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VwGH vom 12.12.2013, 2013/06/0107

VwGH vom 12.12.2013, 2013/06/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des A P in E, vertreten durch die Ganzert Partner Rechtsanwälte OG in 4600 Wels, Dr.-Koss-Straße 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT13-12.10-A221/2013-1, betreffend einen Antrag zur Baueinstellung sowie einen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ausgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 bei sonstiger Exekution binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Auf einem näher bezeichneten Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde befand sich eine Almhütte, die sich im Eigentum des Beschwerdeführers (Minderheitseigentümer) und von A.P. (Mehrheitseigentümerin) befand. Laut Mitteilung von A.P. habe der Beschwerdeführer die Almhütte abgerissen und mit nicht genehmigten bzw. nicht angezeigten baulichen Tätigkeiten zur Errichtung einer neuen Hütte begonnen. Daraufhin beauftragte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführer mit Bescheid vom , die nicht bewilligten Bauarbeiten gemäß § 41 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk. BauG) mit sofortiger Wirkung einzustellen und gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG die bereits konsenslos durchgeführten "Bauarbeiten zu beseitigen".

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom und brachte vor, er habe die Bauarbeiten eingestellt und werde einen Antrag auf baubehördliche Bewilligung einbringen. Es seien lediglich eine Betonplatte und zwei Mauern, die geringfügig höher als 1,50 m seien, errichtet worden; darauf könne sich der Beseitigungsauftrag nicht beziehen.

Mit Eingabe vom suchte der Beschwerdeführer um Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 22 Abs. 1 Stmk. BauG für einen Ersatzbau eines Landwirtschaftsgebäudes an. Den dem Bauantrag beiliegenden Planunterlagen zufolge sollte das Gebäude einen Grundriss von 12 m x 6,5 m (78 m2) haben. Die Mehrheitseigentümerin hatte jedoch den Bauantrag nicht mitunterzeichnet und ihre Zustimmung verweigert. Während der mündlichen Verhandlung am stimmte sie dem Bauvorhaben mit der Maßgabe zu, dass das Gebäude in der gleichen Größe wie das frühere (58 m2) aus Holz errichtet werde.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die Erstmitbeteiligte sei verpflichtet, ihre Zustimmung zur Errichtung eines Landwirtschaftsgebäudes im Ausmaß von 12 m x 6,5 m zu erteilen, in zweiter Instanz abgewiesen.

Mit Schreiben vom teilte A.P. der mitbeteiligten Gemeinde mit, dass der Beschwerdeführer trotz fehlender Baubewilligung im Frühjahr 2011 mit Bauarbeiten begonnen hätte, obwohl er sich in einem am geschlossenen Vergleich verpflichtet hätte, sämtliche weiteren Bautätigkeiten ohne ihre Zustimmung der zu unterlassen.

Mit Bescheid vom beauftragte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführer neuerlich, die nicht bewilligten Bauarbeiten gemäß § 41 Abs. 1 Stmk. BauG mit sofortiger Wirkung einzustellen und die bereits konsenslos durchgeführten "Bauarbeiten" gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG zu beseitigen. Begründend verwies er auf die gemäß § 20 und § 21 Stmk. BauG bewilligungspflichtigen bzw. anzeigepflichtigen Vorhaben; bei konsenslosen Bauten habe die Behörde gemäß § 41 Stmk. BauG vorzugehen. Da für die bereits durchgeführten Arbeiten keine Bewilligung vorliege, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In seiner Berufung vom brachte der Beschwerdeführer vor, er beabsichtige nunmehr die Wiedererrichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit dem gleichen Flächenausmaß wie das zuvor abgerissene, nämlich unter 58 m2. Dazu habe die Miteigentümerin in der mündlichen Verhandlung ihre Zustimmung gegeben.

Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom mit der Maßgabe, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG die sofortige Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung eines "Landwirtschaftsgebäudes" und gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG die Beseitigung der von ihm begonnenen Bauarbeiten zur Errichtung eines "Landwirtschaftsgebäudes" und somit die Wiederherstellung des unbebauten Zustandes binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides aufgetragen werde. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen und Darlegungen würden vollinhaltlich bestätigt. Ergänzend werde ausgeführt, dass durch den Abbruch des ehemals bestandenen Gebäudes dessen Konsens untergegangen sei (Hinweis auf hg. Judikatur). Ob der Beschwerdeführer einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber der Mehrheitseigentümerin auf Mitwirkung bei der Erlangung einer neuen Baubewilligung für ein das untergegangene Gebäude ersetzendes Gebäude habe, könne im Bauverfahren dahingestellt bleiben.

In seiner Vorstellung vom verwies der Beschwerdeführer neuerdings auf die grundsätzliche Zustimmung der Mehrheitseigentümerin im Rahmen der Bauverhandlung. Im Übrigen lägen auch die rechtlichen Voraussetzungen zum Baueinstellungsauftrag und Baubeseitigungsauftrag nicht vor (wurde nicht näher ausgeführt).

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers mangels Verletzung von Rechten als unbegründet ab. Den Beseitigungsauftrag betreffend verwies die belangte Behörde auf § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, wonach Behörden einen solchen Auftrag für vorschriftswidrige bauliche Anlagen zu erlassen hätten. Unter Zugrundelegung des vorliegenden Akteninhaltes sei vom Beschwerdeführer zweifelsohne eine baubewilligungspflichtige bauliche Tätigkeit konsenslos durchgeführt worden, weil eine Baubewilligung mangels Zustimmung der Mehrheitseigentümerin nicht habe erteilt werden können bzw. nicht erteilt worden sei. Die Berufungsbehörde habe daher zu Recht dem Beschwerdeführer die Beseitigung der im Rahmen der Errichtung des "Landwirtschaftsgebäudes" begonnenen baulichen Anlage und somit die Wiederherstellung des unbebauten Zustandes aufgetragen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die zunächst bei ihm dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 598/2013-4, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist das Steiermärkische Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 13/2011 anzuwenden. Dessen § 41 Abs. 1 bis 3 lautet wie folgt:

"§ 41

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn 1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung, 2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder 3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(2) Wurden unzulässige Bauarbeiten trotz verfügter Baueinstellung fortgesetzt, kann die Baubehörde die Baustelle versiegeln oder absperren und die auf der Baustelle vorhandenen Baustoffe, Bauteile, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtliches Gewahrsam bringen.

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

(4) ..."

Aus den Verfahrensakten geht hervor, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom auftrug, die auf dem gegenständlichen Grundstück getätigten, nicht bewilligten Bauarbeiten gemäß § 41 Abs. 1 Stmk. BauG einzustellen und die konsenslos errichteten baulichen Anlagen gemäß § 41 Abs. 3 leg. cit. zu beseitigen. Über die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer hinsichtlich des Beseitigungsauftrages eingebrachte Berufung vom wurde - laut Verfahrensakten - noch nicht entschieden.

Mit Bescheid vom beauftragte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführer nochmals gemäß § 41 Abs. 1 bzw. 3 Stmk. BauG, die auf demselben Grundstück vorgenommenen, nicht bewilligten Bauarbeiten einzustellen und die konsenslos errichteten baulichen Anlagen zu beseitigen. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass bereits im Mai 2011 ein gleichlautender Auftrag erlassen worden war. Es wäre vielmehr im Hinblick auf die rechtskräftig aufgetragene, weil mit Berufung vom nicht angefochtene Baueinstellung gemäß § 41 Abs. 2 Stmk. BauG (beispielsweise durch Absperren der Baustelle) vorzugehen gewesen. Den Beseitigungsauftrag betreffend ist zunächst über die Berufung vom zu entscheiden, und dieser Auftrag sodann allenfalls zu vollstrecken.

Dadurch dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde ein zweites Mal in derselben Sache einen gleichlautenden Bescheid erließ, nahm er eine ihm nicht zustehende Kompetenz in Anspruch. Da die belangte Behörde diese Unzuständigkeit nicht aufgriff, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am