VwGH vom 24.09.2009, 2008/16/0147

VwGH vom 24.09.2009, 2008/16/0147

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde 1. der CR in S (USA) und 2. der EK in N (USA), beide vertreten durch Dr. Ronald Rast, Dr. Thomas Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Lugeck 1/1/4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. Jv 007 000 785/08f-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin begehrte mit einer am beim HG Wien eingebrachten und dort zur Zl. 19 Cg 130/05x protokollierten Mahnklage die Zahlung von EUR 6.000,-- sA von einer beklagten Partei mit der Behauptung, diese habe unberechtigt Fotos veröffentlicht, die die Erstbeschwerdeführerin zeigten.

Am gleichen Tag erhob auch die Zweitbeschwerdeführerin Mahnklage beim HG Wien (protokolliert zu 10 Cg 125/05w, später 19 Cg 39/06s) gegen dieselbe beklagte Partei auf Zahlung von EUR 5.000,-- sA mit der Behauptung, die betreffenden Fotos seien von der Zweitbeschwerdeführerin hergestellt und von der beklagten Partei unberechtigt verwendet worden.

Für beide Klagen wurde jeweils Pauschalgebühr gem. TP 1 GGG durch Einzug und Abbuchung entrichtet.

Die beiden Verfahren wurden schließlich mit Beschluss des HG Wien vom zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei der Akt 19 Cg 130/05x zum führenden bestimmt wurde.

In der Folge wurden beide Klagebegehren je zweimal ausgedehnt, sodass letztendlich das Begehren der Erstbeschwerdeführerin EUR 312.000,-- sA und das der Zweitbeschwerdeführerin EUR 139.765,84 betrug.

Von der Kostenbeamtin des HG Wien wurde daraufhin jeweils eine Neuberechnung der Pauschalgebühr vorgenommen, und zwar für jedes der beiden Begehren getrennt; die daraus sich ergebenden Erhöhungen wurden den beiden Beschwerdeführerinnen mit Zahlungsauftrag vom samt Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

Dagegen stellten die Beschwerdeführerinnen fristgerecht einen Berichtigungsantrag mit dem Argument, die beiden ausgedehnten Klagebegehren seien gem. § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen. Die beiden Beschwerdeführerinnen seien zumindest seit der Verbindung der beiden Streitsachen materielle Streitgenossen, weil sie ihre Ansprüche auf Grund des gleichen Grundes erhoben hätten, nämlich aus der unberechtigten Verwertung derselben Fotografien.

Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge, wobei sie (gestützt auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0276) die Meinung vertrat, die bloße Verbindung mehrerer Verfahren mache verschiedene Kläger (bzw. Beklagte) noch nicht zu Streitgenossen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen zunächst Beschwerde gem. Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der aber mit Beschluss vom , Zl. B 1224/08-3, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die beiden Beschwerdeführerinnen (aus dem Mängelbehebungsschriftsatz immerhin erkennbar) in ihrem Recht auf Zusammenrechnung der beiden ausgedehnten Klagsbeträge verletzt. Als Beschwerdegrund werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 15 Abs. 2 GGG lautet:

"Mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche sind zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren."

Kern des Beschwerdevorbringens ist der (schon im Verwaltungsverfahren eingenommene) Standpunkt der Beschwerdeführerinnen, sie seien auf Grund des Umstandes, dass sich ihre Klagen auf die unerlaubte Verwendung desselben Fotos durch die beklagte Partei stützten, zumindest seit der Verbindung der beiden Streitsachen als materielle Streitgenossen zu behandeln. Dabei stützt sich die Beschwerde einerseits auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0065 und andererseits mit einem argumentum e contrario auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0276.

Die Beschwerde übersieht dabei allerdings, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 2 GGG (deren Anwendung sie anstrebt) voraussetzt, dass die mehreren Ansprüche, die nach dieser Gesetzesstelle zusammenzurechnen sind, "in einem zivilgerichtlichen Verfahren" erhoben wurden, und zwar gleichgültig ob von einer einzelnen Partei oder durch Streitgenossen.

Da eine gem. § 187 ZPO vorgenommene Verbindung mehrerer Rechtsstreitigkeiten ausschließlich Aspekte der Verfahrensökonomie (nämlich Vereinfachung, Beschleunigung bzw. Kostenersparnis) verfolgt (siehe dazu insbesondere Schragel in Fasching, Komm2 II/2 Rz 1 Abs. 2 zu § 187 ZPO), besteht die Wirkung der Verbindung auch nur darin, dass die betreffenden Rechtssachen gemeinsam verhandelt und, solange die Verbindung nicht wieder aufgehoben wird, auch gemeinsam entschieden werden. Die verbundenen Streitsachen verlieren aber damit nicht ihre Selbstständigkeit; die verschiedenen Kläger und Beklagten werden durch die Verbindung weder zu Streitgenossen noch sind die Streitwerte der verbundenen Rechtssachen zusammenzurechnen; auch für den Lauf von Fristen und für die Beurteilung der Zulässigkeit der Erhebung von Rechtsmitteln ist die Verbindung ohne Belang (siehe dazu insbesondere die von Schragel aaO unter Rz 8 zu § 187 ZPO referierte zahlreiche zivilgerichtliche Rechtsprechung). Daraus folgt aber, dass auch im Falle des Vorliegens verbundener Rechtstreitigkeiten nicht davon gesprochen werden kann, dass ab der Verbindung mehrere Ansprüche vorhanden wären, die "in einem zivilgerichtlichen Verfahren" geltend gemacht werden. Für eine Zusammenrechnung gem. § 15 Abs. 2 GGG fehlt daher von vornherein die gesetzliche Voraussetzung des Vorliegens eines zivilgerichtlichen Verfahrens, wobei zu beachten ist, dass im Gerichtsgebührenrecht eine Anknüpfung an formale, äußere Tatbestände stattzufinden hat (vgl. dazu z.B. die bei Stabentheiner, MGA Gerichtsgebühren8 unter E8 zu § 1 GGG referierte hg. Judikatur).

Aus diesem Grund ist daher für den Beschwerdestandpunkt auch aus dem in der Beschwerde angeführten hg. Erkenntnis Zl. 2006/16/0065 nichts zu gewinnen, weil dort im Rahmen der Anwendung der TP 2 GGG, ein Fall zu beurteilen war, in dem eine einzige Berufung erhoben worden war und somit ein einziges Berufungsverfahren vorlag.

Schließlich muss auch der Versuch der Beschwerde, aus einem im hg. Erkenntnis Zl. 96/16/0276 enthaltenen obiter dictum (dass nämlich die dortigen Beschwerdeführer nicht in Rechtsgemeinschaft standen und auch nicht aus dem selben tatsächlichen Grund berechtigt oder verpflichtet gewesen sind) e contrario den Zusammenrechnungstatbestand des § 15 Abs. 2 GGG abzuleiten, scheitern, weil es für die von der zitierten Gesetzesstelle angeordnete Zusammenrechnung primär darauf ankommt, dass nur ein zivilgerichtliches Verfahren vorliegt und nicht mehrere zivilgerichtliche Verfahren, die trotz einer vorgenommenen Verbindung ihre Selbstständigkeit nicht verloren haben.

In diesem Sinn ist daher sowohl im Einklang mit der oben referierten Literaturstelle als auch mit dem hg. Erkenntnis Zl. 96/16/0276 daran festzuhalten, dass auch durch eine Verbindung die mehreren Kläger oder Beklagten nicht dergestalt zu Streitgenossen werden, dass deshalb eine Zusammenrechnung gem. § 15 Abs. 2 GGG stattzufinden hätte. Dies würde der trotz einer Verbindung weiterhin gegebenen Selbstständigkeit der einzelnen verbundenen Verfahren widersprechen.

Um die Zusammenrechnung ihrer Ansprüche zu erreichen, hätten die beiden Beschwerdeführerinnen von vornherein gemeinsam klagen müssen, weil es nach herrschender zivilprozessualer Meinung selbst für bloß formelle Streitgenossen erforderlich ist, dass sie ihre Ansprüche "in einer gemeinsamen Klage" geltend machen (siehe dazu insbesondere Schubert in Fasching, Komm2 II/1 Rz 15 zu § 11 ZPO). Da die beiden Beschwerdeführerinnen von dieser ihnen jedenfalls offen stehenden Gestaltungsmöglichkeit aber nicht Gebrauch gemacht haben, ist im Beschwerdefall jede weitere Überlegung entbehrlich, um welche Art von Streitgenossenschaft es sich bei den beiden Beschwerdeführerinnen (gemeinsame Klagserhebung vorausgesetzt) gehandelt hätte.

Daraus wiederum folgt, dass der angefochtene Bescheid nicht unter der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes leidet.

Da auch der von der Beschwerde behauptete Verfahrensfehler in Gestalt einer mangelnden Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gegeben ist (der angefochtene Bescheid ist ganz im Gegenteil tadellos begründet und in jeder Hinsicht einer nachprüfenden Kontrolle zugänglich) war die Beschwerde insgesamt gem. § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. I Nr. 455.

Wien, am