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VwGH 07.08.2013, 2013/06/0075

VwGH 07.08.2013, 2013/06/0075

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
RS 1
Grundsätzlich hat die entscheidende Behörde, also auch die Berufungsbehörde, den Sachverhalt im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu Grunde zu legen. Dies gilt zweifellos auch für Sachverhaltsänderungen gegenüber der Erlassung eines baubehördlichen Auftrages erster Instanz; ausgenommen ist lediglich die Erfüllung eines derartigen Auftrages, zumal für diesen Fall der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, in welchem Recht er durch die Aufrechterhaltung eines Bescheides, den er befolgt habe, verletzt werde (vgl. etwa das zur Stmk BauO 1968 ergangene E vom , 90/06/0114).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des J E in Graz, vertreten durch die Kaufmann & Lausegger Rechtsanwalts KG in 8020 Graz, Mariahilfer Straße 20, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A17- 022887/2011/0004, betreffend Bauauftrag (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom erging an den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG 1995 der Auftrag, die auf den Grundstücken Nr. 1033/27, 1033/28, EZ. 1212, KG. L 63104 (errichteten) Anbauten an das bestehende Objekt, nämlich

"1. ein erdgeschossiger Wintergarten mit einer Grundfläche von 7,50m x 17,00m in massiver Ausführung an der Ostseite des bestehenden Objektes,

2. die erdgeschossige Lagerhalle mit einer Grundfläche von 7,00m x 10,00m in Stahl, mit Trapezblechfassade an der Westseite des bestehenden Objektes,

3. sowie ein Werbeleuchtkasten an der Südfassade des Bestandslokales im Ausmaß von 1,0m x 3,0m mit der Aufschrift 'C B',

4. ein Werbeleuchtkasten an der Südfassade des Bestandslokales im Ausmaß von 0,30m x 0,70m mit der Aufschrift 'C',

5. ein Leuchtkasten mit Speisesymbolen im Ausmaß von 0,4m x 8,0m an der Nordfassade,

6. eine Werbetafel im Ausmaß von 2,5m x 4,0m mit der Aufschrift 'N & F' an der Nordfassade,

7. eine Werbetafel im Ausmaß von 1,0m x 3,0m mit der Aufschrift 'N & F' an der Nordfassade,

8. zwei Werbetafeln jeweils im Ausmaß von 2,0m x 3,5m mit Gemüse- und Obstsymbolen an der Nordfassade

9.

einen aufblasbaren Werbepylon (M) am Dach

10.

einer Steinkorbwand im Ausmaß von 12,5m Länge und 1,30m Höhe an der westlichen Grundgrenze zu Grundstück Nr. 2622 und

11. eine Steinkorbwand im Ausmaß von 2,50m Länge und 1,30m Höhe an der westlichen Grundgrenze u Grundstück Nr. 2622

binnen 2 Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen."

2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom teilweise statt und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, "als Auftrag 11. betreffend die Entfernung die Steinkorbwand im Ausmaß von 2,5m Länge und 1,2m Höhe an der westlichen Grundgrenze, von Westen nach Osten verlaufend, zu entfallen" habe. Ansonsten wurde der Bescheid der erstinstanzlichen Behörde bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, beim eingeschossigen Wintergarten im Ausmaß von 7,5m x 17,0m in massiver Ausführung an der Ostseite des bestehenden Objektes und bei der erdgeschossigen Lagerhalle im Ausmaß von 7,0m x 10,0m in Stahl mit Trapezblechfassade an der Westseite des bestehenden Gebäudes handle es sich um Neubauten von baulichen Anlagen, die nach § 19 Z. 1 Stmk BauG 1995 einer Bewilligung bedürften. Für beide baulichen Anlagen lägen, im Gegensatz zu der in der Berufung aufgestellten Behauptung, keine Baubewilligungen vor. Die Steinkorbwand im Ausmaß von 12,5m Länge und 1,3m Höhe sei an der westlichen Grundgrenze zu Grundstück Nr. 2622, der öffentlichen Verkehrsfläche L. Gasse, errichtet. Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen bis zu einer Höhe von 1, 5m stellten anzeigepflichtige Vorhaben dar und bedürften einer Baufreistellung, welche nicht vorliege. Die Steinkorbwand im Ausmaß von 2,5m Länge und 1,3m Höhe verlaufe hingegen am Bauplatz des Berufungswerbers von Westen nach Osten und sei nicht gegen die öffentliche Verkehrsfläche gerichtet. Diesbezüglich sei dem Berufungsbegehren Folge zu geben.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist von folgender maßgeblicher Rechtslage auszugehen:

§ 41 Stmk BauG 1995 idF LGBl. 13/2011, lautet (auszugsweise):

"…

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

…"

In der Beschwerde wird ausgeführt, die belangte Behörde habe es unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt und die entscheidungswesentlichen Tatsachen von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Die belangte Behörde verletze die in § 41 Stmk BauG 1995 geforderte Konkretisierungspflicht dadurch, dass sie dem Beschwerdeführer den Auftrag erteilt habe, die auf den Grundstücken Nr. 1033/27 und 1033/28 KG L errichteten baulichen Anlagen, nämlich einen erdgeschossigen Wintergarten im Ausmaß von 7,5 x 17 Metern in massiver Ausführung an der Ostseite des bestehenden Gebäudes sowie eine erdgeschossige Lagerhalle im Ausmaß von 7 x 10 Metern in Stahl mit Trapezblechfassade an der Westseite des bestehenden Gebäudes, zu beseitigen. Bei pflichtbegründenden individuellen Verwaltungsakten wie Beseitigungsaufträgen habe die Behörde den Gegenstand und den Umfang der ausgesprochenen Verpflichtung so hinreichend zu umschreiben, dass der Bescheid auch einer Vollstreckung im Wege einer behördlichen Ersatzvornahme zugänglich sei.

Die belangte Behörde habe es unter Missachtung der Offizialmaxime des § 39 AVG unterlassen, den Sachverhalt zu erheben und zu evaluieren, sodass es ihr offenbar nicht möglich gewesen sei, den von ihr gewollten Beseitigungsauftrag den gesetzlichen Erfordernissen entsprechend zu konkretisieren. Auf den genannten Grundstücken seien bereits drei Gebäude (bewilligter Altbestand) errichtet. Da die Behörde die zu beseitigenden Gebäude aber bloß zu "einem Objekt" in Relation setze, sei weder für den Beschwerdeführer noch für den Fall, dass die Beseitigung durch ein behördliches Organ durchzuführen sei, ausreichend konkretisiert, welche Gebäude/Gebäudeteile zu beseitigen seien.

Der Beschwerdeführer habe bereits in der Berufung vorgebracht, dass der vom Beseitigungsauftrag umfasste Werbepylon längst abmontiert sei. Der angefochtene Bescheid leide daher in diesem Umfang an inhaltlicher Rechtswidrigkeit mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellung.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, den maßgeblichen Sachverhalt und die entscheidungswesentlichen Tatsachen von Amts wegen vollständig zu ermitteln sowie festzustellen und es sei die belangte Behörde ihrer Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen, kann dem nicht beigepflichtet werden, ergibt sich doch aus dem angefochtenen Bescheid sowie insbesondere aus den Verwaltungsakten bzw. den darin befindlichen Lichtbildern und Plänen eindeutig der maßgebliche Sachverhalt. Für den Beschwerdeführer konnte somit nicht unklar sein, auf welche der auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken befindlichen Gebäude bzw. Gebäudeteile sich der vorliegende Beseitigungsauftrag bezieht. Es wird auch nicht vorgebracht, mit welchen baulichen Anlagen die verfahrensgegenständlichen verwechselt werden könnten.

Zum Vorbringen, der aufblasbare Werbepylon sei bereits - wie in der Berufung ausgeführt - abmontiert worden, ist festzuhalten, dass zwar grundsätzlich die entscheidende Behörde, also auch die Berufungsbehörde, den Sachverhalt im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu Grunde zu legen hat. Dies gilt zweifellos auch für Sachverhaltsänderungen gegenüber der Erlassung eines baubehördlichen Auftrages erster Instanz; ausgenommen ist lediglich die Erfüllung eines derartigen Auftrages, zumal für diesen Fall der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, in welchem Recht er durch die Aufrechterhaltung eines Bescheides, den er befolgt habe, verletzt werde (vgl. etwa das zur Stmk BauO 1968 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0114, sowie die Nachweise bei W. Pallitsch/P. Pallitsch/Kleewein, Niederösterreichisches Baurecht8, Anmerkung 50 zu § 33 NÖ BauO).

5. Die Beschwerde erweist sich daher als nicht begründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer
Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2013060075.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAE-80191