VwGH vom 16.12.2010, 2008/16/0128

VwGH vom 16.12.2010, 2008/16/0128

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Bundes (Bundesminister für Landesverteidigung) in 1090 Wien, Roßauer Lände 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0628-G/06, betreffend

u. a. Grundsteuermessbescheid zum , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin eines in der Gemeinde M gelegenen Grundbesitzes mit einer Gesamtfläche von 199,0209 ha. Für den mit 149,2589 ha als Wald ausgewiesenen Anteil dieses Grundbesitzes wurde mit Bescheiden des Finanzamtes vom der Einheitswert zum in Höhe von EUR 48.500,-- (forstwirtschaftlicher Betrieb) festgestellt sowie der Grundsteuermessbetrag mit 95,54 festgesetzt.

In ihren dagegen erhobenen Berufungen brachte die beschwerdeführende Partei vor, die gegenständlichen Grundstücke würden nicht als "landwirtschaftlich bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen" bewirtschaftet und verwendet, sondern als Garnisonsübungsplatz und Schießplatz für die Hoheitsverwaltung genutzt. Für den Grundbesitz des Bundes sei gemäß § 2 Abs. 1 lit. a GrStG 1955 keine Grundsteuer zu entrichten, wenn dieser vom Eigentümer für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt werde. Die beschwerdeführende Partei beantrage daher, den Einheitswert auf "Null" fortzuschreiben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab und führte begründend aus, beim gegenständlichen Grundbesitz handle es sich um Wald, der dem Forstgesetz unterliege. Die beschwerdeführende Partei habe angegeben, Holznutzungen, zeitweiliger Viehtrieb usw. seien "Akte der Hoheitsverwaltung im Rahmen der Vollziehung militärischer Angelegenheiten", weil sie mit diesen in einem notwendigen sachlichen und funktionellen Zusammenhang stünden. Jegliche landschaftspflegende Maßnahme diene dem militärischen Betrieb. Der vorhandene Baumbestand diene nicht der Erzielung von Erträgen.

Die Vollziehung militärischer Angelegenheiten schließe aber nicht aus, dass der Grundbesitz einem forstwirtschaftlichen Hauptzweck diene. Die Grundstücke unterlägen der laufenden Forstpflege und der aussetzenden Holznutzung, bei welcher nicht jährlich Bäume gefällt würden. Die Betreuung der Flächen erfolge durch forstwirtschaftlich ausgebildete Personen (ein Forstwart und zwei Forstarbeiter). Die Entscheidungen über die Entfernung von Schadholz, allfällige Schlägerungen sowie Aufforstungen treffe der Forstwart in Absprache mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung. Auch aus dem Jagdpachtvertrag sei ersichtlich, dass die Pächter gewisse Einschränkungen durch die Nutzung des Waldes als Garnisonsübungsplatz in Kauf nehmen müssten und u. a. verpflichtet seien, Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen zu treffen. Daraus gehe das Bestehen forstwirtschaftlicher Kulturen hervor.

Die Nutzung der Grundstücke durch die beschwerdeführende Partei rechtfertige ihre Zurechnung zum forstwirtschaftlichen Vermögen, auch wenn durch die Nutzung nicht die Erzielung von Erträgen beabsichtigt sein möge. Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtswirkung der gegenständlichen Flächen lägen wie bei einem Wald vor.

Da der gegenständliche Grundbesitz forstwirtschaftlich genutzt werde, komme keine Grundsteuerbefreiung zur Anwendung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Sie erachtet sich in ihrem "Recht verletzt, gemäß § 2 Z. 1 lit. a des Grundsteuergesetzes 1955 nicht grundsteuerpflichtig" zu sein.

Die beschwerdeführende Partei beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie den Ersatz der Aufwendungen "im gesetzlichen Umfang".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, "die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der inländische Grundbesitz unterliegt nach § 1 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) der Grundsteuer. Grundbesitz ist u. a. das land- und forstwirtschaftliche Vermögen (§§ 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes 1955).

Nach § 1 Abs. 2 GrStG sind Steuergegenstände, soweit sie sich auf das Inland erstrecken, die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (§§ 30, 46 und 48 bis 50 des Bewertungsgesetzes 1955).

Nach § 2 Z 1 lit. a GrStG ist keine Grundsteuer zu entrichten für Grundbesitz u.a. des Bundes, wenn der Grundbesitz vom Eigentümer für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird (§ 6).

Öffentlicher Dienst oder Gebrauch im Sinne des § 2 Z 1 lit. a ist nach § 6 Abs. 1 GrStG die Ausübung der öffentlichen Gewalt oder der Gebrauch durch die Allgemeinheit.

Die Befreiung tritt nach § 4 Abs. 1 GrStG nur ein, wenn der Steuergegenstand für die in den §§ 2 und 3 bezeichneten Zwecke unmittelbar benutzt wird.

Dient der Steuergegenstand auch anderen Zwecken und wird für die steuerbegünstigten Zwecke ein räumlich abgegrenzter Teil des Steuergegenstandes benutzt, so ist nach § 4 Abs. 2 GrStG nur dieser Teil befreit.

Dient der Steuergegenstand oder ein Teil des Steuergegenstandes sowohl steuerbegünstigten als auch anderen Zwecken, ohne dass eine räumliche Abgrenzung für die verschiedenen Zwecke möglich ist, so ist nach § 4 Abs. 3 GrStG der Steuergegenstand oder der Teil nur befreit, wenn die steuerbegünstigten Zwecke überwiegen.

Land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz ist nach § 8 Abs. 1 GrStG auch dann steuerpflichtig, wenn er einem der in § 2 bezeichneten Zwecke unmittelbar dient.

Die Einschränkung der Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 gilt gem. § 8 Abs. 2 nicht für land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz, der Lehr- oder Versuchszwecken dient und dessen Fläche 10 Hektar nicht übersteigt (Z 1) sowie für Grundbesitz, der unter § 2 Z 9 fällt (Z 2).

Die Parteien des Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass der Grundbesitz der beschwerdeführenden Partei, für welchen mit Bescheid des Finanzamtes ein Einheitswert als forstwirtschaftlicher Betrieb festgestellt wurde, als Truppenübungsplatz für militärische Zwecke genutzt wird. Strittig ist, ob für diesen Grundbesitz zu Recht ein Grundsteuermessbetrag festgesetzt wurde.

Die beschwerdeführende Partei vertritt die Auffassung, im Beschwerdefall sei die Grundsteuerbefreiung nach § 2 Z 1 lit. a GrStG anzuwenden und begründet dies damit, dass die forstwirtschaftliche Nutzung keinesfalls den Hauptzweck der Widmung des Grundbesitzes bilde. Vielmehr diene der Grundbesitz in erster Linie als Übungsfläche, auf welcher ein Kampfeinsatz unter möglichst realistischen Bedingungen erprobt werden könne. Dazu müsse das Gelände insbesondere dem mitteleuropäischen Landschaftsbild entsprechen.

Damit verkennt die beschwerdeführende Partei aber, dass nach § 8 GrStG land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz - abgesehen von den in Abs. 2 genannten Fällen - auch dann als steuerpflichtig zu behandeln ist, wenn er einem der in § 2 bezeichneten Zwecke unmittelbar dient. Diese Bestimmung stellt nicht darauf ab, ob die land- und forstwirtschaftliche Nutzung den Hauptzweck bildet.

Aus der Bestimmung des § 4 Abs. 3 GrStG ergibt sich nämlich, dass bei gemischt genutztem Grundbesitz, bei dem eine räumliche Abgrenzung für die verschiedenen Zwecke nicht möglich ist, zunächst zu prüfen ist, ob der begünstigte Zweck überwiegt. Überwiegt zwar der steuerbegünstigte Zweck, wird der Grundbesitz aber land- und forstwirtschaftlich genutzt, so kommt - abgesehen von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen nach § 8 Abs. 2 GrStG - eine Steuerbefreiung nicht zur Anwendung.

Die von der beschwerdeführenden Partei gewünschte Deutung, dass es bei der Bestimmung des § 8 Abs. 1 GrStG auf ein Überwiegen der hoheitlichen Nutzung ankäme, würde hingegen dazu führen, dass dieser Bestimmung kein Anwendungsbereich mehr zukäme.

Daraus ergibt, sich dass auch forstwirtschaftlich genutzte Truppenübungsplätze der Grundsteuerpflicht unterliegen, auch wenn sie hoheitlich genützt werden (vgl. dazu auch Dorazil/Wittmann , Das Grundsteuerrecht in Österreich2, 75f).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der in der Gegenschrift gestellte Antrag auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil für einen derartigen Zuspruch Voraussetzung ist, dass die Rechtsträger der obsiegenden und der unterlegenen Partei verschieden sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/11/0163, mwN).

Wien, am