VwGH vom 21.05.2007, 2006/05/0064

VwGH vom 21.05.2007, 2006/05/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde

1.) des Andreas Untermoser in Baldramsdorf und 2.) des Mario Hubmann in Spittal an der Drau, beide vertreten durch Dr. Klaus Fattinger und Mag. Martin Prett, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Ringmauergasse 8/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 7-B-BRM-877/3/2005, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Marco Leitner, Unterhaus 81, 9805 Baldramsdorf, und 2. Gemeinde Baldramsdorf, 9805 Baldramsdorf 53), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom ersuchte der Erstmitbeteiligte um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Zu- und Umbaues des bestehenden Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1148/2, KG Baldramsdorf.

In der über dieses Ansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung erhoben die Beschwerdeführer (der Erstbeschwerdeführer als Eigentümer des südwestlich an die Baufläche angrenzenden Grundstückes Nr. 1148/4, der Zweitbeschwerdeführer als Eigentümer des nordwestlich an die Baufläche angrenzenden Grundstückes Nr. 1148/3) Einwendungen. Der beigezogene bautechnische Amtssachverständige erklärte u.a., dass durch die geplanten baulichen Maßnahmen am bestehenden Wohnhaus des Erstmitbeteiligten ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand nicht beibehalten werde.

Mit Schreiben vom zog der Erstmitbeteiligte sein ursprüngliches Ansuchen zurück und ersuchte gleichzeitig unter Vorlage von neuen Einreichplänen und einer neuen Baubeschreibung um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Zu- und Umbaues des bestehenden Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1148/2.

Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens erstattete u.a. der Leiter des Bezirksbauamtes DI W. eine fachkundige Stellungnahme vom , derzufolge das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan und den Bestimmungen des textlichen Bebauungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde entspreche. Eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes sei auf Grund des Änderungsplanes nicht zu erwarten, es würden jedoch folgende Empfehlungen zur weiteren Verbesserung der Abstandsflächensituation und der Integration in das Orts- und Landschaftsbild vorgeschlagen: die Verringerung der Dachneigung der südöstlichen und nordwestlichen Dachfläche auf 20 Grad , die Begrenzung der Dachvorsprünge an den Traufen auf max. 80 cm, die Begrenzung der Auskragung der Traufe an der Nordostseite mit max. 30 cm, die Ausführung des Pultdaches über der Garage als flachgeneigtes Pultdach oder als Flachdach und die Ausführung eines flachen Pultdaches anstelle des Balkons an der Südwestansicht.

Im Rahmen der am durchgeführten mündliche Bauverhandlung brachten die Beschwerdeführer vor, dass sich auf Grund der Gebäudehöhe und des geringen Abstandes zu ihren Grundstücken die Lebensqualität und die Lichtverhältnisse verschlechterten. Außerdem bestünden auf Grund der Größe des Baugrundstückes des Mitbeteiligten für diesen andere Bebauungsmöglichkeiten.

Im Rahmen seines Gutachtens vom stellte der beigezogene bautechnische Amtssachverständige Ing. L. die geplante Erweiterung des bestehenden Wohnhauses dar. So solle in der südwestlichen Fassade im Erdgeschoß ein Fenster im Ausmaß von 100 x 130 cm, in der nordwestlichen ein solches von 100 x 60 cm eingebaut werden. Des Weiteren sei ein Stiegenaufgang vom Erd- ins Obergeschoß vorgesehen. Über dem Erdgeschoß sei ein neues Vollgeschoß mit einer Wohnung geplant, wobei die südwestliche Außenmauer dieses Geschoßes 1 m gegenüber dem Erdgeschoß zurückversetzt werden solle. Der dadurch entstehende Absatz solle als Balkon Verwendung finden, welcher an der Südostseite in einer Länge von ca. 10 m weitergeführt werde. Über dem neu zu errichtenden Obergeschoß sei ein Walmdach mit 30 Grad Dachneigung vorgesehen. Davon sei der bestehende Garagenteil ausgeschlossen, da hier der bestehende Dachstuhl verbleiben solle. Unter Berücksichtigung der planlichen Vorgaben, der Baubeschreibung und des Bestandes seien die Voraussetzungen für eine Heranziehung des § 9 Abs. 1 der Kärntner Bauvorschriften 1985, LGBl. Nr. 56 (K-BV 1985), gegeben: Die Abstände des Wohnhauses zu den angrenzenden Nachbarparzellen betrügen nur 2,0 m, sodass bereits Abstände verwirklicht seien, die von den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften abwichen. Dasselbe treffe auf die bestehenden Nebengebäude auf der nordwestlichen und der südwestlichen Nachbarparzelle zu. Durch die geplante Aufstockung würden Interessen der Sicherheit nicht nachteilig beeinflusst. Dies werde damit begründet, dass sich die Traufenhöhen im Südwestbereich gegenüber dem Altbestand um ca. 1,50 m vergrößerten und dadurch die Brandsicherheit in diesem Bereich zu den bestehenden Nachbargebäuden erhöht werde. Die bestehenden Wohnhäuser auf den Nachbarparzellen seien vom Wohnhaus des Mitbeteiligten so weit entfernt, dass sich die Überprüfung von Interessen der Sicherheit erübrigte. Um einen den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechenden Zustand weitgehend beizubehalten, müssten die Dachvorsprünge allseitig auf ca. 80 cm reduziert und die Dachneigung auf 20 Grad verringert werden. Durch diese Maßnahme verringere sich die Firsthöhe des neuen Dachstuhles gegenüber der planlichen Darstellung um ca. 1,50 m und komme 1,30 m über jener des Altbestandes zu liegen, sodass man beim Bauvorhaben von einer geringfügigen Änderung gegenüber dem Altbestand sprechen könne. Dasselbe gelte für die neuen Traufenhöhen, welche sich gegenüber dem Altbestand zum Teil geringfügig verringerten und zum Teil geringfügig erhöhten. Zusammenfassend werde daher festgestellt, dass alle in den K-BV 1985 angeführten Voraussetzungen zur Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen beim Wohnhaus gegeben seien.

In seiner dazu erstatteten Stellungnahme vom führte der Erstbeschwerdeführer aus, durch die beabsichtigte Aufstockung des bereits bestehenden Wohnhauses des Erstmitbeteiligten ergebe sich für sein Grundstück eine wesentliche Verschlechterung der Sonneneinstrahlung, denn immerhin stehe das jetzige Gebäude von seiner Grundstücksgrenze nur 1,9 m entfernt. Außerdem verringere sich durch diese bauliche Veränderung der Wert seines Grundstückes stark.

Der Zweitbeschwerdeführer meinte in seinem Schreiben vom , dass es durch die beabsichtigte Aufstockung des Wohnhauses des Mitbeteiligten zu einem gravierenden Verlust der Sonneneinstrahlung (keine Morgensonne) sowie erhöhter Schattenwirkung komme. Werde der Vorschlag des Amtssachverständigen auf Verringerung der Dachneigung ausgeführt, erhöhe sich das Gebäude immerhin noch um 18 %. Somit könne von einer geringfügigen Erhöhung des Altbestandes nicht die Rede sein. Weiters weise er darauf hin, dass auf seinem Grundstück der Bau eines Heiz- und Gerätehauses bewilligt sei, welches 2005 errichtet werde. Zwischen dem Heiz- und Gerätehaus und dem Wohnhaus des Mitbeteiligten bestehe nur ein Abstand von ca. 5,40 m. Bei einer Aufstockung befänden sich die oberen Fenster beim Gebäude des Mitbeteiligten in einer Höhe von ca. 6 m, der Kamin des Zweitbeschwerdeführers ende aber in einer Höhe von etwa 6,50 m, woraus sich eine wesentliche Verschlechterung bezüglich der Rauchentwicklung ergeben könne. Neuerlich wies er darauf hin, dass der Mitbeteiligte auf Grund der Größe seines Grundstückes noch andere Möglichkeiten einer Wohnraumschaffung habe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Mitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaues sowie einer Aufstockung des bestehenden Wohnhauses erteilt. In den Auflagenpunkten 25 und 26 wurde - dem Vorschlag des Amtssachverständigen folgend - vorgeschrieben, dass die Dachneigung der südöstlichen und nordwestlichen Dachfläche auf 20 Grad zu verringern sei, wodurch sich die Firsthöhe um 1,50 m reduziere. Die Dachvorsprünge an den Traufen seien an der Nordwest- und Südostseite mit maximal 80 cm vorzusehen; an der Nordostseite müsse die Traufe am vorspringenden Bauteil maximal 30 cm auskragen.

Zu den Einwendungen der Anrainer wurde ausgeführt, dass nach den Angaben des Amtssachverständigen die Voraussetzungen für die Heranziehung der Bestimmung des § 9 Abs. 1 K-BV 1985 gegeben seien. Lägen - wie hier - die Voraussetzungen des Abs. 2 dieser Bestimmung vor, könnten die Nachbarn nicht in ihrem Recht auf Einhaltung gesetzlicher Mindestabstände verletzt werden, weil sie nur einen Anspruch darauf hätten, dass keine Ausnahmeregelung nach § 9 leg. cit. erteilt werde, wenn die Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Neben einem Hinweis darauf, dass der Nachbar keinen Rechtsanspruch auf Wahrung eines Orts- und Landschaftsbildes habe, führte die Behörde erster Instanz aus, dass auch Bestimmungen, die der Sicherung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung von neu zu schaffenden Räumen dienten, kein Nachbarrecht begründeten, weshalb sich die diesbezüglichen Einwendungen als unzulässig erwiesen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in der sie sich gegen die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 K-BV 1985 aussprachen. Der Zweitbeschwerdeführer wies neuerlich auf die Problematik der geplanten Errichtung seines Heiz- und Gerätehauses hin. Beide Beschwerdeführer rügten, dass sich die Baubehörde in rechtswidriger Weise über ihre im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der Licht- und Sichtverhältnisse erstatteten Einwendungen hinweg gesetzt habe. Schließlich habe es die Behörde verabsäumt, Gutachten darüber einzuholen, ob die Walmdachkonstruktion dem Orts- und Landschaftsbild entspreche, inwieweit durch die Situierung des Bauvorhabens im Verhältnis zu dem auf dem Grundstück des Zweibeschwerdeführers bewilligten Heiz- und Gerätehaus Interessen der Sicherheit berührt seien und welche sonstige, die Abstandsflächen der K-BV berücksichtigende Bebaubarkeit des Baugrundstückes gegeben sei.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies diese Berufungen mit Bescheid vom als unbegründet ab. In der Begründung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass der Zweitbeschwerdeführer zwar mit Bescheid vom die Bewilligung zur Errichtung eines Heiz- und Gerätehauses erhalten, diese jedoch nicht konsumiert habe, da mit der Ausführung des Vorhabens nicht binnen zwei Jahren nach der Rechtskraft begonnen worden sei.

Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung.

Im Zuge des Vorstellungsverfahrens holte die belangte Behörde eine gutachterliche Stellungnahme ihres bautechnischen Amtssachverständigen Ing. M. ein, der in seiner Stellungnahme vom ausführte, es handle sich bei dem geplanten Bauvorhaben um eine Änderung in Form eines "waagrechten" Bestandszubaues (Aufstockung). Dabei sei durch die Bestandsbebauung der gegenständlichen Parzelle sowohl in Bezug auf die südwestliche als auch auf die nordwestliche Nachbargrundgrenze bereits jeweils ein Abstand verwirklicht, der von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 K-BV 1985 abweiche. Das Bestandsobjekt sei im Bereich der westlichen Ecke der Parzelle Nr. 1148/2 in Bezug auf die südwestliche und nordwestliche Nachbargrundgrenze unter Beachtung der im nördlichen Bereich gegebenen und die Bebauung einschränkenden Hochspannungsfreileitung so situiert, dass noch Tiefen von Abstandsflächen von ca. 1,91 m bis 2 m gegeben seien. Dementsprechend seien durch die bereits gegebenen Grenzabstände und die mit der beabsichtigten Aufstockung des Objektes um ein Geschoß einhergehende Vergrößerung des Abstandes des neu zu errichtenden Dachstuhles gegenüber den Nachbargrundgrenzen die Interessen der Sicherheit, insbesondere im Hinblick auf baupolizeiliche und feuerpolizeiliche Anforderungen, nicht gefährdet.

Weiters werde festgestellt, dass eine Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die gegenständliche Baumaßnahme nicht zu erwarten sei. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass das derzeitige Ortsbild von ebensolchen Ein- und Zweifamilienhäusern zwar überwiegend mit Satteldachstühlen mit unterschiedlichen Neigungen und Sonderformen wie Krüppelwalm und Kärntner Schopf, aber auch mit Pult- und Walmdächern, geprägt sei. Im Hinblick auf den Lichteinfall werde festgestellt, dass sowohl das bestehende Wohnhaus auf der nordwestlichen Nachbarparzelle des Zweitbeschwerdeführers als auch das Wohnhaus auf der südwestlichen Nachbarparzelle des Erstbeschwerdeführers in einem so großen Abstand zum gegenständlichen Objekt situiert seien, dass trotz der Vergrößerung der Schattenflächen durch das gegenständliche Vorhaben der Lichteinfall bei den genannten Objekten nicht kleiner werde. Die ebenso südwestlich situierte und bis auf einen pultdachartigen Holzschuppen unbebaute Parzelle Nr. 1148/4 tangiere nur geringfügig den westlichen Eckbereich der gegenständlichen Parzelle und sei daher naturgemäß nur geringfügig von den gegebenen Abstandsflächen betroffen. In diesem Abstandsflächenbereich befinde sich derzeit der pultdachartige Holzschuppen. Ebenso befinde sich auf der südlichen Nachbarparzelle Nr. 1147/2 in unmittelbarer Nähe der Grundgrenze der gegenständlichen Parzelle ein kleineres mit einem Satteldach ausgebildeten Nebengebäude aus Holz ohne Wohnraum. Die benachbarten Bestandsbebauungen in unmittelbarer Nähe zur Grundgrenze und damit zum gegenständlichen Objekt seien offensichtlich Nebenräume ohne Wohnräume und daher nicht Gegenstand des freien Lichteinfalls gemäß § 48 K-BV 1985. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass die Voraussetzungen des § 9 K-BV 1985 vorlägen.

In ihren dazu erstatteten Schriftsätzen vom brachten die Beschwerdeführer vor, in der gutachterlichen Stellungnahme bleibe unerwähnt, dass die Verlegung der Stromleitung in den Boden jederzeit möglich wäre und im Südosten des Baugrundstückes hinreichend Grundflächen für einen Ausbau zur Verfügung stünden. Der Amtssachverständige berücksichtige auch nicht, dass dem Zweitbeschwerdeführer die Errichtung eines Heiz- und Gerätehauses bewilligt worden sei, und es seien auch die Ausführungen zum Ortsbild nicht ausreichend begründet. Schließlich verschlechtere sich der Lichteinfall für die betroffenen Parzellen entgegen der Einschätzung des Sachverständigen in unzumutbarer Weise.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Vorbringens in der Vorstellung und des § 23 Abs. 3 K-BO 1996 führte die belangte Behörde aus, das gegenständliche Bauvorhaben sei nur dann zulässig, wenn die Tiefe der Abstandsflächen gemäß § 9 Abs. 1 K-BV 1985 zu verringern sei. Nach Zitierung dieser Bestimmung fuhr die belangte Behörde fort, dass unbestreitbar im vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht seien, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 leg. cit. abwichen. Es stelle sich daher die Frage, ob durch das Bauvorhaben insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten werde. Zu den öffentlichen Interessen im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV 1985 zählten sämtliche von der Baubehörde wahrzunehmende Interessen, das seien insbesondere Interessen der Sicherheit und Gesundheit sowie die Wahrung des Lichteinfalles für die Wohnungen auf dem Baugrundstück sowie auf den Nachbargrundstücken.

Hinsichtlich der Interessen der Sicherheit und Gesundheit verwies die belangte Behörde auf den Inhalt des Gutachtens ihres bautechnischen Amtssachverständigen. Zum Einwand des Zweitbeschwerdeführers, ihm sei die Errichtung eines Heiz- und Gerätehauses auf dem Grundstück 1148/3 bewilligt worden, meinte die belangte Behörde, dass diese Baubewilligung gemäß § 21 Abs. 1 K-BO 1996 erloschen sei, weil der Zweitbeschwerdeführer nicht innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft der Bewilligung mit der Ausführung des Gebäudes begonnen habe. Auf allfällige Auswirkungen eines derartigen Gebäudes auf die Brandsicherheit sei daher nicht Bedacht zu nehmen gewesen.

Hinsichtlich des Lichteinfalles sei zunächst festzuhalten, dass sich die diesbezüglich von der Baubehörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen gemäß § 48 K-BV 1985 ausschließlich auf den Lichteinfall in Wohnungen beschränkten. Der Lichteinfall auf unbebaute Grundstücksteile oder auf Nebengebäude, die keine Wohnräume enthielten, sei hingegen nicht von den nach der Kärntner Bauordnung sowie den Kärntner Bauvorschriften von der Baubehörde wahrzunehmenden Interessen erfasst. Aus der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom gehe hervor, dass das bestehende Wohnhaus des Zweitbeschwerdeführers in einem so großen Abstand zum gegenständlichen Objekt situiert sei, dass der Lichteinfall beim genannten Objekt nicht kleiner werde. Auf der Parzelle des Erstbeschwerdeführers befinde sich lediglich ein pultdachartiger Holzschuppen, der keine Aufenthaltsräume enthalte. Da somit der Lichteinfall in sämtliche auf den Grundstücken der Beschwerdeführer vorhandenen Wohnungen nicht geringer als bisher werde, würden auch hinsichtlich des Lichteinfalls in Wohnungen die öffentlichen Interessen gewahrt. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass dem gegenständlichen Bauvorhaben Interessen der Sicherheit nicht entgegenstünden und insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten werde, sodass gemäß § 9 Abs. 1 K-BV 1985 die Tiefe der Abstandsflächen zu verringern sei. Die Beschwerdeführer würden daher durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihrem subjektiven Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen verletzt.

Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass aus Bestimmungen, die dem Schutz des Ortsbildes dienten, für Nachbarn kein subjektivöffentliches Recht im Sinne des § 23 Abs. 3 K-BO 1996 abgeleitet werden könne, der Nachbar sohin keinen Rechtsanspruch auf Wahrung eines Orts- und Landschaftsbildes, auf Sicht in die Landschaft oder auf Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten habe. Die Beschwerdeführer seien durch den gemeindebehördlichen Berufungsbescheid nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 9 der K-BV 1985 nicht vorlägen.

Die Bestimmungen über die Abstände von Grundstücksgrenzen und von Gebäuden, die auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen, ergeben sich entweder aus den §§ 4 bis 10 K-BV oder aus einem Bebauungsplan. Grundsätzlich begründen Vorschriften über die Einhaltung bestimmter Abstände subjektiv-öffentliche Nachbarrechte. Der Nachbar kann jedoch die Einhaltung des Seitenabstandes nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn nicht zu Recht gemäß einer Ausnahmevorschrift von der das Recht einräumenden Bestimmung Abstand genommen wird. Das Recht des Nachbarn auf Einhaltung des Seitenabstandes ist dann insoweit relativiert, als dem Nachbarn ein Rechtsanspruch darauf zusteht, dass nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die (vom Bauwerber begehrte) Ausnahme gewährt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/05/0212, vom , Zl. 99/05/0266, und vom , Zl. 97/05/0251, VwSlg. 14838 A/1998).

Eine solche Ausnahme stellt § 9 K-BV 1985 dar. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen

(1) Die sich aus §§ 4 bis 7 ergebende Tiefe von Abstandsflächen ist zu verringern, wenn in einem vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht sind, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 abweichen, Interessen der Sicherheit nicht entgegenstehen und insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.

(2) Die Tiefe der Abstandsflächen ist überdies zu verringern, wenn das Vorhaben, obwohl es der Größe und Form des Grundstückes angepasst ist, ohne Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen nicht errichtet werden könnte und wenn

a) im Hinblick auf die Lage und Form des Grundstückes sowie eine zweckmäßige Bebauung und den Verwendungszweck des Gebäudes keine Interessen der Gesundheit oder der Sicherheit oder des Schutzes des Ortsbildes verletzt werden,

b) bei auf dem eigenen oder auf benachbarten Grundstücken bestehenden sowie auf dem eigenen Grundstück zu errichtenden Gebäuden, die Aufenthaltsräume enthalten, ein Lichteinfall im Sinne des § 48 Abs. 1 erster und zweiter Satz nicht verhindert wird,

c) eine der Größe und Form von unbebauten benachbarten Grundstücken entsprechende Errichtung von Gebäuden bei Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nicht verhindert wird und

d) eine nach einem Bebauungsplan mögliche Verbauung von unbebauten Nachbargrundstücken bei Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nicht verhindert wird."

Unstrittig ist, dass der vorhandene Baubestand Abstände zur Grundstücksgrenze aufweist, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 K-BV 1985 abweichen. Die Beschwerdeführer wenden sich in der Beschwerde auch nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, wonach Interessen der Sicherheit der geplanten Bauführung nicht entgegenstehen. Sie machen aber geltend, dass die weitere Voraussetzung des § 9 Abs. 1 K-BV 1985, wonach ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird, deshalb nicht vorliege, weil die ausreichenden Sicht- und Lichtverhältnisse nicht garantiert würden. Dies, so meinen sie weiter, stelle ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht dar.

§ 9 Abs. 1 K-BV nimmt aber nicht auf im Zusammenhang mit der Einhaltung der Abstandsfläche bestehende subjektiv-öffentliche Nachbarrechte Bezug, sondern stellt allein auf die Unschädlichkeit des Vorhabens in Hinblick auf öffentliche Interessen ab. Hinsichtlich der Verringerung des Lichteinfalles war daher im Rahmen der allein auf öffentliche Interessen gerichteten Prüfung auf die gesetzlichen Bestimmungen zu achten, die in diesem Zusammenhang die Wahrung der öffentlichen Interessen sichern. Diesbezüglich verwies die belangte Behörde zu Recht auf die Bestimmung des § 48 Abs. 1 K-BV 1985 (Anordnung der Wohnungen); sie zog auch den - hier gar nicht anzuwendenden - § 9 Abs. 2 lit. b leg. cit. heran, der im Anwendungsbereich dieser Bestimmung Anordnungen über einen bestimmten Lichteinfall in Wohnungen oder in Gebäuden mit Aufenthaltsräumen beinhaltet. Dass die in diesem Zusammenhang getroffene Annahme der belangten Behörde, diese Vorschriften würden durch die Verwirklichung des Bauvorhabens nicht verletzt, unzutreffend wäre, behaupten die Beschwerdeführer aber gar nicht.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass durch das Bauvorhaben auch im Hinblick auf den Lichteinfall ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.

Die Wahrung des Ortsbildes zählt zwar nicht zu den subjektivöffentlichen Rechten eines Nachbarn (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/05/0063). Im Rahmen des oben dargestellten Prüfungskalküls, nämlich ob die Vorraussetzungen des § 9 K-BV 1985 (keine Verschlechterung der öffentlichen Interessen) vorliegen, kommt den Nachbarn aber das Recht darauf zu, dass die Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen nur dann vorgenommen wird, wenn ein den öffentlichen Interessen am Schutz des Ortsbildes zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.

Im Zusammenhang mit dem Ortsbild machen die Beschwerdeführer unter dem Aspekt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des DI W. im Vorprüfungsverfahren nicht ausreichend auseinander gesetzt habe; das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen Ing. M. vom stehe damit in Widerspruch.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

Wie zuvor wiedergegeben, erstattete DI W. im Zuge des Vorprüfungsverfahrens eine Stellungnahme vom dahingehend, dass eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes auf Grund des Änderungsplanes nicht zu erwarten sei, jedoch bestimmte Empfehlungen zur weiteren Verbesserung der Abstandsflächensituation und der Integration in das Orts- und Landschaftsbild vorgeschlagen werden. Ein Großteil dieser Empfehlungen, z.B. die Reduktion der Dachneigung auf 20 Grad und der Firsthöhe um 1,5 m, wurde ins vorliegende Projekt bzw. in den Bewilligungsbescheid übernommen. Der Wortlaut des Gutachtens und auch die Formulierung der "Empfehlungen" lassen aber keinen Zweifel daran zu, dass DI W. davon ausging, das Bauvorhaben widerspreche auch in seiner ursprünglichen Form nicht dem Orts- und Landschaftsbild. Diese Einschätzung deckt sich aber mit dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen Ing. M. vom , wonach eine Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die gegenständliche Baumaßnahme aus näher ausgeführten Gründen nicht zu erwarten sei. Der von den Beschwerdeführern erblickte Widerspruch der Gutachten liegt daher nicht vor.

Es ist daher auch in Hinblick auf die Wahrung des Ortsbildes davon auszugehen, dass bei Durchführung des Bauvorhabens ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am