VwGH vom 29.06.2010, 2010/18/0227
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des O F A in W, vertreten durch die Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/413.931/2009, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Behörde erster Instanz) vom wurde ein Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom , die Behörde möge feststellen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass er in Nigeria gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, bedroht sei, gemäß § 51 Abs. 1 letzter Satz FPG als unzulässig zurückgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) der dagegen eingebrachten Berufung Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos.
Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung - unter Wiedergabe des § 51 Abs. 1 und 2 FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 - FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122/2009 - zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen worden sei. Zugleich mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria gestellt.
"Nach der Novellierung des FPG im Jahr 2009" sei festzuhalten, dass die Behörde erster Instanz zwar ihren Bescheid vom zu Recht erlassen habe; infolge späterer Gesetzesänderung sei aber die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz eingetreten und eine meritorische Bescheiderlassung durch die belangte Behörde im Berufungsverfahren unzulässig geworden. Zur (allein) kassatorischen Entscheidung sei die belangte Behörde jedoch berufen. Durch die Bestimmung des § 51 Abs. 2 FPG in der geltenden Fassung ergebe sich implizit die Zuständigkeit einer anderen Behörde. Unzweifelhaft habe der Fremde einen Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG gestellt, der sich auf dessen Herkunftsstaat beziehe. Der gegenständliche Antrag sei daher als (neuerlicher) Antrag auf internationalen Schutz zu werten; es sei infolge dessen gemäß § 51 Abs. 2 FPG gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen, weshalb der Antrag gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an das Bundesasylamt weiterzuleiten sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde vertritt die Rechtsauffassung, dass die belangte Behörde den vorliegenden Antrag rechtswidrigerweise als neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gewertet und daraus auf die Zuständigkeit der Asylbehörde geschlossen habe. Zur Entscheidung über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat sei vielmehr nach § 51 FPG (immer) die Fremdenpolizeibehörde zuständig, weshalb die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zu Unrecht abgelehnt habe.
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0044, mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass der Gesetzgeber des FrÄG 2009 - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Feststellungsantrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG, der sich gemäß § 51 Abs. 2 FPG - wie im vorliegenden Fall - auf den Herkunftsstaat des Fremden bezieht, auf die Asylbehörde übertragen hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
2. Der Gerichtshof teilt im Übrigen nicht die in der Beschwerde (mit Blick auf Art. 3 iVm Art. 13 EMRK) unterbreiteten verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die durch das FrÄG 2009 erfolgte Zuständigkeitsübertragung. Auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers fällt dieser nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/38/EG; inwiefern die angeführte Übertragung der Zuständigkeit (an die Asylbehörden) gegen die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft verstoßen sollte, führt die Beschwerde auch nicht ansatzweise aus.
3. Die belangte Behörde ist somit im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zutreffend von der Unzuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag nach § 51 Abs. 2 FPG ausgegangen und war daher allein dafür zuständig, die sachliche Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz aufzugreifen, den bekämpften Bescheid zu beheben und den Antrag an die zuständige Behörde weiterzuleiten (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom , mwN).
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-80273