da jedoch die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage nur von drei Seiten bis zu einer Höhe von 1 m umschlossen sei und nicht dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen, sondern lediglich zum Ablagern von Mist diene, handle es sich bei dem Flugdach um eine bauliche Anlage, welche kein Gebäude, sondern allenfalls bewilligungspflichtig sowie gemäß § 2 Abs. 10 TBO 2011 als Überdachung zu qualifizieren sei.
Da die Angabe des Verwendungszwecks nicht erforderlich sei, könne die bauliche Anlage nicht entgegen dem Verwendungszweck verwendet werden. Somit könne der Tatbestand des § 39 Abs. 6 TBO 2011 nicht erfüllt sein. Auch die Untersagung der Benützung wegen abweichender Bauführung gemäß § 39 Abs. 1 TBO 2011 könne nicht ausgesprochen werden, da der Beschwerdeführer die gesamte bauliche Anlage entsprechend den Einreichplänen und damit auch entsprechend der Baubewilligung errichtet habe. Das Flugdach und die Einfriedungsmauer seien immer Bestandteil des Einreichplans gewesen und damit auch von der Baubewilligung umfasst.
Bereits seit jeher seien sowohl ein landwirtschaftlicher Betrieb als auch eine eher große, nach allen Seiten offene Mistlege betrieben worden. Der Beschwerdeführer sei gesetzlich dazu verpflichtet, eine Wirtschaftsdüngerstätte im notwendigen Ausmaß zu betreiben. Die Ablagerung des Mistes unter dem Flugdach samt Einfriedungsmauer und Sickerwasserrinne habe ausschließlich zu einer Verbesserung der Geruchsemissionen geführt, was auch vom Sachverständigen der Tiroler Landwirtschaftskammer bestätigt werde.
Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0213, sei ausgesprochen worden, dass eine Mistlege eine dem Verwendungszweck eines landwirtschaftlichen Gebäudes als Stallgebäude entsprechende und dazugehörende Nebenanlage darstelle und die von einer solchen Düngerstätte ausgehenden Auswirkungen geradezu typisch und üblich seien. Unter diesem Gesichtspunkt sei auch beachtlich, dass in der näheren Umgebung der Liegenschaft des Beschwerdeführers 13 andere Mistlegen bestünden, die zum Teil erheblich größer und emissionsintensiver als die gegenständliche seien und hinsichtlich derer keine solchen Probleme bestünden oder Verfahren anhängig seien.
Auch eine neuerliche Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Tirol bestätige, dass nicht nur eine, sondern mehrere Begehungen der Mistlege stattgefunden hätten und dabei immer nur eine geringe Geruchsbelästigung beziehungsweise nur ein geringes Aufkommen von Fliegen festgestellt worden sei. Zudem werde bestätigt, dass der gesamte Bereich der Mistlege sehr sauber gehalten sowie bestens geführt werde, und dass das vom Beschwerdeführer gewählte Wirtschaftsdüngersystem dasjenige mit den geringsten Emissionen darstelle. Dem Beschwerdeführer stehe aufgrund der beengten Lage seiner Hofstelle und der benötigten Nähe zur Jauchengrube zur Ableitung von Sickerwässern kein anderer Platz zum Betrieb der Mistlege zur Verfügung. Eine Untersagung der Lagerung von Mist unter dem Flugdach würde die Einstellung der Tierhaltung für den Beschwerdeführer bedeuten und damit die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes bedrohen.
Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass die Mistlege seit über 70 Jahren legal betrieben werde. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die Mistlege tatsächlich bereits seit über 70 Jahren auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers bestand, ob bzw. wann sich deren Lage änderte und ob sie vormals rechtmäßig betrieben wurde, da es sich bei der Mistlege aufgrund der gegenständlich vorgenommenen baulichen Maßnahmen nunmehr jedenfalls um ein Aliud handelt: Eine Mistlege, die sich unter einem Flugdach befindet und an drei Seiten von einer Mauer umgeben ist, ist nämlich in baurechtlicher Hinsicht nicht ident mit einer nicht überdachten und nicht von einer Mauer umschlossenen Mistlege. Das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Dauer des Bestandes der Mistlege und deren damit allenfalls gegebene Rechtmäßigkeit geht somit ins Leere.
Die belangte Behörde stimmt dem Beschwerdeführer darin zu, dass gemäß § 3 PlanunterlagenVO 1998 für bewilligungspflichtige bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, die Angabe eines Verwendungszwecks nicht erforderlich sei. Sie führt aber weiters aus, aufgrund der Einlassung der Säulen des Flugdachs in die die Mistlege dreiseitig umfassende Mauer müsste die gesamte Anlage unter dem Aspekt des möglichen Gebäudebegriffes beurteilt werden. Ob es sich bei der gegenständlichen baulichen Anlage nun tatsächlich um ein Gebäude handelt, lässt die belangte Behörde jedoch offen, von einer bewilligungswidrigen Verwendung eines Gebäudes geht die belangte Behörde somit nicht aus.
Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 lässt es die Behörde ferner offen, ob die Untersagung auf § 39 Abs. 6 lit. d TBO 2011 zu stützen ist, insofern sie die Erfüllung dieses Tatbestandes nicht abschließend geprüft und begründet hat. Es bleibt somit entscheidend, ob § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 zu Recht herangezogen wurde.
Gemäß § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 kann einerseits die Benützung untersagt werden, wenn eine bauliche Anlage zu einem anderen als dem bewilligten Zweck verwendet wird. Andererseits kann die Benützung untersagt werden, wenn die bauliche Anlage nicht entsprechend dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt wird. Da das verfahrensgegenständliche Flugdach ohne Zweckwidmung bewilligt worden ist, kann es nicht widersprüchlich zur Baubewilligung verwendet werden.
Ausschlaggebend ist im gegenständlichen Fall daher, ob die Baulichkeit entgegen dem "aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck" benützt wird. Mit diesem Gesetzeswortlaut sollen gerade auch Bauten erfasst werden, die keinen bewilligten Verwendungszweck haben (vgl. Rath-Kathrein in: Weber/Rath-Kathrein (Hrsg.) , Tiroler Bauordnung, S. 539, Rz 19).
Die belangte Behörde legt jedoch nicht dar, worin der "aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehende Verwendungszweck" des gegenständlichen Flugdaches beziehungsweise der darunter befindlichen Mauer besteht (wobei nicht nachvollziehbar geklärt erscheint, ob bzw. inwieweit auch die Mauer Gegenstand einer Baubewilligung ist). Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass zur Beurteilung der "baulichen Zweckbestimmung" auf die Bausubstanz abzustellen ist (vgl. das zur insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 37 Abs. 4 lit. b TBO 1998 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0002 mwN), in diesem Zusammenhang wohl auch auf die Größe der Baulichkeit und die zulässige Nutzung des Grundstücks, hier wohl auch auf die Lage des Bauwerks in Bezug auf eine schon vorherige Nutzung dieser Fläche. Eine Darlegung hinsichtlich des aus der baulichen Zweckbestimmung des "weiteren" Flugdaches bzw. der Mauer hervorgehenden Verwendungszweckes findet sich in den Bescheiden der Gemeindebehörden nicht. Die belangte Behörde hat dies nicht aufgegriffen und in Verkennung der Rechtslage auch ihrerseits keine entsprechende Begründung vorgenommen. Dem angefochtenen Bescheid kann damit nicht nachvollziehbar entnommen werden, dass der Tatbestand des § 39 Abs. 6 lit. c TBO 2011 erfüllt ist (was, wie bereits oben dargelegt, auch hinsichtlich jenes der lit. d der genannten Bestimmung gilt).
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Der Anspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-80316