VwGH vom 11.03.2010, 2008/16/0094
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der M AG in V, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0636-W/08, (miterledigt RV/0637- W/08 und RV/0638-W/08), betreffend Rechtsgebühr, Stempelgebühr und Erhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: MAG) schloss am mit der E AG (im Folgenden kurz: E) in englischer Sprache eine Vereinbarung, die von E mit Eingabe vom beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) angezeigt wurde.
Das Finanzamt setzte dafür mit Bescheid vom Rechtsgebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von ATS 160,000.000,04 (= EUR 11,627.653,47) in der Höhe von 1 % mit ATS 1,600.000,-- (= EUR 116.276,53) fest.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin.
Die belangte Behörde hob den Bescheid des Finanzamtes mit Berufungsentscheidung vom auf und verwies die Rechtssache an die Abgabenbehörde erster Instanz unter anderen mit dem Auftrag zurück, eine beglaubigte Übersetzung des Vertragstextes in die deutsche Sprache beizuschaffen.
Dieser Vertragstext hat - auszugsweise - folgenden Inhalt:
Einleitend findet sich folgender Passus:
" AUSGANGSLAGE:
(A) MAG ist selbst und über verbundene Unternehmen für
die Herstellung eines Glasfaserkabelsystems innerhalb Europas
verantwortlich (das 'Kabelsystem'), bestehend aus den in
Anlage 1 bezeichneten Segmenten.
(B) E bietet in Österreich
Telekommunikationsdienstleistungen an. E beabsichtigt, den für die Vertragsdauer unentziehbahren Erwerb von Datentransportkapazitäten über Glasfaserpaare auf jedem der Segmente jedes im Anhang 1 bezeichneten Kabelsystems gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages."
In Punkt 1. (Definitionen) ist u.a. Folgendes festgelegt:
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"'Kabelsystem' | Bedeutet das Glasfaserkabelsystem, das aus den in Anlage 1 näher beschriebenen Segmenten besteht. Befinden sich mehrere Glasfaserkabel im Kabelsystem, bedeutet der Ausdruck 'Kabelsystem' dasjenige Kabel, das den Dark Fibre enthält. |
...
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'IRU' | Bedeutet das von MAG an E gemäß den Bedingungen des gegenständlichen Vertrages gewährte 'unverletzliche Benützungsrecht' an der Unbeleuchteten Glasfaser. |
'Leasingentgelt' | Bedeutet das für die Nutzung des in Artikel 4 des Vertrages über die Überlassung eines Kabelkanals seitens E an MAG festgelegte Entgelt. |
...
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'Regalplatz' | Bedeutet die Fläche von 800mm x 800mm x 2000mm, die E für die Montage von Übertragungseinrichtungen zur Verfügung steht und die zu diesem Zweck geschaffen wurde." |
In Punkt 4. des Textes heißt es:
"4.1. Vorbehaltlich der Bedingungen dieser
Vereinbarung und im Rahmen der anwendbaren Gesetz räumt MG an E ein, oder, gegebenenfalls, veranlasst die Einräumung durch verbundene Firmen:
- ein unentziehbares Nutzungsrecht für einen Zeitraum von zwanzig (20) Jahren
an dem Glasfaserkabel, in jedem Falle mit Wirksamkeit ab dem entsprechenden RFS Datum und für die Laufzeit (wie in Anhang 1 festgelegt)."
Punkt 7. (Entgelt) lautet:
"Als Gegenleistung für die Einräumung des IRU gemäß Klausel 2 dieser Vereinbarung ist E verpflichtet, an MAG das IRU Entgelt zuzüglich aller darauf entfallenden entsprechenden Steuern gemäß den Zahlungsbedingungen laut Klausel 13 zu entrichten."
In Punkt 9. (Betrieb und Wartung) ist u.a. Folgendes vereinbart:
"9.1. Gemäß den Bestimmungen der Klauseln 9.3-9.7 ist
MAG verpflichtet, E die Glasfasereinteilung zur Verfügung zu stellen und für die laufende Wartung gemäß diesem Vertrag und Anhang 6 zu sorgen. Vorbehaltlich des Abschlusses einer gesonderten Vereinbarung zwischen MAG und E ist MAG auch verpflichtet, die außerordentliche Wartung für E zu leisten."
Punkt 10. des Vertrages lautet auszugsweise wie folgt:
"10.1. E ist berechtigt, das E System an den Kabelsystemschnittstellenpunkten mit dem Kabelsystem zu verbinden. MAG wird E den Zugang zu diesem Kabelsystem an den Kabelsystemschnittstellenpunkten selbst oder über ein verbundenes Unternehmen für diesen Zweck oder zum Zweck des Betriebs und der Aufrechterhaltung dieser Verbindung gewähren. MAG ist für die Identifizierung und Isolierung des Glasfaserkabels und die physische Verbindung des Glasfaserkabels mit den Kabelsystemschnittstellenpunkten verantwortlich.
10.2. Für die Dauer der Laufzeit wird MAG an E den
Regalplatz zur Verfügung stellen oder gegebenenfalls selbst oder durch ein verbundenes Unternehmen an den Erwerber des Regalplatzes zur Verfügung stellen, ebenso wie die in Anlage 8 für das erste Regal in ihren Relaisstationen längs der Routen der Glasfaserleitung beschriebenen Dienstleistungen, für welche eine sachgerechte Klimatisierung erforderlich ist, gegen eine laufende Gebühr von 500 EURO pro Jahr und Regalplatz. Jeder solche Regalplatz (einschließlich der in Anlage 8 beschriebenen Dienstleistungen) für zusätzliche technische Ausrüstung von E werden von MAG an E mit einem Betrag von EURO 4.500 pro Jahr und Regalplatz in Rechnung gestellt.
10.3. Die Bereitstellung des gesamten Regalplatzes
erfolgt unter der Bedingung, dass E die Kollokationsvereinbarung abschließt. Um Zweifel auszuschließen ist im Falle eines Konflikts zwischen den Bedingungen dieser Klausel 10 und der Kollokationsvereinbarung diese Klausel ausschlaggebend."
Punkt 13. (Zahlung und Fakturierung) bestimmt ua:
"13.1. MAG stellt das E das IRU Entgelt in Rechnung
und E bezahlt das IRU Entgelt an MAG gemäß dem Zahlungsplan laut Anhang 7."
Weiters ist in Punkt 14. (Vertragsdauer und Rechtsmittel) u. a. Folgendes fixiert:
14.1. Diese Vereinbarung tritt mit ihrem Datum in
Kraft und ist hinsichtlich des Glasfaserkabels in jedem Segment
bis zum Ablauf von zwanzig (20) Jahren ab dem RFS Datum des
entsprechenden Segments gültig.
14.2. Beide Vertragspartner haben das Recht, diese
Vereinbarung jederzeit durch Zustellung einer schriftlichen
Kündigung an den jeweils anderen Partner zu beenden, wenn der
andere Partner
(i) eine wesentliche Verletzung dieser Vereinbarung
begeht und die Behebung dieser Verletzung innerhalb eines
Zeitraumes von 60 Tagen (oder einer vom anderen Vertragspartner
nach dessen Ermessen schriftlich zugestandenen längeren Frist)
nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung zur Behebung unterlässt
(eine Behebung nicht zu Stande bringt);
(ii) insolvent wird; oder
(iii) den Geschäftsbetrieb einstellt.
14.3. MAG ist berechtigt, diese Vereinbarung jederzeit
durch Zustellung einer schriftlichen Mitteilung an E aufzulösen, falls E mit der Bezahlung unbestrittener an MAG gemäß diesem Vertrag zur Zahlung fälliger Beträge länger als 60 Tage im Rückstand ist; ..."
Schließlich findet sich in Punkt 18. des Vertrages Folgendes:
"18.1. Alle mit diesem Vertrag gewährten Rechte und
eingegangenen Verpflichtungen sind ausschließlich vertraglicher Art. Nichts in diesem Vertrag hat die Wirkung, dass zu Gunsten von E Eigentum, Schutz- oder Besitzrechte an den Vertragsgegenständen begründet werden."
Ausgehend davon setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom neuerlich Rechtsgebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG (und zwar ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 12,557.865,76) mit 1 % in der Höhe von EUR 125.578,66 fest; außerdem Bogengebühr und Gebührenerhöhung.
Auch dagegen berief die Beschwerdeführerin.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie im Wesentlichen ausgehend von einzelnen, auf den Seiten 9 und 10 des Bescheides wörtlich wiedergegebenen Passagen aus dem englischsprachigen Vertragstext zu dem rechtlichen Ergebnis gelangte, die Beschwerdeführerin habe ihrer Vertragspartnerin an einem Glasfaserkabel gegen Entgelt ein Nutzungsrecht von 20 Jahren eingeräumt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass der gegenständliche Vertrag nicht als gebührenpflichtiger Bestandvertrag nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG eingestuft und sie dafür nicht Gebühren auf Grund dieser Gesetzesstelle bezahlen muss.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Verbrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr im allgemeinen von 1 v.H. nach dem Wert.
Kern der Beschwerdeausführungen ist das Argument, das vertragscharakteristische Element sei die von der Beschwerdeführerin übernommene Verpflichtung, für ihre Vertragspartnerin einen Datentransport zu übernehmen.
Dabei übersieht die Beschwerdeführerin allerdings grundlegend, dass die belangte Behörde gleich zu Beginn der Entscheidungsgründe ihres Bescheides (und damit zusätzlich zu den auf Grund der englischsprachigen Vertragsurkunde angestellten Erörterungen) aus der Übersetzung des Vertrags in die deutsche Sprache folgende (von der Beschwerde im Übrigen gar nicht bekämpfte) Feststellung getroffen hat: Die Beschwerdeführerin hat nach Punkt 4. des Vertrages ihrer Vertragspartnerin für die Dauer von 20 Jahren das Nutzungsrecht an dem vertragsgegenständlichen Glasfaserkabel eingeräumt.
Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, weil auf Grund dieses Umstandes iVm dem von der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin dafür unstrittig zu entrichtenden Entgelt die Essentialia eines Bestandvertrages vorliegen. Davon, dass die Beschwerdeführerin, wie sie es darzustellen sucht, lediglich einen Datentransport, also eine Werkleistung übernehmen sollte, kann angesichts dieser Vertragspassagen in Verbindung mit den übrigen, oben im einzelnen dargestellten vertraglichen Vereinbarungen keine Rede sein.
Da auch der Hinweis der Beschwerde darauf versagt, dass nach der Klausel 18.1. des Vertrages der E keine Eigentumsrechte und kein Besitzrecht an den Vertragsgegenständen übertragen wurde, weil ein Bestandvertrag dem Bestandnehmer niemals Eigentum oder Sachbesitz, sondern allenfalls nur Rechtsbesitz verschafft (vgl. dazu zB Spielbüchler in Rummel, ABGB3 I Rz 2 zu § 309 und Rz 3 zu § 311 ABGB) erweist sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis jedenfalls als frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit.
Was schließlich die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft, so liegen auch die von der Beschwerde (allerdings ohne weitere Konkretisierung) ins Treffen geführten Begründungsmängel nicht vor. Wenn auch die belangte Behörde sich in der Begründung ihres Bescheides insoweit in einen gewissen Widerspruch verwickelt hat, als sie einerseits eine Übersetzung des Vertrages ins Deutsche für notwendig erachtete, andererseits selbst dann aber im Wege reiner Wortinterpretation aus dem englischen Vertragstext argumentierte, so war doch auf Grund der von der belangten Behörde am Beginn der Begründung ihres Bescheides aus dem deutschen Vertragstext getroffenen Feststellungen eine nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides möglich. Der Bescheid leidet daher auch nicht an dem behaupteten Begründungesmangel.
Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am